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Privatinsolvenz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Verbraucherinsolvenzverfahren ermöglicht Menschen ("natürlichen Personen") die Zahlungs-Entpflichtung durch Gerichtsbeschluss ("Restschuldbefreiung"). Diese Möglichkeit besteht in Deutschland seit dem In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung (InsO) am 1. Januar 1999. Die Zahlungs-Entpflichtung durch Gerichtsbeschluss erfolgt sechs Jahre nach dem gerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahrens-Eröffnungsbeschluss. Diese gesetzliche Neuregelung war eine Reaktion auf die zunehmende Zahlungsüberpflichtung Überschuldung von wirtschaftlich nicht-selbstständigen Menschen ("natürlicher Personen").

Neben Rechtsanwälten sind auch solche Beratungsstellen zur Insolvenzberatung für Verbraucher-Insolvenzverfahren berechtigt, deren entsprechende Eignung durch behördlichen Bescheid anerkannt ist. Hierzu zählen vor allem die kostenfrei arbeitendenSchulderberatungsstellender Kommunen und Wohlfahrtsverbände.

Das Verbraucher-Insolvenzverfahren gilt für natürliche Personen, auch ehemalige Selbstständige und Kleingewerbetreibende, die weniger als 20 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus Beschäftigungsverhältnissen mit Arbeitnehmern haben. Sie können in einem mehrstufigen Verfahren nach Ablauf einer sechsjährigen Treuhandzeit die Zahlungs-Entpflichtung durch Gerichtsbeschluss ("Restschuldbefreiung")erlangen.

Hierzu sind vier Schritte notwendig:

1. Außergerichtlicher Einigungsversuch

Zunächst muss der Schuldner mittels eines Schuldenbereinigungsplans eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern versuchen. Hierbei hilft die Schuldnerberatungsstelle. Gelingt eine Einigung, entfällt das weitere Verfahren.

2. Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren

Scheitert der außergerichtliche Einigungsversuch, kann der Schuldner beim Insolvenzgericht das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen. Bevor dies eröffnet wird, versucht das Gericht nochmals, eine Einigung zwischen Schuldner und Gläubigern herbeizuführen. Besteht keine Aussicht auf Erfolg, kann das Gericht auf diesen Schritt verzichten.

3. Vereinfachtes Insolvenzverfahren

Erst wenn die bisherigen Bemühungen gescheitert sind, wird das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Nun wird das – soweit vorhandene – pfändbare Sach- und Geldvermögen des Schuldners verwertet und der Erlös an die Gläubiger ausgeschüttet.

4. Restschuldbefreiungsverfahren mit Wohlverhaltensperiode

Der Schuldner muss nun für die Dauer von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Einlösung der noch offenen Verbindlichkeiten seine pfändbaren Beträge an einen Treuhänder abführen, der diese anteilig an die Gläubiger verteilt. Der Schuldner muss in dieser Zeit gewisse Obliegenheiten erfüllen (z. B. angemessene Erwerbstätigkeit aufnehmen). Hält der Schuldner seine Verpflichtungen ein, erteilt das Gericht am Ende dieser Periode die Restschuldbefreiung.

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzverfahren ist stark ansteigend. Sie hat sich vom Beginn 1999 bis zum Jahre 2003 etwa verzehnfacht (2003 waren es 33 600 Verfahren in Deutschland). Zu einem sprunghaften Anstieg kam es besonders, nachdem durch die Novellierung der Insolvenzordnung 2001 eine Stundung der Verfahrenskosten möglich war und somit auch völlig mittellose Schuldner ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen können.