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John Wilkes

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John Wilkes in einem Stich von William Hogarth. Auch das Schielen Wilkes’ ist deutlich dargestellt

John Wilkes (* 17. Oktober 1727; † 26. Dezember 1797) war ein englischer Whig-Politiker, Journalist und Schriftsteller.

Leben

John Wilkes wurde als zweites von sechs Kindern des walisischen Schnapsbrenners Israel Wilkes geboren. Seine Schulausbildung erfolgte in Hertford, Leiden und durch Privatlehrer. 1747 heiratete er Mary Meade, deren Mitgift ein Landbesitz in Aylesbury, Buckinghamshire war, der jährlich 700 Pfund Einkommen garantierte. Die beiden hatten eine Tochter, Molly, der John sein Leben lang zutiefst ergeben war. Als Molly im Alter von sechs Jahren an den Pocken erkrankte, sich Mary aber weigerte sie zu pflegen, zerrüttete dies die Ehe. 1756 trennte sich Wilkes von seiner Frau, heiratete aber kein zweites Mal. Er erhielt bei der Scheidung den Besitz und das gemeinsame Kind zugesprochen.

Wilkes erarbeitet er sich einen Ruf als Casanova, wahrscheinlich zeugte er auch weitere Kinder. Überliefert ist sein Aussage „Give me ten minutes with any woman and I shall have her.“ (Gebt mir 10 Minuten mit irgendeiner Frau und ich werde sie besitzen.) Notorisch hässlich, besaß Wilkes aber so viel Charme, dass er sagte, er benötige nur eine halbe Stunde um sein Gesicht wegzuargumentieren („only half an hour to talk away his face“) und erklärte, „ein Monat Vorsprung auf seinen Rivalen wegen seines Gesichts“ würde genügen, um in jeder Liebesangelegenheit zu obsiegen.

Er war Mitglied der Knights of St. Francis of Wycombe, auch bekannt als der Hellfire Club, soll aber durch einen Streich dessen Auflösung beschleunigt haben (er brachte einen als Satan verkleideten Affen in den Club und ließ ihn während einer Séance frei, was eine Panik unter den Anwesenden hervorrief).

Wilkes war ebenso bekannt für seine scharfe Zunge. Lord Sandwich, ein Bekannter Wilkes' und Hellfire-Club-Kollege rief ihm zu „'Pon my soul, Wilkes, I don't know whether you'll die upon the gallows or of the pox.“ (Meiner Seel', Wilkes, ich weiß nicht, ob ihr am Galgen oder an den Pocken enden werdet.) Wilkes antwortete „That depends, my Lord, whether I first embrace your Lordship’s principles, or your Lordship’s mistresses“ (Das kommt darauf an, ob ich mir zuerst euer Lordschafts Prinzipien oder euer Lordschafts Geliebten zu Eigen mache).

Politische Karriere

Seit 1756 war Wilkes Whig-Abgeordneter zum englischen Unterhaus für Aylesbury. Einen Unterstützer hatte er in Richard Grenville, 2. Earl Temple, Abgeordneter für Buckinghamshire.

Wilkes war ein Anhänger von William Pitt dem Älteren, Whig Parlamentssprecher bis 1761. Pitt war mit Hester, der Schwester Grenvilles verheiratet. Als der Tory John Stuart, 3. Earl of Bute, ein weiteres Hellfire Club Mitglied, 1762 die Vorherrschaft der Whigs brach und Premierminister wurde, gründete Wilkes ein Wochenmagazin mit dem Ziel, Bute anzugreifen. The North Briton, heimlich finanziert von Earl Temple, kritisierte den Schotten Bute mit allen Mitteln. Man warf ihm vor Schotte zu sein, eine Affäre mit Augusta von Sachsen-Gotha, der Mutter des Königs, zu haben, vor allem jedoch verantwortlich für den Frieden von Paris zu sein. 1763 trat Lord Bute schließlich zurück, Wilkes war jedoch mit seinem Nachfolger George Grenville (dem Bruder Earl Temples) genauso unzufrieden.

Die North Briton Affäre

Am 23. April 1763 erschien die 45. Ausgabe des North Briton, in der die Rede des Königs zur Parlamentseröffnung scharf kritisiert und als Lüge bezeichnet wurde. George III. selbst empfand den Artikel, der Lord Bute stellvertretend für den König attackierte, als Verrat. Am 30. April wurden Blankohaftbefehle wegen Verleumdung auf Wilkes und die Herausgeber der Zeitung ausgestellt, fast 50 Personen wurden verhaftet. Wilkes selbst wurde aus dem House of Commons gewiesen und kurz darauf verhaftet. Der Lord Chief Justice ließ ihn allerdings nach einer Woche Haft im Tower frei, weil ein Parlamentsmitglied bei Vorwürfen der Verleumdung Immunität genoss. Er protestierte gegen die Blanko-Haftbefehle, und konnte, auch mit beträchtlicher öffentlicher Unterstützung, deren Verfassungswidrigkeit vor Gericht belegen. Er durfte seinen Parlamentssitz wieder einnehmen, worauf er umgehend versuchte, die Personen, die ihn verhaftet hatten, wegen Hausfriedensbruch zu verklagen.

