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Estland

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Estland (estnisch Eesti) ist ein Staat in Nordeuropa und Mitglied der Europäischen Union.

Geographie

Finnischer Meerbusen









Estland grenzt an Lettland, Russland sowie an die Ostsee. Über den Finnischen Meerbusen hinweg bestehen enge Beziehungen zu Finnland. Das Land ist flächenmäßig etwas kleiner als Niedersachsen und etwas größer als die Schweiz. Im Süden des Landes befindet sich die höchste Erhebung, der Suur Munamägi (318 m). Der größte See ist der Peipsi Järv (Peipussee). Vorgelagert befinden sich 1520 Inseln, die größte davon ist Saaremaa.

Siehe auch: Liste estnischer Inseln, Liste der Städte in Estland

Flora und Fauna

Auffällig ist der reiche Baumbewuchs, rund 44% der Landesfläche sind bewaldet. Neben Hirschen, Rehen und Füchsen kommen auch Elche (2000-3000), Biber, Marder, die sehr seltenen Schneehasen (ca. 200) und vereinzelt Rentiere vor. Auch sind die großen Raubtierarten Braunbär (ca. 800!) und Wolf (ca. 600) in Estland heimisch, ebenso der Luchs (ca. 2000). Immer wieder hört man vereinzelt von Hunden und Schafherden, die angeblich von Wölfen angefallen werden. Wolf, Bär und Luchs sind in Estland jagdbar, wobei der Beitritt zur EU hier - in Estland oft kritisierte - Einschränkungen gebracht hat, zumal es sich bei der Luchsjagd um reinen "Sport" handele.

Bevölkerung

Die Einwohner Estlands (2003) gehören folgenden Nationalitäten an:

Knapp 45% der Hauptstadtbevölkerung in Tallinn sind Nicht-Esten.

Trotz der zahlreichen staatlichen Programme ist es immer noch nicht gelungen, die Benachteiligung der Einwohner mit Migrationshintergrund vollständig zu eliminieren. Es gibt sogar Russen, die ihre Familiennamen geändert haben, in der Hoffnung, bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Im Durchschnitt verfügen die Esten über ein höheres Einkommen im Vergleich zu der russischsprachigen Minderheit. Esten sind vor allem in den Leitungspositionen anzutreffen, die Russen mehr im Dienstleistungs-, Produktionsbereich.

Mittlerweile lassen sich zahlreiche Ausländer einbürgern. Das Einbürgerungsverfahren ist jedoch mit einem Sprachtest verbunden, den viele vor allem ältere Russen als unzumutbar und schwierig empfinden. Teilweise lehnen sie es aus falsch verstandenem Nationalstolz auch ab, Estnisch zu lernen. Jüngere Russen beherrschen vielfach Estnisch und tun sich mit den Aufnahmekriterien leichter. In letzter Zeit bringen Russen vermehrt ihre Kinder in die estnischen Kindergärten und Schulen um ihnen eine bessere Integration zu ermöglichen.

Auf der anderen Seite sprechen die Esten wiederum immer weniger Russisch, was die Kommunikation mit den Geschäftspartnern aus Russland erschwert und den russisch-sprechenden Einwohnern bessere Berufsaussichten eröffnet.

Von insgesamt ca. 100.000 Auslandsesten leben knapp 40.000 in Russland, 35.000 in Kanada und 15.000 in Schweden. Andere größere Gruppen gibt es noch in Finnland, Südafrika und in Australien.

Größte Städte

Stadt Kreis Einwohner
31. März 2000 1. Januar 2005
Tallinn Harju 400.378 396.010
Tartu Tartu 101.169 101.483
Narva Ida-Viru 68.680 67.144
Kohtla-Järve Ida-Viru 47.679 46.032
Pärnu Pärnu 45.500 44.396
Viljandi Viljandi 20.756 20.354
Sillamäe Ida-Viru 17.199 16.678
Rakvere Lääne-Viru 17.097 16.786
Maardu Harju 16.738 16.601
Kuressaare Saare 14.925 14.897
Võru Võru 14.879 14.609
Valga Valga 14.323 13.980
Jõhvi Ida-Viru 12.112 11.533
Haapsalu Lääne 12.054 11.809
Paide Järva 9.642 9.744
Keila Harju 9.388 9.401
Kiviõli Ida-Viru 7.405 6.992

Religion

Ein Großteil der Esten ist heute konfessionslos.

