Methodischer Kulturalismus
Der Methodische Kulturalismus ist eine von Peter Janich und seinen Schülern[1] entwickelte philosophische Denkrichtung. Kernaussage dieses Ansatzes ist, dass die Gegenstände der Wissenschaft nicht durch rein theoretische Überlegungen, sondern durch die Weiterentwicklung der alltäglichen, vorwissenschaftlichen Praxis des menschlichen Handelns zustande kommen. Wissenschaft wird als Fortführung von praktischen Prozessen der Alltagswelt verstanden und muss aus dieser Sichtweise systematisch und methodisch hinterfragt werden. Sowohl dem Naturalismus (grob gesagt: „die Welt ist unabhängig von unserem Handeln einfach da“) als auch dem Relativismus (grob gesagt: „jeder hat seine eigene Welt für sich“) wird eine konstruktivistische Alternative entgegengesetzt.
Der Methodische Kulturalismus ist eine Weiterentwicklung des Methodischen Konstruktivismus der Erlanger Schule von Paul Lorenzen und Wilhelm Kamlah. 1996 formulierten Peter Janich und Dirk Hartmann den Rahmen und die Grundüberlegungen des Methodischen Kulturalismus.[2] Als Kultur wird dabei die Summe der Ergebnisse menschlichen Handelns begriffen. Der Mensch ist immer schon Mitglied einer Handlungs- und Kommunikationsgemeinschaft in einer lebensweltlichen (alltäglichen) Praxis. Im Zentrum steht eine neu formulierte Handlungstheorie, die neben Handeln im strengen Sinn auch Sprachhandlungen umfasst und nur gegen sogenannte Widerfahrnisse und instinktives Verhalten abgegrenzt wird. Ausgangspunkt der Handlungstheorie ist das lebensweltliche Handeln, so dass Wissenschaft als eine Weiterentwicklung und Spezialisierung vorwissenschaftlicher Praxis aufgefasst wird. Eine Rekonstruktion dieses Sachverhaltes erfolgt in den so genannten Prototheorien[3] der Physik, der Chemie, der Biologie oder der Psychologie. Hieraus resultiert ein Begriff der Erkenntnis, der das Gelingen von Handlungen zum Maßstab hat. Wissen ist dabei pragmatisch bestimmt als das Verfügen über Mittel für verfolgte Zwecke. Entsprechend pragmatisch begründet ist auch die Wissenschaftstheorie des Methodischen Kulturalismus, die bewusst entgegen der üblichen Praxis auch die technischen Ingenieurwissenschaften mit dem Kriterium der Kulturhöhe und der geordneten Handlungsfolge einbezieht.
Ziel des Methodischen Kulturalismus ist es, eine rationale Weltorientierung zu bieten, ohne dabei in die implizite metaphysische Letztbegründung des Naturalismus zu verfallen, und andererseits gegen den Relativismus der Postmoderne eine Leitlinie für eine begründete Praxis der Lebenswelt und der Wissenschaften bis in die Ethik zu offerieren. Der Methodische Kulturalismus sieht sich als eine postmoderne Philosophie, die durch eine kritische und anti-universalistische (nicht verabsolutierende) Denkweise geprägt ist.[4]
Kritik an modernen Strömungen der Philosophie
Eine wesentliche Quelle für die Philosophie des Methodischen Kulturalismus ist die Kritik an Naturalismus und Relativismus, denen eine konstruktive Alternative entgegengesetzt werden soll. Auch die Abgrenzung zum Methodischen Konstruktivismus als derjenigen Schule, die die ursprüngliche Ausgangsposition der Philosophie von Peter Janich bestimmte, ist ein wesentlicher Bestimmungsfaktor für den Methodischen Kulturalismus.
Naturalismus
Der kritisierten Position des Naturalismus werden eine Reihe verwandter Auffassungen untergeordnet, deren Spektrum von „alles ist Natur“ über „naturalistische Erkenntnistheorien“ bis hin zu der Auffassung reicht, dass alle Erklärung der Welt nur durch Naturwissenschaften möglich sei. Natur wird danach von den Naturalisten realistisch als gesetzgebende (d.h. die Gesetze vorgebende) Natur aufgefasst, deren Gesetzmäßigkeiten und Strukturen aufdeckbar sind und von den Wissenschaftlern lediglich durch Beobachtung abgelesen werden.
Für den Methodischen Kulturalismus ist das Verhältnis des Menschen zur Natur hingegen durch sein Handeln bestimmt. Die Ergebnisse der menschlichen Praxis sind „kultürlich“. Janich bildet diesen Begriff bewusst zur Abgrenzung gegen „natürlich“ (siehe Abschnitt Kultur). Erkannte Natur wird so zum kulturabhängigen Gegenstand. Naturalistische Erkenntnis- und Wahrheitstheorien haben insofern einen blinden Fleck in ihrer Sichtweise, als die zu findenden Kriterien nicht ein Ergebnis der Natur, sondern der Reflexion sind. Dies gilt insbesondere für Positionen wie die Evolutionäre Erkenntnistheorie oder die Autopoiesis des Radikalen Konstruktivismus, in denen der Wissenschaftler die Stellung eines externen Beobachters einnimmt, die nicht mehr hinterfragt wird. Die Natur ist für den Methodischen Kulturalisten eben kein Buch, in dem nur zu lesen ist (Augustinus), und schon gar nicht nur in der Sprache der Mathematik geschrieben (Galilei), wie es reduktionistische und materialistische Positionen behaupten. Die mathematischen Größen und Ergebnisse der Naturwissenschaften werden durch Messtechnik bestimmt und realisiert. Sie sind zudem abhängig vom Funktionieren der eingesetzten Geräte. Die dabei gewonnenen Daten haben weder Semantik noch Geltung; sie liefern keine Begründung. Naturgesetze sind einfach Sätze, die der Mensch aufstellt, um einen Leitfaden für gelingendes Handeln zu erhalten.
Die Zwecksetzungen, das heißt der normative Aspekt der Naturwissenschaften, entstammen für den Methodischen Kulturalisten nicht diesen Wissenschaften selbst, sondern dem menschlichen Handeln. Um die Ergebnisse der in den Naturwissenschaften eingesetzten Apparate und Methoden in Hinblick auf ihre Gültigkeit beurteilen zu können, bedarf es der Rekonstruktion der diesen jeweils zugrunde liegenden Zwecke. Der Maßstab von gut und böse, von Recht und Unrecht, von wahr und falsch ist ein Maßstab, den der Mensch an die Natur anlegt und die er nicht etwa in ihr (vor)findet. Solche Maßstäbe muss der Mensch vor sich rechtfertigen. Naturwissenschaften sind selbst Produkte der menschlichen Kultur, sie sind also sozusagen nicht „naturgegeben“, sind keine natürliche Folge „objektiver“ Naturbeobachtung. Der Naturwissenschaftler ist stets auch Mitglied einer menschlichen Kommunikations- und Handlungsgemeinschaft. Insofern er auf seine Tätigkeit als Naturwissenschaftler reflektiert und sich mit seinen Zwecken auseinandersetzt, behandelt er philosophische Fragen und betreibt keine Naturwissenschaft.
Relativismus
Auch wenn die Auffassung geteilt wird, dass eine absolute Letztbegründung ebenso wenig möglich sei wie eine absolute Rechtfertigung ethischer Prinzipien, so darf dieses aus der Sicht des Methodischen Kulturalismus nicht dazu führen, dass nun eine Beliebigkeit eintritt. Während der Naturalist zumeist behauptet, mehr zu wissen, als nach kritischer Analyse überhaupt möglich ist, verzichtet der Relativist auf jeglichen rationalen Anspruch, was am Ende zum Schlagwort von „anything goes“ führt.
Besonders destruktiv wirkt dabei für den Methodischen Kulturalisten die These von Thomas S. Kuhn von der Unvereinbarkeit (Inkommensurabilität) wissenschaftlicher Paradigmen, weil diese soweit führt, dass die Entwicklung im Wissenschaftsprozess als beliebig eingestuft oder ein Fortschritt in der Wissenschaft bezweifelt werden kann. Richard Rorty treibt die relativistische Sicht mit der bewusst provozierenden These auf die Spitze, dass erlaubt ist, was in dem jeweiligen kulturellen Umfeld faktisch akzeptiert ist. Für den Methodischen Kulturalismus ist das Ersetzen von Erkenntnistheorie durch Hermeneutik, wie Rorty es fordert, nicht annehmbar, weil so kein objektiver, wissenschaftlicher Maßstab mehr erreichbar ist.
Der Methodische Kulturalismus setzt dem entgegen, dass es eine grundsätzliche Rationalität im Handeln gibt, die am Maßstab des Gelingens oder Scheiterns von Handlungen eine konsistente Relation von Mitteln und Zwecken fordert. Handeln und darin eingeschlossen Sprechen findet in einer vorgefundenen Umwelt statt, in der das Individuum nicht alleine (singulär) agiert, sondern stets intersubjektiv und in Handlungszusammenhängen. Hierdurch wird die oben skizzierte Annahme einer Beliebigkeit ausgeschlossen. Handeln ist gebunden an pragmatische Rationalität und damit an eine methodische Ordnung. Entwicklungen vom Rad über den Flaschenzug bis zum modernen Getriebe zeigen keine widerstreitenden, unverträglichen Paradigmen, sondern einen Anstieg des Wissens bis zur Kulturhöhe der Gegenwart. Dieser kontinuierliche Fortschritt des Wissens zeigt sich in einem durchgängigen Anstieg der Anzahl der Messgrößen und der Genauigkeit der Messungen im Bereich der Wissenschaften. Neue Messtechniken sind oftmals Grund für neue, verbesserte Theorien.
