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Mir (Raumstation)

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Raumstation Mir
Mir im Erdorbit
Mir im Erdorbit
Einsatzdaten
Start:
(Basismodul)
19. Februar 1986
21:28:23 UTC
Baikonur LC200/39
Wiedereintritt: 23. März 2001
05:50 UTC
Besatzungen: 28 Langzeitbesatzungen
Bemannt im Orbit: 4.594 Tage
Insgesamt im Orbit: 5.511 Tage
Erdumkreisungen: 86.325
Apogäum: 393 km
Perigäum: 385 km
Umlaufzeit: 89,1 min
Bahnneigung: 51.6°
Zurückgelegte Strecke: 3.638.470.307 km
Gesamtmasse: 124.340 kg
Konfigurationsdiagramm
Module der Raumstation Mir mit einem angedockten Space Shuttle
Module der Raumstation Mir mit einem
angedockten Space Shuttle

Raumstation Mir

Die Mir (russisch Мир für Welt, Frieden) war eine modulare, das heißt aus verschiedenen nacheinander gestarteten Stationsteilen zusammengesetzte, Raumstation, deren Aufbau durch die Sowjetunion im Frühjahr 1986 begann und über ein Jahrzehnt andauerte. Die Mir gilt nach dem Sputnik-Satelliten 1957 und Juri Gagarins Flug 1961 als ein weiteres Erfolgsprojekt der sowjetischen Raumfahrt.

Beschreibung

Nachdem die Sowjetunion in den 1970er und frühen 1980er Jahren mehrere Stationen des Typs Saljut betrieben hatte, wurde die Mir zur ersten auf dauerhaften und wissenschaftlichen Betrieb ausgelegten Raumstation. Sie basierte auf den Erfahrungen ihrer Vorgängerstationen und war im Grundaufbau ähnlich. Man verwertete nicht zuletzt die Erfahrungen aus dem Betrieb der Vorgängerstationen Typ Saljut und vermied so viele Fehlerquellen. Von der Station Saljut 7 wurden mittels des Fluges Sojus T-15 Teile der Ausrüstung übernommen.

Der Basisblock der Mir verfügte entgegen den Vorgängertypen insgesamt über sechs Kopplungsstutzen für Transportraumschiffe und Ausbaumodule. Im Laufe der Jahre wurde die Mir durch solche Module immer weiter vergrößert und ausgebaut, bis sie 1996 mit dem Andocken des Moduls Priroda ihren letzten Ausbauschritt erreichte.

Jahrelang war die Mir der einzige permanente Vorposten der Menschheit im Weltraum. Neben vielen wissenschaftlichen Experimenten wurden hier vor allem Erfahrungen über den Langzeitaufenthalt im Weltraum gesammelt. Einzelne Kosmonauten hielten sich bis zu einem Jahr in der Raumstation auf.

Der modulare Aufbau der Mir zeichnet sich als Vorbild für die spätere Internationale Raumstation aus. Auch ist das Modul Swesda der Internationalen Raumstation eine modifizierte Version des Basisblocks der Mir.

Die Kosmonauten wurden mit Sojus-Raumkapseln zur Mir transportiert, die Versorgung der Raumstation z.B. mit Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff wurde durch unbemannte Progress-Raumkapseln sichergestellt.

Durch Anbau eines speziellen Andockmoduls konnten ab 1995 auch amerikanische Space Shuttles an der Mir andocken.

Westliche Gäste

Datei:Atlantis Docked to Mir.jpg
Andocken des NASA-Space Shuttles Atlantis mit der russischen Raumstation Mir im Rahmen des Shuttle-Mir-Programms

Im Dezember 1990 besuchte der japanische Journalist Toyohiro Akiyama die Station, um direkt vom Schauplatz des Geschehens zu berichten. Die nichtrussischen Besuche nahmen in den kommenden Jahren weiter zu: 1991 durch den österreichischen Austronauten Franz Viehböck, 1992 durch die Deutschen Klaus-Dietrich Flade und 1997 Reinhold Ewald sowie den Franzosen Michel Tognini.