Religion spielt nur noch für eine Minderheit der Bevölkerung eine Rolle. Traditionelle Religion der Esten ist der christliche Glaube in der Form des protestantischen Luthertums, wie er in Skandinavien weit verbreitet ist. Dennoch ist die Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche (EELK) eine quasi offizielle Kirche (Gottesdienste zu Parlamentseröffnungen usw.) und ihr Erzbischof die Zentralfigur der estnischen öffentlichen Religion; die EELK dominiert auch die relativ umfassende Theologenausbildung in Estland (in Tartu an der Universität und in Tallinn an der Kirchlichen Hochschule). Heute bekennen sich noch etwa 30 % der Bevölkerung als Mitglieder in christlichen Kirchen beziehungsweise Glaubensgemeinschaften. Davon sind:

Daneben gibt es kleinere Gemeinden sonstiger protestantischer, jüdischer und islamischer Gemeinschaften.

Die zehn bedeutenden christlichen Kirchen und Gemeinschaften haben sich im Rat Christlicher Kirchen Estlands zusammengeschlossen.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Estlands

Geschichtsträchtiges Tallinn

Das heutige Estland besteht aus der ehemaligen (bis 1918 zum russischen Reich gehörigen) Ostseeprovinz Estland und dem nördlichen Teil Livlands, zu dem auch die Insel Saaremaa (Ösel) gehörte. Die mit dem Deutschen Orden ins Land gekommenen Vasallen hatten sich 1252 erstmals zu einer autonomen Landesverwaltung zusammengeschlossen, die durch das bis 1346 dänische Nordestland bestätigt wurde. Nach dem Ende der Herrschaft des Ordens 1561, nahmen die hanseatischen Städte und die Ritterschaften auf dem Land die öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungsaufgaben wahr. Die Landesprivilegien, ein Autonomiestatus wurde auch ab 1561 von der schwedischen, und seit 1710 der russischen Oberherrschaft bestätigt. Estland stand bis zum Ende des Nordischen Krieges unter schwedischer Herrschaft.

Die Oberschicht der Stadtbürger und Gutsbesitzer war deutschsprachig, bis 1885 war Deutsch Unterrichts- und Behördensprache. Dann setzte eine Russifizierungskampagne ein.

Eine zentrale Rolle spielte bei der Entwicklung zur eigenen kulturellen und politischen Identität die Universität Tartu (Dorpat), auf der seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die studierenden Esten sich bewusst nicht mehr über die Mitgliedschaft in den Corporationen assimilieren wollten, sondern vor allem im Verein Studierender Esten (EÜS) eine eigene Identität förderten. Während des Zerfalls des Russischen Reiches im Verlauf der Oktoberrevolution erlangte Estland 1918 seine Unabhängigkeit.

In den Jahren 1939/40 wurden die Deutschbalten von den Nationalsozialisten aus Estland und Lettland "heim ins Reich" geholt. Grund war die im Geheimabkommen zum Hitler-Stalin-Pakt geschlossene Vereinbarung, das Baltikum dem sowjetischen Einzugsbereich zu überlassen.

Unter massivem Druck und Gewaltandrohung durch die Sowjetunion "traten" die baltischen Länder 1940 dieser "bei". Die "Estnische Sozialistische Sowjetrepublik" wurde mit Unterstützung von sowjetischen Emmisaren proklamiert, nachdem Estland zuvor bereits russische Truppen auf seinem Territorium dulden musste. Von 1941 bis 1944 war das Land von deutschen Truppen besetzt und beteiligte sich nun als Teil des Generalkommissariats Ostland an der Genozid-Politik des Dritten Reiches.

Aufgrund der Erfahrungen mit den Sowjets schlossen sich auch Esten den deutschen Truppen an, allerdings kämpften ebenso Esten auf der sowjetischen Seite. Nach der erneuten Besetzung durch die Rote Armee im Herbst 1944 wurde, als Folge der Konferenz von Jalta, das Land in die SU eingegliedert. Deportierungen folgten.

