Orgel
Orgel |
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engl.: organ, ital.: organo |
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Klassifikation |
Aerophon Tasteninstrument |
Tonumfang |
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verwandte Instrumente |
Portativ, Positiv, Regal |
Klangbeispiel |
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Orgelbauer |
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Exemplare |
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Die Orgel (v. griech. Vorlage:Polytonisch ['organon] „Werkzeug, Instrument, Organ“) ist ein über Tasten spielbares Musikinstrument. Zur Abgrenzung gegenüber elektronischen Orgeln wird sie auch Pfeifenorgel genannt, da der Klang hier durch Pfeifen erzeugt wird, die durch Luft, den sogenannten Orgelwind, angeblasen werden. Die Pfeifenorgel gehört daher zu den Aerophonen. Die Luftsäule im Innern der Pfeifen wird über ein Labium oder ein Zungenblatt zum Schwingen gebracht.
Von einem Spieltisch aus kann der Organist einzelne Pfeifenreihen (Register) ein- oder ausschalten, so dass sich verschiedene Klangfarben erzeugen lassen, die sich auch über mehrere Klaviaturen, Manuale und Pedale, spielen lassen. Dabei wird der Druck auf die Taste über die Traktur meist mechanisch oder auch elektrisch zu den Ventilen unter den Pfeifen geleitet.
Die Orgel ist seit der Antike bekannt und hatte im Barock und in der Romantik ihre große Blüte.
Ausführungen und Aufbau

Orgeln finden sich in unterschiedlichen Ausführungen und Größen meist in Kirchen, aber auch in Konzertsälen und Privathäusern (Hausorgel). Eine kleine, einmanualige Orgel ohne Pedal bezeichnet man als Positiv oder – bei entsprechend kompakter Bauweise – als Truhenorgel. Tragbare Kleinstorgeln bezeichnet man als Portativ. Eine Spezialform hiervon ist das nur mit Zungenpfeifen disponierte Regal.
Aufstellung und Akustik
Der Orgelbauer hat die schwierige Aufgabe, das Instrument akustisch möglichst optimal aufzustellen, was jedoch oftmals durch bauliche Gegebenheiten nur schwer möglich ist. Idealerweise sollte der Orgelklang in jedem Punkt des Raumes ausgeglichen und transparent sein. Der Nachhall soll das Klangbild nicht zu sehr verschleiern.
In Kirchen verrät die Aufstellung einer Orgel zumeist viel über ihre liturgische Bestimmung und ihre Einsatzmöglichkeiten. Während die ältesten Instrumente oftmals in der Nähe des Chores oder als Schwalbennestorgeln erscheinen, so wird ab dem 17. Jahrhundert die Orgel an der Westwand gebräuchlich. Traditionell war die Chororgel (oder in Italien/Spanien das Evangelien/Epistel-Orgelpaar) für eine katholische Liturgie bestimmt, die sich großteils im Chorraum der Kirche abspielte. Als nach der Reformation der Gemeindegesang an Bedeutung gewann, wanderte die Orgel an die Westwand und wurde auch tendenziell größer und lauter, denn nun musste sie eine gefüllte singende Kirche führen können. Somit kann, zu einem gewissen Grade, aus der Position der Orgel innerhalb des Kirchenraumes viel über ihre liturgische Funktion ausgesagt werden.
Die Größe des Orgelbalkons sagt viel über ihre Bestimmung aus, so war es beispielsweise in Mitteldeutschland im 18. Jahrhundert oft möglich, am Orgelbalkon noch ein Orchester zu platzieren, sodass die Hauptorgel auch als Begleitinstrument zu ihrem Recht kam.
In Konzertsälen ist die Orgel meist an der Wand über dem Orchesterpodium angebracht.
Erscheinungsbild
Große Orgeln bestimmen mit der Gestaltung ihres Gehäuses und der Front (Orgelprospekt) die Wirkung des Raumes, in dem sie aufgestellt sind. In der Renaissance, mehr noch in der Zeit des Barock, zeigte sich die Bedeutung, die dem optischen Aspekt beigemessen wurde, daran, dass nicht selten die Kosten für das Orgelgehäuse (mit Skulpturenschmuck, Ornamentschnitzwerk, Gemälden und Vergoldung) jene des eigentlichen Orgelwerkes überstiegen.
Technische Anlage
Windwerk
Die Luftzufuhr für die Pfeifen, der so genannte Wind, wurde früher durch große Blasebälge (Schöpf- und Keilbälge) erzeugt, die mit den Füßen getreten wurden. Je nach Orgelgröße benötigte man bis zu 12 Kalkanten (Balgtreter). Heute stehen dafür elektrische Windmaschinen zur Verfügung. In jedem Fall wird ein Magazinbalg zur Stabilisierung des Winddrucks benötigt. Von diesem Balg aus wird der Wind durch meist hölzerne Windkanäle weiter in die Windladen geleitet. Auf einen Magazinbalg kann bei Falten- oder Keilbälgen unter Umständen auch verzichtet werden, oder wenn (bei kleineren Orgeln) die Stabilisierung des Spielwindes durch Ladenbälge unter den Windladen erfolgt.
