Zum Inhalt springen

Elektroenzephalografie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. Oktober 2006 um 14:25 Uhr durch 87.160.219.154 (Diskussion) (Geschichte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
14-Kanaliges EEG mit Alpha-Wellen

Die Elektroenzephalografie (EEG) ist eine Methode der medizinischen Diagnostik zur Messung der summierten elektrischen Aktivität des Gehirns durch Aufzeichnung der Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche. Das Elektroenzephalogramm (ebenfalls EEG abgekürzt) ist die graphische Darstellung dieser Schwankungen.

Ursache dieser Spannungsschwankungen sind physiologische Vorgänge innerhalb einzelner Gehirnzellen, die durch ihre elektrischen Zustandsänderungen zur Informationsverarbeitung des Gehirns beitragen. Dank ihrer spezifischen räumlichen Anordnung addieren sich die von einzelnen Neuronen erzeugten Ströme in den Zellzwischenräumen auf, so dass sich über den gesamten Kopf verteilte Spannungsänderungen messen lassen.

Zur klinischen Bewertung wird eine Aufzeichnung in mindestens zwölf Kanälen von verschiedenen Elektrodenkombinationen benötigt.

Aus medizinischen Gründen werden Gehirnströme unter seltenen Umständen auch direkt von der Gehirnoberfläche abgeleitet. In diesem Falle spricht man von einem Elektrocorticogramm (ECoG; in deutscher Schreibung Elektrokortikogramm). Werden diese Ströme mittels Elektroden gemessen, die sich innerhalb der Gehirnsubstanz befinden, so bezeichnet man die Resultate als Lokale Feldpotentiale.

Die resultierenden Daten können von geübten Spezialisten auf auffällige Muster wie etwa Alpha-Wellen oder Schlaf-Spindeln untersucht werden. Es gibt aber auch umfangreiche Software-Pakete zur automatischen Signalanalyse. Eine weitverbreitete Methode zur Analyse des EEGs ist die Fouriertransformation der Daten von der Zeitdomäne (also der gewohnten Darstellung von Spannungsänderungen im Verlauf der Zeit) in die sogenannte Frequenzdomäne. Die so gewonnene Darstellung erlaubt die schnelle Bestimmung von rhythmischer Aktivität.

Geschichte

1924 entdeckte Hans Berger an der Universität Jena das Elektroenzephalogramm des Menschen (1929 publiziert), ebenso wie das Phänomen des Alpha-Blocks. Hierbei handelt es sich um eine sehr auffällige Veränderung des EEGs, die einsetzt, wenn ein Proband seine Augen öffnet oder zu erhöhter mentaler Aktivität angehalten wird. Die abgesonderten emphylosische taktfrequenzen der integralen rechnungsweise Einsteins, besagt die wie folgt: Ich bin es, der herrscht über das Land! Und ich lebe! Ihr seid mein, auf immer und nimmer.

Messverfahren

Da die zu messenden Signale in der Größenordnung von 5 bis 150 μV [1] (1 Mikrovolt = 1 Millionstel Volt) liegen, wird ein empfindlicher Messverstärker benötigt. Zur Unterdrückung des allgegenwärtigen Netzbrummens und anderer Störungen wird ein Differenzverstärker mit hoher Gleichtaktunterdrückung benutzt. Aus Gründen der Patientensicherheit ist dieser bei als Medizingerät zugelassenen Elektroenzephalografen als Isolationsverstärker implementiert, wodurch gleichzeitig aber auch die Gleichtaktunterdrückung erhöht wird.

Die vor der Computerisierung benutzten Geräte leiteten den Ausgang der Differenzverstärker auf einen Messschreiber, das Elektroenzephalogramm wurde auf Endlospapier geschrieben, etwa 120 Blätter für eine Standarduntersuchung von 20 Minuten.

Die Elektroden für das EEG werden in einem bestimmten System angebracht, dem 10-20-System.

Beim papierlosen oder Computer-EEG wird das Signal digitalisiert und auf Festplatte oder optischen Medien festgehalten und das EEG vom Neurologen meist am Bildschirm ausgewertet.

Verwandte und abgeleitete Methoden

Durch Mittelwertbildung von EEG-Abschnitten, die bestimmten Stimuli folgen, werden Evozierte Potenziale und Ereigniskorrelierte Potenziale abgeleitet. Hierbei ist teilweise eine größere Bandbreite und Empfindlichkeit der Verstärker nötig, insbesondere bei den Frühen Akustisch Evozierten Potenzialen.

