Kornkreis
Kornkreise sind Bereiche eines Getreidefeldes, in denen die Kornhalme in einer regelmäßigen Weise umgeknickt, gebogen oder abgemäht worden sind. Von erhöhter Stelle oder aus der Luft werden sie meist als geometrische Formen erkennbar. Die einfachste Form eines solchen Gebildes ist ein Kreis.
Geschichte und Verbreitung
Erstmals schriftlich dokumentiert ist ein Kornkreis von 1590. Er wurde im französischen Assenencour als Beweisstück in einem Hexenprozess aktenkundig. Weitere sind 1678 in Großbritannien bekannt geworden. Ihre Existenz wurde in einer Flugschrift mit dem Titel The Mowing Devil verbreitet, also als Werk eines mähenden Teufels betrachtet. Über ihre Form kann mangels Detailinformationen nichts gesagt werden.
1880 berichtete das naturwissenschaftliche Magazin Nature über Kornkreise in einem Feld der Grafschaft Surrey. Auch in Deutschland sind derartige Phänomene spätestens seit dem 19. Jahrhundert bekannt.
Besonders häufig wurden sie Ende der 1980er Jahre gemeldet, nachdem zunehmend in den Medien darüber berichtet wurde. Seitdem werden zwischen 150 und 300 Kornkreise jährlich gemeldet, meist aus Südengland. Hier traten 2004 etwa ein Drittel aller bekannt gewordenen Fälle von Kornkreisen auf. In Deutschland waren es 2003 etwa ein Viertel der Fälle. Hier werden Kornkreise vor allem in Nordvorpommern (um Stralsund und auf Rügen), in Nordhessen und in der Region von Sinsheim beobachtet. Zunehmend wird aber auch aus anderen Ländern und Kontinenten von solchen Phänomenen berichtet, wenn auch deutlich seltener. Bisher wurden über 6000 unterschiedliche Kornkreise in über 50 Ländern rund um den Globus dokumentiert.
Dabei wurden die Formen Anfang der 1990er immer größer und komplexer. Der bisher größte festgestellte Kornkreis wurde im August 2001 in einem Weizenfeld am Milk Hill in Wiltshire (Südengland) aufgefunden. Er hatte einen Durchmesser von 240 m und bestand aus 409 Teilkreisen. Diese wirkten am Boden chaotisch platziert; erst aus der Luft ergaben sie das geometrische Gesamtmuster einer sechsstrahligen Wirbelform, die an eine geschlossene Kamerablende erinnerte.
Seit der Jahrtausendwende scheint das öffentliche Interesse an diesem Thema nachzulassen, ist aber 2002 durch den Film Signs (von M. Night Shyamalan mit Mel Gibson) vorübergehend nochmals angestiegen. Der Film stellt die Kornkreise als Zeichen von Außerirdischen dar.
Kornkreis-Interessierte erkunden das Phänomen im Rahmen einer als „Cerealogie“ oder „Kornkreiskunde“ bezeichneten „Forschung“. Während einige „Cerealogen" die Ursachen der Kornkreise interdisziplinär, aber sachbezogen erforschen möchten, bringen andere sie mit Raumschiffen in Verbindung und möchten sie im Rahmen einer „Ufologie“ näher betrachten. Dies führt untereinander zu teils heftigen Kontroversen.
Formen
Formen und Anordnungen der so genannten „historischen Kreise“ sind nicht näher bekannt, da von ihnen keine Abbildungen existieren. Nature beschrieb 1880 „[…] ein Feld voller Kreise“, was ein ähnliches Gebilde wie auf Milk Hill im Sommer 2001 nahelegen könnte. Ob dieses Kreisfeld aber geometrisch oder unregelmäßig angeordnet war, ist unbekannt. Es mehren sich jedoch Fallbeispiele von geometrischeren Formen auch in den Jahren vor 1980.
Kornkreise treten nicht nur in Getreidefeldern auf: Sie wurden schon in fast jeder Art von Vegetation entdeckt. Besonders seit den 1990er Jahren nehmen die beobachteten Kornkreise in Anzahl, Größe, Form und Detailreichtum zu. Sie haben meist einen Durchmesser zwischen 10 und 100 Meter. Dokumentiert sind polygonale, elliptische, verflochtene, spiralförmige und fraktale Formelemente, die sich teilweise auch mit unregelmäßigen Formationen verbinden.