Spieltisch
Eine Orgel wird vom Spieltisch aus gespielt. Größere Orgeln setzen sich oft aus Teilwerken zusammen, denen jeweils eine eigene Klaviatur zugeordnet ist. Der Organist bedient diese Manual genannten Klaviaturen mit den Händen, während das Pedal mit den Füßen gespielt wird.
Die Manuale heutiger Orgeln haben meist einen Tonumfang von C bis g3 (bei Neubauten nur noch selten bis f3) oder gelegentlich auch bis a3 oder c4. Das Pedal weist in der Regel einen Tonumfang von C bis f1, manchmal auch bis g1 oder a1 auf. Orgeln der vergangenen Jahrhunderte haben oft einen kleineren Tonumfang. So ist bis ins Ende des 18. Jahrhunderts ein Tonumfang im Diskant bis c3 oder d3 die Regel. In der Basslage ist häufig die kurze oder die gebrochene Oktave zu finden. Die Manuale werden in der Regel mit römischen Zahlen abgekürzt und von unten nach oben durchgezählt.
Windlade

Das Herz der Orgel bilden die Windladen, auf denen die Pfeifen stehen. Vom Spieltisch aus werden die Bewegungen der Tasten mechanisch, pneumatisch oder elektrisch über die Traktur an die Windlade geleitet. Dort befinden sich unter den Pfeifen Ventile, die sich entsprechend öffnen oder schließen. Wird eine Taste gedrückt, kann der Wind aus der Windlade durch das Ventil in die Pfeife strömen und diese zum Klingen bringen. Zusätzlich gibt es noch einen Absperrschieber oder ein Ventil mit der Aufgabe, den Wind zu blockieren, falls das entsprechende Register nicht „gezogen“ ist.
Es gibt verschiedene Bauformen von Windladen. Grundsätzlich unterscheidet man – je nach Reihenfolge der Ventile für Ton und Register – zwischen Tonkanzellenladen (Schleiflade, Springlade) und Registerkanzellenladen (Kegellade, Taschenlade, Membranlade). Bei einer Tonkanzellenlade stehen alle zu einer Taste gehörenden Pfeifen auf einer Kanzelle, bei der Registerkanzellenlade alle, die zu einem Register gehören. Die älteste Windladenbauform mit einzeln registrierbaren Pfeifenreihen ist die Schleiflade, die wegen ihrer klanglichen Vorteile inzwischen auch bei modernen Orgeln wieder nahezu ausschließlich zum Einsatz kommt, da die Pfeifen präziser ansprechen.
Siehe auch den Hauptartikel Windlade.
Werkstoffe
Der Hauptwerkstoff für den Bau einer Orgel ist Holz. Aus Holz werden das Gehäuse, die Windladen, die Tasten und ein Teil der Pfeifen gefertigt. Bei mechanisch gesteuerten Instrumenten findet Holz oft auch für die Mechanik Verwendung. Für die Metallpfeifen kommen meist Zinn-Blei-Legierungen zum Einsatz (sogenanntes Orgelmetall), manchmal auch Zink oder Kupfer. Die weißen Tasten wurden früher mit Elfenbein, heute mit Rinderknochen belegt, die schwarzen sind oft aus massivem Grenadill.
Register

Eine Orgel hat mehrere Pfeifenreihen, die aus Orgelpfeifen gleicher Bauart und Klangfarbe bestehen. Eine Pfeifenreihe (manchmal auch mehrere) wird zu einem Register zusammengefasst, das vom Spieltisch aus an- und abgeschaltet werden kann. Die Bedienung der Register erfolgt meist über Registerzüge oder Manubrien genannte Knäufe, die man zum Einschalten herausziehen und zum Abschalten wieder hineinschieben muss; daher rühren die Bezeichnungen „Ziehen“ und „Abstoßen“ für das Ein- und Ausschalten von Registern.
Durch planvolles Kombinieren verschiedener Register, die so genannte Registrierung, können unterschiedliche Klangfarben und Lautstärken eingestellt werden. Die Kunst des Organisten besteht darin, aus dem vorhandenen Klangbestand eine Registrierung zu finden, die der zu spielenden Musik am besten entspricht. Die Suche des Organisten nach der passenden Registrierung für ein Stück wird durch folgende Faktoren beeinflusst: Jede Epoche bevorzugte ein jeweils eigenes, spezielles Klangbild, das man als Organist kennt. Man kann daher nicht auf jedem Instrument jedes Stück wirklich gut interpretieren. Trotz der Möglichkeit einer gewissen „Typisierung“ gibt es keine zwei gleichen Orgeln, da jedes Instrument in Größe und Ausführung an seinen Aufstellungsraum angepasst ist.
Die Zusammenstellung der Register einer Orgel, also welche Klangfarben eine Orgel enthält, ist Teil der Disposition einer Orgel. Sie wird vom Orgelbauer beim Erstellen des Instrumentes mit dem Auftraggeber abgesprochen und bestimmt die Einsatzmöglichkeiten der Orgel.