Inhaftierung und Flucht

Am 17. November 1763 duellierte er sich mit dem Tory Abgeordneten Samuel Martin, der ihm einen Bauchschuss beibrachte. Er war wieder in Gefahr, verhaftet zu werden, weil das Unterhaus beschlossen hatte, dass er zwar nicht wegen Verleumdung verhaftet werden konnte, sich diese Immunität aber nicht auf die Publikation von scandalous, obscene and impious libel (skandalöser, obszöner und pietätloser Verleumdung) erstreckte. Freunde halfen Wilkes, nach Paris zu fliehen um der drohenden Verhaftung zu entgehen.

Er konnte der Parlamentseröffnung nicht beiwohnen und damit auch seinen Sitz nicht einnehmen. Am 19. Januar 1764 wurde er in absentia vom Parlament wegen staatsgefährdender und öbszöner Verleumdung verurteilt und für vogelfrei erklärt.

Rückkehr nach England

1768 kehrte Wilkes schließlich nach England zurück. Merkwürdigerweise wurde er nicht sofort verhaftet, so dass er sich in London als Parlamentskandidat aufstellen lassen konnte. Sein Wahlprogramm bestand aus Gegnerschaft zur Regierung, er verfehlte aber in London eine Mehrheit. Kurz darauf wurde er jedoch in Middlesex gewählt. Nach seiner Wahl wurde er doch verhaftet und ins King’s Bench Prison gebracht. Es gab Demonstrationen von bis zu 15.000 Menschen vor dem Gefängnis, Schlachtrufe waren Wilkes and Liberty (Wilkes und die Freiheit), No Liberty, No King (Keine Freiheit, kein König) und Damn the King! Damn the Government! Damn the Justices! (verdammt seien König, Regierung und Richter). Da Ausschreitung befürchtet wurden lösten Truppen die Proteste auf, wobei sieben Menschen erschossen wurden (das Massaker von St. George’s Field).

Wilkes verzichtete auf seine parlamentarische Immunität und wurde zu zwei Jahren Haft und 1000 Pfund Strafe verurteilt. Am 10. Mai 1768 wurde er inhaftiert, was wieder Massendemonstrationen in London auslöste. Wilkes erwartete, pardoniert zu werden, was aber nicht eintrat. Im Februar 1769 wurde er aus dem Parlament ausgeschlossen, aber schon im gleichen Monat wiedergewählt. Im März wurde er wiederum ausgeschlossen und wiedergewählt, ebenso im April. Dieses Mal erklärte das Unterhaus seinen Gegner zum Sieger.

Spätwerk

1769 ließ sich Wilkes schließlich mit Unterstützung der Supporters of the Bill of Rights (Unterstützer der Bill of Rights) zum Alderman in London wählen. Im April 1770 wurde er aus dem Gefängnis entlassen. 1771 schloss er sich der Kampagne für Pressefreiheit an. Mehrere Londoner Zeitung versuchten, Berichte über Sitzungen des Unterhauses zu drucken, was verboten war. Zwei Drucker wurden auf Anweisung der Regierung inhaftiert, was zu Unruhen rund um die Houses of Parliament führte. Die Regierung gab nach und ließ die Drucker frei.

Schlussendlich ließ sich das Unterhaus auch überzeugen, Wilkes seinen Sitz doch noch einnehmen zu lassen. Wilkes setzte sich als Abgeordneter weiter für Reformen ein, etwa die Umverteilung von Parlamentssitzen von sehr kleinen Wahlkreisen (rotten boroughs) auf die wachsenden Industriestädte Manchester, Birmingham, Leeds und Sheffield. 1774 wurde Wilkes auch zum Bürgermeister Londons gewählt.

Wilkes war bis zur Wahl von 1790 der Abgeordnete für Middlesex, nach der verlorenen Wahl setzte er sich zur Ruhe. 1797 starb er im Haus seiner geliebten Tochter und wurde in der Grosvenor Chapel in der South Audley Street in London begraben. Seine Grabinschrift lautet „John Wilkes: a Friend to Liberty“ (John Wilkes, ein Freund der Freiheit).