Wahlen in den Vereinigten Staaten 2006
Die Kongresswahlen in den Vereinigten Staaten 2006 finden am 7. November statt. Zur Wahl stehen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 33 Sitze im Senat. Der 110. Kongress wird am 3. Januar 2007 seine Arbeit aufnehmen.
Ausgangslage
Im 109. Kongress hatten die Republikaner im Repräsentantenhaus mit 230 Sitzen einen Vorsprung von 28 Sitzen vor den oppositionellen Demokraten. Ein Sitz wurde von einem Parteilosen gehalten, die Sitze des 13. Wahlkreises in New Jersey, des 22. Wahlkreises in Texas sowie des 16. Wahlkreises in Florida sind vakant. Um die Mehrheitsverhältnisse umzudrehen, müssten die Demokraten also mindestens 15 zusätzliche Sitze gewinnen.
Im Senat hatten die Republikaner mit 55 Sitzen vor den oppositionellen Demokraten mit 44 die Mehrheit. Ein Sitz wurde von einem Parteilosen gehalten, der mit dieser Wahl in den Ruhestand gehen wird. Von den restlichen zur Wahl stehenden Sitzen werden 17 von Demokraten und 15 von Republikanern gehalten. Um im Senat die Mehrheit zu erhalten, müssten die Demokraten 6 zusätzliche Sitze gewinnen. Zusammen mit den Unabhängigen Joe Lieberman in Connecticut und Bernie Sanders in Vermont, die bereits angekündigt haben im Falle ihres Sieges mit den Demokraten zusammenzuarbeiten, ergäbe das eine Mehrheit für die Demokraten. Andererseits können die Republikaner bis zu 5 Sitze verlieren, ohne die Mehrheitsverhätlnisse umzudrehen, da Dick Cheney als Vizepräsident der Vereinigten Staaten und Präsident des Senats bei Stimmengleichheit die für die Republikaner entscheidende Stimme gibt. Da aber aufgrund der Geschäftsordnung des Senats eine „arbeitsfähige“ Mehrheit - ausreichend Stimmen einen Filibuster zu beenden - erst mit 60 Stimmen gegeben ist, gibt es für beide Parten Anreize, um jeden zur Wahl stehenden Sitz zu kämpfen.
Umstrittene Sitze
Repräsentantenhaus
Erfahrungen aus vorherigen Wahlen zeigen, dass Amtsinhaber schwer zu besiegen sind, selbst wenn ihre Parteizugehörigkeit nicht im Einklang mit den politischen Tendenzen des Wahlkreises liegen. Historisch finden die schärfsten Wahlkämpfe in Wahlkreisen statt, dessen derzeitiger Vertreter nicht zur Wiederwahl antritt, gefolgt von den Wahlkreisen, dessen Vertreter nur einmal gewählt wurde.
Im Repräsentantenhaus gibt es in der Kongresswahl 31 offene Sitze: 28 Sitze von Amtsinhaber, die nicht erneut antreten, sowie 3 vakante Sitze. Von den 28 Sitzen mit vollständig neuen Kandidaten wurden 19 von Republikanern, 8 von Demokraten und einer von einem Parteilosen gehalten. Von den vakanten Sitzen befindet sich einer in New Jersey. Der Demokrat Robert Menendez, der dieses Jahr für den Senat antritt, hatte diesen Sitz inne. Die beiden anderen Sitze in Texas und Florida wurden von dem unter Korruptionsverdacht stehenden Republikaner Tom DeLay und dem infolge einer Sex-Affäre zurückgetretenen Mark Foley beansprucht.
Der Cook Political Report, ein unabhängiges, nicht-parteiisches Wahlforschungsinstitut, hat 85 Sitze als potenziell umstritten gekennzeichnet, davon 66 derzeit von Republikanern und 19 von Demokraten gehaltene Sitze. Am 20. Oktober 2006 galten[1]:
- 350 Sitze als sicher
- 18 Sitze der Republikaner und 12 Sitze der Demokraten als jeweils wahrscheinlich republikanisch und wahrscheinlich demokratisch - sie sind zu diesem Zeitpunkt sicher, könnten aber eventuell noch wettbewerbsfähig werden.