Siehe auch den Hauptartikel Register sowie die Liste von Orgelregistern.
Unterscheidung nach Tonhöhe
Die Register können verschiedene Tonhöhen haben, wobei die Tonhöhe durch die sogenannte Fußtonzahl angegeben wird. So bezeichnet man ein Register in Normallage als 8'-Register, da die Länge der tiefsten Pfeife (groß C) eines offenen Labialregisters ungefähr 8 Fuß beträgt (1 Fuß = ca. 32 cm). Ein um eine Oktave tieferes Register ist ein 16'-Register, 4' bezeichnet ein um eine Oktave höheres Register. Quinten haben die Fußtonzahlen 22/3' oder 11/3', Terzen zum Beispiel 13/5'.
Die verschiedenen Tonlagen bilden die Obertonreihe ab. Durch Kombination eines Grundregisters (in der Regel 8'-Lage) mit einem oder mehreren Obertonregistern (z. B. 22/3' oder 13/5') werden fehlende Obertöne hinzugefügt oder vorhandene verstärkt, wodurch sich die Klangfarbe ändert.
Unterscheidung nach Bauart
Die Register unterscheiden sich neben der Tonhöhe (Fußlage) auch durch ihre Bauart und damit durch Tonansatz (Ansprache), Obertonanteil (Klangfarbe) und Lautstärke.
Nach der Art der Tonerzeugung unterscheidet man zwischen Lippenpfeifen oder Labialen (Tonerzeugung wie bei der Blockflöte) und Zungenpfeifen oder Lingualen (Tonerzeugung wie bei einer Klarinette). Labialpfeifen können offen oder gedackt sein, die gedackten Pfeifen klingen bei gleicher Länge eine Oktave tiefer. Weitere Unterschiede gibt es bei Materialien, Pfeifenform und der Mensur (den Verhältnissen der verschiedenen Pfeifen-Abmessungen). Daneben gibt es die gemischten Stimmen. Dabei handelt es sich um Register, bei denen für jede Taste mehrere Pfeifen erklingen. Dazu gehören z. B. die Klangkronen (oder Mixturen) und Farbregister wie die Sesquialtera. Spezielle Effektregister, wie Glockenspiele oder Pauken, runden bei vielen Orgeln die Disposition ab.
Die physikalischen Erklärungen zum Einfluss der Bauform der Pfeifen auf die Klangfarbe sind im Artikel Orgelpfeife genauer ausgeführt.
Nebenregister
Bei den Registerzügen eingeordnet ist der Tremulant. Er variiert periodisch den Winddruck und sorgt so für ein Schwingen des Tones. In neuerer Zeit ist die Schnelligkeit der Schwingung oft einstellbar. Der Tremulant wirkt auf alle Register des Werks, in dem er eingebaut ist, bei alten Orgeln gibt es manchmal auch einen Tremulanten für die gesamte Orgel.
Spielhilfen

Spielhilfen sind zusätzliche Funktionen, die dem Organisten das Spiel erleichtern, indem sie beispielsweise schnelles Umregistrieren ermöglichen.
Koppeln
Koppeln erlauben das gleichzeitige Spiel von verschiedenen Werken auf einem Manual oder das Spiel der Manualregister im Pedal. So ist es möglich, die Register verschiedener Manuale zugleich zu spielen und eine größere Lautstärke, aber auch zusätzliche Kombinationsmöglichkeiten zu erreichen. Durch sogenannte Suboktav- bzw. Superoktavkoppeln werden die Töne mitbetätigt, die eine Oktave unter bzw. über den gespielten liegen. Sogar Quintkoppeln wurden zeitweise gebaut.
Registrierhilfen
Als Registrierhilfen bezeichnet man Einrichtungen an der Orgel, die dem Organisten die Möglichkeit bieten, Registrierungen flexibel ändern zu können. Vor allem Orgeln der Romantik verfügen häufig über feste Kombinationen. Damit lassen sich vom Orgelbauer festgelegte Registerkombinationen auf Knopfdruck abrufen. Feste Kombinationen sind meist nach Lautstärkegraden abgestuft, etwa p, mf, f, ff. Moderne Orgeln haben programmierbare Setzer, mit denen sich komplexe Klangfarbenwechsel auf Knopfdruck realisieren lassen. Sie sind frei programmierbar (freie Kombinationen) und damit wesentlich flexibler einsetzbar als feste Kombinationen und haben diese vollständig abgelöst. Für romantische Orgelmusik gibt es den Registerschweller (Generalcrescendo, Walze, Rollschweller), der die Register der Reihe nach einschaltet, bis alle Register erklingen (Tutti). Weitere Registrierungshilfen sind die vor allem im französischen und italienischen Orgelbau vorkommenden Sperrventile oder Einführungstritte, mit denen sich bestimmte Gruppen von Registern gemeinsam zu- oder abschalten lassen.