Während des Zweiten Weltkriegs verliess auch die schwedisch-sprachige Bevölkerung, die vor allem auf den Inseln Hiiumaa (Dagö), Vormsi und Ruhnu (Runö) gelebt hatte, das Land. Bis dahin hatten sie sich ihr Estlandschwedisch, das mit dem Finnlandschwedischen zu den Ostschwedischen Sprachen zählt, bewahrt.

Im August 1991 wurde Estland nach mehrjährigen Bemühungen insbesondere seit 1988 wieder unabhängig. Der Begriff der Singenden Revolution zeigte den überwiegend friedlichen Verlauf der Befreiungsbemühungen. Es wurde am 2. April 2004 NATO-Mitglied. Die estnische Bevölkerung befürwortete am 14. September 2003 in einem Referendum den Beitritt zur Europäischen Union. Am 1. Mai 2004 wurde daraufhin Estland in die EU aufgenommen. Noch 2001 waren in Umfragen nur 30 Prozent dafür und 51 Prozent gegen den EU-Beitritt; 2004 wurde die große russische Minderheit vom Referendum ausgeschlossen.

Politik

Staatsaufbau

Estland ist eine parlamentarische Republik. Die gesetzgebende Gewalt gehört dem Riigikogu (Staatsversammlung/Parlament), der laut dem estnischen Grundgesetz 101 Abgeordnete hat. Der Riigikogu wird von allen estnischen Staatsbürgern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, gewählt; das passive Wahlrecht haben estnische Staatsbürger, die das 21. Lebensjahr vollendet haben. Die Regierung der Republik besteht aus den Ministern und dem Premierminister. Der Staatsoberhaupt ist der Präsident der Republik Estland, der ein abstammungsgemäßer Staatsbürger Estlands und mindestens 40 Jahre alt sein muss. Die Wahl des Präsidenten der Republik ist sehr kompliziert. Im ersten, zweiten und dritten Wahlgang wählt Riigikogu den Präsidenten. Der Kandidat gilt als gewählt, wenn mindestens zwei Drittel (68 Abgeordnete) für ihn gestimmt haben. Gelingt es Riigikogu nicht, den Präsidenten der Republik zu wählen, wird innerhalb eines Monats ein Wahlgremium einberufen, das aus allen 101 Riigikogu-Mitgliedern und den Vertretern aller Gemeinden und Städten Estlands (derzeit 246) besteht. Dieses Gremium hat die Aufgabe, den Präsidenten im vierten und fünften Wahlgang zu wählen. Der Kandidat gilt als gewählt, wenn mehr als die Hälfte der Wahlgremiumsmitglieder für ihn stimmen (mindestens 174 Stimmen). Falls auch dort niemand gewählt wird, geht die Entscheidung zurück an Riigikogu, der die Notwahl des Präsidenten der Republik durchführt. Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der Stimmen der Mitglieder auf sich vereinigt (51 Stimmen).

Die Koalitionen ab 1992

Partei polititische Orientation/Ideologie Zentrumspartei Reformpartei Res Publica Vaterlandunion Volksunion Sozialdemokratische Partei Koalitionspartei
  Zentrumspartei links der Mitte ('sozialliberal') * 2002-2003; 2005- - - 2005- - 1995
  Reformpartei[1] rechts der Mitte (klassische Liberalismus) 2002-2003; 2005- * 2003-2005 1992-95; 1999-2002 2003- 1999-2002 1995-1997
  Res Publica rechts der Mitte konservativ - 2003-2005 * - 2003-2005 - -
  Vaterlandunion rechts der Mitte (konservativ) - 1992-1995, 1999-2002 - * - 1992-1995, 1999-2002 -
  Volksunion links der Mitte (agrar) 1995, 2005- 1995-1997, 2005- - - * - 1995-1999
  Sozialdemokratische Partei[2] Mitte ('sozialdemokratisch') - 1992-1994, 1999-2002 - 1992-1994, 1999-2002 - * -
  Koalitionspartei Mitte (liberal) 1995 1995-1997 - - 1995-1999 - *  
  1. 1992-1994 ihr Vorläufer Liberaldemokratische Partei
  2. von 1992 bis 1999 Die Mäßigen (eine Wahlallianz), 1999-2004 Volkspartei - Die Mäßigen