Methodischer Konstruktivismus
Ging es dem Erlanger Konstruktivismus als der philosophischen Quelle des Methodischen Kulturalismus noch um die sprachphilosophischen Konsequenzen des Linguistic turn und eine pragmatisch-instrumentalistische Wissenschaftstheorie (eine ohne Brüche konstruierte Methodenlehre für die Wissenschaften), so steht im Zentrum des Methodischen Kulturalismus die Kulturkritik, in die auch die Alltagskultur auf Basis einer neu formulierten Handlungstheorie einbezogen wird. Auch in „philosophieinternen“ Prinzipien unterscheiden sich Methodischer Konstruktivismus und Methodischer Kulturalismus. Die so genannte dialogische Logik wird durch eine pragmatisch-operative Logik ersetzt, die an der eigenen Handlungstheorie und dem Prinzip der methodischen Ordnung (siehe unten) orientiert ist. Der konsensualistische Wahrheitsbegriff wird durch den handlungsorientierten Wahrheitsbegriff abgelöst. Auch die Beschränkung der Prototheorie auf die mathematische Protophysik wird aufgehoben. Stattdessen wurden Prototheorien für die Physik, Chemie, Biologie, Informatik und die (naturwissenschaftliche) Psychologie auf der Basis handwerklich bewährter Praxen entwickelt.
Kritische Reflexion der Kultur
Lebenswelt
Der von Edmund Husserl in der Philosophie zu einem stehenden Begriff gemachte Begriff der „Lebenswelt“[5] bezeichnet den Bereich der vorwissenschaftlichen Welterfahrung. Husserl unterschied zum einen die unveränderliche Wahrnehmungswelt des gegenständlich Seienden als Lebenswelt und zum anderen die durch den Menschen geprägte soziohistorisch-kulturelle Umwelt. Lebenswelt umfasst nicht nur den praktischen Lebensraum, sondern auch den „Logos der Natur“, also die in der Natur herrschenden Gesetzmäßigkeiten. Die Lebenswelt bildet für ihn die anthropologische Basis für die Existenz des Menschen und hat damit ontologischen Charakter, also eine eigenständige Wirklichkeit. Lebenswelt ist der universal vorgegebene Horizont, in dem Erfahrung erst möglich ist.
Mit dem Soziologen Alfred Schütz wurde der Begriff der „Lebenswelt“ nicht mehr nur auf die materielle, sondern auch auf die soziale und kulturelle Umwelt bezogen, in der auch ausdrücklich Sprache enthalten ist. [6] Jürgen Habermas nahm diesen Ansatz auf, kritisierte jedoch, dass Lebenswelt nicht nur das Individuum als Bezug hat, sondern den Hintergrund im Rahmen des kommunikativen Handelns bildet. [7]
Im Methodischen Konstruktivismus wurde der Begriff der Lebenswelt von Jürgen Mittelstraß wieder eher im Sinne Husserls aufgegriffen als das „lebensweltliche Apriori“, das unhintergehbar sowohl genetisch als auch logisch-methodisch vor aller Erschließung der Wirklichkeit besteht und damit Grundlage aller exakten Wissenschaften ist. Die Lebenswelt ist das Fundament der Theoriebildung. Sie zeigt sich zwar in der Theorie, ist aber nicht geeignet, diese zu begründen. Insofern ist auch eine phänomenologische Betrachtung wie bei Husserl wissenschaftstheoretisch nicht relevant. [8]
Gegenüber den bisher diskutierten Konzepten weitet der Methodische Kulturalismus den Begriff der Lebenswelt nochmals aus.[9] Ausgangspunkt ist eine allgemein anerkannte vorwissenschaftliche Sprach- und Handlungspraxis. Janich spricht von einem prädiskursiven und präaktiven Konsens mit sprachlichen und nichtsprachlichen Bestandteilen wie Dinge, Ereignisse, Zwecke und Handlungen, die sich jeweils auf einen Teil einer vorgefundenen Welt beziehen. Jede Kommunikation setzt schon in der Praxis eingeübte Weisen des Redens und Handelns voraus. Die vorgefundene Welt ist die Gesamtheit aller Dinge, Ereignisse und Sachverhalte, mit denen die Menschen in ihrer Gegenwart umgehen. Die Lebenswelt ist insofern ein Ausschnitt davon, der für einen bestimmten Praxiszusammenhang relevant ist. So hat die Lebenswelt des Bergmanns andere Bezüge als die eines Uhrmachers, eines Landwirtes oder die eines Arztes.
Versucht man die Lebenswelt einer Wissenschaft zu fassen, so führt die Rekonstruktion ihrer Praxis auf die verschiedenen vorwissenschaftlichen Tätigkeiten, aus denen sie hervorgegangen ist, bei der Physik zum Beispiel auf die Messtechniken im Handwerk, in der Chemie unter anderem auf das Handwerk des Färbens. Die Lebenswelt eines Wissenschaftsbereiches muss aber in ihrer gegenwärtigen Ausprägung keine unmittelbaren Bezüge mehr zu ihrem Ursprung haben, wie das in der industriellen Großchemie auch der Fall ist. Der Begriff der „Lebenswelt“ im Methodischen Kulturalismus ist damit dem der „Lebensform“ bei Ludwig Wittgenstein ähnlich.
Kultur
Der Methodische Kulturalismus verwendet einen weiten Begriff der Kultur. Dieser beschränkt sich nicht nur auf die geistigen und künstlerischen Leistungen einer Gesellschaft, sondern umfasst alle Ergebnisse menschlichen Handelns als „kultürlich“[10]. Er wird im unmittelbaren Gegensatz zu „natürlich“ verwendet. „Kultürlich“ ist das Pflanzen eines Baumes im Park, „natürlich“ das Wachstum der Äste und Blätter.
Kultürlich ist alles durch menschliches Handeln Beeinflusste. Hierzu zählen auch Handlungsfolgen. Damit gibt es nur wenig in der vorgefundenen Welt, was nicht kultürlich ist, bis hin zu den Veränderungen im tropischen Regenwald aufgrund von Abholzungen und Treibhausgasen („von der Lüneburger Heide über ‚naturidentische Aromastoffe’ bis zu Tante Ernas Mops“)[11]. Der Mensch in seiner Entwicklung hat prinzipiell keine „rein natürlichen“ Erfahrungen, denn er ist bereits von Geburt an permanent mit kultürlichen Umständen konfrontiert. Er erschließt sich die Welt durch Begegnung mit Kultürlichem, sei es Kleidung, Spielzeug oder die Sprache der Eltern. Das Kleinkind lernt kinetisches Handeln (Greifen, Sitzen, Laufen), poietisches Handeln (spielen mit Bauklötzen) und schließlich auch sprachliches Handeln – immer mit Bezug und im Wechselspiel zu der kultürlichen Lebenswelt seiner Kommunikationsgemeinschaft.
Die menschliche Praxis ist darauf ausgerichtet, sich in der Lebenswelt einzurichten. Lebenswelt umfasst sowohl subjektive als auch intersubjektive Aspekte. Dabei gestaltet der Mensch die Lebenswelt nach seinen Zwecken. Kultur ist das, was in der Praxis regelgeleitet ist und durch Tradition von Sitten und Institutionen vermittelt wird. Als kulturelle Praxis kann man das Verfahren zur Herstellung von Stahl, den Ablauf eines Fußballturniers ebenso wie die politischen Regeln zur Gesetzgebung betrachten. Zur kulturellen Praxis zählen ebenso intersubjektive Entscheidungsverfahren, die in der modernen Gesellschaft in der Regel gewaltfrei sind und stattdessen auf Diskursen beruhen.
Die Absicht des Methodischen Kulturalismus ist die Reflexion und Rekonstruktion von Kultur. Kulturkritik ist dabei immer auch kulturimmanent. Der kulturelle Rahmen kann auch in der Reflexion nicht verlassen werden. Das Streben nach einer Weltsicht aus den Prinzipien der Vernunft ist selbst schon kulturgeprägt. Der Methodische Kulturalismus hat den Anspruch, mit methodisch rationalen Verfahren Veränderungen von Praxis zu bewerten und gegebenenfalls Veränderungen im Diskurs einzufordern.
Handlungstheorie
Der Handlungsbegriff
Die Rekonstruktion von Theorien im Methodischen Kulturalismus erfolgt zunächst durch eine phänomenologische Untersuchung der in der Theorie verwendeten Begriffe, die hier nur angedeutet werden kann. Die Entwicklung der Begriffe erfolgt dabei von einfachen zu komplexen Unterscheidungen. Vorstehend wurde bereits eine Unterscheidung zwischen Handlungstyp und Handlungsvollzug getroffen. Handlungstypen wie Laufen, Spielen oder Schreiben werden im Methodischen Kulturalismus als „Handlungsschema“ bezeichnet. Dies sind allgemeine Benennungen von Tätigkeiten mit gemeinsamen Merkmalen, die immer wiederkehren und sich nicht auf einzelne Personen beziehen. Demgegenüber wird der konkrete Handlungsvollzug als Aktualisierung eines Handlungsschemas beschrieben.

Handlungen sind abzugrenzen von Verhalten und Widerfahrnissen. Eines der grundlegenden Charakteristika von Handlungen ist das Zuschreiben von Verantwortung. Vom Kleinkind an lernt der Mensch, für welche Handlungen seine Gemeinschaft ihn lobt oder tadelt. Gleichzeitig wird er für ein Stolpern oder Niesen nicht für verantwortlich gehalten. Dies wird als reines Verhalten betrachtet. Stolpern oder Niesen können nicht gelingen oder misslingen, sie „passieren einem“. Widerfahrnisse hingegen beruhen auf Handlungen oder Verhalten dritter Personen oder auf anderen nicht selbst beeinflussten Ereignissen.
