Dogmatik
Dogmatik ist als Teilgebiet der systematischen Theologie eigenständiges Lehrfach an katholisch-theologischen Fakultäten über die theologische Wissenschaft der dogmatischen Auslegung des Inhalts der christlichen Glaubenslehre. Die Dogmatik nimmt besonders in der Römisch-Katholischen Kirche eine zentrale Stellung in der christlichen Glaubenslehre ein. Sie ist neben den Fachgebieten der Christlichen Ethik (Theologische Ethik bzw. Moraltheologie) sowie Christliche Sozialethik bzw. (Christliche Soziallehre) und der katholischen Fundamentaltheologie (Apologetik) Teilgebiet der Systematischen Theologie. Die Darstellung der historischen Entwicklung der Dogmen ist Gegenstand der Dogmengeschichte.
Das derzeitige Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und des Vatikans, Papst Benedikt XVI. (bürgerlich Joseph Alois Ratzinger), ist ein ehemaliger, sehr bekannter und angesehener Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie.
Teilgebiete
Wichtige Teilgebiete (Traktate) der Dogmatik sind:
- Schriftlehre
- Theologische Anthropologie
- Trinitätslehre (bezüglich der Einheit und Dreiheit (Dreieinigkeit, Dreifaltigkeit) von Vater-Gott, Sohn und Geist)
- Gotteslehre (bezüglich der Vater-Gottheit im engeren Sinne)´
- Schöpfungslehre
- Christologie (bezüglich Jesus von Nazaret als Christus der Christen)
- Soteriologie (bezüglich des Heils durch Jesus Christus)
- Pneumatologie (bezüglich des heiligen Geistes)
- Ekklesiologie (bezüglich der Kirche)
- Sakramentenlehre
- Eschatologie (bezüglich der Hoffnungen auf die Vollendung der Welt und des Einzelnen, früher: die Lehre von den letzten Dingen)
sowie zusätzlich in der katholischen Theologie:
- Mariologie (bezüglich der Maria als Mutter Gottes)
- Gnadenlehre
Überblick
In der theologischen Dogmatik geht es nicht darum, ein Lehrgebäude auf wenige Grundsätze zurückzuführen. Vielmehr geht es darum, das Ganze der Offenbarung und des christlichen Glaubens zu entwickeln, welcher allerdings bezogen auf einzelne zentrale Glaubenswahrheiten im Verständnis wenigstens der katholischen und orthodoxen Theologie in den Lehrentscheidungen (Dogmen) der Kirche bis heute verbindlichen Ausdruck gefunden hat. In der Theologie geht es deshalb immer auch um die Begründung, Entfaltung und Deutung dieser Lehrentscheidungen.
Ähnlich kann der Begriff auch im Bezug auf andere Wissenschaften verwendet werden. So ist die Rechtsdogmatik etwa der Versuch einer systematischen Entwicklung und Darstellung des geltenden Rechts. Ähnlich ist die Verwendung des Begriffes "Dogmatik"" in der Ökonomie möglich.
Zu unterscheiden ist der Begriff der Dogmatik zum einen von dem der deduktiven oder enger axiomatischen Methode, in der ausgehend von wenigen Basisaussagen (Axiomen) andere Lehrsätze oder Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Zum anderen vom Dogmatismus, einer Geisteshaltung, die unkritisch bestimmte Überzeugungen (»Dogmen« im übertragenen Sinn) als unhinterfragbar festhält und so die Freiheit des Denkens und Weiterentwicklung der Wissenschaft behindert. Dogmatismus ist eine Gefahr aller Wissenschaften. In allen Bereichen menschlichen Wissens können sich »Dogmen« entwickeln, deren Hinterfragung als unerwünscht und problematisch abgelehnt wird, und die den Fortschritt, im Sinne einer weiterführenden wissenschaftlichen Durchdringung, behindern.
Das Spektrum systematisch-theologischer bzw. dogmatischer Aussagen ist naturgemäß sehr breit gefächert. Unbeschadet der Gemeinsamkeit im apostolischen oder nicaenischen Glaubensbekenntnis gibt es dennoch sowohl konfessionelle Unterschiede (evangelische, katholische, orthodoxe Theologie) als auch verschiedene theologische Schulen (fundamentalistisch, konservativ, evangelikal, liberal, dialektisch, existenzial, feministisch, befreiungstheologisch usw.), die verschiedene Deutungen anbieten.
Beispiele
Als Beispiele für in der christlichen Dogmatik entwickelte Lehraussagen seien folgende Grunddogmen des christlichen Glaubens angeführt:
- Es existiert ein reines Geistwesen, Gott.
- Dieses reine Geistwesen ist der Schöpfer der Welt und des Lebens auf der Erde.
- Dieser Gott hat mindestens dreimal direkt auf der Erde eingegriffen:
- als Erschaffer der Erde
- als Jesus Christus und
- als (Mit-?)Autor der Bibel.
- Manche meinen auch, er sei nur als Schöpfer tätig (Uhrmachergott), andere hingegen sind überzeugt, er greife ständig ins Weltgeschehen ein.
- Gott ist in der Person Jesus Mensch geworden.
- Jesus ist durch eine jungfräuliche Empfängnis gezeugt worden, ist gestorben und auferstanden von den Toten.
- Es gibt einen Teufel - auch ein reines Geistwesen - der nur Böses wünscht und tut.
- Der Mensch ist sündig.
- Alle menschlichen Sünden auf Erden werden in einem jüngsten Gericht noch einmal verhandelt und bestraft oder vergeben.
- Ein Teil des Menschen, die Seele, ist unsterblich. Sie lebt nach dem Tode des Körpers weiter.
- Tiere und Pflanzen haben keine Seele und können nicht in den Himmel kommen.
- Die Geschichte der Natur und der Menschen auf der Erde hat eine endgültige Bestimmung.
Einige weitere Dogmen des Christentums wären hier noch anzuführen: So zum Beispiel das
- Dogma von der heiligen Dreieinigkeit oder von
- der Existenz der Engel.
Literatur
- Johann Auer und Joseph Ratzinger: Kleine Katholische Dogmatik. 9 Bde. in 10 Tl.-Bdn., Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0798-1
- Theodor Schneider (Hrsg.): Handbuch der Dogmatik. 2. Aufl. Patmos Verlag, Düsseldorf 1995, ISBN 3-491-69024-2 (2 Bände)
- Wilfried Härle: Dogmatik. 2. Aufl., de Gruyter Lehrbuch, Berlin-New York 2000 ISBN 3110165899
- Gerhard L. Müller : Katholische Dogmatik. Herder, Freiburg 2005 ISBN 3-451-28652-1
- Gerhard Sauter: Dogmatik I. Enzyklopädischer Überblick und Dogmatik im deutschsprachigen Raum. In: Theologische Realenzyklopädie 9 (1982), S. 41-77
- Anders Jeffner: Dogmatik II. Dogmatik in den nordischen Ländern. In: Ebd., S. 77-92
- Alasdair Heron: Dogmatik III. Dogmatik in Großbritannien. In: Ebd., S. 92-104
- Frederick Herzog: Dogmatik IV. Dogmatik in Nordamerika. In: Ebd., S. 104-116