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Stalker (Film)

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Film
Titel Stalker
Originaltitel Сталкер
Produktionsland Sowjetunion
Originalsprache Russisch
Erscheinungsjahre 1979
Länge ca. 163 Minuten
Stab
Regie Andrei Tarkowski
Drehbuch Arkadi und Boris Strugazki
Produktion Alexandra Demidowa
Musik Eduard Nikolajewitsch Artemjew
Kamera Alexander Knjaschinski
Schnitt Ljudmila Feiginowa
Besetzung

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Stalker entstand in den Jahren 1978/79 als fünfter Film des russischen Regisseurs Andrei Tarkowski. Der von Mosfilm produzierte Streifen gilt als Klassiker des russischen Kinos und des Science-Fiction-Genres.

Entstehungsgeschichte

Die Grundlage für das Drehbuch war zunächst das vierte Kapitel der Powest (kurze Romanform, russ.) „Picknick am Wegesrand“ von Arkadi und Boris Strugazki. Im Laufe der dreijährigen Zusammenarbeit des Regisseurs und der Autoren wandelten sich die Vorstellungen über den Film jedoch so sehr, dass eine eigenständige Filmerzählung (Машина желаний, dt.: „Die Wunschmaschine“) entstand, die vom Szenarium her nur noch in einigen Eckpunkten mit der Powest übereinstimmt.

Tarkowskis hoher Anspruch führte dazu, dass er die erste Fassung seines Werkes verbrennen ließ und den kompletten Film mit einem anderen Kameramann noch ein zweites Mal drehte - eine Extravaganz, die sich in der damaligen UdSSR wohl kein anderer Regisseur der staatlichen Filmproduktion hätte leisten dürfen. Andere Quellen behaupten, dass der zuerst auf speziellem Kodak-Material erstellte Film nicht weiterzuverarbeiten war und deshalb unbrauchbar wurde.

Trotz der eigentlich abenteuerlichen Handlung kommt der Film ohne Spezialeffekte aus. Tarkowski ist es gelungen, mit seiner eigenwilligen Bildsprache, der verschlüsselten Symbolik und den sparsamen Dialogen ein Meisterwerk der Filmkunst zu schaffen, das sich einer oberflächlichen Betrachtung entzieht und sehr breit ausdeutbar ist. Minutenlange Kameraschwenks und Plansequenzen, die postapokalyptisch anmutenden Kulissen verfallender Industrielandschaften, in denen die Natur bereits wieder die Oberhand gewinnt, und der gezielte Einsatz von Schwarz-Weiß-Sequenzen schaffen eine dichte Atmosphäre zwischen Traum, Melancholie und Pathos.

Die Handlung

Ausgangspunkt der Handlung ist eine in Zeit und Ort nicht näher beschriebene Stadt, die am Rande eines als „Zone“ bezeichneten Gebietes liegt. In dieser Zone geschehen seltsame Dinge, es gibt rätselhafte Erscheinungen, deren Ursache zum Zeitpunkt der Handlung schon Jahre zurückliegt und nur vermutet werden kann. War es der Besuch einer außerirdischen Zivilisation oder ein merkwürdiger Meteoriteneinschlag - man weiß es nicht. Das Gebiet wurde evakuiert, abgesperrt und steht unter schwerer militärischer Bewachung.

Der „Stalker“ (hier im Sinne eines Pfadfinders, Ortskundigen oder auch Kundschafters) verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, Leute durch den Sperrgürtel zu bringen und sie innerhalb der Zone zu führen. Er hat ein Gespür für diesen sich ständig verändernden Ort entwickelt, fühlt die Gefahren im Voraus und hat seine Methoden, den tödlichen Fallen, die die Zone stellt, auszuweichen.

Zwei seiner Kunden, der „Professor“ und der „Schriftsteller“, wollen aus unterschiedlichen Motiven an einen Ort gebracht werden, der sich in der Zone befindet und der als „Raum der Wünsche“ bezeichnet wird. An dieser Stelle gehen, glaubt man der Legende, die geheimsten, innigsten Wünsche in Erfüllung. Während der Schriftsteller sich die ihm seit einiger Zeit fehlende Eingebung zurückwünschen möchte, hat der Professor völlig andere Absichten: Er will diesen Raum zerstören, weil er dessen Missbrauch befürchtet. Aber auch der Stalker selbst hat seine Gründe, an diesen Ort zu gehen. Seine Tochter ist krank, der Beruf des Vaters und das Leben nahe der Zone haben an dem Mädchen ihre Spuren hinterlassen. Dieser Wunsch ist so stark, dass er sogar bereit ist, seine beiden Begleiter zu opfern.