Schwellkasten
Schwellkästen können den Ton des in ihnen angebrachten Schwellwerkes durch das Schließen von Jalousien oder Klappen stufenlos dämpfen. Diese Einrichtung wurde in der Zeit der Romantik vor allem in größere Orgelwerke eingebaut, um eine dem Orchesterklang angepasste Möglichkeit des Crescendo und Decrescendo zu erhalten. Ein Vorläufer des Schwellwerkes waren die Echokästen spanischer Orgeln des 18. Jahrhunderts.
Geschichte
Die Entwicklung der Orgel gliedert sich in die Gesamtanlage der Orgel (Disposition), in die künstlerische Gestaltung des Orgelgehäuses (siehe auch Prospekt), in die klangliche Gestaltung und in die technische Anlage (siehe Windlade, Traktur und Spieltisch).
Antike
Das erste orgelartige Instrument wurde um 246 v. Chr. von Ktesibios, einem Ingenieur in Alexandrien, konstruiert. Der Name des Instrumentes war „Hydraulis“ (von altgriechisch Vorlage:Polytonisch (hydor) „Wasser“), da mit Hilfe von Wasser ein gleichmäßiger Winddruck erzeugt wurde. Die Winderzeugung durch Blasebälge kam erst später, wohl im 2. Jahrhundert, auf. Die Römer übernahmen die Orgel von den Griechen als rein profanes (weltliches) Instrument und untermalten Darbietungen in ihren Arenen mit Orgelmusik. Von den frühen Christen wurde die Orgel noch nicht verwendet.
Bei archäologischen Ausgrabungen in der Nähe von Budapest, dem früheren römischen Aquincum, Provinz Pannonien, wurden Reste einer Orgel aus dem Jahr 228 n. Chr. gefunden. Außerdem wurden Teile einer Orgel aus spätrömischer Zeit in Avenches (damals Aventicum) entdeckt. Im makedonischen Dion ausgegrabene Fragmente scheinen sogar von einer Orgel aus dem 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zu stammen.
Mittelalter

Im weströmischen Reich der Völkerwanderungszeit (um 400 n. Chr.) ist der Gebrauch von Orgeln nicht belegt. Das byzantinische Reich erhob die Orgel jedoch zu einem wichtigen Instrument für die kaiserliche Zeremonien. Damit rückte sie auch in die Nähe der kirchlichen Feierlichkeiten. In den karolingischen Chroniken wird berichtet, dass in den Jahren 757 und 811 jeweils eine Gesandtschaft vom byzantinischen Kaiserhof an den fränkischen Hof kam und für Pippin den Jüngeren bzw. für dessen Sohn und Nachfolger Karl den Großen eine Orgel mitbrachte. Den Reichsannalen[1] zufolge ließ der Sohn Karls des Großen, Kaiser Ludwig der Fromme, 826 eine Orgel für seine Pfalz in Aachen von einem aus Venedig stammenden Priester namens Georg anfertigen, vermutlich seit mehreren Jahrhunderten die erste in Westeuropa hergestellte Orgel.
Nun erst, im Laufe des 9. Jahrhunderts, begannen die ersten (Bischofs-)Kirchen in Westeuropa, sich Orgeln anzuschaffen, Klosterkirchen wohl erst seit dem 11. Jahrhundert. Die Kirchenorgel war zunächst ein Statussymbol, erst mit der Gotik entwickelte sie sich allmählich zum Hauptinstrument der christlichen Liturgie. Die früh- und hochmittelalterlichen Orgeln waren sogenannte Blockwerke, d. h. man konnte noch nicht einzelne Register ab- und zuschalten: Wenn man einen Ton auslöste, erklangen automatisch alle Pfeifen, die diesem Ton zugeordnet waren. Es gab auch noch keine Tastaturen oder Manuale. Ein Ton wurde ausgelöst, indem man mit der ganzen Hand eine Holzlatte, die sogenannte „Schleife“, herauszog und so die Windzufuhr zu den Pfeifen für diesen Ton freigab.
Im Mittelalter entstand auch die erste Kleinorgel, das Portativ.
Renaissance
Das 14. und 15. Jahrhundert brachte wichtige Neuerungen: Nun kamen einzeln wählbare Register, Manual-Tastaturen und einzelne (Teil-)Werke auf. Die Orgeln der Frührenaissance erinnern noch an die Zeit der Wiedereinführung der Register im ausgehenden Mittelalter (Stimmscheidung). Sie enthalten recht wenige Register (z. B. Prästant, Oktave, Hintersatz und Zimbel aus dem gotischen Blockwerk, dazu ein bis zwei Flöten, Trompete und das Regal) und verfügen oft nur über ein Manual und ein angehängtes Pedal. Ein vorhandenes Regalregister wird oft leicht zugänglich über dem Spieltisch angeordnet, da dessen Pfeifen häufig nachgestimmt werden müssen. Aus dieser Anordnung entwickelte sich später das Brustwerk, in dem die Regalpfeifen immer noch leicht zugänglich ganz vorn stehen.