Ein wichtiges Merkmal von Handlungen ist, dass sie gelingen oder misslingen können. Diese Sicht setzt voraus, dass Handlungen ein Zweck zugrunde liegt, für den die Handlungen ein Mittel sind. Wenn eine Handlung gelingt, muss der Zweck noch nicht erreicht sein. Das Betätigen eines Lichtschalters ist das Mittel, um einen Raum zu erhellen. Erst wenn die Lampe auch brennt, ist der Zweck erreicht und man kann von einem Handlungserfolg sprechen. Das Reden von „Handlungszwecken“ unterstellt, dass Handlungen nicht kausal im Sinne eines deterministischen Reiz-Reaktions-Schemas verursacht werden.[12] Aus der Handlungsfreiheit ergibt sich als wichtiges Kennzeichen von Handlungen, dass man sie auch unterlassen kann. Handlungen, ob Musizieren, Fahrradfahren oder Schreiben, müssen darüber hinaus zunächst einmal erlernt werden. Benötigt man mehrere aufeinander folgende Handlungen zur Erreichung eines Zweckes, so spricht man von Handlungsketten.
Grundlegend ist für den Methodischen Kulturalismus die Einbeziehung von Sprache in die Handlungstheorie und die sich daraus ergebende Unterscheidung von sprachlichen und nicht-sprachlichen Handlungen (zur Sprache siehe unten). Nicht-sprachliche Handlungen können vergänglich sein, wie z.B. Gehen oder Essen. Von besonderem Interesse sind poietische Handlungen. Mit diesen werden nicht-vergängliche Gegenstände oder Zustände neu geschaffen. Im vorwissenschaftlichen Bereich sind dies insbesondere handwerkliche Tätigkeiten. Die erschaffenen Gegenstände nennt man „Artefakte“. Zweck poietischer Handlungen ist das Herstellen solcher Artefakte, die ihrerseits wiederum geeignet sind, als Mittel zur Erreichung anderer Zwecke zu fungieren. „Zweck“ ist hier wertneutral gemeint, also im Sinn von etwas, das als Ziel einer Handlung gesetzt bzw. angestrebt wird. Handeln in diesem Sinn ist Zweck-Mittel-rational. Das Kriterium der Nützlichkeit ist eine Bewertung, die hier nicht betrachtet wird. Da Artefakte oftmals im Nachhinein mit anderen als den ursprünglich vorgesehenen Zwecken verbunden werden – so wie beispielsweise aus dem Schneidewerkzeug Messer eine Jagdwaffe werden kann –, so erhalten Artefakte die Eigenschaft von etwas Allgemeinem. Nutzen und Schaden aus der Nutzung eines Artefaktes stehen zum Zeitpunkt seiner Herstellung noch nicht (vollständig) fest. Dies ist ein wesentliches Moment bei der Technikfolgenabschätzung moderner industrieller Produkte.
Eine wesentliche Rolle spielen Artefakte im Wissenschaftsprozess, wenn dort Messwerkzeuge und Vorrichtungen für Experimente eingesetzt werden. Sowohl für den Handwerker als auch für den Wissenschaftler ist das schon von Dingler hervorgehobene „Prinzip der methodischen Ordnung“ (PmO) von maßgeblicher Bedeutung. Bei Handlungen, insbesondere der Herstellung von Gegenständen, ist es oftmals notwendig, feste Reihenfolgen einzuhalten, wenn man den Handlungszweck erreichen will. Es ist sinnvoll, ein Ei erst zu pellen, bevor man es salzt. Rezepte und Gebrauchsanweisungen sind also oftmals grundlegend für den Handlungserfolg. Wissenschaftliche Experimente bestehen nicht nur aus Messgeräten und Vorrichtungen für die Durchführung eines Experiments, sondern beruhen immer auch auf einer Verfahrensidee und einer möglichst exakten Beschreibung, in welchen Schritten ein Experiment durchzuführen ist (vgl. Algorithmus).
Fasst man die Analyse des Handlungsbegriffs zusammen, so schälen sich drei Grundprinzipien heraus, die die Handlungstheorie des Methodischen Kulturalismus stützen beziehungsweise als Prämissen für ein uneingeschränktes Handlungsvermögen angenommen werden:
- Zwecksetzungsautonomie
- Mittelwahlrationalität
- Folgenverantwortlichkeit
Das Anfangsproblem
Die Antwort des Methodischen Kulturalismus auf die Frage nach dem Anfang liegt nicht in einer Letztbegründung. Wirklichkeit wird nicht danach hinterfragt, ob und wie geartet eine vom Subjekt unabhängige Realität oder ein übergeordnetes Weltprinzip existiert. Eine solche Frage wird als metaphysisch abgelehnt, weil sie nur durch einen außerhalb unserer selbst befindlichen Beobachter auf einer übergeordneten Ebene beantwortet werden kann, die dem Menschen nicht zugänglich ist.
Die Perspektive des Methodischen Kulturalismus ist vielmehr die Handlungswirklichkeit. Betrachtet man als Handlungswirklichkeit nicht nur das Reden über Handeln, sondern auch das Vollziehen von Handlungen, so ergibt sich die Unterscheidung von Beobachter- und Teilnehmerperspektive. Aus der Erkenntnis, dass jede Theorie interessengeleitet und damit wiederum theoriegeladen ist, ergibt sich die Frage nach ihrer Geltung. Aussagen aus der Beobachterperspektive sind ebenso wie Aussagen aus der Teilnehmerperspektive handlungstheoretisch betrachtet Beschreibungen von Handlungen. In der Teilnehmerperspektive wird zusätzlich die Selbstbezüglichkeit der Handlung berücksichtigt. Nur durch diese wird der Zugang zu Intentionen und Zwecksetzungen möglich. Die Unterscheidung von Beobachter und Teilnehmer entspricht der in der Philosophie bekannten Gegenüberstellung von Eigenpsychischem und Fremdpsychischem, von Mentalismus und Empirismus.
Im Gegensatz zu realistischen Weltauffassungen werden im Methodischen Kulturalismus Theorien operativ begründet. In einer Kette des Zurückfragens werden Theorien auf ihren Ursprung im lebensweltlichen Handeln und den damit verbundenen Handlungszweck zurückgeführt (rekonstruiert). Entscheidend ist dabei, dass der Ausgangspunkt der Untersuchung nicht mehr die abstrakte Beschreibung eines Handlungstyps (Gehen, Essen, Sprechen), sondern ein konkreter räumlich und zeitlich bestimmter Handlungsvollzug ist. Indem man zum Beispiel in der Geometrie von dem konkreten Zeichnen einer Linie oder eines Kreises ausgeht und diesen Handlungsvollzug als Grundlage für den Aufbau einer Terminologie einer Theorie verwendet, wird man nicht mit dem Begründungstrilemma konfrontiert. Die Begründung entsteht in dem Zeigen eines nicht-sprachlichen Handelns, zum Beispiel der Weitergabe handwerklicher Kenntnisse durch Vor- und Nachmachen.
Seit den Anfängen der griechischen Naturphilosophie bis weit ins 19. Jahrhundert, aber auch noch in der Gegenwart wurde überwiegend und vorherrschend der Mensch selbst aus der Perspektive des Beobachters betrachtet und insbesondere seit Descartes die Unterscheidung von Subjekt und Objekt vorgenommen. Ziel war es, den Menschen mit naturwissenschaftlichen Mitteln zu beschreiben und kausal zu erklären. Dabei wurde die Rolle des Menschen als Handelndem, der die Erklärung produziert, außer Acht gelassen. Im Vordergrund stand in der Neuzeit die Rolle des Menschen als Erkenntnis gewinnendem Subjekt. Die Perspektive des Beobachters ist jedoch ein Standpunkt außerhalb unserer selbst. Tatsächlich entstehen Erfahrungen aber nur im Vollzug von Handlungen. Theorien basieren damit auf Beschreibungen möglicher, nicht-sprachlicher Handlungsvollzüge. Der Gegenstand von Theorien wird dabei immer bestimmt durch denjenigen, der die Theorie aufstellt, also selbstbezüglich aus der Teilnehmerperspektive. Bei der Anwendung technischer Systeme oder theoretischer Modelle ist immer zu beachten, dass die Natur als Explanandum der Theorie (als Explanans) vorausgeht. Der Forscher wählt seine Theorie.
Sprachhandeln
Sprache ist keine Abbildung der Welt, wie sie ist. Vielmehr ist es die Aufgabe von Sprache, die Kommunikation zwischen mindestens zwei Akteuren zu ermöglichen. Sprache ist der Vollzug von Handlungen wie Unterscheiden, Behaupten, Auffordern, Fragen, Bewerten. In der Verständigungspraxis geht es dabei vor allem um die Klärung der Bedingungen für ein Gelingen von praktischen und poietischen Handlungen. Da Sprachhandlungen ein Mittel zur Erreichung eines Zweckes innerhalb einer Kommunikationsgemeinschaft sind, beinhalten sie Rationalität.
Sprache erfolgt grundsätzlich im Dialog, das heißt in einer Gemeinsamkeit, bei der es immer einen Sprecher/Schreiber (Sender), einen Sprachinhalt (eine Information) und einen Hörer/Leser (Empfänger) gibt. Dabei müssen Sprecher und Hörer jeweils zwei Aspekte erfüllen, damit eine Sprachhandlung gelingt. Der Hörer muss den Sprechakt verstehen und dies durch eine Handlung bekunden, so wie der Sprecher die Sprachhandlung durchführen und sich der Verstehensbestätigung seines Sprechpartners vergewissern muss. Erst wenn beides von beiden Seiten gegeben ist, ist der Sprechakt gelungen.