Die gefährliche Expedition bleibt auf die Reisenden nicht ohne Wirkung. Unterwegs werden Lebensansichten und Weltbilder hinterfragt, Hoffnungen und Zweifel treten zutage - die Protagonisten haben sich gleichzeitig auch auf eine innere Reise begeben. Am Ziel müssen alle drei schließlich erkennen, dass ihnen dieser Ort nicht helfen kann, ihre Probleme zu lösen oder - je nach Blickwinkel - sie nicht bereit sind, den Raum der Wünsche zu benutzen.

Wirkung

2003 erstellte die Bundeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit zahlreichen Filmschaffenden einen Filmkanon für die Arbeit an Schulen und nahm diesen Film in ihre Liste mit auf.

Sowohl die Band Freygang, als auch Sandow, beides ostdeutsche Untergrundbands, greifen die Thematik des Filmes musikalisch auf. Freygang in ihrem Song „Stalker“ (Album „Landunter“ von 1998), Sandow setzen das Thema unter anderem auf ihrem letzten Album „Stachelhaut“ (1999) um.

Zum Verständnis des Filmes

Stalker unterliegt wie alle Filme Tarkowskis dessen persönlicher Weltsicht, Biographie, Wirken und Handeln, die sich im Film selbst und wiederum nicht in konkreten Interviews oder Autographen offenbaren. Weil dadurch eine Rezension unmöglich ist, ist der Film nur interpretierbar.

Stalker überwindet die aristotelische Einheit von Ort, Zeit und Handlung zugunsten eines andersartigen Aufbaus: eine photoästhetische Ebene vermittelt zwischen (wenigstens) zwei sehr gleichwertig betonten Handlungsebenen: einer konkreten (tarkowskischen) Interpretation des Science-Fiction-Romans „Picknick am Wegesrand“ und einer abstrakten und der Interpretation bedürftigen, filmischen Umsetzung der Intentionen Tarkowskis.

Da die beiden Handlungsebenen eigenständig arbeiten, eigene Ziele verfolgen und in dem an Worten und Tönen armen Film vor allem durch die Bilder getragen werden, müssen beide Ebenen zugunsten der jeweils anderen Abstriche hinnehmen, die vor allem in Divergenzen zwischen der Verfilmung und der Romanvorlage offenbar werden. Dadurch wird die eigene mystische Wirkung der „Zone“ weit über ihre Wirkung in „Picknick am Wegesrand“ hinaus potenziert.

In einfacher Interpretation kann ein Teilaspekt sein, dass die „Zone“ metaphorisch für den Alkoholrausch steht.

Photographie

Der Film verwebt eine triste Welt nackten Elends und ekelerregender Abstoßung, die durch die meisterhafte Kameraführung, Inszenierung und Eintauchung des Schwarz-Weißen in die Farbe des Broms seine perfekte Ästhetik gewinnt - einen unüberbrückbar scheinenden Kontrast auflösend.

Wie in allen späteren Filmen Tarkowskis ist die Kameraführung in Verbindung mit sich bewegenden Personen, der Ausgleich bildkompositorischer Gewichte und das allgemeine Füllen des Bildinhaltes von höchster Perfektion. Hierbei ist Tarkowski selbst für das Szenenbild verantwortlich. Dem stehen die bei Tarkowski relativ häufigen Irritationen wie abgeschnittene Füße oder andere, in der klassischen Photographie als schwerwiegend und amateurhaft betrachtete Fehler gegenüber - eine Divergenz zwischen den Ansprüchen des Szenenbildes auf der einen Seite, sowie des Spielbaren und den Schwierigkeiten der Kameraaufnahme auf der anderen.

Zur Buchvorlage

Die Erzählung Picknick am Wegesrand kontrastiert zwei scheinbare Gegensätze. Außerirdische haben in sechs verschiedenen Zonen der Welt aus unbekannten Gründen Spuren von sich hinterlassen. Diese Spuren sind vor allem Gegenstände teilweise unbekannter Funktion, stets ungeklärten Prinzips, oftmals furchtbarer oder gar tödlicher Wirkung, manchmal höchster Nützlichkeit. Sie werden von illegalen Schatzsuchern und anderen, legal Operierenden aus der Zone geborgen. Das wirtschaftliche wie militärische Potenzial dieser Dinge aus der Zone ist allgemein anerkannt. Ihre Nähe zu der Zone hat in Orten an derem Rande einen Wirtschaftsboom ausgelöst, der immer mehr Menschen auf der Suche nach Reichtum und Glück anzieht.

Dem steht Elend, Gewalt, Misstrauen und - als roter Faden die Erzählung durchziehend - immerwährender Alkoholabusus gegenüber, ein Alkoholismus, der die schlimmen Seiten der Zone (Mutationen usw.) vergessen machen soll.

Die Autoren von Picknick am Wegesrand sind stets bemüht, alle unerklärlichen Phänomene der Zone wie das Elend vieler in deren Peripherie lebender Menschen so nüchtern, sachlich und unmystifizierend wie möglich darzustellen.

Literatur