In der Hochrenaissance entwickelten sich voll ausgebaute Orgeln. Das Klangideal orientiert sich an der damals üblichen Ensemblemusik auf gleichartigen Instrumenten. So stehen Prinzipale, Mixtur und Zimbel für den eigentlichen „Orgelklang“. Dazu kommen zahlreiche Register, die den Klang der damals üblichen Instrumente, vor allem Blasinstrumente, nachahmen sollen. Bei den Lingualregistern sind dies z. B. Trompete, Posaune, Zink, Schalmei, Dulzian, Ranckett, Krummhorn und Sordun, bei den Labialregistern z. B. Blockflöte, Querflöte (meist nicht als überblasendes Register) und Gemshorn. Die Manualzahl liegt zwischen eins und drei, jedes mit einem eigenen Werk, dazu kommt in der Regel ein eigenständiges Pedalwerk. Auf solchen Orgeln lässt sich neben Sakralmusik auch sehr gut die weltliche Musik der Renaissance wiedergeben. In der Spätrenaissance begannen sich erste regionale Unterschiede im Orgelbau heraus zu bilden.
Barock
Im 17. und 18. Jahrhundert erreichte der barocke Orgelbau in den meisten europäischen Ländern seine größte Blüte. Für Orgeln aus der Barockzeit kann man die Register je nach Klangfarbe und Verwendung in drei funktionelle Gruppen einteilen, die aber gleichermaßen auf die gesamte Orgel verteilt werden:
- Die erste Gruppe bildet mit dem typischen „Orgelklang“ hervortretende Stimmen, die auf einen kräftigen Gesamtklang, das so genannte Plenum, ausgelegt sind. Hierzu gehören die Prinzipale, Oktaven, Quinten in Prinzipalmensur und Mixturen, aber auch vollbecherige Zungenstimmen, die zum Plenum gezogen werden oder ein eigenständiges Lingualplenum bilden.
- Die zweite Gruppe hat eher sanfte, flötenartige Töne, die sich hervorragend mischen lassen. Es sind die weiten offenen, die konischen, die Gedackten Stimmen in all ihren Variationen.
- Die dritte Gruppe sind die Stimmen, die am besten solistisch zu verwenden sind, wie Aliquotregister, Zungenstimmen und einzelne Streicher.
Werkaufbau
Ein typisches Merkmal von barocken Orgeln ist das sogenannte Werkprinzip. Dies sagt nicht anderes aus, als dass jedes Teilwerk (Hauptwerk, Rückpositiv, Brustwerk, aber auch das Pedalwerk) zum einen möglichst selbstständig, zum anderen aber auch gleichwertig neben den anderen Orgelwerken ist. Demnach ist jedes Teilwerk sowohl als Tutti-, als auch als Solo- oder Begleitwerk zu verwenden, sie unterscheiden sich nur durch die Klangcharakteristik. Eine weitere dynamische oder funktionelle Unterteilung (Hauptwerk, Schwellwerk, Nebenwerk, Echowerk) oder Vermischung (mehrere Werke in einem Gehäuse) entwickelt sich erst in der Romantik.
Aufgrund der rein mechanischen Spieltraktur kommt es zu weiteren Besonderheiten:
- Manualanordnung: Bei einer dreimanualigen Orgel mit Rückpositiv, Hauptwerk und Brustwerk ist das Hauptwerk immer das mittlere Manual, da sich anderenfalls die Spieltrakturen der Werke kreuzen würden.
- Werkgröße: Jedes zusätzliche Register auf einer Windlade erhöht bei der damals verwendeten mechanischen Traktur das Spielgewicht der Taste, daher sind hier natürliche Höchstgrenzen gesetzt, da eine Orgel sonst nicht spielbar wäre. Im Norddeutschen Barock findet man daher zum Beispiel nur sehr wenige Orgeln mit mehr als 10-12 Registern auf einer Windlade.
- Koppeln: Bei einer dreimanualigen Orgel beschränken sich die Manualkoppeln vom III. auf das II. sowie vom I. auf das II. Manual. Eine Koppel zwischen dem III. und dem I. Manual war technisch noch nicht realisierbar, da meist Schiebekoppeln verwendet wurden.
In den Barockorgeln auf der iberischen Halbinsel wird das Werkprinzip oft anders realisiert. Diese auf Schleifladen stehenden Instrumente haben oft nur ein Manual, immer mit Schleifenteilung bei c1/cis1. Die verschiedenen Werke (üblich sind: organo mayor (Hauptwerk), cadereta exterior (Rückpositiv), cadereta interior (inneres Positiv im Schwellkasten), Trompeteria (Horizontalzungenbatterie) werden in diesem Fall über Sperrventile angeschaltet. In diesen Orgeln sind bis zu 15 Register auf einer Windlade keine Seltenheit. Das Stummel- oder Knopfpedal ist angehängt oder verfügt nur über wenige Register in 16'- und 8'-Lage, vereinzelt auch in 32'-Lage. Kleinere Instrumente verzichten auf eine Unterteilung in mehrere Werke.
Im Vordergrund der barocken Orgel steht die Durchsichtigkeit des Klanges. Daher waren hohe Register sowie Aliquotregister als Soloregister weit verbreitet. Bei den Aliquoten war allerdings bei der großen Terz (Fünftelfußmaß) Schluss. Im Klangideal sollten sich die einzelnen Pfeifen nicht angleichen, was sich vor allem bei polyphoner Musik positiv auswirkte.