Einige dieser Abbilder könnten auf astronomische, physikalische und mathematische Sachverhalte hinweisen, da die in ihnen angeordneten Grundformen unterschiedlicher Größen und Abstände wiederholt sowohl ganzzahlige wie irrationale Zahlenverhältnisse darstellen, etwa den goldenen Schnitt. Der Radioastronomieprofessor Gerald S. Hawkins untersuchte diese Formen und meinte dabei, in 11 von 18 Strukturen fortgeschrittene geometrische Gesetzmäßigkeiten zu finden, die nach seiner Einschätzung zwar auf den Theoremen von Euklid aufbauten, jedoch nicht in Mathematiklehrbüchern zu finden seien.
Darüber hinaus wurden Kornkreise untersucht, die überhaupt keine geometrisch regelmäßige Form besitzen, sondern Ähnlichkeiten mit überlieferten Formen haben, wie zum Beispiel Höhlenmalereien, indianischen Piktogrammen oder mystisch-magischen Symbolen wie dem kabbalistischen Lebensbaum.
Verwandte Phänomene
Es existieren Berichte von kreisförmigen Abdrücken auf Eis- und Schneeflächen, so genannten Eiskreisen. Mit den Kornkreisen äußerlich verwandt ist das Rasenkreuz von Eisenberg an der Raab, dessen Ursprung bis heute ungeklärt ist. Andere Bodenmarkierungen, teilweise noch unbekannter Natur, sind sogenannte Unusual Ground Markings.
Erklärungen
Eine erste Theorie zum Thema stellte Robert Plot im 17. Jahrhundert auf: Er glaubte an herabstürzende Luftwirbel als Ursache der frühen einfachen Kornkreise, die ihm beschrieben worden waren. Möglicherweise waren kleine, stabile Wirbelstürme dafür verantwortlich.
Die Vielzahl der Erklärungsansätze ist mit der Fülle der Kornkreisformen gewachsen. Manche der aufgestellten Theorien sollen alle beobachteten Kreise erklären, andere nur einen Teil von ihnen. Einige wurden von Wissenschaftlern als mögliche Erklärungen erwogen, darunter:
Mechanische Entstehung durch Menschenhand, als Fälschung, Scherz oder Kunstwerk
Von vielen Kornkreisen ist hinreichend sicher bekannt, dass sie von Menschenhand mit Hilfe eines in den Mittelpunkt gesteckten Stockes und eines Seiles erzeugt wurden, indem mit dem straff gespannten Seil in der Hand Kreise gelaufen und Halme umgetreten wurden. Eine einzelne Person läuft ausgehend vom Mittelpunkt im Kreis und gibt nach und nach Seil frei, bis der gewünschte Radius erreicht ist. Bei Beteiligung mehrer Personen geht das schneller, ebenso bei der Verwendung von Holzwalzen (Baumstämme), die gerollt werden und auch andere, nicht konzentrische Formen erzeugen können.
Bei komplexen Formen werden oft Kombinationen verschiedener Techniken verwendet, der Aufwand ist relativ hoch und bedarf einer genauen Koordination und ausgefeilter Techniken, die sich die Helfer vorher mit Papier und Bleistift absprechen müssen. Soll das Anfertigen des Kornkreises heimlich geschehen (z.B. nachts), werden mehr Helfer benötigt, da nur eine begrenzte Zahl an Stunden verfügbar ist und keine halbfertigen Kreise entstehen sollen. Sind die Helfer geübt oder trainiert, ist es mit Hilfe von Zirkel- oder spirographischen Techniken möglich, sehr komplexe Formen zu erzeugen. In vielen Fällen wurde nach Aufdeckung der Arbeit bekannt, dass Standorte der Kreise genau geplant wurden (Autobahnabfahrten, gut einsehbare Talsenken) um Schaulustige anzulocken. Mitunter wurden handelsübliche Halbedelsteine oder glänzende Steinkohlesplitter auf den Kornkreisen verteilt, um die Schaulustigen zum Suchen und längeren Verweilen anzuregen. Von manchen Arbeiten wurde bekannt, dass sie mit den Besitzern der Felder abgesprochen waren, weil das Niedertrampeln von Korn eine Sachbeschädigung darstellt und ein unvorbereiteter Bauer auch keine Möglichkeiten hat, durch Aufstellen von Büchertischen oder Würstchenbuden an den Schaulustigen zu verdienen. Das so abgesprochene Anfertigen von Kornkreisen, die Vermarktung sowie das Behaupten, der Kreis sei "echt", ist in Deutschland legal.