Europäisches Währungssystem

Am 27. Juni 2004 traten Estland und weitere zwei der 10 neuen EU-Länder dem Wechselkursmechanismus II im Rahmen des EWS II bei, der erste Schritt, um in frühestens 2 Jahren den Euro einzuführen. Estland, Litauen und Slowenien legten die Leitkurse ihrer Währungen zum Euro fest und verpflichten sich ab sofort, die Schwankungen unter ± 15 % zu halten.

Der Leitkurs für die estnische Krone ist nun 15,6466 pro Euro, was eine maximale Schwankungsbreite von (gerundet) 13,30 bis 17,99 Kronen bedeutet. Entsprechender Kurs ergibt sich auf die 1993 festgelegte Kopplung der Krone zur D-Mark im Verhältnis 1 DEM = 8 EEK. Weiterhin verpflichtet sich Estland (wie auch Litauen) zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik.

Abstimmung zur EU-Mitgliedschaft

Am 14. September 2003 stimmten die Esten über den Beitritt zur Europäischen Union ab. Die Wahlbeteiligung lag bei 64 %. Mit einer Mehrheit von 66,9 % Ja-Stimmen zu 33,1 % Nein-Stimmen votierten die Bürger für die Mitgliedschaft in der EU; das ist die niedrigste Zustimmungsrate aller zentral- und osteuropäischen EU-Neumitglieder.

Siehe auch: Estnische Euromünzen

Ergebnisse der Europawahlen 2004

Wahlbeteiligung: 26,89 %

Partei % Sitze
Sozialdemokraten 36,8 3
Zentrumspartei 17,5 1
Vaterlandsunion 10,5 1
Reformpartei 12,2 1

Grenzvertrag mit Russland

Am 18. Mai 2005 wurde in Moskau der seit 1999 verhandelte Grenzvertrag mit Russland unterzeichnet. Die Verzögerung hing mit der Weigerung des russischen Präsidenten Putin zusammen, die estnische Sicht der Annexion 1940 (Estnische Sowjetrepublik) zu akzeptieren (siehe auch Vertrag von Dorpat 1920). Am 27. Juni 2005 zog Russland die geleistete Unterschrift allerdings wieder zurück, da es mit dem estnischen Entwurf der Präambel nicht einverstanden war, den diese dem Vertrag voranstellen wollten und in dem auf die "Jahrzehnte der Besatzung" sowie die vergangenen "Aggressionen der Sowjetunion gegen Estland" hingewiesen wird. Die Grenzfrage ist damit weiterhin ungeklärt.

Verwaltungsgliederung

Datei:Estonia counties.gif
Kreiseinteilung Estlands

Estland gliedert sich in 15 Landkreise (estnisch pl. maakonnad, sing. maakond):

Kreis Verwaltungssitz
Harju Tallinn
Hiiu Kärdla
Ida-Viru Jõhvi
Jõgeva Jõgeva
Järva Paide
Lääne Haapsalu
Lääne-Viru Rakvere
Põlva Põlva
Pärnu Pärnu
Rapla Rapla
Saare Kuressaare
Tartu Tartu
Valga Valga
Viljandi Viljandi
Võru Võru

Verkehr

Das Verkehrsnetz ist gut ausgebaut. Die Straße und die Schifffahrt auf der Ostsee spielen die wichtigste Rolle, im Güterverkehr auch die Eisenbahn in Form der Gesellschaft Eesti Raudtee. Internationaler Personeneisenbahnverkehr beschränkt sich auf eine tägliche Zugverbindung nach Moskau. Im innerestnischen Personenverkehr spielt die Eisenbahn nach ihrer insofern gescheiterten Privatisierung und der anschliessenden Stilllegung zahlreicher Strecken keine Rolle mehr. Der überörtliche öffentliche Verkehr wird nunmehr fast gänzlich durch Überlandbusse abgewickelt.

Hochseehäfen befinden sich in Tallinn, Pärnu und Sillamäe. Von Süden nach Norden wird das Land von der Via Baltica durchquert.

