Hypoglykämie
Mit Hypoglykämie wird in der Medizin ein zu niedriger Blutzuckerwert bezeichnet. Oft geht eine Hypoglykämie mit Symptomen der verminderten Hirnleistung, Krampfanfällen oder der vermehrten Adrenalinausschüttung einher. Von einer Unterzuckerung spricht man dann, wenn der Zuckergehalt im Zwischenzellwasser soweit sinkt, dass die Zellen zu wenig Zucker haben um ordentlich zu funktionieren.
Definition
- Jeder Blutzuckerwert unter 40 mg/dl (2,22 mmol/l) ist eine Hypoglykämie, unabhängig davon, ob dabei Symptome auftreten oder nicht.
- Blutzuckerwerte zwischen 40 und 50 mg/dl (2,22 - 2.78 mmol/l) werden dann als Unterzuckerung bezeichnet, wenn gleichzeitig cerebrale Symptome der Unterzuckerung nachweisbar sind.
- „Grauzone“ bei niedrig-normalen Blutzuckerwerten zwischen 50 und 60 mg/dl (2,78 - 3,33 mmol/l): Diese Werte werden auch von gesunden Menschen gelegentlich erreicht und werden bei länger als 24 Stunden andauerndem Fasten regelmäßig gemessen.
- Blutzuckerwerte über 60 mg/dl (entspr. >3,33 mmol/l) schließen eine akute Hypoglykämie aus, nicht jedoch eine Unterzuckerung, da der Glukosespiegel im Zwischenzellwasser z.B. bei sportlicher Aktivität einen geringen Level haben kann als der im Blut. Allerdings reagiert der Hypothalamus durch Ausschüttung der Katecholamine in erster Linie auf die Geschwindigkeit des Blutzuckerabfalls.
Vorkommen, Ursachen
Insbesondere bei Diabetes mellitus kann es zu Hypoglykämien kommen, wenn blutzuckersenkende Medikamente überdosiert werden. Aber auch Personen ohne Diabeteserkrankung können Hypoglykämien bekommen. Mögliche Situationen sind starke körperliche Betätigungen (z. B. Sport), hohe Stressbelastungen und Mahlzeiten, die sehr starke Insulinausschüttungen veranlassen (Mahlzeiten mit hohem glykämischen Index).
Unterzuckerungen können durch Medikamente ausgelöst werden:
- Insulin
- Sulfonylharnstoffe
- Metformin (selten)
Das Insulinom ist ein gutartiger Tumor der Bauchspeicheldrüse, der typischerweise mit Unterzuckerungen einhergeht.
Symptome
- Niedrige Zuckerwerte können manchmal völlig symptomfrei bleiben.
- Das Gehirn ist auf die Verbrennung von Glukose angewiesen, deswegen können beim niedrigen Zucker vor allem cerebrale Probleme auftreten (neuroglukopenische Symptome).
- Lähmungen
- Krampfanfälle
- Konzentrationsprobleme
- Wesensveränderung
- Synkopen
- Müdigkeit
- alle anderen Arten von neurologischen Ausfällen
- Adrenerge Gegenreaktion (vermehrte Adrenalinausschüttung)
- Schneller Herzschlag
- vermehrtes Schwitzen
- Blutdruckerhöhung
- Unruhe
Der menschliche Körper wird mit Hilfe von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten mit Energie versorgt, das Gehirn jedoch ausschließlich mit Glukose, weil dort keine Fett- oder Eiweißzellen vorhanden sind. Deswegen wirkt sich die Hypoglykämie zunächst auf das Gehirn aus. Im Verlauf einer Hungerperiode deckt das Gehirn seinen Energiebedarf aber zu einem immer größer werdenden Teil aus der Oxidation von Ketonkörpern.
Bei Beginn einer Unterzuckerung veranlasst das Gehirn einen erhöhten Adrenalinausstoß, da die Freisetzung von Adrenalin zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels führt (Sympathikusaktivität). Außerdem erhöht sich der Herzschlag, damit das Blut schneller durch den Körper fließt. Gleichzeitig wird die Leber zu einer erhöhten Freisetzung von Glukose (aus Glykogen, der Speicherform der Glukose) angeregt, und die Bauchspeicheldrüse stellt die Produktion von Insulin ein; im Gegenzug wird die Freisetzung von Glucagon erhöht. In der Regel reichen die körpereigenen Regulierungsmaßnahmen aus, um einer Unterzuckerung vorzubeugen. Eine Unterversorgung des Körpers führt zu Hungergefühl, und mit etwas zuckerhaltiger Nahrung kann der Blutzuckerspiegel zurück in einen physiologischen Bereich überführt werden.
Äußerst problematisch werden kann eine Unterzuckerung für an Diabetes erkrankte Menschen, welche Insulin spritzen müssen. Das Insulin wird in das Fettgewebe im Bauch gespritzt, von wo aus es langsam und kontinuierlich in den Körper abgegeben wird. Sollte der Körper in dieser Situation nicht die der Menge an Insulin entsprechende Nahrung zugeführt bekommen, so besteht aufgrund der kontinuierlichen Abgabe von Insulin die Gefahr der Unterzuckerung. Auch sportliche Anstrengungen können in dieser Situation negative Folgen haben; aus diesem Grund sind all diese Faktoren in der Berechnung der Insulinmenge zu berücksichtigen.
Durch die Unterversorgung des Gehirns mit Glukose sind neurologische Ausfälle die ersten Anzeichen einer akuten Unterzuckerung. Miteinhergehend können Wesensveränderungen, auch Aggressivität, sein. Im Stadium einer tiefen Unterzuckerung tritt oftmals die Bewusstlosigkeit mit den entsprechenden Gefahren (Aspiration) ein.
Therapie
Durch Zuführung von Kohlenhydraten (insbesondere Traubenzucker) kann eine akute Hypoglykämie kurzfristig beendet werden. Jedoch sollte die Gabe von zuckerhaltigen Getränken oder entsprechender Nahrung nur im Stadium des vollständigen Bewusstseins des Patienten durchgeführt werden, da aufgrund aussetzender Schluckreflexe beim bewusstseinsgetrübten Patienten die Gefahr einer Aspiration besteht.
In einer solchen Situation ist das Absetzen des Notrufs und die Verständigung des Rettungsdienstes zwingend notwendig.
Ergänzende Hinweise
Es kann sein, dass sich der Körper langfristig an niedrige Blutzuckerwerte gewöhnt, sodass er erst Symptome zeigt, wenn der Wert z. B. unter 30 mg/dl gerutscht ist. Möglicherweise ist die Ursache dafür, dass der Körper durch eine Vermehrung der Anzahl der Mitochondrien oder eine vermehrte ATP-Bildung gegenzusteuern versucht.
Hypoglykämien können dazu führen, dass Zellen aufgrund der Minderversorgung mit Energie zugrunde gehen. Dies ist auch der Grund, weshalb man diabetische Kinder frei von Hypoglykämien halten möchte. Außerdem schädigen Hypoglykämien die Gehirnfunktionen.
Man unterscheidet diabetische und funktionelle Hypoglykämien. Bei der nichtdiabetischen Hypoglykämie handelt es sich um einen instabilen Blutzucker, der durch starke Schwankungen gekennzeichnet ist. Der Blutzucker steigt zu schnell und sinkt zu tief. Die Betroffenen sind zwar organisch gesund, weisen jedoch Symptome der verschiedensten Krankheiten auf. Eine funktionelle Hypoglykämie kann sich in einem geistig verwirrten Zustand äußern. Möglich sind auch Depressionen oder Migräne.