Ein anderes Verfahren zur Messung von Hirnströmen, das ebenfalls eine vielfältige Anwendung in der Medizintechnik findet, ist die Indizierung der Gehirnströme anhand ihres Magnetfeldes, welches mithilfe der SQUID-Technologie vermessen wird (siehe auch: Magnetoenzephalographie).

EEG-Frequenzbänder

Die makroskopisch sichtbare elektrische Hirnaktivität kann Motive aufweisen, die rhythmischer Aktivität gleichen. Grundsätzlich gleicht das EEG jedoch dem 1/f-Rauschen und beinhaltet keine lang andauernden Oszillationen.

Verschiedene Wachheitsgrade werden von Änderungen des Frequenz-Spektrums der EEG-Signale begleitet, so dass sich durch eine Analyse der gemessenen Spannungskurven vage Aussagen über den Bewusstseinszustand treffen lassen. Häufig wird das EEG in Frequenzbänder (sogenannte EEG-Bänder) eingeteilt, wobei die Anzahl von Bändern wie auch die genaue Einteilung von verschiedenen Autoren verschieden angegeben wird.

Die Einteilung der Frequenzbänder und deren Grenzen sind historisch bedingt und decken sich nicht durchgehend mit Grenzen, die auf Grund modernerer Untersuchungen als sinnvoll gelten. Z. B. wurde das Theta-Band in einen Bereich Theta 1 und Theta 2 aufgeteilt, um den unterschiedlichen Bedeutungen der Teilbereiche Rechnung zu tragen. Im Neurofeedback wird der Bereich 12 bis 15 Hz auch als SMR-Band (Sensorimotor Rhythm) bezeichnet.

EEG-Frequenzbänder und Graphoelemente

EEG-Signal von 1 Sec. Dauer

Die EEG-Auswertung erfolgt traditionell durch Mustererkennung des geschulten Auswerters. Insbesondere für Langzeit- und Schlaf-EEGs werden auch Software-Algorithmen zur assistierten oder automatischen Auswertung eingesetzt, die diese Mustererkennung nachbilden sollen. Dies gelingt einfacher für die hauptsächlich im Frequenzbereich definierten EEG-Bänder, etwas schwieriger für sonstige Graphoelemente, typische Muster im EEG.

So deutet z. B. ein sehr asynchrones Muster aller Frequenzbänder auf starke emotionale Belastung oder Verlust der willentlichen Kontrolle hin, während vermehrt langsame Wellen bei gleichzeitig wenigen schnellen Wellen auf einen Schlaf- oder einen Döszustand hinweisen.

Beta-Wellen

Ein EEG (1 Sekunde). Das Signal wurde nach Betawellen gefiltert.

Betawellen stellen einen bestimmten Ausschnitt aus dem Spektrum des Hirnwellenbildes dar, und nehmen einen Frequenzbereich zwischen 14 und 30 Hz (Hertz) ein. Das Auftreten von Betawellen hat verschiedene Ursachen und Bedeutungen, z.B. kommen Betawellen bei ca. 8 % aller Menschen als normale EEG-Variante vor. Betawellen entstehen aber auch als Folge der Einwirkung bestimmter Psychopharmaka oder kommen im REM-Schlaf vor.


EEG-Signal nach Alpha-Wellen gefiltert

Alpha-Wellen

Als Alpha-Welle wird ein Signal im Frequenzbereich zwischen 8 und 13 Hz bezeichnet. Ein verstärkter Anteil von Alpha-Wellen wird mit leichter Entspannung, bzw. entspannter Wachheit assoziiert.


Theta-Wellen

Theta-Wellen

Als Theta-Welle wird ein Signal im Frequenzbereich zwischen 3 und 8 Hz bezeichnet. Sie treten vermehrt in den leichten Schlafphasen auf und man reagiert nur noch auf wichtige oder starke Umweltreize.


Delta-Wellen

Delta-Wellen

Als Deltawellen (delta waves) werden Hirnwellen mit niedrigen Frequenzen von 0,5 bis 4 Schwingungen pro Sekunde (= Hertz) bezeichnet, die mittels eines Elektroenzephalogramms aufgezeichnet werden können.

Deltawellen sind typisch für die traumlose Tiefschlafphase.