Der Luftverkehr konzentriert sich auf den internationalen Flughafen Tallinns, Ülemiste, der Basis der estnischen Fluggesellschaften Estonian Air, Aero Airlines und Avies ist. Estonian Air bedient mit fünf Boeing 737-500 europäische Destinationen, u.a. Stockholm, Oslo, London, Moskau, Brüssel und Kopenhagen. In Deutschland werden Berlin-Tegel, Frankfurt am Main und Hamburg bedient. Aero Airlines bedient mit Turboprop-Flugzeugen des Typs ATR-72-200 die Strecke Tallinn - Helsinki in Kooperation mit der finnischen Fluggesellschaft Finnair. Avies verbindet mit kleinen Turboprop-Flugzeugen der Typen British Aerospace Jetstream 31 und Let L-410 von Tallinn die vorgelagerten Inseln Saaremaa und Hiiumaa. Ausländische Fluggesellschaften, die Tallinn anfliegen, sind Air Baltic (von Riga und Vilnius), Lufthansa (von Frankfurt), Easyjet (von London und Berlin), SAS (von Stockholm), LOT (von Warschau), Czech Airlines (von Prag) und KLM (von Amsterdam).

Am 28. September 1994 sank die estnische Fähre Estonia vor der Küste Finnlands auf der Überfahrt nach Stockholm. Bei dem Unglück starben 852 Menschen.

Wirtschaft

Nach skandinavischem Vorbild organisierte Estland nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit sein Gemeinwesen völlig um: wenig Hierarchien, viel Transparenz der staatlichen Organe, moderne Kommunikationstechnik.

BIP

Seit der Überwindung der Russlandkrise von 1998/99 wächst die Wirtschaft aller drei baltischen Staaten, allerdings ausgehend von einem niedrigen Ausgangszustand nach der Krise. In Estland lag der Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP) (real) seither bei jährlich mindestens 5 %, 2004 lag das Wirtschaftswachstum bei 7,8%, 2005 sogar bei 9,8%, welches sogar höher ist als das in China.

Das regelmässig hohe Wachstum der baltischen Länder hat ihnen die Bezeichnung Baltische Tiger eingebracht.

Das estländische BIP 2005 erreichte damit 2005 10,5 Milliarden , das entspricht 7.800 € pro Einwohner (zum Vergleich: Deutschland: 27.200 €).

Im Vergleich mit dem BIP der EU ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreicht Estland einen Index von 48.2 (EU-25:100) (2003). [1]

Staatsbudget, Steuern, Preise, Löhne

Das Staatsbudget lag 2004 bei 3,37 Mrd. Euro, wobei ein Überschuss von 151 Mio. Euro zu verzeichnen war. Seit 2001 war dies der vierte positive Staatshaushalt in Folge - eine Seltenheit in der EU. Dies führte dazu, dass sich der estnische Staat und damit die Bevölkerung wieder mehr leisten kann, die Staatsquote (Anteil der Staatsausgaben am BIP) stieg 2004 auf 38% an (wie zuletzt 1998), nachdem sie bereits auf 35% (2001) gesunken war. Die Staatsverschuldung betrug im Jahr 2004 5,5 % des BIP und liegt damit knapp unter der Verschuldung Luxemburgs (6.6 %), aber weit unter der der meisten übrigen EU-Mitgliedsländer. Für 2005 wird ein weiteres Absinken des Schuldenstandes auf 5,1 % erwartet.

Staatsausgaben für Gesundheit, Bildung und Verteidigung

Zwischen 1992 und 2000 lag der Anteil der Staatsausgaben für

Steuersystem

Estland hat eine Einheitssteuer, deren Satz bei 23 % liegt.

Nach der Unabhängigkeit 1991 galt in Estland für Personen eine progressive Besteuerung mit 16, 24 und 33 Prozent. Das Steuersystem wurde 1994 reformiert. Als erstes europäisches Land führte Estland eine niedrige Einheitssteuer ein, deren Satz damals bei 26 % lag. Für 2006 beträgt dieser 23 % und soll bis 2009 in jährlichen 1%-Punkt-Schritten auf 20 % abgesenkt werden.