Von Januar 1994 bis Mai 1995 blieb der Russe Waleri Poljakow auf der Mir. Mit 438 Tagen im All stellte er damit einen neuen Rekord für die menschliche Verweildauer im All auf. Der lange Zeitraum, den Poljakow im All verbrachte, wurde auch als Test für einen möglichen bemannten Marsflug gewertet – der Flug zum roten Planeten dauert etwa ein Jahr. 1994 besuchte außerdem der deutsche ESA-Astronaut Ulf Merbold die Mir, der bereits 1983 mit dem Space Shuttle im All war.

Neben dem weiteren Ausbau der Station 1995 startete in dem Jahr der erste amerikanische Astronaut von Baikonur in einem Sojus-Raumschiff zur Mir. Bereits im Juli des gleichen Jahres begann die erste Shuttle-Mir-Mission: Mit STS-71 dockte die Raumfähre Atlantis zum ersten Mal an die russische Raumstation an. Im September besuchte auch der Deutsche Thomas Reiter die Mir und blieb 179 Tage an Bord. 1996 wurde der Aufbau der Station mit dem Modul Priroda beendet. Der längste Aufenthalt eines amerikanischen Astronauten im All wurde ironischerweise auch auf der Mir gefeiert: John Blaha verbrachte im gleichen Jahr 118 Tage auf der Station.

Pannenserien

Am 24. Februar 1997 entzündet sich ein chemischer Sauerstoffgenerator. Es entwickelt sich giftiger Rauch auf der Station und zwingt die beiden russischen und den amerikanischen Raumfahrer an Bord zum Tragen von Sauerstoffmasken. Aufgrund der entschlossenen Reaktion der Mir-Insassen kann eine verfrühte Rückkehr zur Erde verhindert und die Luft innerhalb eines Tages wieder gereinigt werden. Bereits zwei Wochen nach diesem Vorfall fällt die primäre Sauerstoffversorgung aus, es muss auf die sekundäre umgeschaltet werden. Daneben sind aufgrund eines Defekts des Lagekontrollsystems nur noch manuelle Manöver möglich. Außerdem lässt das marode russische Kommunikationssatellitensystem nur noch 10 Minuten Funkkontakt zur Moskauer Bodenstation pro Erdumlauf zu.

Beschädigungen an einem der Solarpanels des Spektr-Moduls nach der Kollision mit einem Progress-Raumfrachter

Obwohl die NASA Anfang 1997 erst ihre Zweifel an einer weiteren Zusammenarbeit mit Russland auf der Mir bekundet, startet nach Reparatur der Bordsysteme am 15. Mai 1997 wiederum die Atlantis zur Station und löst den Amerikaner Jerry Linenger an Bord durch Michael Foale ab.

Wiederum nur einen Monat später, am 25. Juni 1997, kollidiert aufgrund eines Fehlers das Progress M-34 Versorgungsraumschiff mit der Station. Neben dem Modul Spektr, das versiegelt werden muss, werden auch die Solarpanele des Moduls schwer beschädigt und ein Drittel der Mir-Energieversorgung wird lahmgelegt. Die Probleme an Bord können zwei Monate später anlässlich eines Besatzungsaustauschs behoben werden.

Am 30. August 1997 startet erneut die Atlantis zur Mir, nachdem es heftigste Kontroversen bei der NASA gegeben hatte, ob man nach der Pannenserie in dem Jahr die Shuttle-Mir-Missionen überhaupt fortsetzen sollte.

Die Mir wird alt

Datei:Mir im erdorbit.jpg
Die Mir aus der Sicht des Space Shuttles Atlantis

Am 20. November 1998 startet das erste Modul der Internationalen Raumstation namens Sarja und die NASA-Führung versucht die russische Regierung dazu zu bewegen, die Mir möglichst bald im Pazifik zu versenken. Vorerst entscheidet sich Russland noch dagegen. 1999 bildet sich eine Organisation, die versuchen will, das Überleben der Mir über private Mittel zu sichern. Im Kontrast dazu steht, dass die am 28. August 1999 gelandete Crew nicht ersetzt wird.