- 17 Sitze der Republikaner und 11 Sitze der Demokraten als jeweils demokratisch- oder republikanisch-neigend - sie sind leicht umstritten, allerdings hat jeweils eine Partei einen bedeutenden Vorteil. Unter den demokratisch-neigenden sind 4 offene Sitze und der vakante Sitz Tom DeLays.
- alle 27 Sitze, deren Ausgang noch nicht vorhersehbar sind, werden von Republikanern gehalten.
Senat

Noch stärker als im Repräsentantenhaus gilt im Senat die Erfahrung, dass derzeitige Amtsinhaber, weitgehend unabhängig von der politischen Entwicklung der Bundesstaaten, die sie vertreten, nur schwer zu besiegen sind. Entsprechend sind auch hier die umstrittensten Sitze solche, deren derzeitiger Inhaber nicht erneut zur Wahl antritt oder erst einmal gewählt wurde.
Nicht erneut kandidierende Senatoren
In den Kongresswahlen 2006 gibt es vier Sitze, deren Amtsinhaber nicht neu kandidiert: Mark Dayton für Minnesota (Demokrat), Bill Frist für Tennessee (Republikaner), Jim Jeffords für Vermont (Parteilos) und Paul Sarbanes für Maryland (Demokrat).
Mark Dayton für Minnesota (Demokrat)
Am 9. Februar 2005 erklärte Senator Mark Dayton, dass er nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren würde. Hennepin County Attorney Amy Klobuchar ging aus den Vorwahlen als demokratische Kandidatin hervor. Auf der Seite der Republikaner ist Mark Kennedy, Abgeordneter im Repräsentantenhaus seit Anfang 2005, im Rennen.
Vor den parteiinternen Vorwahlen nahm man an, dass es sich hier um ein knappes Rennen handeln könnte, jedoch hat Klobuchar seit Mitte 2006 die Führung behaupten können. In einer Umfrage vom 4. Oktober 2006 erhielt Klobuchar 53% und Kennedy 36%. [1]
Bill Frist für Tennessee (Republikaner)
Senator Bill Frist, derzeitiger Mehrheitsführer im Senat, hatte angekündigt, dass er seinen Sitz mit dem Ende seiner zweiten Amtszeit aufgeben würde. Es wird davon ausgegangen, dass Frist an einer Kandidatur während der Präsidentschaftswahl 2008 interessiert ist.
Obwohl die Stimmen Tennessees im Electoral College 2000 und 2004 an George W. Bush gingen, sind die Mehrzahl der gewählten Amtsträger im Bundesstaat Demokraten. Ebenso sind die Mehrheit der registrierten Wähler in Tennessee Demokraten und die Mehrheit der Sitze des Bundesstaats im Repräsentantenhaus durch Demokraten besetzt.
Der demokratische Kandidat für den Senatssitz ist Harold Ford Jr., seit 1997 Abgeordneter im Repräsentantenhaus, der in der Wahl auf den Republikaner Bob Corker treffen wird.
Umfragen zufolge gilt dieses Rennen zusammen mit Missouri, Montana und Virginia als eines der offensten. Eine Studie von Survey USA vom 25. Oktober hat ergeben, dass Ford und Corker jeweils 48% der Stimmen bekommen würden. [2]
Jim Jeffords für Vermont (Parteilos)
Senator Jim Jeffords verließ die Republikanische Partei kurz nach seiner Wahl im Jahr 2000. Am 20. April 2005 erklärte er, dass er nicht erneut zur Wahl antreten würde. Die Demokratische Partei stellte keinen eigenen Kandidaten auf, da bereits mehrere demokratisch-neigende parteilose Kandidaten im Rennen sind, insbesondere Bernie Sanders, seit 1991 als Vermonts einziger Abgeordneter im Repräsentantenhaus.