Preise und Löhne

Die Verteuerung hatte sich 2003 deutlich verlangsamt (1,3%), mit dem EU-Beitritt aber wieder angezogen (2004: 3%). Die vergleichsweise hohen Preissteigerungen der Vorjahre (im Schnitt bei 5%) hatten - bei stabiler Währung - in Estland zu deutlich höheren Lebenshaltungskosten als in den Nachbarstaaten Lettland und Litauen geführt. Entsprechend sind die vergleichsweise hohen Durchschnittslöhne von 462 € (2004; zum Vergleich: Lettland 317 € (2004)) nicht automatisch mit höherem Lebensstandard gleich zu setzen.

Produktionszweige

Vorherrschende Industriezweige sind (2002) die Holz-, Papier- und Möbelindustrie (25%) und die Nahrungsmittelindustrie (28%). Große Zuwächse gab es in der Elektroindustrie / Maschinen- und Fahrzeugteilebau (18%), wo Estland mit Norma einen der weltweit größten Hersteller für Sicherheitsgurte beherbergt.

Bedeutende Unternehmen des produzierenden Gewerbes in Estland:

  • Holz- und Möbelindustrie: Horizon in Kehra
  • Fahrzeugteile: Norma in Tallinn (Sicherheitsgurte)
  • Elektronik: Elcoteq in Tallinn
  • Baustoffe: Nordic Tsement in Kunda
  • Bauindustrie: Merko Ehitus in Tallinn
  • Textilindustrie: Kreenholm (Küchentextilien) in Narva, Baltex 2000 (Stoffe und Garne) in Tallinn
  • Nahrungsmittel: Rakvere Lihakombinaat in Rakvere (Fleisch), A.LeCoq in Tartu (Bier & Getränke), Saku in Saku/Harjumaa (Bier & Getränke), Kalev in Rae bei Tallinn (Süßigkeiten)
  • Energie: Eesti Põlevkivi in Jõhvi (Ölschieferabbau)

Direktinvestitionen

Das kleine Estland hat mit Stand 31. Dezember 2004 knapp 7 Mrd. € ausländisches Kapital an Direktinvestitionen angezogen, das sind 5.170 € pro Kopf und fast 80 % des jährlichen BIP (zum Vergleich Litauen: knapp 1350 € pro Kopf). Bedeutendstes Herkunftsland von Direktinvestitionen (FDI) in Estland ist mit weitem Abstand Schweden. Die Investitionen in Höhe von annähernd 3,2 Mrd. € wurden v.a. im Bereich Bankwesen und Telekommunikation getätigt. Es folgen Finnland (1,7 Mrd. €) und mit bereits großem Abstand die USA (300 Mio. €). Aus Deutschland stammen bisher lediglich 157 Mio. €, unwesentlich mehr als aus Österreich (104 Mio. €).

Bedeutende ausländische Investoren:

  • Finanzwesen: Swedbank (S): 60% an Hansabank, SEB (S): 100% an Eesti Ühispank, Sampo Bank (FIN), If (S/Versicherung), Ergo (D/Versicherung), Nordea Finance (FIN/Leasing)
  • Telekommunikation: TeliaSonera über Baltic Tele (S-FIN): 50% an Eesti Telekom (Festnetz), Tele 2 (S)
  • Energie: Shell bzw. Statoil (UK bzw. N/Tankstellen), E.on Ruhrgas, Fortum und Gazprom (D/FIN/RU) an Eesti Gaas, Daikia (F) an Tallinna Küte (Wärme)
  • Textil: Tolaram (SGP) 100% an Baltex 2000, Bora's Wäfveri (S) an Krenholm
  • Baustoffe: Atlas Nordic Cement (FIN) an Kunda Nordic Tsement
  • Holzverarbeitung: Tolaram (SGP): 100% an Horizon, Atlantic Veneer Group (USA) an Balti Spoon (Holzplatten, Möbel)
  • Nahrungsmittel: HK Ruokatalo (FIN) an Rakvere Lihakombinaat (Fleisch), Olvi an A. LeCoq (Bier & Getränke), Carlsberg/Scottish-Newcastle über Baltic Breweries Holding (UK-DK) an Saku (Bier & Getränke), Procordia Food (S) an Felix Pöltsamaa (Konserven)

Außenhandel

Haupthandelspartner Estlands sind die skandinavischen Nachbarländer Schweden und Finnland sowie die Baltikum-Nachbarstaaten Lettland und Litauen. Aber auch Deutschland ist ein wichtiger Partner: 8% der Exporte gehen nach Deutschland und sogar 13% der Importe kommen aus Deutschland (jeweils Rang 3).