Der Mensch erwirbt Sprache im Zuge einer Lerngeschichte. Dabei ist er kultürlich vorherbestimmt. Die Menschen seiner Lebenswelt vermitteln ihm eine bestehende Praxis:
- „Die Kinder werden dazu erzogen, diese Tätigkeiten zu verrichten, diese Wörter dabei zu gebrauchen, und so auf diese Worte des Anderen zu reagieren. Ein wichtiger Teil der Abrichtung wird darin bestehen, dass der Lehrende auf die Gegenstände weist, die Aufmerksamkeit des Kindes auf sie lenkt, und dabei ein Wort ausspricht; z. B. das Wort »Platte« beim Vorzeigen dieser Form“ [13]
Für die Sprache gelten die gleichen Grundunterscheidungen wie beim sprachfreien Handeln. Es gibt Widerfahrnisse (die Rede des Anderen), Verhalten (der Ausruf „Aua“) und Handlungen (die mit Kommunikationsabsicht verbundene Rede). Sprachhandlungen können akustisch und in ihrer Bedeutung gelingen oder misslingen. Davon zu unterscheiden ist der Handlungserfolg. Der Empfänger einer Frage kann diese sowohl akustisch als auch semantisch verstehen. Es kann aber sein, dass er die Antwort nicht weiß oder sie nicht geben will. Dann ist die Sprachhandlung zwar gelungen, aber es gibt keinen Handlungserfolg:
- „So kann das Funktionieren der Sprache oder die Bedeutung der sprachlichen Ausdrücke auf dem Hintergrund der lebenspraktischen Zwecke und Handlungsvollzüge verstanden werden.“[14]
Erkenntnistheorie
Die Grundidee zur Erkenntnistheorie des Methodischen Kulturalismus wurde bereits von Hugo Dingler aufgeworfen. [15] Er machte darauf aufmerksam, dass man unterscheiden kann zwischen Erkenntnis als einen statischen Bestand an Wissen und Erkenntnis als einen Prozess der Aneignung von Wissen. Dabei hatte die Bewusstseinsphilosophie von Descartes bis Hume sich auf die erste Variante des Begriffsinhalts konzentriert und hatte regelmäßig mit dem Problem zu kämpfen, die Geltung der Erkenntnis nicht rechtfertigen zu können, ohne in einen Zirkel zu geraten, einen unendlichen Regress zu erzeugen oder das Begründungsverfahren abzubrechen (Fries’sches Trilemma). Für Dingler war die Frage falsch gestellt. Kant hatte eine erste Veränderung gebracht, indem er nicht nach der Erkenntnis selbst, sondern nach den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis fragte. Er war aber nach Dingler ebenso mit einem Begründungsabbruch gescheitert, weil er sich nicht mit der Entstehung von Erkenntnis befasste.[16] Fragt man nicht nach dem „Wissen, dass“, sondern nach dem „Wissen, wie“, entgeht man hingegen dem Begründungstrilemma und erhält Aussagen, deren Gültigkeit man durch die Praxis des Handelns ohne jede metaphysische Annahme zeigen kann.
„Erkenntnis“ wird auch im Methodischen Kulturalismus wie üblich als wahres, begründetes Meinen bestimmt. Dann wird aber zunächst nicht nach dem Gegenstand von Erkenntnis gefragt, sondern ausgehend von der Handlungstheorie nach der Funktion von Erkenntnis, die für den Handelnden darin liegt, ein Mittel für eine Orientierung in der Lebenswelt zum Zweck der Lebensbewältigung zu sein.
Erkenntnis ist danach ein Werkzeug, das die Realisierung wiederholbarerer, lehr- und lernbarer Handlungsketten ermöglicht. Erkenntnisse beruhen auf einem kultürlichen Lernprozess, wie man Handlungen erfolgreich gestalten kann. Sie werden wie Handlungsfähigkeiten und wie Sprachfähigkeiten im Rahmen jeweils bestehender Handlungs- und Kommunikationsgemeinschaften erworben. Erkenntnis unterscheidet sich von Wissen dadurch, dass sie an ein Subjekt gebunden ist. Wissen ist der weitere Begriff, der auch tradierte Erkenntnis umfasst. Erkenntnis ist selbst eine Handlung. Wenn jemand weiß, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist oder in der Schule eine fremde Sprache lernt, dann hat er Handlungswissen auf Vorrat. Im Erkenntnisfortschritt zeigt sich das Prinzip methodischer Ordnung. Im Weg vom einfachen Rad über den Flaschenzug, das Zahnrad bis hin zum Schneckengetriebe in modernen Maschinen ist eine geordnete Entwicklungslogik enthalten bis hin zur jeweils erreichten Kulturhöhe. Das Prinzip methodischer Ordnung ist eine Rationalitätsnorm für nicht-sprachliches und technisches Handeln, das auch in der Grammatik oder der Beschreibung eines Rezeptes oder einer Bedienungsanleitung eingehalten werden muss. Ansonsten droht die „Strafe des Misslingens“.
Die Aussage, ob eine Meinung wahr ist, ist selbst auch eine Sprachhandlung und damit am Maßstab des Gelingens zu beurteilen, wie andere Handlungen auch. Wittgenstein hat dies wie folgt beschrieben:
- „Richtig und falsch ist, was Menschen ‚sagen’; und in der ‚Sprache’ stimmen die Menschen überein. Dies ist keine Übereinstimmung der Meinungen, sondern der Lebensform.“ [17]
Wahrheit entsteht durch erfolgreiche Handlungen in der Lebenswelt. – Die Begründung von Wahrheit ist für den Methodischen Kulturalisten wiederum eine Konvention im Kommunikationsprozess. Sie muss den akzeptierten Regeln der Kommunikationsgemeinschaft entsprechen. Dies kann je nach Praxis von der Überzeugung, dass der Sprecher glaubwürdig ist, bis hin zum logischen oder empirischen Nachweis durch den Vollzug der behaupteten Handlungsmöglichkeit reichen. In der Geschichtswissenschaft würde dies den Nachweis mit einer adäquaten Quelle, in der Naturwissenschaft die Reproduktion eines Experiments bedeuten. Die Geltung einer Aussage wird dieser zu- oder abgesprochen. Die Kontrolle der richtigen Verwendung von Begriffen und Sätzen erfolgt in der Lern- und Lehrsituation der gemeinsamen Praxis. Theorien sind Satzsysteme oder Systeme aus Satzsystemen. Diese dienen als Mittel zur Verfolgung eines Erkenntnisziels. Theorien sind damit nicht kategorisch, sondern bedingt. Entsprechend ist ihre Geltung davon abhängig, welche Prämissen (Definitionen, Postulate, Axiome) ihnen zugrunde gelegt und in der jeweiligen Praxis anerkannt werden. Die Suche nach absoluter Wahrheit ist für den Methodischen Kulturalismus eine säkularisierte Form von Religiosität[18].
- „Wahre Meinungen verdanken sich Begründungen, deren Begründungsanfänge den Adressaten der Begründung zur Entscheidung auffordern, sich an bestimmten Praxen zu beteiligen. Sie sind kultürlich, aber nicht beliebig, da nicht beliebig über die eigene historische Situation, Bedürfnisabhängigkeit, Verfügbarkeit von Mitteln und Angewiesenheit auf andere Menschen verfügt werden kann.“ [19]
Anhand dieses Ansatzes wird es dem Methodischen Kulturalismus möglich, nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch Erkenntnisse der alltäglichen Lebenspraxis zu begründen. Zugleich kann damit ein Wahrheitsbegriff gefunden werden, der eine adäquate Beurteilung der Begriffe „wahr“ und „falsch“ erlaubt. Aufgrund dessen können auch die Ansprüche seitens der Kognitionswissenschaften und des Szientismus zur Begründung von Erkenntnis zurückgewiesen werden.
Wissenschaft
Für den Konstruktivisten sind Theorien nicht strukturisomorphe oder adäquate Abbilder einer natürlichen Welt, sondern praxiserprobtes Bewirkungs- und Prognosewissen. Die Diskussion der Frage der Existenz wird erkenntnistheoretisch als irrelevant betrachtet. Durch die Annahme einer realen, subjektunabhängigen Welt kann es nach Auffassung des Methodischen Kulturalismus nicht gelingen, den empirischen Gehalt einer Theorie zu verbessern oder die Qualität einer Prognose zu erhöhen. Die Annahme eines wie kritisch auch immer gearteten Realismus ist danach notwendig zirkulär, weil dieser stets die Kenntnis des zu Erkennenden bereits voraussetzt. Ein solcher Zirkel ist daher ein metaphysisches Argument. Der Methodische Kulturalismus verzichtet hingegen auf jegliche metaphysische Spekulation und bezieht sich in diesem Punkt ausdrücklich auf den späten Wittgenstein.
Wissenschaft ist für den Methodischen Kulturalisten eine Kulturleistung. Sie beruht auf der Fähigkeit des Menschen, Zwecke zu setzen, diese durch Handlungen zu realisieren und die Mittelwahl rational zu begründen. Wissenschaft umfasst nicht nur den Untersuchungsgegenstand, sondern auch handelnde Wissenschaftler, die methodische Vorentscheidungen treffen und Herstellungsmaßnahmen zum Beispiel für Experimente bei der Vorbereitung ihrer Untersuchungen durchführen. Da naturwissenschaftliche Lehrbücher oftmals den Herstellungsbezug ausblenden, werden grundlegende Begriffe häufig zirkulär unter Verwendung erst später eingeführter Begriffe definiert.[20] Hierin sieht der Methodische Kulturalismus eine der Ursachen für die verbreitete naturalistische Weltsicht in den Naturwissenschaften. Sein Ziel ist die methodische Rekonstruktion und damit die logisch-begriffliche Klärung durch Rückführung der jeweiligen Wissenschaften auf ihre ursprünglichen Handlungsvollzüge. Diese sind in der Regel in einer vor- und außerwissenschaftlichen Praxis zu suchen, aus der sie jeweils „hochstilisiert“ wurden.
Wissenschaft als Wissensform ist mit methodologischen Ansprüchen verknüpft, die den Kriterien der Personenunabhängigkeit (Transsubjektivität) zum Zweck der Nachprüfung und der Allgemeingültigkeit (Universalität) genügen. Für die Geltung wissenschaftlicher Theorien wird daher üblicherweise die Reproduzierbarkeit erwartet. Hinzu kommen die Forderungen nach einem sinnvollen inneren Zusammenhang (Kohärenz) und nach logischer Widerspruchsfreiheit (Konsistenz).
Die Praxis der Wissenschaftstheorie ist die Handlung, Theorien über die Praxis des Erhebens von Geltungsansprüchen in den angewandt Wissenschaften aufzustellen.