Auf der Seite der Republikaner kandidiert Rich Tarrant, um im November gegen Sanders anzutreten.
Laut einer Umfrage vom 25. Oktober führt Sanders mit 57% vor Tarrant mit 36%. [3]
Paul Sarbanes für Maryland (Demokrat)
Senator Paul Sarbanes erklärte am 11. März 2005, dass er in den Ruhestand treten würde und für eine Wiederwahl nicht zur Verfügung steht. Sein Sitz galt vorher als sicher, da Maryland allgemein der demokratischen Partei zugewendet gilt. Aus den demokratischen Vorwahlen am 12. September ging der Abgeordnete im Repräsentantenhaus, Ben Cardin als Sieger hervor.
Auf der Seite der Repulikaner geht der stellvertretende Gouverneur Michael S. Steele ins Rennen.
Eine Umfrage vom 10. Oktober sieht Cardin bei 50%, während Steele auf 43% kommt. [4]
Erwähnenswerte Wahlen demokratischer Amtsinhaber
Maria Cantwell für Washington
Maria Cantwell, die im Jahr 2000 mit einer hauchdünnen Mehrheit von 2.200 Stimmen zur Senatorin für den Staat Washington gewählt wurde, tritt bei den Wahlen am 7. November gegen den Vorstandsvorsitzenden von Safeco und Republikaner, Mike McGavick, an.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Mason-Dixon vom 21. Oktober, liegt Cantwell mit 52% vor McGavick mit 37%. [5]
Joe Lieberman für Connecticut
Der ehemals demokratische Senator Joe Lieberman aus dem Bundesstaat Connecticut tritt für die kommenden Wahlen als Unabhängiger an. Bei den demokratischen Vorwahlen am 8. August 2006 setzte sich sein Parteikollege Ned Lamont gegen den unter massiver Kritik für seine Unterstützung des Irak-Kriegs stehenden Lieberman mit 52% durch. Für die Republikaner tritt Alan Schlesinger an.
In den letzten Umfragen vom 5. Oktober liegt Lieberman mit 50% vor Lamont mit 40% und Schlesinger mit 6%. [6]
Robert Menendez für New Jersey
Der Demokrat Jon Corzine, der im Jahr 2000 den Senatssitz für New Jersey gewonnen hatte, wurde 2005 zum Gouverneur des Staates gewählt. Corzine beauftragte den Abgeordneten des Repräsentantenhaus, Robert Menendez, für seine Nachfolge. Für die Republikaner tritt Thomas Kean Jr., der Sohn des ehemaligen Gouverneurs von New Jersey, Thomas Kean, an. Das Rennen gilt als eines der wichtigsten dieses Jahres und stellt für die Republikaner die wahrscheinlich einzige Möglichkeit dar, den Demokraten einen Sitz im Senat abzunehmen. Hatte Kean Jr. im Sommer in einigen Umfragen noch einen Vorsprung gegenüber Menendez, wendete sich Anfang Oktober das Blatt zugunsten des Demokraten, der jetzt rund 5% vor dem Republikaner liegt. New Jersey stimmte zuletzt 1972 für einen republikanischen Senats-Kandidaten. [7]
Erwähnenswerte Wahlen republikanischer Amtsinhaber
George Allen für Virginia
Senator George Allen, ein möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2008, tritt gegen den Demokraten und ehemaligen Minister der US-Navy, James H. Webb an. Dieser Sitz galt Anfang 2006 als sicher für Allen, jedoch schrumpfte sein Vorsprung aufgrund von zwiespältigen Aktionen und rassistischen Äusserungen während seiner Wahlkampfauftritte. Mitte August z.b. bezeichnete er einen Wahlhelfer seines demokratischen Kontrahenten als "Makake" und begrüßte ihn mit: "Welcome to America", obwohl der Mann indianischer Herkunft bereits in den USA geboren wurde.