Hauptexportprodukte sind Maschinen und Maschinenteile (27% der Ausfuhrgüter) gefolgt von Holz und Holzprodukten / Möbeln (13 %). Erst dann folgen Textilien (9%), Metalle und Metallprodukte (8%) und Nahrungsmittel (7%). Trotz der im Vergleich zu den baltischen Nachbarländern etwas höher wertigen Ausfuhrprodukte ist die Handelsbilanz anhaltend deutlich negativ (mit sogar steigender Tendenz): Exporten im Wert von 4,7 Mrd. € stehen Importe im Wert von 6,7 Mrd. € (2004) gegenüber. Dadurch bleibt auch die Zahlungsbilanz (inkl. Finanztransfers/Direktinvestitionen, Dienstleistungen) negativ, das Defizit erreicht 2004 13% des BIP-Wertes.

Infrastruktur

In Estland kam es in nur wenigen Jahren zu einer wahren elektronischen Revolution: 93 % der Bevölkerung haben ein Mobiltelefon (2004) und per Gesetz garantiert Estland den Zugang ins Internet, indem es kostenlose öffentliche Internetstellen eingerichtet hat. Diese Regelung ist in Europa bisher einmalig und schon heute nutzt die Hälfte der Esten das Internet, bis 2007 will die estnische Regierung den Anteil auf 90 % steigern. In Estland sind außerdem alle Schulen online.

Siehe auch: Tourismus in Estland

Kultur

Bedeutend ist seit alters her die Universität Tartu als einzige Volluniversität neben mehreren anderen Hochschulen, darunter besonders die Technische Universität Tallinn.

Die estnische Kultur und Architektur wurde über einen Zeitraum von etwa 800 Jahren stark durch die ortsansässige deutschbaltische Oberschicht geprägt. Heute orientiert sich die estnische Kultur wegen der Sprachnähe des Estnischen zum Finnischen stark an Finnland. Sie ist weitgehend westlich ausgerichtet.

Das estnische Nationalepos ist der Kalevipoeg. Siehe auch Estnische Literatur.

Medien

Neben den drei estnischsprachigen TV-Sendern 'ETV Eesti Television' (öffentlich-rechtlich), 'Kanal 2' (vom norwegischen Unternehmen Shibsted) und 'TV3 Eesti' (von der schwedischen Modern Times Group) empfängt man in Estland zahlreiche anderssprachige Sender über Terrestrik, Satellit und Kabel (mit 4 Kabelnetzbetreibern). So ist es üblich, dass man noch finnische, schwedische, russische, englische und deutsche Sender empfängt. Zu den empfangbaren deutschen Sender zählen Sat1, RTL, RTL II, Pro7,VIVA, 3sat und arte; im sich derzeit über Kabel ausbreitenden digitalen Fernsehen auch weitere deutsche öffentlich-rechtliche Sender wie Das Erste, die sog. Dritten Programme (NDR, rbb, MDR, SWR) und viele weitere Privatkanäle. Das Staatsfernsehen Russlands startete einen Ableger für Estland namens 'Perviy Baltijskyi Kanal Estonia'.

Estnisches Fernsehen über Satellit gibt es frei und im Pay-TV-Paket des skandinavischen Anbieters "Viasat" auf der Satellitenposition 5°Ost (Sirius 2/3), die auch in Mitteleuropa empfangbar ist. Wer das Viasat-Paket abonniert, erhält neben 'TV3' und 'TV3+' russische, finnische, schwedische, norwegische, dänische und englischsprachige Sender. 'ETV Eesti Television' ist derzeit frei über Sirius 2/3 zu empfangen. Auf dem gleichen Satelliten sind die baltischen MTV-Ableger 'MTV Eesti', 'MTV Latvia' und 'MTV Lietuva' im Abonnement erhältlich.