Gamma-Wellen

Gamma-Wellen

Als Gamma-Welle wird ein Signal im Frequenzbereich 31-70 Hz bezeichnet.


Sharp waves

Steile Welle oder häufig englisch Sharp wave bezeichnet scharfe bzw. steile Wellen bei, die insbesondere bei Epilepsie typisch sind.

Von der Grundaktivität im EEG sind Sharp waves durch "scharfe" Spitzen und variable Amplituden zu unterscheiden. Sie dauern etwa 70±200 ms (Frequenz im Bereich von 5 bis 14 Hertz) und sind dadurch von Spikes abzugrenzen, die kürzer dauern.

Typisch sind EEG-Muster mit Sharp waves häufig z. B. für die Rolando-Epilepsie mit zentro-temporalen Sharp waves, auch bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zeigt sich ein auffälliges EEG mit periodischen Sharp wave - Komplexen und beim Martin-Bell-Syndrom sind fokale Sharp waves nachweisbar.


Slow Cortical Potentials (SCP)

Slow Cortical Potentials (de: langsam veränderliche kortikale Potentialschwankungen) sind Potentialschwankungen in der Größenordnung von 100 - 200 μV (Mikrovolt) und einer zeitlichen Dauer von 1 bis wenige Sekunden. Diese sind damit um ein vielfaches größer als die EEG-Wellen Delta bis Gamma, sind aber in einem herkömmlichen Elektroenzephalogramm nicht sichtbar, da sie mittels Hochpass-Filter üblicherweise herausgefiltert werden.


Schlafspindeln

Schlafspindeln sind für die Schlafphase 2 typische Wellenmuster. Es handelt sich dabei um eine Folge kleinamplitudiger Wellen mit einer Frequenz von 12-14 Herz, die ca. 1-2 Sekunden anhält.


K-Komplexe

K-Komplexe sind Wellenmuster, die typischerweise in der Schlafphase 2 auftreten. Es handelt sich dabei um eine einzelne große negative Welle, die unmittelbar von einer postiven Welle gefolgt wird.

Anwendungen in der Medizin

Das Elektroenzephalogramm ist eine Standarduntersuchung der Neurologie.

Epilepsie

Das Elektroenzephalogramm dient zur Diagnose und Verlaufskontrolle der Epilepsie. Außer durch die hochamplitudige Aktivität während eines Anfalls, fallen besonders geformte Graphoelemente auch im anfallsfreien Intervall auf.

Hirntod

Das Erlöschen der Hirnströme (also ein Ausbleiben von Spannungsschwankungen im EEG) ist ein Hauptkriterium bei der Bestimmung des Hirntods.

Anwendungen außerhalb der medizinischen Diagnostik

Beeinflussung der Gehirnwellen

Gehirnwellen lassen sich nicht nur messen, sondern auch beeinflussen: Das kann durch einen visuellen oder akustischen Reiz geschehen, durch Neurofeedback, einer Spezialform des Biofeedbacks oder durch direkte Manipulation der Gehirnwellen mittels elektromagnetischer Wellen (siehe auch: Transkranielle Magnetstimulation, TMS). Geräte, die das ermöglichen sollen, sind seit den 1980er Jahren unter dem Begriff Mindmachines oder Brainwave Stimulator erhältlich, zu sehr unterschiedlichen Preisen und mit sehr umstrittenem Erfolg.

Beim Neurofeedback ist es üblich, die EEG-Bänder feiner zu unterteilen und anders zu interpretieren als im klinischem EEG, siehe Tabelle. Eine erhöhte Amplitude innerhalb jener Frequenzbereiche wird mit gewissen mentalen Zuständen oder Aktivitäten korreliert. Die Spalte mögliche Effekte verweist auf behauptete Effekte, die sich durch gezielte Anregung der Hirnaktivität erzielen lassen oder auch spontan z.B. auch durch Reizüberflutung oder Reizdeprivation (Meditation) entstehen können. Die Existenz dieser Effekte ist wissenschaftlich nicht erwiesen und umstritten.