Konstruktion und Rekonstruktion
Ziel einer Rekonstruktion ist es, eine wissenschaftliche Theorie in Hinblick auf die Einhaltung von allgemeinen philosophischen Rationalitätsstandards (des Methodischen Kulturalismus) zu beurteilen. Kann man eine wissenschaftliche Theorie rekonstruktiv auf ein lebensweltlich verfügbares Können durch einen Ableitungszusammenhang in methodischer Ordnung zurückführen, dann kann man sie als systematisch begründet ansehen. Rekonstruktionsmittel sind insbesondere die Handlungstheorie und das Prinzip methodischer Ordnung. Rekonstruktion setzt gute Fachkenntnisse der zu rekonstruierenden Theorien und Wissenschaften voraus.
Zu den Aufgaben der Rekonstruktion gehört es, sprachliche Voraussetzungen zu klären. Ohne eine klare Begriffsbildung ist eine gültige sprachliche Darstellung von Erfahrungs- und Beobachtungswissen nicht möglich. Die begriffliche Grundlage der jeweiligen Wissenschaftssprache findet man in der Regel nicht in den neuesten Theorien, sondern in den Ursprüngen. Dabei erfolgt unter anderem ein Hinterfragen der Reflexionsbegriffe der Wissenschaft wie „Raum“, „Zeit“ und „Masse“ in der Physik, „Stoff“ in der Chemie oder „Leben“ und „Organismus“ in der Biologie. Die Problematik solcher Begriffe beschreibt wieder Wittgenstein:
- „Die Frage ‚Was ist Länge?’, ‚Was ist Bedeutung?’, ‚Was ist die Zahl Eins?’ etc. verursachen in uns einen geistigen Krampf. […] (Wir haben es hier mit einer der großen Quellen philosophischer Verwirrung zu tun: Ein Substantiv lässt uns nach einem Ding suchen, das ihm entspricht.)“[21].
Durch die Verdinglichung von Allgemeinbegriffen, die es ebenso in der Philosophie gibt (Sein, Geist, Denken, Bedeutung, Wahrheit) entstehen Kategorienfehler. Man redet über Sprache und meint über die Welt zu reden.
Den Vorgang der Rekonstruktion kann man gliedern in Konstitution, Konstruktion und Reflexion. In der Konstitution wird der Zusammenhang der Wissenschaft mit ihrer ursprünglichen, zumeist im vorwissenschaftlichen Bereich liegenden Aufgabe zur Lebensbewältigung untersucht. Hierdurch werden die ursprünglichen Zielsetzungen und Mittel herausgearbeitet. Während es im Handwerk in der Regel um bewährte Mittel und Methoden ging, werden an wissenschaftliche Theorien methodische Ansprüche in Hinblick auf die Transsubjektivität und Universalität der Ergebnisse gestellt. Es wird der geordnete Aufbau der Terminologie (Begriffssystem) geprüft. Die Theorie (Satzsysteme) wird untersucht im Hinblick darauf, dass sie keine logischen Widersprüche enthält, dass ihre Lehrsätze keine Redundanzen und auch keine strukturellen Lücken aufweisen. Es wird geprüft, inwieweit Kohärenz und Konsistenz in Hinblick auf Experimente und Methoden bestehen. Die wissenschaftliche Verfahrensweise wird so konstruiert. Die Reflexion schließlich ist die Auseinandersetzung mit Bedeutung und Geltung der wissenschaftlichen Theorien. Dabei werden die wissenschaftstheoretischen Methoden untersucht wie Definitionen, Postulate oder Hypothesen. Wesentlich in der Reflexion ist vor allem die Frage nach den Auswirkungen der Wissenschaft und ihrer Leistungen auf die Lebenswelt anderer Bereiche und das von ihr erzeugte Weltbild.
Prototheorien
Mit Prototheorien werden im Methodischen Kulturalismus die Ausarbeitungen gekennzeichnet, die das Programm einer Fachwissenschaft auf dem dargestellten Weg rekonstruieren. In Verbindung mit der Philosophie von Hugo Dingler wurde bereits 1927 von einer Protophysik gesprochen[22]. Dieser Begriff wurde explizit vom Erlanger Konstruktivismus aufgenommen und für den Bereich der mathematischen Physik angewendet.
Die von Janich vertretene Variante bezieht sich ausdrücklich auf Verfahren, in denen ein vorwissenschaftlicher Handlungsvollzug rekonstruierbar ist. Man kann beispielsweise die grundlegenden Prinzipien der Euklidischen Geometrie durch Herstellungsverfahren antiker Handwerker aufzeigen. So ergibt sich eine Ebene, wenn man eine Fläche eines Körpers durch Schleifen mit zwei als Vergleichsstücken hergestellten Kopien passgenau macht, so dass man sie beliebig gegeneinander verschieben kann, ohne dass die Passgenauigkeit verloren geht. Das von Dingler angeführte Beispiel wurde praktisch noch bei der Herstellung von Spiegeln eingesetzt. Hält man zwei nach diesem „Drei-Platten-Verfahren“ hergestellten Ebenen gegeneinander, erhält man eine Gerade. Die Schnittstelle von drei Ebenen, also eine Ecke, beschreibt einen Punkt. Der handlungstheoretische Hintergrund der Euklidischen Geometrie zeigt sich auch bei der Bestimmung von Kreis und Kugel. Nach Euklid ist der Kreis dadurch definiert, dass von einem Punkt innerhalb der Figur alle Strecken bis zur Kreislinie gleichlang sind. Dies entspricht dem Zeichnen eines Kreises mit einem Zirkel. Eine Kugel wäre analog nicht erzeugbar, sondern nur vorstellbar. Euklid bestimmte die Kugel jedoch als einen Körper, um den man einen Halbkreis herumführen kann, bis dieser wieder an seinen Ausgangspunkt zurückkommt. Dies entspricht dem Herstellungsverfahren einer Kugel durch einen Steinmetz mit Hilfe einer Schablone.
Ein anderes Rekonstruktionsbeispiel ist der Systembegriff in den Biowissenschaften[23], wie er etwa als Nervensystem, Ökosystem oder als Organismus als System verwendet wird. Sprachlich bedeutet der Begriff System etwas Zusammengestelltes. Er wurde zuerst verwendet in Verbindung mit elektrischen Netzwerken und der Berechnung von Schaltungen, bei der diverse Bauteile mit eigenständigen Funktionen (Widerstände, Kondensatoren, Spulen, Transistoren, Filter, Verstärker, Motoren, etc.) in einem aus Leitungen, Knoten und Maschen bestehenden Schaltplan verknüpft werden. Der Schaltplan einer Klingel ist einfach, der eines Videorecorders hochkomplex. Typisch bei komplexen Systemen ist das zusammenwirken von Teilsystemen, die funktional aufeinander abgestimmt sind. Die Erzeugung eines solchen Systems erfolgt, indem zunächst der Zweck festgelegt, gegebenenfalls eine Gliederung nach Komponenten und der von diesen zu erfüllenden Funktionen vorgenommen und dann die Detailplanung Schritt für Schritt ausgeführt wird. Das Vorgehen bei der Herstellung entspricht also einer Handlung mit einer Zweck-Mittel-Relation und unter Berücksichtigung des Prinzips methodischer Ordnung.
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Herstellung und der Funktion eines Systems. Die Funktion lässt keinen Rückschluss auf den Aufbau zu. Erst wenn ein System nicht mehr funktioniert, muss der Reparateur seinen Aufbau verstehen. Allerdings nicht im Detail. So kann der Elektroniker ein defektes Messgerät komponentenweise einer Funktionsprüfung unterziehen. Übertragen muss ein Mediziner das System Mensch auch nur bedingt verstehen, um einen Knochenbruch oder einen Sehfehler zu behandeln. Das Umgehen der Biowissenschaften mit natürlichen Systemen entspricht der Analyse ihrer Funktionen. Dabei darf man nicht den Irrtum begehen, dass solche Analysen zweckfrei stattfänden. Die Vorstellung des Systems bezogen auf Gegenstände der Biowissenschaften ist eine modellhafte Übertragung aus einer poietischen Praxis. Dabei darf die Rolle des zweckbezogen als Wissenschaftler handelnden Menschen nicht übersehen werden. Die systemtheoretische Beschreibung ist ein Mittel für wissenschaftliche Zwecke und muss auf Bedeutung und Geltung überprüfbar bleiben.
Methodische Aufbereitungen aus Sicht des Methodischen Kulturalismus gibt es im Bereich der Protophysik (Geometrie, Zeit, Raum, Masse), der Protochemie, der Protobiologie, der Psychologie oder der Informatik.
Information
Im Zuge der Auseinandersetzung mit Fragen der Kommunikations- und Informationswissenschaften setzte sich Janich mehrfach in rekonstruktiver Absicht mit dem Begriff der Information und seiner naturalistischen Verwendung in den Naturwissenschaften auseinander. Bei einer solchen Untersuchung wird bewusst, dass der Begriff der Information immer häufiger und in erweiterten Zusammenhängen ähnlich wie die Begriffe Kraft und Masse in der Physik als Eigenschaft von Gegenständen, Stoffen oder organischen Elementen wie Zellen oder Genen verwendet wird. Dabei stellt sich die Frage nach dem Erklärungswert dieser Verwendungsweise des Begriffs Information und den darin versteckten Implikationen.
Mit den Arbeiten von Claude Shannon/Warren Weaver (The Mathematical Theory of Information) sowie Norbert Wiener (Cybernetics, or Control and Communication in the Animal and the Machine)[24] wurden im Jahr 1948 zwei wirkungsmächtige Arbeiten veröffentlicht.
Wiener reduzierte physikalistisch in kartesischer Manier den Menschen auf das Tier und das Tier auf die Maschine. Information erhielt den gleichen Status wie Materie und Energie[25]. Shannon/Weaver unterschieden in Anlehnung an Charles W. Morris[26] syntaktische (Quantität und Struktur), semantische (Bedeutung) und pragmatische (Anwendungsnutzen/Wirkung) Aspekte der Information und entwickelten hieraus eine nachrichtentechnische Sprachtheorie. Mit Aufkommen der modernen Biowissenschaften hat sich eingebürgert, von biologischen Informationen wie von Erbinformationen zu sprechen und selbst Kunststoffen die „Fähigkeit“ der molekularen „Erinnerung“ zuzurechnen.