Laut Umfragen handelt es sich hier um eines der knappesten Rennen: Beide Kandidaten sind in etwa gleich auf, bei einer Umfrage der LA Times vom 23. Oktober führt Webb mit 47% vor Allen mit 44%, bei Mason-Dixon führt Allen mit 47% vor Webb mit 43%. [8] [9]
Conrad Burns für Montana
Senator Conrad Burns aus Montana gewann die Wahl im Jahr 2000 vor dem Demokraten Brian Schweitzer, dem derzeitigen Gouverneur Montanas, hauchdünn mit 3% Vorsprung, obwohl George W. Bush bei der Präsidentschaftswahl Montana mit über 20% Vorsprung für sich entschied. Zusammen mit den vermeintlichen Verwicklungen von Burns in die Jack Abramoff-Affäre und dem Stärkerwerden der Demokratischen Partei in Montana entwickelte sich zunehmend eines der wichtigsten Rennen dieses Jahres. Gegen Burns tritt der Demokrat und Senatsvorsitzende des Staates Montana, Jon Tester, an.
Umfragen zufolge liegt Tester seit Monaten konstant vor Burns, jedoch konnte Burns in den letzten Wochen aufholen. Laut Mason-Dixon liegt Tester bei 46%, während Burns auf 43% der Stimmen kommen würde. [10]
Lincoln Chafee für Rhode Island
Senator Lincoln Chafee aus Rhode Island gilt als einer der liberalsten Republikaner im US-Senat. Dennoch steht er vor einer komplizierten Situation, denn sein demokratischer Herausforderer Sheldon Whitehouse ist ebenfalls liberal und wird deshalb im ohnehin schon zu den Demokraten neigenden Rhode Island favorisiert. Rhode Island ist zudem der Bundesstaat mit der größten Ablehnung gegen Präsident George W. Bush. Nur rund ein Viertel sind mit seiner Amtsführung zufrieden. In den letzten Umfragen führt Whitehouse mit 50% vor Chafee mit 42%. [11]
Mike DeWine für Ohio
Die Chancen zur Wiederwahl von Senator Mike DeWine aus Ohio werden durch eine Korruptionsaffäre der Republikanischen Partei in Ohio sowie der geringen Popularität des republikanischen Gouverneurs, Bob Taft, beeinträchtigt. Kandidat der Demokraten ist der Abgeordnete im Repräsentantenhaus, Sherrod Brown. Anfang 2006 galt das Rennen als sehr ausgeglichen, in letzter Zeit konnte sich jedoch Brown von DeWine absetzen und liegt jetzt mit 48% vor seinem Kontrahenten, der auf 40% kommt. [12]
Jon Kyl für Arizona
Senator Jon Kyl aus Arizona tritt gegen den Vorsitzenden der Demokratischen Partei Arizonas, Jim Pederson an. Umfragen zufolge liegt der Republikaner stabil vor seinem Herausforderer. [13]
Rick Santorum für Pennsylvania
Senator Rick Santorum aus Pennsylvania tritt gegen den Demokraten Bob Casey an. Santorum gilt als konservativer Republikaner in einem Bundesstaat, den John Kerry mit rund 3% gewinnen konnte. Santorums Sitz gilt als Hauptziel der Demokraten. Casey liegt seit dem Beginn der Umfragen rund 10% vor Santorum. [14]
Jim Talent für Missouri
Senator Jim Talent aus Missouri setzte sich im Jahr 2002 bei einer Spezialwahl knapp gegen seine demokratische Herausforderin Jean Carnahan durch. Ihr Ehemann Mel Carnahan, starb kurz vor seiner Wahl im Jahr 2000 bei einem Flugzeugabsturz. Trotz seines Todes wurde er zum Senator gewählt. Für die Demokratische Partei tritt Claire McCaskill an. Das Rennen gehört zu den spannensten und ausgeglichensten. Beide liegen laut Umfragen gleich auf. [15] [16]