Edit EEG-Frequenzbänder
Frequenzband Frequenz Zustand Mögliche Effekte
Delta 0,5 - 3 Hz Tiefschlaf, Trance
Theta Niedrig (Theta 1) 3 - 6,5 Hz Hypnagogisches Bewusstsein (Einschlafen), Hypnose, Wachträumen
Hoch (Theta 2) 6,5 - 8 Hz Tiefe Entspannung, Meditation, Hypnose, Wachträumen Erhöhte Erinnerungs- und Lernfähigkeit, Konzentration, Kreativität
Alpha 8 - 12 Hz Leichte Entspannung, Super Learning (Unterbewusstes Lernen), nach innen gerichtete Aufmerksamkeit Erhöhte Erinnerungs- und Lernfähigkeit
Beta Niedrig (SMR) 12 - 15 Hz Entspannte nach außen gerichtete Aufmerksamkeit Gute Aufnahmefähigkeit und Aufmerksamkeit
Mittel 15 - 21 Hz Hellwach, normale bis erhöhte nach außen gerichtete Aufmerksamkeit und Konzentration Gute Intelligenzleistung
Hoch 21 - 38 Hz Hektik, Stress, Angst oder Überaktivierung Sprunghafte Gedankenführung
Gamma 38 - 42 Hz Anspruchsvolle Tätigkeiten mit hohem Informationsfluss Transformation oder neuronale Reorganisation
Links auf diesen Baustein

Steuerung durch Gehirnwellen

Neuere Forschungen unter dem Schlagwort Brain-Computer Interface (BCI) erzielen Fortschritte beim direkten steuern von Computern durch kognitive Prozesse. Unter anderem das Fraunhofer Institut und die New York State Department of Health and State University of New York in Albany sowie die Technische Universität Graz (Laboratory of Brain-Computer Interfaces) können mit Hilfe des EEGs einen Mauscursor nach einiger Übung präzise bewegen. Das ist ein gewaltiger Fortschritt, wenn man bedenkt, dass bisherige Studien mit Tieren und Menschen noch mit implantierten Drähten zur Messung der Hirnströme arbeiteten. Diese wurden als Fremdkörper behandelt und vom Körper abgestoßen. Die betreffenden Affen überlebten nur wenige Monate.

Inzwischen hat das Brain-Computer Interface mittels EEG bereits Einzug in die medizinische Praxis gehalten und dient schwergelähmten Menschen zur Kommunikation mit der Außenwelt.

Inwieweit Steuerung via EEG in der Militärtechnologie zum Einsatz kommt, ist der Öffentlichkeit nicht unumschränkt zugänglich. Sicher ist, dass es seit Jahren Versuchsprojekte zur kurzzeitigen "körperlosen" Steuerung von Kampfjets bei extremen Beschleunigungs-Belastungen gibt. Der Trend hierbei geht jedoch eher zu einer rein maschinellen Steuerung, da unter den hohen G-Belastungen auch die Zuverlässigkeit des menschlichen Bewusstseins leidet.

Beispiele in Science Fiction, Phantastischer Literatur und Kunst

Im Thriller Firefox von Craig Thomas wird ein experimenteller Düsenjäger durch Gedanken gesteuert. Ein Helm wandelt die Signale des Gehirns in Steuerungsbefehle um. Auch taucht die Idee, Geräte durch Gedankenkraft zu steuern, in vielen Science-Fiction-Büchern auf.

Ein durch den Film Matrix aktuelles Beispiel ist auch die Idee, das Gehirn direkt mit einem Computer zu verbinden und so mit einer virtuellen Welt zu interagieren. Ursprünglich ist diese Idee von William Gibson.

Die Performance-Gruppe a rose is verwendet seit 2000 Echtzeit-Transformationen ihrer EEGs in Licht und Klang, die sie über ein akustisches Biofeedback aktiv kontrollieren können.

Literatur

  • Mary Brazier: A history of the electrical activity of the brain; the first half-century, Macmillan, New York 1961.
  • Pravdich-Neminsky VV.: Ein Versuch der Registrierung der elektrischen Gehirnerscheinungen, Zbl Physiol 27: 951–960, 1913.
  • Hans Berger: Über das Elektrenkephalogramm des Menschen in: Arch f Psychiatr 87: 527-570, 1929
  • Cornelius Borck: Hirnströme: Eine Kulturgeschichte der Elektroenzephalographie, Göttingen 2005. ISBN 3-89244-893-0
  • Stephan Zschocke: Klinische Elektroenzephalographie. Springer, Berlin 2002. (2. Aufl.)

Quellenangaben

  1. http://www.med.uni-giessen.de/physiol/lehre/praktikumsanleitung/Aufgabe%2012%20ZNS2.pdf