Viele Kornkreise wurden aus unterschiedlichen Motiven nachweislich von Menschen angelegt. Es ist aus wissenschaftlicher Sicht davon auszugehen, dass dies auch für die Kornkreise unbekannter Herkunft gilt und auch diese nicht auf übernatürliche Ursachen zurückgeführt werden können. Demgegenüber versuchen die Cerealogen seit Jahren, Beweise für die Existenz „echter“ – also nicht von Menschen angelegter – Kornkreise zu liefern. Dazu weisen sie darauf hin, dass Menschen in Tests unter realistischen Bedingungen bestimmte komplexe Formen nicht herstellen könnten. Allerdings sind nicht alle Menschen gleich einfallsreich, und der Cerealoge Pat Delgado hat einmal einen Kreis als echt bezeichnet, der kurz zuvor vor laufender Kamera von Menschen gemacht wurde.
In der Sendung mit der Maus wurde die Herstellung eines Kornkreises für Kinder erklärt.
Erklärtes Beispiel für die Herstellung eines Kornkreises
Die Abbildung zeigt einen mittelmäßig komplexen Kornkreis mit einer dreieckigen Grundform, für dessen Herstellung mindestens 4 Personen und 6 vorbereitete Seile notwendig waren. Die Zahl der mindestens notwendigen Personen ergibt sich aus der geometrischen Grundform, die durch gespannte Seile hergestellt wird. Bei Dreiecken sind mindestens 4, bei Fünfecken mindestens 6 Mitarbeiter beteiligt. Eine der Personen übernimmt die Arbeitsleitung und muss viele klare Anweisungen über Zurufe oder Handy erteilen. Bereits eine falsche Anweisung kann den Kreis misslingen lassen, weil nieder getrampeltes Korn nicht wieder aufgerichtet werden kann.
Dieser Kreis kann so angefertigt werden:
- Die Vorbereitung besteht im Zuschnitt von drei identischen "Zirkelseilen" sowie drei identischen "Trampelseilen". Auf allen Seilen werden in bestimmten Abständen Knoten angebracht, die Längenmaße markiert. Die Lage der Knoten auf dem Seil wird zuvor geometrisch berechnet, die Knoten und Seilenden erhalten Namen und werden eindeutig beschriftet. Das Vorgehen wird auf einem Plan fest gehalten, den der Leiter bei sich behält. Bei der Vorbereitung wird beachtet, dass sich das Seil durch die Knoten verkürzt, da sich andernfalls geometrische Verzerrungen im Kornkreis ergeben. Darüber hinaus werden viele Stangen verwendet, meist Metallstangen vom Bau oder zweckentfremdete Zeltgestänge sowie Bretter zum niedertrampeln.
- Die vier Personen begeben sich über eine Traktorspur zum Mittelpunkt des mittleren großen Kreises, stecken dort eine Stange in den Boden und erzeugen zu viert mit einem Trampelseil diesen großen Mittelkreis, dessen Größe durch einen Knoten auf einem Trampelseil markiert ist. Auf diesem Mittelkreis treffen sich die vier Personen nun immer wieder und können dort auch Pausen einlegen.
- Zunächst verbleibt der Leiter mit dem Plan im Zentrum des fertigen mittleren Kreises und behält je ein Ende der drei Zirkelseile bei sich. Die anderen Enden der Zirkelseile werden von je einem laufenden Helfer mit genommen. Darüber hinaus nimmt jeder Helfer die Enden von zwei verschiedenen Trampelseilen mit sich. Jeder der drei laufenden Helfer hat deshalb drei Seilenden, die er an bestimmten Knoten anfäßt.
- Die drei Helfer bewegen sich auf dem Feld so, bis alle sechs Seile gespannt sind. Dadurch entsteht ein gleichschenkliges Dreieck, deren Schenkel die Trampelseile sind und in dessen Ecken je ein Helfer steht, der mit einem Zirkelseil mit dem Leiter verbunden ist. Ist das erfolgt, lassen die drei Helfer je ein Trampelseil-Ende los und ziehen das andere Trampelseil, dessen Ende sie noch halten, zu sich heran. Jede Helfer hält aber das Zirkelseil fest. Der Arbeitsleiter im Zentralkreis dirigiert sie, wobei die Nummern der Knoten, die Seilnamen und -enden sowie die nächsten Arbeitsschritte zugerufen werden.
- Die Helfer stecken an ihrem Standort eine Stange in den Boden und erzeugen mit ihrem Trampelseil je einen der drei kleineren Kreise. Danach wird das Zirkelseil an die Stange gebunden und zurück in Richtung des großen zentralen Kreises gelaufen. Das Trampelseil wird vollständg mit zurück genommen. Im zentralen Kreis nimmt die Zentralperson ein Ende des Trampelseils und übergibt ihr Ende des gespannten Zirkelseils. Die laufenden Personen werden angewiesen, die Mittelpunkte der drei zweitgrößten Kreise zu bestimmen, indem sie beide Seile, deren Enden sie an zuvor bestimmen Knoten halten, spannen. An den so bestimmten Mittelpunkten werden Stangen gesteckt und Kreise getrampelt.