Janich verweist darauf, dass der Sender und der Empfänger der Nachrichtentechnik technische Artefakte als Hilfsmittel der Kommunikation sind, die nicht mit dem Sender und Empfänger eines Briefes gleichgesetzt werden dürfen. Das Sprechen, Briefeschreiben oder Telefonieren sind Handlungen. Die Schriftzeichen (z. B. in Blindenschrift) oder die Tonbandaufzeichnung (z. B. auf Friesisch) werden erst zur Information, wenn sie von einem Menschen dekodiert werden. Die materialen Strukturen haben noch keine Semantik. Man kann nicht aus einer Syntax eine Semantik und aus einer Semantik keine Pragmatik konstruktiv herleiten. Sprachliche Ausdrücke enthalten immer schon zugleich Syntax, Semantik und Pragmatik. Den Unsinn der Aussage: „Es ist 17 Uhr.“ kann man nur beurteilen, wenn man weiß, dass jemand nach dem Weg zum Bahnhof gefragt hat, das heißt, wenn man den Kommunikationszusammenhang kennt. Man kann den Sinn der Seemannssprache erst erfassen, wenn man die Praxis des Segelns kennt. Zwischen Syntax und Pragmatik besteht keine kausale Beziehung.
Das Fazit der Überlegungen Janichs liegt darin, dass der Begriff der Information als Metapher oder als Modell in der Hirnforschung oder in der Genetik nicht in Verbindung mit einer Erkenntnisabsicht des Datenträgers verwendet werden darf. Andernfalls gerät man in Gefahr, der Natur Zwecke zu unterstellen und damit den Begriff der Information zu naturalisieren. Diese von Janich in der Zeitschrift „Ethik und Sozialwissenschaften“ vertretene Position hat zu einer vielfach beachteten Kontroverse im Bereich der Informationstheorie geführt[27]
Geist und Gehirn
Bei der Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Verhältnis von Geist und Gehirn verweist Janich auf die unterschiedlichen Zugangsweisen der Naturwissenschaften und der Geisteswissenschaften zu diesem Problemkreis[28].
Während danach in den Naturwissenschaften der Zugang über den physiologischen Organismus gesucht wird mit dem Ziel, über kausale Modelle der neuronalen Gegebenheiten Möglichkeiten zur Erklärung, Vorhersage und Beeinflussung menschlichen Verhaltens zu finden, betrachtet der Geisteswissenschaftler den Menschen als ein Kulturwesen, das einerseits in den geschichtlichen Rahmen seiner Lebenswelt eingebunden ist, und andererseits durch das Erleben der individuellen Geschichte, in der es zweckrational handelt, bestimmt ist.
Die unterschiedlichen Perspektiven führen erst dann zu einem „Geist-Gehirn-Problem“, wenn jeweils eine der Positionen von sich behauptet, die allein gültige zu sein. Die kausale Sicht wird zur materialistischen Position, in der es keine Gründe, sondern nur (zumeist evolutionär begründete) Ursachen gibt. Demgegenüber behauptet das mentalistische Paradigma eine (bedingte) Unabhängigkeit des Bewusstseins von Ursachen mit der Fähigkeit, rational nach Gründen und im Diskurs zu entscheiden.
Metaphorisch kann man diesen Konflikt verdeutlichen mit den möglichen Weisen der Beschreibung eines Ölgemäldes. Die naturwissenschaftliche Beschreibung beinhaltet Gewicht, Materialien, die chemische Zusammensetzung der Farben und Ähnliches. Die lebensweltlich-künstlerische Beschreibung hebt hingegen ab auf das Dargestellte, den historischen Zusammenhang, verwendete Maltechniken, Stil und künstlerische Qualität etc. Übertragen auf das Leib-Seele-Problem besteht die Frage nach dem kausalen Zusammenhang beider Beschreibungsebenen[29].
Wie auch in anderen Bereichen lehnt der Methodische Kulturalismus die rein naturalistische Position ab, wie sie zum Beispiel die Neurowissenschaftler Gerhard Roth[30] oder Wolf Singer[31]mit der Determiniertheit von Gehirnprozessen vertreten. Hier liegt der bereits zuvor angesprochene Zirkel vor, dass eine Theorie der empirischen Widerlegbarkeit der Willensfreiheit selbst bereits determiniert ist. Vielmehr steht der Gegenstand einer Erklärung (das Explanandum) durch Zwecksetzung bereits fest, bevor eine erklärende Theorie (das Explanans) bestimmt wird.
Die Behauptung Singers, dass in den Neurowissenschaften diese Unterscheidung entfällt, da ja das Gehirn sich selbst untersucht[32], ist für den Methodischen Kulturalisten ein Kategorienfehler, weil nach dieser Behauptung die Anforderungen an eine wissenschaftliche Erklärung nicht erfüllt sind[33]. Auch die Naturwissenschaften beruhen auf der Grundlage der Allgemeingültigkeit (Universalität) und Personenunabhängigkeit (Transsubjektivität) ihrer Theorien (vgl. o.).
Auf der anderen Seite ist es auch für den Methodischen Kulturalisten unstrittig, dass es Defizite und Defekte zum Beispiel aufgrund von Verletzungen oder Krankheit im Gehirn gibt, für die ein Wirkungszusammenhang zu Störungen bei körperlichen und geistigen Funktionen nachweisbar ist. Auch wenn man eine rein kausale Erklärung geistiger Prozesse ablehnt, wird man pragmatisch ursächliche Zusammenhänge für medizinisch therapeutische Zwecke anerkennen können. Andererseits kann man pragmatisch auf den Anspruch einer vollständigen Erklärungsmöglichkeit verzichten, ohne den Sinn neurowissenschaftlicher und medizinischer Forschung zu bestreiten.
Im Rahmen einer Rekonstruktion des Leib-Seele-Problems vertritt Dirk Hartmann die Auffassung, dass dieses überhaupt erst im Übergang von einer vorwissenschaftlich-lebensweltlichen zu einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise entstehen kann.[34] Lebenswelt ist dabei begrifflich durchaus so weit gefasst, dass auch wissenschaftliche Praxis und moderne technische Apparate dazu gerechnet werden. Nicht Bestandteil der Lebenswelt ist hingegen die spezifische Wissenschaftssprache mit ihren speziellen theoretischen Konstrukten.
Abstrakte Begriffe wie der des Körpers entstanden nach Hartmann historisch aus der Praxis des Bauens, der des Gewichtes aus der Tätigkeit des Wiegens, der der Bewegung als Beschreibung von Geschossbahnen. Aus solchen Grundbegriffen entwickelte sich die physikalische Mechanik. Die zunehmende Fähigkeit, die Zusammenhänge der Welt theoretisch mit dem Kausalprinzip zu erklären, führte zu der „ontologischen Hypostasierung“[35] (zu dem ungerechtfertigten Rückschluss auf den allgemeinen Zustand der Welt), dass alle Sachverhalte in der Welt durch Naturgesetze erklärbar sind. Hartmann beurteilt diese logisch nicht begründbare Folgerung als „zweiten naturalistischen Fehlschluss“. Erst die materialistische Denkweise führt als Reaktion zu Fragen, wie denn Empfindungen, Absichten, Intuitionen, Rationalität oder das Gefühl der Handlungsfreiheit erklärbar sind. Fragen dieser Art entstehen nicht, wenn man nicht mit einem kausalen, physikalisch geschlossenen Weltbild konfrontiert wird.
Handlungstheoretisch gesehen ist das Geist-Gehirn-Problem für Hartmann ein aus sprachlichen Missverständnissen entstandenes Scheinproblem. Mit dieser Herleitung ergibt sich aber noch keine Erklärung des Psychischen. Hierzu entwickelt Hartmann eine Rekonstruktion des Erfahrungsbegriffs aus der Lebenswelt. Die lebensweltliche Wirklichkeit entsteht im Abgleich der Erfahrungen der an der Lebenswelt Beteiligten. Die Erfahrungen beruhen primär nicht auf einer subjektiven Perspektive, sondern entstehen aus der Perspektive der gemeinsamen, intersubjektiven Konstitution der Lebenswelt. Noch vor der Ich-Perspektive stehen Handlung und Sprache. Descartes irrte aus Sicht von Hartmann mit seinem Zweifel insofern, als er diesen Zweifel nur in einer in Gemeinschaft erlernten Sprache formulieren konnte. Eine Privatsprache ist ohne Funktion, weil es für diese keine vereinbarten Regeln gibt, die es einem anderen ermöglichen, seinen Gesprächspartner zu verstehen.[36] In der methodischen Rekonstruktion erfolgt die Konstitution der Wirklichkeit zunächst in der intersubjektiv zugänglichen Welt der Dinge, Tatsachen und Ereignisse, also im Bereich der Physis. Wenn aber auf dieser Ebene eine Verständigung nicht erreicht werden kann, werden zur Erklärung Begriffe wie Sinnesdaten, Wahrnehmung, Eindrücke, Empfindungen, Denken, Absicht, Erlebnis, Ideen, Vorstellungen, Erinnerungen etc. eingeführt. Dieses sind Begriffe zur Beschreibung interner Sachverhalte, die seit Locke als privat gelten. Es wird der Bereich der Psyche eingeführt. Funktion dieser Rede ist es, Erklärungen für die Störungen der Verständigung zu geben und damit eine Stabilisierung der Kommunikation herbeizuführen.