Am 4. April 2000 startet schließlich die letzte Besatzung zur Mir. Zu diesem Zeitpunkt hofft die russische Raumfahrt noch darauf, die Mir durch westliche Gelder für zwei weitere Jahre betreiben zu können. Diese Hoffnungen zerschlagen sich jedoch durch die horrenden Unterhaltskosten für Russland.

Wegen der hohen finanziellen Belastung für den Unterhalt von gleichzeitig zwei Raumstationen kam am 23. Oktober 2000 das offizielle Aus. Die russische Idee, Teile der MIR zum Aufbau der ISS zu verwenden, wurde von amerikanischer Seite trotz der damit verbundenen Einsparungen verworfen.

In den frühen Morgenstunden des 23. März 2001 wurde die Mir mit drei Bremsschüben des letzten Progress-Raumfrachters zum kontrollierten Wiedereintritt in die Atmosphäre gebracht. Die nicht verglühten Trümmer der Station stürzten um 6.57 Uhr im Zielgebiet in den Pazifischen Ozean. Von den Fidschi-Inseln aus war das Feuerwerk am Himmel zu sehen.

In ihrer 15-jährigen Geschichte umrundete die ursprünglich nur für eine Lebensdauer von 7 Jahren ausgelegte Mir die Erde 86.325 Mal in einer Höhe von 390 km über der Erdoberfläche.

Technische Daten

  • Anzahl der Kopplungsstutzen: 6
  • Gewicht Basismodul: 20 t
  • Gesamtgewicht: > 135 t (mit angekoppelten Modulen)
  • Länge Basismodul: 13 m
  • Durchmesser Basismodul: 4,15 m
  • Gesamtlänge: bis 33 m (je nach Ausbaustufe)
  • Spannweite: 31 m
  • Flughöhe: ca. 400 km

Besatzung

Die Raumstation wurde insgesamt von 96 Kosmonauten besucht. 19 von ihnen betraten die Station zweimal, Alexander Stepanowitsch Wiktorenko viermal und Anatoli Jakowlewitsch Solowjow fünfmal. Die längste Zeit an Bord verbrachte der russische Kosmonaut Waleri Wladimirowitsch Poljakow: Er arbeitete 679 Tage an Bord der Mir, davon 438 (von Januar 1994 bis März 1995) in einem Einsatz.

Die Liste bemannter Missionen zur Raumstation Mir enthält eine Beschreibung aller bemannten Raumflüge, die Raumfahrer mit einem der Sojus-Raumschiff oder einem der amerikanischen Space Shuttles zur Station brachte.

Module

  • Mir-Basismodul
    • Start: 19. Februar 1986
    • Zweck: Wohnviertel
    • Masse: 20 t
  • Kwant 1
    • Start: 31. März 1987
    • Angedockt: 9. April 1987
    • Zweck: Astronomie
    • Masse: 11 t
  • Kwant 2
    • Start: 26. November 1989
    • Angedockt: 2. Dezember 1989
    • Masse: 19 t
  • Kristall (eigentlich Kwant 3)
    • Start: 31. Mai 1990
    • Angedockt: 10. Juni 1990
    • Masse: 19 t
  • Spektr
    • Start: 20. Mai 1995
    • Angedockt: 1. Juni 1995
    • Masse: 19 t
  • Andockmodul (für Space Shuttle)
    • Start: 13. November 1995
    • Angedockt: 15. November 1995
  • Priroda
    • Start: 23. April 1996
    • Angedockt: 26. April 1996
    • Masse: 19 t

Siehe auch

Literatur

  • Hans J. Frank: Rettung der Mir - Die fantastischen autobiographischen Memoiren des Doktor F. Projekte-Verl., Halle (Saale) 2003. ISBN 3937027335
  • Andreas Schöwe: Mission Space Shuttle - Abenteuer Weltraum in Bild und Text. Bechtermünz-Verl., Augsburg 1999. ISBN 3828953573
Commons: Mir – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Mir (мир) – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen