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Universität Tartu

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Tartu Ülikool / Universität Dorpat
Daten
Latein Universitas Tartuensis
Estnisch Tartu Ülikool
Deutsch Universität Dorpat
Gegründet 1632
Ort Tartu, Estland
Studenten circa 15,000
Rektor Jaak Aaviksoo
Adresse Ülikooli 18
50090 Tartu
Estonia
Homepage http://www.ut.ee
Mitglied EUA, Coimbra Group
Karte
Datei:Estland.png
Tartu in Estland

Die Universität Tartu/Dorpat (estnisch Tartu Ülikool, auch lateinisch Universitas Tartuensis/Dorpatensis) ist die einzige Volluniversität in Estland (d.h. mit komplettem Fächerkanon). Sie wurde 1632 von König Gustav II. Adolf von Schweden gegründet.

Ehemalige Bezeichnungen der Universität sind Academia Gustaviana (1632-1665), Academia Gustavo-Carolina (1690-1710), Kaiserliche Universität zu Dorpat (Imperatorskij Derptskij Universitet, 1802-1893), Kaiserliche Universität Jurjev (Imperatorskij Jur'evskij Universitet, 1893-1918), Estnische Nationaluniversität Tartu (1919-1940) sowie Staatsuniversität Tartu (1940-1941 und 1944-1989).

Geschichte

Polnische Zeit

Bereits 1583-1601 hatte in Dorpat schon ein jesuitisches Gymnasium bestanden, als Livland noch unter polnischer Herrschaft stand.

Schwedische Zeit

Gegründet wurde die Universität als Academia Gustaviana 1632 durch König Gustav II. Adolf von Schweden als Teil der schwedischen Kolonialpolitik. Livland, und mit ihr die Stadt Dorpat, war gerade von Schweden erobert worden. Die Academia Gustaviana Dorpatensis war die zweitälteste Universität Schwedens (nach Uppsala). Sie existierte jedoch nur relativ kurz, wurde später nach Pärnu verlegt, der Betrieb wurde 1710 ganz eingestellt.

Deutschbaltische Zeit im Zarenreich

1802 jedoch wurde sie als Kaiserliche Universität zu Dorpat wiederbegründet, diesmal - nach Eigenansätzen der Estnischen Ritterschaft - durch den damals reformgesinnten Zar Alexander I., da Livland mittlerweile russisch geworden war.

Die Universität Dorpat war zwischen 1802 und 1893 nicht nur deutschsprachig, sie war auch intellektuell und hinsichtlich des Lehrkörpers eine deutsche Universität (von den 30 deutschsprachigen Universitäten um 1875, von denen 23 im deutschen Reich lagen, war Dorpat die elftgrößte; über 50% der Professoren waren "Reichsdeutsche", weitere 40% Deutschbalten, administrativ und finanziell aber russisch).

Universitätshauptgebäude (2006)

In der Lehre bereitete die Universität nicht nur den gesamtbaltischen Adel (in Estland und Kurland gab es keine Universität) und das Bildungsbürgertum beruflich vor, sondern auch - und aus der Sicht des Staates vor allem - Staatsdiener und Ärzte für das gesamte Russische Kaiserreich. Wissenschaftlich war die Universität Dorpat, die etwa zwischen 1860 und 1880 ihr "Goldenes Zeitalter" (u.a. Alfred Wilhelm Volkmann, Wilhelm Ostwald und Karl Ernst von Baer) erlebte, international angesehen.

Zwischen 1804 und 1809 wurde das Universitätshauptgebäude nach Plänen des Universitätsbaumeisters Johann Wilhelm Krause (1750 in Niederschlesien geboren, 1828 in Dorpat gestorben) errichtet. Die Innenarbeiten der Aula leistete Handwerksmeister Christian Holz aus der Hansestadt Greifswald. Beides sind heute noch sichtbare Zeichen der engen Verflechtung der Universität mit Deutschland.

1811 war die Sternwarte Dorpat errichtet worden. Unter der Leitung der bedeutenden Astronomen Friedrich Georg Wilhelm Struve und Johann Heinrich Mädler wurde sie zu einer der führenden astronomischen Forschungseinrichtungen. Der botanische Garten, einer der ältesten seiner Art in Osteuropa, wurde 1803 von Professor Gottfried Albrecht Germann begründet und 1806 an seinen heutigen Platz verlegt.

Russische Zeit

Diese Freiheit endete jedoch, als in Russland nationalistische und nationalstaatliche Tendenzen immer stärker zu dominieren begannen und man Homogenität der Bildung für wichtiger hielt als eine Universität auf internationalem Niveau. Zwischen 1882 und 1893 kam es daher zu einer Russifizierung, einschließlich der Verpflichtung zur Lehre ausschließlich auf Russisch (mit Ausnahme der Theologischen Fakultät, die bis 1916 auf Deutsch weiterlehren durfte, da der orthodoxe Klerus ein Überschwappen lutherischer Ideen verhindern wollte). 1893 wurden Stadt und Universität umbenannt. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle bedeutenden "reichsdeutschen" Professoren die nun Universität Jurjev heißende Hochschule aber bereits verlassen.

1918 bis 1989

Universität Tartu - Frontansicht 2004

Die Universität Jurjev existierte bis 1918. Als 1918 deutsche Truppen Tartu besetzten, wurde ein Teil der Universität nach Woronesch (Russland) evakuiert, zumal die universitären Sammlungen, aber auch einige Angestellte und Studenten. 39 Professoren, 45 Universitätslehrer, 43 sonstige Angestellte und etwa 800 Studenten aus Tartu - alle zumeist Russen - bildeten so schließlich den Grundstock der neugegründeten Staatlichen Universität Woronesch. In Tartu selbst wurde die Universität für einen Teil des Wintersemesters 1918/19 unter deutscher Besatzung als Landesuniversität Dorpat wiedereröffnet.

1919 wurde sie im gerade entstandenen Staat Estland unter dem estnischen Namen Universität Tartu als Nationaluniversität eröffnet und blieb dies bis 1940. 1940 eroberte die Sowjetarmee Estland, 1941-1944 war es wiederum von Deutschland besetzt; 1942-1944 gab es auch Versuche der Etablierung einer deutschen "Ostland-Universität" für das gesamte Baltikum. Während der sowjetischen Besatzung, also 1940-1941 und 1944-1989, trug sie den Namen "Staatsuniversität Tartu".

2. Estnische Unabhängigkeit

Die Wiedererlangung der vollen akademischen Unabhängigkeit kann man auf das Jahr 1992 datieren, obwohl seit 1988 ungestörte Forschung wieder möglich war. Heute ist die Universität Tartu die einzige Volluniversität Estlands, die sich - wie alle Universitäten der Region - mit den Änderungen durch den Bologna-Prozess, der in Estland eine ganz eigene Interpretation hervorgerufen hat, auseinanderzusetzen hat.

Die Universität Tartu ist Mitglied der Coimbra Group.

Partneruniversitäten

Angehörige der Universität

Professoren

Studenten

Ehrendoktoren

Literatur

Grundlagenwerke
  • Roderich v. Engelhardt: Die Deutsche Universität Dorpat in ihrer geistesgeschichtlichen Bedeutung. Ernst Reinhardt, München 1933.
  • Tullio Ilomets, Hillar Palamets (Hrsg.): Alma Mater Tartuensis (1632-1982). Eesti Raamat, Tallinn 1982.
  • Reet Mägi, Wolfgang Drechsler (Hrsg.): Kaiserliche Universität Dorpat 200 - Academia Gustaviana 370 - Das Jubiläum der Universität Tartu. Tartu Ülikooli Kirjastus, Tartu 2004.
  • Hugo Semel (Hrsg.): Die Universität Dorpat (1802-1918). Laakmann, Dorpat 1918.
Besondere Aspekte
  • Museum of Tartu University History: Inventions and Discoveries at the Imperial Tartu University. Bd 1. Chemistry, Physics. Museum of Tartu University History, Tartu 2002.
  • Museum of Tartu University History: Inventions and Discoveries at the Imperial Tartu University. Bd 2. Medicine. Museum of Tartu University History, Tartu 2002.
  • Helmut Piirimäe, Claus Sommerhage (Hrsg.): Zur Geschichte der Deutschen in Dorpat. Tartu Ülikooli Kirjastus, Tartu 2000 (Beiträge u.a. zur Universität, zum Studententum, zum Schulwesen und über Gustav v. Ewers).


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