Durch die Verständigung über interne Zustände wird nach Hartmann auch das Psychische in die Lebenswelt einbezogen. Objektivität entsteht dabei durch Intersubjektivität. Die Wiederholung von Erlebnissen und das Widererkennen führen zu Erfahrungen, die an das Subjekt gebunden sind. Wiedererkennen beinhaltet die Fähigkeit, Unterscheidungen zu treffen und Regelmäßigkeiten aufzufassen. Erfahrungen haben damit eine zeitliche Dimension. Sie sind zugleich intentional, das heißt es sind Erfahrungen von jemandem, die auf etwas gerichtet sind. In der Kommunikationsgemeinschaft erfährt das Subjekt, dass auch andere Personen über Erfahrungen verfügen und lernt so, eigene Erfahrungen und Selbsterfahrung begrifflich zu unterscheiden. Im Wege der gemeinsamen Praxis der Lebensgemeinschaft wird eine Wirklichkeit konstituiert, in der die Vorstellung einer Person (Kants „Ich denke“, das alle meine Erfahrungen begleiten können muss) als Unterscheidung mit enthalten ist. In diesem Sinn ist der Begriff des Bewusstseins für Hartmann ein Reflexionsbegriff zur Unterscheidung und Reflexion von Erfahrungen, ähnlich wie Leben, Organismus, Raum und Zeit. Reflexionsbegriffe werden problematisch, wenn sprachliche Praxis von Eigenschaften verdinglicht wird. Das Reden über Begriffe wie Bewusstsein sind spekulative Sätze im Sinne Hegels, in denen nicht über Gegenstände, sondern über die Bedeutung von Ausdrücken, Sätzen, Praktiken und Institutionen gesprochen wird.[37]
Aus dieser Sicht folgt für den Methodischen Kulturalismus, dass mentale Zustände weder als Phänomene beschreibbar sind, noch dass es sich um funktionale Zustände handelt. Ebenso folgt daraus, dass diese rein semantischen Phänomene nicht naturwissenschaftlich erklärbar sind, sei es neurowissenschaftlich, sei es physiologisch, ohne auf die lebensweltliche Praxis der Konstitution von Wirklichkeit aufzubauen. In dieser Praxis besteht aber das Leib-Seele-Problem ebenso wenig wie das Problem des Fremdpsychischen.
Ethik
Aufgrund der handlungstheoretischen Grundlegung kann der Methodische Kulturalismus nicht davon ausgehen, dass es eine allgemeine normative Rechtfertigung für Handlungen gibt. Ethische Normen sind daher allgemeine Handlungsmaximen, die in einer lebensweltlichen Handlungsgemeinschaft eingeführt worden sind, um einen gemeinsam bestimmten Zweck, zum Beispiel den der Konfliktlösung, zu erreichen.
Rationalität als zweckorientiertes Handlungsprinzip ist eine Methode zur Beurteilung von Vorschlägen für die Konfliktlösung. Der Methodische Kulturalismus tritt - quasi als Ergebnis eines rationalen Diskurses - für eine gewaltfreie Bewältigung von Konflikten ein. Dabei muss aber vorausgesetzt werden, dass die Mehrheit der am Konflikt Beteiligten diese Entscheidung akzeptiert. Ebenfalls als eine rationale Entscheidung betrachten es die Vertreter des Methodischen Rationalismus, im Weiteren ihre ethischen Prinzipien nach eudämonistischen Grundsätzen, als nach der Lehre vom guten Leben, auszurichten. Dies folgt im Anschluss an die „Philosophische Anthropologie“ von Wilhelm Kamlah, der seine Ethik aus der Teilnehmerperspektive formuliert hat und auch zu Fragen, die dem Menschen unverfügbar sind, Stellung bezog. Die Begründung der materialen Normen ist dabei nicht ein Vorrecht der Philosophen, sondern obliegt allen am Diskurs Beteiligten.
Rezeption
Da der Methodische Kulturalismus als eigene Schule erst seit wenigen Jahren publiziert ist, ist die Rezeption noch gering. Eine frühe Rückmeldung findet sich in der Festschrift für Peter Janich aus dem Jahr 2002[38]. Da in vielerlei Hinsicht trotz der bewussten Abgrenzung auf den Methodischen Konstruktivismus zurückgegriffen wurde, gelten aber auch eine Reihe Kritiken, sofern diese nicht durch bewusste Abänderungen aufgegriffen wurden, auch für den Methodischen Kulturalismus.
Eine der grundlegenden Kritiken wurde vom Kritischen Rationalismus erhoben. Indem der Methodische Kulturalismus ebenso wie der Erlanger Konstruktivismus vom Handeln als der grundlegenden Kategorie ausgeht, unterliegt er dem Begründungsabbruch, wie jede Philosophie, die etwas Evidentes zum Ausgang nimmt.[39] Diese Kritik wird konkretisiert mit dem Hinweis, dass im Methodischen Kulturalismus die Zweck-Mittel-Relation des Handelns nicht mehr hinterfragt, also der Ursprung der Zwecke nicht weiter untersucht werde[40]. Ebenfalls an diese Problematik angeknüpft ist die Feststellung, dass zwar argumentativ der ontologische wie auch der erkenntnistheoretische Realismus ausgeschlossen, de facto aber implizit von einer realistischen Welt ausgegangen wird.[41]. Dies betrifft beispielsweise den Begriff der vorgefundenen Welt ebenso wie den der Widerfahrnisse. Naturgesetze sind zwar als vom Menschen gemachte Handlungsanleitungen zu verstehen, aber sie haben keinen Sinn, wenn der Mensch sie nicht auf etwas davon Unabhängiges anwenden kann. Dies beruht auf der Differenz zwischen Erkennendem und Erkenntnisgegenstand. Der Erkennende erzeugt (konstruiert), auch wenn er den Maßstab des Handlungserfolges zugrunde legt, eine Wirklichkeit, seine Lebenswirklichkeit, der eine Realität des Erkannten gegenübersteht. Erst ein angenommener Realismus macht eine Theorie verbindlich. Ohne einen solchen Maßstab bleibt eine philosophische Position relativistisch, auch wenn man wie im Methodischen Kulturalismus auf Grundprinzipien des Handelns wie die Zweck-Mittel-Rationalität, die Kulturhöhe und das Prinzip der methodischen Ordnung verweist [42].
Eine zweite grundlegende Frage richtet sich auf das Verhältnis von Theorie und Praxis. Der Methodische Kulturalismus folgt uneingeschränkt der These Dinglers: „Am Anfang war die Tat.“[43] Mit diesem Diktum kritisiert der Methodische Kulturalismus den Empirismus Quines, aber auch den Kritischen Rationalismus Poppers, dass diese sich nur auf der sprachlichen Ebene bewegen, aber die Tatsache des Handlungsvollzuges übersehen. Das Stehenbleiben auf der sprachlichen Ebene ist der Grund für die Zirkelhaftigkeit des Wahrheitsbegriffes der traditionellen Philosophie. Dem hält der Kritische Rationalist entgegen[44], dass Handeln Problemlösen ist. Vor der Handlung steht das Problem und die Überlegung, wie dieses Problem zu lösen ist. Die Theorie geht hier der Praxis voraus. Vereinfacht ist es so, dass erst der Durst da ist, man dann überlegt, wo es etwas zu trinken gibt, und erst dann sich an die Quelle begibt. Der Handlungserfolg beruht auf einer sich bewährenden Theorie. So ist auch in den Wissenschaften der Ausgangspunkt ein Problem, eine nicht erklärbare Beobachtung. Dies gilt auch für die Handwerkskunst oder die praktischen Wissenschaften, sei es im Bereich der Technik oder der Gesellschaftswissenschaften. Erst muss ein Zweck formuliert werden, dann wird über eine Problemlösung nachgedacht und dann gehandelt. Auch im Recht steht am Anfang das Problem, der Konflikt, für dessen (beste) Lösung im Gerichtsverfahren eine Theorie entwickelt wird. Insbesondere fehlt dem Methodischen Kulturalismus eine Erklärung für die Ursache des Erkenntnisfortschritts. Er kann diesen nur konstatieren. Theorien sind nicht nur Tradition und Abbildung von Handlungsvollzügen. Sie beruhen auf dem kreativen Nachdenken über bestehende Sachverhalte. Sonst gäbe es keine Erfindungen und technischen Entwicklungen. Die Idee der Kraftübersetzung geht dem Flaschenzug voraus.
Eines der Grundprobleme, aber auch der Chancen des Methodischen Kulturalismus ist, dass er noch nicht vollständig ausgearbeitet ist. Hartmann/Janich verwenden selbst die Metapher des noch unfertigen Gemäldes[45]. Die Programmschrift umfasst lediglich 60 Druckseiten und kann in diesem Umfang noch nicht einmal eine umfassende Systematik der bewältigenden Themen leisten. Die übrigen Darstellungen zum Methodischen Kulturalismus konzentrieren sich auf Einzelfragen bzw. auf die Auseinandersetzung mit einzelnen Fachwissenschaften. Durch die Vielzahl der Autoren sind Schwerpunkte und Aussagen inhomogen, so dass für die Rezeption eine eigenständige Zusammenführung der ausgeführten Ideen erforderlich wird. Daneben gibt es große Themenbereiche, die bisher noch nicht abgedeckt wurden. Dies ist zum einen der Gesamtbereich der Sozialwissenschaften. Es fehlen Prototheorien zu den Fächern Geschichte, Politik und Wirtschaft. Die in der Literatur zu findende Protosoziologie ist ein an der Universität Frankfurt beheimatetes Projekt, das seine Quellen in der Kritischen Theorie hat. Zum anderen wurde zwar als Ziel formuliert, eine kritische Auseinandersetzung mit Fragen der Kultur führen zu wollen, doch eine grundlegende Rekonstruktion des Themas Kultur steht noch aus.
