Migrantifa

Migrantifa ist ein selbstorganisiertes Netzwerk von Migrant*innen, das sich als Reaktion auf den rassistischen Anschlag in Hanau 2020 gründete. Die verschiedenen bundesweit organisierten Gruppen setzten sich für soziale Gerechtigkeit ein und machen auf strukturellen Rassismus und dessen Auswirkungen aufmerksam. Ein Hauptanliegen dabei ist die Bekämpfung von Faschismus und Nazis in den Behörden und Institutionen.
Geschichte und Themenschwerpunkte

Die Migrantifa ist ein Netzwerk aus bundesweit agierenden Gruppen, das sich nach den rassistischen Morden von Hanau im Februar 2020 gründete. Die antifaschistische Gruppierung bezeichnet sich als „loses Bündnis, das bundesweit antifaschistische Politik von Migrant*innen für Migrant*innen macht“. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bedürfnisse und das Empowerment von rassismusbetroffenen Personen und der Stärkung sozialer Rechte, um gegen Rassismus und Faschismus zu agieren.[1] Die Wortschöpfung Migrantifa entstand im Kontext rechtsradikaler Gewalt vor 2021, wie der Anschlag in Halle und Hanau. Der Begriff hat sich aus dem Wellcome united und dem NSU-Komplex-Auflösen-Bündnis gebildet, die Migrantifa! als Motto etabliert hatten.[2]
Migrantifa setzt sich dafür ein, strukturelle Diskriminierungen wie Rassismus und deren Auswirkungen sichtbar zu machen. Die Gruppierung versucht mittels verschiedener Formen wie Demonstrationen, Gedenkveranstaltungen, Lesungen u. a. auf unzureichende Maßnahmen, um rassistisch motivierte Gewalttaten und Rechte Gewalt in Deutschland zu verhindern, hinzuweisen. Ein Kritikpunkt der Gruppierung ist die mangelnde Bereitschaft durch Ermittlungsbehörden und der Polizei, trotz umfassender Informationen durch den Verfassungsschutz, der Einblicke in rechte Netzwerke hat, diese effektiv zu zerschlagen.[3]
Eine Person berichtet zur Entstehung des Netzwerkes in einem Interview mit Ze.tt: „Migrantifa ist geboren, weil so viele Migrant*innen gestorben sind. Sie leben in uns weiter und sind nicht für nichts gestorben. Wir kämpfen gegen Rassismus, um dem Schmerz der Opfer, Hinterbliebenen und von Rassismus Betroffenen Würde zu tragen.“[4]
Ferat Koçak beschrieb das Netzwerk Migrantifa als Beispiel, wie antifaschistische und antirassistische Bewegungen stärker zusammenrücken konnten, insbesondere weil als links gesehene Strukturen überwiegend aus weißen Personen bestanden. Menschen, die von Rassismus betroffen sind, würden dank der jahrelangen antirassistischen Kritik verstärkt wahrgenommen werden.[5]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Mischa Pfisterer: Yallah, Yallah gegen Polizeigewalt (nd-aktuell.de). In: www.nd-aktuell.de. 20. Juli 2020, abgerufen am 19. Januar 2023.
- ↑ Lisa Doppler: Widerstand der Refugees. In: Widerständiges Wissen. Herbert Marcuses Protesttheorie in Diskussion mit Intellektuellen der Refugee-Bewegung der 2010er Jahre. transcript Verlag 2021, ISBN 978-3-8394-5941-6. S. 110
- ↑ Gareth Joswig: „Wir vertrauen der Polizei nicht“. In: taz.de. 23. Juni 2020, abgerufen am 19. Januar 2023.
- ↑ Markus Mack: "Rassismus soll keine einzige weitere Familie zerstören": Migrantifa Berlin demonstriert per Schiff. In: www.zeit.de. 8. Mai 2020, abgerufen am 19. Januar 2023.
- ↑ Onur Suzan Nobrega, Ferat Koçak: »Was ist eigentlich alles passiert, was wir nicht wahrgenommen haben?« In:Onur Suzan Nobrega, Matthias Quent, Jonas Zipf: Rassismus. Macht. Vergessen. Von München über den NSU bis Hanau: Symbolische und materielle Kämpfe entlang rechten Terrors. transcript Verlag 2021, ISBN 978-3-8394-5863-1. S. 50