Orgellandschaften

Die Orgel in ihrer klassischen Ausführung ist aufgrund ihrer Größe und akustischen Abstimmung mit dem Aufstellungsraum nahezu unbeweglich. Da auch der Austausch von Klangvorstellungen vor der elektrischen Aufzeichnung von Musik praktisch nur mündlich möglich war, unterscheiden sich Orgeln regional sehr stark. Da eine große Anzahl von erhaltenen Orgel, oder zumindest ihrer Dispositionen, seit dem Barock erhalten sind, können deutlich sogenannte Orgellandschaften ausgemacht werden.
Die wichtigsten Regionen mit eigenständigen Orgeltypen sind
- Norddeutschland/Niederlande/Dänemark: Konsequenter Werkaufbau, Hamburger Prospekt, Übernahme vieler Stimmen (Zungenstimmen, Flöten) aus der Hochrenaissanceorgel. Klangkronen nur aus Quinten und Oktaven bestehend („Silberglanz“ des Labialplenums), Terzzimbel als typisches Soloregister, alle Manuale wurden Plenofähig gebaut (Jacob Scherer, Gottfried Fritzsche, Arp Schnitger)
- Mitteldeutschland: Sehr früh schon Quintaden und Streicher, Zungen zunächst in der Regel im Pedal. Silbermann bringt Mitte des 18. Jahrhunderts Einflüsse des französischen Orgelbaus nach Mitteldeutschland. (Tobias Heinrich Gottfried Trost, Gottfried Silbermann, Zacharias Hildebrandt, Caspar Schippel, Johann Ernst Döring)
- Süddeutschland/Österreich: Vollständig ausgebaute Prinzipalchöre und im Verhältnis zum norddeutschen Orgelbau sind die Instrumente weicher im Klang, die ausgereifte Technik ermöglichte freistehende Spieltische, Klangkronen oft terzhaltig („Goldglanz“ des Labialplenums) (Johann Christoph Egedacher, Joseph Gabler, Johann Nepomuk Holzhey)
- Frankreich: Große Vereinheitlichung der Disposition, klassische Solostimmen wie Trompette, Cromorne und Cornet. (Thierry, Francois-Henri Cliquot)
- Italien: Fast nur offene Pfeifen in Prinzipalmensur, keine Mixturen, statt dessen Einzelregister (Oktaven und Quinten) bis in höchste Lagen, bei Erreichen der Hörgrenze mit Oktavrepetitionen. Terzhaltige Register und Zungenstimmen selten. Typisches Register die Voce umana oder Fiffaro(schwebend gestimmter Prinzipal)
- Spanien: Chromatische Schleifladen, häufig mit kurzer großer Oktave, Teilung in Bass und Diskant einheitlich bei c1/cis1, rudimentäre Pedalwerke nur zur Ausführung einzelner langgehaltener Töne (Orgelpunkt), frühe Einführung von Echokästen (keine Schwellwerke) zur Beeinflussung des Klangs einzelner Register (Echokornett, Echotrompete), Horizontalzungenbatterien („Spanische Trompeten“), halbe Register, unsymmetrische Register. (Jorge Bosch)
- England: Nur kleine Orgeln, meist ohne Pedal. Schwellwerke bereits im 18. Jahrhundert. Bis 1660 war die Benutzung der Orgel im Gottesdienst verboten (puritanischer Calvinismus)
Während der Romantik setzte eine Tendenz der „Globalisierung“ ein. Romantische Orgeln besitzen weniger klar regional unterscheidbare Klangeigenschaften, zumal sich das orchestrale Klangbild als Ideal durchsetzte. Erst im 20. Jahrhundert setzte wieder eine Rückbesinnung auf die spezifischen Eigenschaften regional geprägter Orgeln ein.
Romantik
Nachdem die Orgel in der Zeit der frühen Klassik zunehmend an Aufmerksamkeit verlor (bekannte Komponisten der Klassik wie Mozart und Beethoven haben äußerst wenig für Orgel komponiert) entstand im 19. Jahrhundert mit der romantischen Orgel ein neues, vollkommen anderes, orchestrales Klangideal. Im Gegensatz zur Barockorgel ist hier die 8'-Lage, im Pedalwerk auch die 16'-Lage, mehrfach mit verschiedenen, Orchesterinstrumente nachahmenden Stimmen besetzt, die höheren Lagen treten dafür zurück. Teilweise ist schon beim 2' Schluss. Im Vordergrund stand das Ideal der „Vermischung“ - die Orgel sollte wie ein Orchester klingen, es sollten keine Brüche im Klang mehr erkennbar sein. Daher tauchen in romantischen Orgeln gehäuft Streicher und überblasende Flöten auf. Streicherstimmen sind sehr eng mensurierte Pfeifen, in deren Obertonspektrum der zweite Teilton (die Oktave) vorherrscht. Streicher können auch eine Schwebung bilden, Vox coelestis („himmlische Stimme“) genannt, bei der bewusst zwei Pfeifenreihen leicht gegeneinander verstimmt werden, wodurch ein schwebender Ton entsteht. Überblasende Flöten sind weit mensurierte offene Lippenpfeifen, die doppelt so lang sind wie normale offene Pfeifen derselben Tonhöhe. Ihr Klang ist besonders füllig. In größeren romantischen Orgeln besonders des angelsächsischen Kulturkreises trifft man auch oft sogenannte Hochdruckregister an wie z. B. Tuba mirabilis, Stentorgambe oder -flöte oder Royal Trumpet.