- Mit allen weiteren, kleineren Kreisen wird ebenso verfahren. Der Mittelpunkt wird mit Zirkel- und Trampelseilen bestimmt, der Kreis danach mit dem Trampelseil angefertigt. Für Pausen im Zentralkreis werden nur noch die bereits getrampelten Kreise betreten, um keine unnötigen Spuren im Korn zu hinterlassen. Zum Abschluß werden die Stangen eingesammelt.
Durch Variation der anzufassenden Knoten oder die Hinzunahme weiterer Helfer können hochkomplexe Formen hergestellt werden. Dies hängt wesentlich von der Fähigkeit des Leiters ab, weil die Helfer lediglich Kreise trampeln und Knoten anfassen können müssen. Erfahrene Autoren berichten von Laserpointern und optischen Winkelmessern, was die Zahl der Helfer reduziert. Der Einsatz von Gartenwalzen und Funkgeräten ist möglich. Die Wahl der Kornsorte hat einen Einfluß auf das Erscheinungsbild des fertigen Kreises.
Natürliche Entstehung durch Pilze oder andere Mikroorganismen
Pilze bilden im Boden ein weitreichendes Pilzgeflecht. Dieses könnte Pflanzen dazu bringen, Veränderungen in einfachen, manchmal regelmäßigen Formen (Hexenringe; siehe auch Feenkreis) zu zeigen.
Natürliche Entstehung durch Wirbelwinde
Diese können aber nur einfache, ungefähr kreisförmige Strukturen verursachen. Der Meteorologe Terence Meaden vertrat diese Theorie, als die ersten Kreise erschienen, aber mit dem Autauchen der ersten komplizierteren Muster verlor diese Erklärung ebenso wie die Pilzhypothese an Attraktivität.
Natürliche Entstehung durch bisher unbekannte Naturphänomene
Beschreibungen für Naturphänomene, die solch komplexe Formen hervorbringen könnten, sind allerdings in der Physik nicht in greifbarer Nähe.
Wissenschaftlich abgelehnt wurden dagegen folgende Erklärungen bzw. Spekulationen
Außerirdische Raumschiffe bzw. von Raumschiffen gesteuerte Sonden
Zeugen berichteten von Lichterscheinungen über den Feldern bzw. von schnell über dem Feld kreisenden Kugeln, unter denen sich das Feld bzw. die echten Kornkreise niederlegen. Andere behaupten, dass es sich hierbei nur um die programmierten kleineren Sonden der eigentlichen Raumschiffe handelt. Allerdings ist zu bezweifeln, dass es sich um Raumschiffe (welcher Herkunft auch immer) handelt.
magnetische Anomalien
- da angeblich ionisierte Flüssigkeiten im Korn durch magnetische Kräfte beeinflussbar seien
- Übertragung von morphogenetischen Feldern
- deren Existenz nicht wissenschaftlich belegt ist
- Nebenwirkungen von gentechnisch veränderten Getreidesorten
- die bisher unbekannt sind
- „Botschaften“, z.B. „Warnungen“ übernatürlicher oder unbekannter Mächte
- sei es der Erde selbst, von Göttern oder Außerirdischen
- Ausdrucksform einer postulierten kollektiven Intelligenz von Pflanzen
- welche sich ähnlich einem Bienenstaat aus einer Masse von einzeln „dummen“ Entitäten zusammensetzen würde
Bisher ließ sich nur Entstehung von Menschenhand nachweisen, so dass in der Wissenschaft alle anderen Erklärungen als Spekulation gelten. Die Diskussion darüber spaltet aber das Lager der Interessierten.
Literatur
(Nach Erscheinungsdatum geordnet)
- W. Anderhub u. A. Müller: Phänomen Kornkreise - Forschung zwischen Volksüberlieferung, Grenz- und Naturwissenschaft. AT Verlag, Baden und München 2005. ISBN 3-03800-251-8
- F. Brunner u. H. Hoos: Kornkreise - Rätsel in mystischer Landschaft. Beust Verlag, München 2002. ISBN 3-89530-096-9
- A. Müller: Kornkreise - Geometrie, Phänomene, Forschung. AT Verlag, Aarau 2001. ISBN 3-85502-760-9
Weblinks
- Kornkreis-Forschung
- Kornkreis-"Gläubige"
- Kornkreis-Skeptiker
- Bilder