Spartenprogramme sind aufgrund des kleinen Marktes in Estland nicht vertreten. Wie auch in Skandinavien ist es im Baltikum wegen der hohen Übersetzungskosten weitgehend üblich, daß die Sender ausländische TV-Produktionen im Original mit estnischen Untertitel-Einblendungen senden, also ohne Synchronübersetzung wie in Deutschland.

97 % der estnischen Bevölkerung besitzen ein TV-Gerät.

Musik

Estnische Volkstanzgruppe als Kulturträger auf Auslandsreise

Weltweit bekannt ist Arvo Pärt, ein zeitgenössischer Komponist moderner Klassik. Rudolf Tobias, Ausgang des 19. Jahrhunderts der erste estnische Komponist, ist Kennern der Chormusik durch seine Motetten auch außerhalb Estlands ein Begriff. Eduard Tubin machte im 20. Jahrhundert durch seine romantisch bis a-tonale Symphonien auf Estland aufmerksam, was im Jahr 2005 durch ein großes Festival gewürdigt wurde. Neeme Järvi ist Dirigent von Weltruf (derzeit Detroiter Symphonieorchester). Im Popularbereich kommt dem Pianisten Olav Ehala eine große Bedeutung zu, der zahlreiche Filmmusiken schrieb, und bei Theaterproduktionen mitwirkt. Ester Mägi schreibt ähnlich wie Veljo Tormis viele Kompositionen und Volkslieder für Chor um, die während der Besatzungszeit der Sowjetunion in Vergessenheit zu geraten drohten und seit der Unabhängigkeit sehr populär geworden sind. Man denke nur an das alle fünf Jahre aufgeführte Chorfest, wo Zehntausende, vereint zu einem Chor nationales Liedgut singen.

Estland ist momentan auch sehr erfolgreich mit Acts wie Eda-Ines Etti und Vanilla Ninja in der europäischen Pop-Kultur integriert.

Estland hat auch beachtliche Erfolge beim Eurovision Song Contest erreicht, den Dave Benton gemeinsam mit Tanel Padar für das Land 2001 gewann. Der Eurovision Song Contest 2002 fand daraufhin in Tallinn statt.

Bauwerke

Das höchste Bauwerk Estlands ist der Fernsehturm in Tallinn (314 m), der in den Jahren 1975-1980 anlässlich der Olympischen Spiele in Moskau erbaut wurde.

In den Tagen der neuen Unabhängigkeitserklärung sollte er von russischen Truppen demoliert werden, was durch die estnische Polizei verhindert wurde. Somit gilt er heute als eines der nationalen Symbole des neuen Estland.

Literatur

  • Yorck Deutschler, " "Die Singende Revolution" - Chronik der Estnischen Freiheitsbewegung (1987-1991)", Teil 1 (Chronik, Annex I Estnische Staatssymbole - Fahnen und Wappen, Annex II Die wichtigsten estnischen Lieder, Annex III Ein fragmentarischer Essay zur Wortbedeutung des "Baltischen", nebst Anlage I Die Aestii - Bezeichnung der heutigen Esten Estlands oder der untergegangenen Pruzzen Ostpreußens und Anlage II Deutsch-Balten contra Baltendeutsche), Teil 2 (Personen- und Stichwortverzeichnis), 349 Seiten, 15 Karten und Dokumenteablichtungen, Ingelheim, März 1998/Juni 2000, ISBN 3-88758-077-X
  • Seraina Gilly, Der Nationalstaat im Wandel. Estland im 20. Jahrhundert, (= Arbeiten aus dem Historischen Seminar der Universität Zürich, Bd. 97) Bern/Berlin unter anderem 2002, 676 S., 26 Abb., 4 Karten, ISBN 3-906769-19-4
  • Krista Hinno, Bildung und Sozialstruktur. Das Fallbeispiel Estland, Marburg 2004, 290 S., 70 Abb., ISBN 3-8288-8652-3

Quellen

  1. Eurostat News Release 63/2006: Regional GDP per inhabitant in the EU 25[1]

Siehe auch

Wiktionary: Estland – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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