Zu den größten Meistern des romantischen Orgelbaus zählen der Franzose Aristide Cavaillé-Coll, sein deutsch-belgischer Konkurrent Merklin&Schütze sowie Eberhard Friedrich Walcker, Friedrich Ladegast, Wilhelm Sauer, Henry Willis, die Orgelbaufirmen Steinmeyer, Gebr. Link, Harrison & Harrison, Norman & Beard, Fa. Weigle und viele andere.
In der Romantik fanden die ersten Umbauten von Orgeln im größeren Stil statt. Oft wurden barocke Orgeln, die als zu „schreiig“ empfunden wurden, romantisiert, in dem dort streichende oder andere romantische Register anstelle hoher Aliquoten eingebaut und die Intonation verändert wurde. Auch wurden wertvolle barocke Orgeln noch bis in die 1930er Jahre „pneumatisiert“ oder elektro-pneumatisch umgebaut (z. B. Stadtkirche St. Wenzel, Naumburg).
Romantische Spielhilfen
Außerdem verfügen alle größeren romantischen Orgeln über zahlreiche Spielhilfen und technische Besonderheiten. Typisch ist das so genannte Schwellwerk: Ein Teil der Pfeifen befindet sich innerhalb der Orgel in einem Kasten mit jalousieartigen Schwelltüren, die mittels eines Fußtrittes am Spieltisch geöffnet oder geschlossen werden können. Dies macht erstmals eine stufenlose Veränderung der Dynamik möglich. Viele romantische Orgeln verfügen zudem über eine Crescendowalze, die es ermöglicht, mittels einer mit dem Fuß zu bedienenden Walze oder eines Balanciertritts nach und nach alle Register der Orgel zuzuschalten, ohne die entsprechenden Registerknöpfe einzeln von Hand bedienen zu müssen. Viele romantische Orgelwerke und Komponisten setzten eine Crescendowalze voraus (Max Reger). Außerdem verfügt die romantische Orgel häufig über Sub- und Superoktavkoppeln. Diese bewirken, dass beim Anschlagen eines Tones und bei geschalteter Suboktavkoppel der gleiche Ton eine Oktave tiefer bzw. höher mitklingt.
20. Jahrhundert
Orgeln außerhalb von Sakralbauten
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden vermehrt Orgeln in Konzertsälen und den mit dem Stummfilm aufkommenden Lichtspielhäusern, dort als Kinoorgel bezeichnet, gebaut. Die Orgeln für Konzertsäle zeigten bereits erste Tendenzen der Universalorgel. Die Kinoorgel hingegen orientierte sich noch am Klangbild der romantischen Orgel. Hinzu kamen aber vermehrt Zungenstimmen, die trotz ihrer teilweise alten Bezeichnungen mitunter neu oder erheblich umkonstruiert wurden, und vor allem diverse Effektregister (Trommeln, Glocken, Klingeln, Xylophon und weitere Geräusche, wie zum Beispiel auch „Telefonklingeln“) die sich in anderen, vor allem in Sakralbauten stehenden Orgeln, nicht finden.
Zahlreiche technischen Neuerungen (Elektrik, Pneumatik, neue Baumaterialien) machten es möglich, immer größere Instrumente und auch Fernwerke zu bauen. In diese Zeit fällt auch der Bau einiger Riesenorgeln, die teilweise an recht ungewöhnlichen Orten zu finden sind. So entstanden in dieser Zeit die beiden bis heute größten Pfeifenorgeln der Welt in einer Veranstaltungshalle und einem Kaufhaus. Es seien hier als Beispiele genannt: Die Steinmeyer/Eisenbarth-Orgel des Domes zu Passau (erbaut 1924 bis 1928, 1981 von Eisenbarth größtenteils erneuert, heute 233 Register, die berühmte Wanamaker-Orgel in Philadelphia (Lord & Taylor Department Store, erbaut 1904 bis 1930, 357 Register) und die nominell größte Orgel der Welt in der Atlantic City Convention Hall (erbaut 1929 bis 1932, jedoch bis heute nicht vollständig funktionstüchtig) mit 337 Registern bei 449 Pfeifenreihen (ranks) und rund 32.000 Pfeifen.
Ein selbstständiger nordamerikanischer Orgelbau ist erst im 20. Jahrhundert zu finden. Besonders die Konzert- und Kinoorgeln heben sich vom Klang der europäischen Sakralorgeln ab. In Großorgeln sind Kino- und Sakralorgel vom Registerbestand her oft in einem Instrument vereint. Insgesamt neigt der nordamerikansche Orgelbau zu Extremen (skurile Prospektgestaltungen, Riesenorgeln, 64'-Register im Pedal und 32'-Register im Manual, extrem laute Hochdruckregister, Spieltische mit mehr als 5 Manualen).