Zu den offenen Punkten gehört die Ästhetik. Kann diese mit dem Schema der Zweck-Mittel-Relation gemessen werden? Dabei ist nicht gefragt nach dem Erzeugen von Musik oder der Maltechnik des Malers, sondern nach der Auseinandersetzung mit Kunst. Kann man den Besuch einer Gemäldegalerie oder einer Oper mit dem Maßstab des Handlungserfolges messen? Hier ist das Kriterium des „wozu“ ähnlich fragwürdig, wie bei der Festlegung von eudämonistischen Prinzipien in der Ethik. Hier bleiben die Maßstäbe subjektiv und deshalb hat der Methodische Kulturalismus wie andere philosophische Positionen der Moderne zu diesen Fragen keine systematische Antwort. In dieser Hinsicht erscheint der Handlungsbegriff ebenso wie der Begriff des Wissens technisch zu eingeengt.[46]
Vertreter des Methodischen Kulturalismus suchen erkennbar mehr als andere philosophische Schulen den Kontakt und den Diskurs mit der Praxis der angewandten Wissenschaften. Dennoch kann man noch feststellen, dass auch die bisherigen Rekonstruktionen und die darauf fußenden wissenschaftstheoretischen Ausarbeitungen bisher punktuell geblieben sind. Damit ergibt sich aus dem Konzept der Rekonstruktion von Wissenschaften in den Prototheorien noch ein umfangreiches Forschungsprogramm.
Quellen
- ↑ Hierzu gehören insbesondere Dirk Hartmann, Mathias Gutmann, Armin Grunwald (Homepage sowie Nikolaos Psarros Homepage)
- ↑ Dirk Hartmann und Peter Janich (Hrsg.): Methodischer Kulturalismus. Zwischen Naturalismus und Postmoderne, Suhrkamp, Frankfurt 1996
- ↑ Nicht zu verwechseln mit den Protowissenschaften
- ↑ Gerd Hanekamp, ebd., 394
- ↑ Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie: Eine Einleitung in die phänomenologische Philosophie (1936);, der Begriff findet sich u.a. auch bei Georg Simmel, Die Religion, Frankfurt 2. Aufl. 1912, S. 13
- ↑ Alfred Schütz und Thomas Luckmann, Strukturen der Lebenswelt, Bd. 1, 3. Aufl. Frankfurt 1988
- ↑ Theorie des Kommunikativen Handelns, Bd. 2, 190)
- ↑ Vgl. Jürgen Mittelstraß, Die Möglichkeit von Wissenschaft, Frankfurt 1974, sowie Das lebensweltliche Apriori, in: C.F. Gethmann (Hrsg.): Lebenswelt und Wissenschaft, Bonn 1991, 114-142
- ↑ Niklaos Psarros, Der Begriff der Lebenswelt, in: Die kulturalistische Wende, 333-352
- ↑ „Kultürlich“ als Begriff wurde bereits von Lorenzen im Erlanger Konstruktivismus verwendet, findet sich aber auch bei Martin Wimmer für die interkulturelle Philosophie
- ↑ Hartmann/Janich 1996, 39
- ↑ siehe hierzu den ausführlichen Aufsatz von Dirk Hartmann: Willensfreiheit und die Autonomie der Kulturwissenschaften., in: Handlung, Kultur, Interpretation 2000, 1, 66 - 103; (ern. in:e-Journal Philosophie der Psychologie (Ausg. 1, März) 2005)
- ↑ Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen § 6
- ↑ ebd. §206
- ↑ Vgl. z.B. Methodik und Erkenntnistheorie statt Wissenschaftslehre, in: Hugo Dingler: Aufsätze zur Methodik. hrsg. von Ulrich Weiss. Meiner, Hamburg 1987, ISBN 3-7873-0718-4
- ↑ Dingler verweist darauf, dass Kant kein Sicherheitskriterium für seine Behauptung einer reinen Anschauung gehabt habe (ebd., 4)
- ↑ Philosophische Untersuchungen § 241
- ↑ Vgl. Janich/Weingarten, 85
- ↑ Janich, „Kulturalistische Erkenntnistheorie statt Informationismus“, in: Hartmann/Janich, Methodischer Kulturalismus, 155
- ↑ Schonefeld, in: Methodischer Kulturalismus, 197
- ↑ Blaues Buch, Gesammelte Werke, Band 5, 1984, 15; zitiert nach Janich/Weingarten, 121/122
- ↑ lt. Janich, Das Maß der Dinge, Suhrkamp, Frankfurt 1997, eine Bezeichnung durch Friedrich R. Lipsius
- ↑ Vgl. Janich/Weingarten, 89-99
- ↑ C.E.Shannon/W.Weaver: Mathematische Grundlagen der Informationstheorie, München 1976, engl.: 2. Aufl. 1949, sowie Norbert Wiener: Kybernetik, Regelung und Nachrichtenübertragung in Lebewesen und in der Maschine, Düsseldorf/Wien 1963, MIT 1948)
- ↑ Vgl. Janich, Kultur und Methode, 216, der darauf verweist, dass Energie messbar ist, also ein physikalischer Terminus Technikus, während Materie als Begriff der Metasprache ein Reflexiosnbegriff wie Raum und Zeit ist.
- ↑ Foundation of the Theory of Signs, 1938, dt.: Grundlagen der Zeichentheorie, München 1972/Frankfurt 1988
- ↑ 1998, Heft 2, vgl. auch Rafael Capurro zum Informationsbegriff von Peter Janich
- ↑ Der Streit der Welt- und Menschenbilder in der Hirnforschung, in: Philosophie und Neurowissenschaften, hrsg. von Dieter Sturma, Suhrkamp, Frankfurt 2006, 75-96
- ↑ Vgl. Janich, Konstruktivismus und Naturerkenntnis, Suhrkamp, Frankfurt 1996, 267
- ↑ Aus der Sicht des Gehirns, Frankfurt 2003
- ↑ Der Beobachter im Gehirn
- ↑ ebd., 61
- ↑ siehe Deduktiv-nomologische Erklärung, nach der das Explanans als Prämisse (mindestens) einen singulären Satz enthalten muss, der die Anfangsbedingungen beschreibt, sowie eine Gesetzesaussage, die sich auf das Explanandum bezieht
- ↑ Das Leib-Seele-Problem als Resultat der Hypostasierung theoretischer Konstrukte, in: Philosophie und Neurowissenschaften, 97-123
- ↑ ebd., 109
- ↑ Vgl. ebd., 112/113, Hartmann verweist auf das Privatsprachen-Argument Wittgensteins, Philosophische Untersuchungen, insb. § 258
- ↑ Christoph Demmerling: Sprache und Verdinglichung, Frankfurt 1994, 18
- ↑ Kultur, Handlung, Wissenschaft
- ↑ Vgl. Hans Albert, Traktat über die Kritische Vernunft, wo die Diskussion mit den Erlanger Konstruktivisten im Anhang, allerdings aus der Sicht Alberts, dargestellt wird
- ↑ Geert-Lueke Lueken, in: Kultur, Handlung, Wissenschaft, 65-90
- ↑ Marco Buzzoni, ebd., 241-259
- ↑ Wallner/Jandl, ebd. 260-284
- ↑ Hugo Dingler: Das Experiment. Sein Wesen und seine Wirklichkeit, München 1928, 73
- ↑ Vgl. Albert, a.a.O.
- ↑ Methodischer Kulturalismus, 69
- ↑ Hans Julius Schneider, Kultur, Handlung, Wissenschaft, 302-321
Literatur
Einführende Literatur
- Peter Janich: Konstruktivismus und Naturerkenntnis. Auf dem Weg zum Kulturalismus. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1996, ISBN 3-518-28844-X
- Dirk Hartmann/Peter Janich (Hrsg.): Methodischer Kulturalismus. Zwischen Naturalismus und Postmoderne. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1996, ISBN 3518288725
- Peter Janich: Was ist Wahrheit? Eine philosophische Einführung. Beck, München 1996, ISBN 3-406-41052-9
- Peter Janich: Das Maß der Dinge. Protophysik von Raum, Zeit und Materie. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1997, ISBN 3-518-28934-9
- Dirk Hartmann/Peter Janich (Hrsg.): Die Kulturalistische Wende. Zur Orientierung des philosophischen Selbstverständnisses. Suhrkamp, Frankfurt 1998, ISBN 3-518-28991-8
- Peter Janich: Was ist Erkenntnis? Eine philosophische Einführung. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45916-1
- Peter Janich: Logisch-pragmatische Propädeutik. Ein Grundkurs im philosophischen Reflektieren. Velbrück, Weilerswist 2001, ISBN 3-934730-37-X
Vertiefende Literatur:
- Armin Grunwald: Handeln und Planen. Habil.-Schr. (Marburg 1998). Fink, München 2000, ISBN 3-7705-3487-5 (Beschreibung)
- Mathias Gutmann, Dirk Hartmann, Michael Weingarten, Jasper Liptow (Hrsg.): Kultur – Handlung – Wissenschaft. Für Peter Janich. Velbrück, Weilerswist 2002, ISBN 3-934730-53-1
- Gerd Hanekamp: Protochemie. Vom Stoff zur Valenz. Diss. phil. (Marburg 1996). Königshausen und Neumann, Würzburg 1997, ISBN 3-8260-1322-0
- Dirk Hartmann: Naturwissenschaftliche Theorien. Wissenschaftstheoretische Grundlagen am Beispiel der Psychologie. Diss. phil. Wissenschaftsverlag, Mannheim u.a. 1993, ISBN 3-411-16091-8
- Dirk Hartmann: Philosophische Grundlagen der Psychologie. Überarb. u. gekürzte Habil.-Schr. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13887-2
- Peter Janich (Hrsg.): Entwicklungen der methodischen Philosophie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-28579-3
- Peter Janich/Michael Weingarten: Wissenschaftstheorie der Biologie. Methodische Wissenschaftstheorie und die Begründung der Wissenschaften. Fink, München 1999, ISBN 3825220338 (UTB)
- Nikos Psarros, Pirmin Stekeler-Weithofer, G. Vobruba (Hrsg.): Die Entwicklung sozialer Wirklichkeit. Auseinandersetzungen mit der historisch-genetischen Theorie der Gesellschaft. Velbrück, Weilerswist 2003, ISBN 3-934730-64-7
- Su-Hyeon Kwon: Zwischen Universalismus und Partikularismus. Transkulturalität als Ziel moralphilosophischer Rechtfertigungen. Diss. Marburg 2003. pdf)