Multiplexorgeln
Gleichzeitig wurde mit sogenannten Multiplexorgeln versucht, Kosten und Platz beim Orgelbau zu sparen. Dieses Prinzip finden wir bei vielen Kinoorgeln der 1920er und 1930er Jahre. Da hier aus einer Pfeifenreihe im Transmissions- und Extensionsverfahren verschiedene Register erzeugt wurden, konnte das Konzept musikalisch nicht überzeugen, weil die Eigencharakteristik der einzelnen Register nicht mehr gegeben war. Zudem bestand das Problem, dass bei mehrstimmigem Spiel bei Oktavzusammenklängen und bei Quintextensionen aus der selben Pfeifenreihe auch bei Quintzusammenklängen weniger Pfeifen gleichzeitig als bei anderen Intervallzusammenklängen erklangen, wodurch der Gesamtklang dünn und unausgewogen erschien.
Das Extensionsverfahren kommt heute noch bei sehr tiefen Pedalregistern (64', 32', 211/3') aus Platz-, Gewichts- und Kostengründen zur Anwendung. Da in solchen Fällen baugleiche, eine Oktave höher klingende Register ohnehin vorhanden sind, müssen nur die 12 Pfeifen für die tiefste Oktave des Registers hinzu gefügt werden, der Rest des Registers nutzt die vorhandenen Pfeifen des eine Oktave höher klingenden Registers. In diesen extrem tiefen Lagen ist auch das Problem des Verlustes der Eigencharakteristik der Register vernachlässigbar.
Die Orgelbewegung
Die sogenannte Orgelbewegung ging zunächst vom Elsass aus. Ausgelöst wurde sie durch die Wiederentdeckung der Qualitäten der Barockorgeln beispielsweise von Johann Andreas Silbermann. Führende Köpfe der elsässischen Orgelbewegung waren Albert Schweitzer, Emile Rupp und Franz Xaver Matthias. In Deutschland wurde die Idee einer Rückbesinnung auf die frühbarocke (norddeutsche) Orgel in den 1930er Jahren aufgegriffen, unter anderem von Hans Henny Jahnn und vor allem von Karl Straube. Instrumente romantischen Klangcharakters wurden nun als „Fabrikorgeln“ abgewertet. Gleichzeitig begann jedoch die Beschäftigung mit den in Vergessenheit geratenen barocken Klangidealen und Prinzipien des Orgelbaus, was zur Entwicklung „neo-barock“ ausgerichteter neuer und zum Erwachen des Interesses an der Restaurierung alter Orgeln führte.
In den 1930er bis 1950er Jahren waren die Mensuren zum Teil übertrieben weit, jedoch fanden sich wieder barocke Register in den Dispositionen. Die Intonation entsprach noch der der Romantik, und die Rückkehr zur mechanischen Schleiflade war noch nicht vollzogen, auch wenn der Orgelbauer Paul Ott sich bereits wieder dieser Technik zuwandte.
In den 1950er bis 1970er Jahren (Neobarock) mussten viele romantische Orgeln neuen Instrumenten mit steiler Disposition weichen. Da außerdem im Krieg viele Instrumente verloren gegangen oder unbrauchbar geworden waren und die beiden großen Konfessionen vermehrt Kirchenneubauten unternahmen, setzte in Westdeutschland ein regelrechter „Orgelboom“ ein, der teilweise in einer tatsächlich „fabrikmäßigen“ Serienproduktion unter Verwendung von minderwertigen Materialien (Windladen aus Sperrholz, Spieltrakturen aus Aluminium oder Plastik) mündete. Viele romantische, ja auch spätbarocke Werke, deren Disposition nicht barock genug erschien, wurden in dieser Zeit zunehmend „barockisiert“. Ihre Disposition wurde z. B. dadurch verändert, dass die verpönten Streicherstimmen durch hohe Aliquote ersetzt wurden. Oft sind Methode und Erfolg als fragwürdig zu bezeichnen. (Ein typisches Beispiel ist das „Absägen“ eines Violoncello 8' im Pedal zum Choralbass 4'.) Stellenweise wurden in dieser Zeit auch hohe Aliquote (Septime, None) verwendet, die in originalen Barockdispositionen nicht vorhanden waren. Auch die Mensuren waren deutlich, wenn nicht sogar in übertriebenem Maße enger als die der Vorbilder. Die Intonationsweise war völlig neu und hatte mit der barocken nicht mehr viel gemein.
Die daraus resultierenden Orgeln zeichnen sich im Gegensatz zu denen des Barock oft durch unerträgliche Spitzigkeit, ein schwaches Bassfundament und fehlende Kraft in der Mittellage aus. Die Orgelbewegung ist somit aus heutiger Sicht zwar über ihr Ziel hinaus geschossen, hat aber auch die historische Aufarbeitung der Orgelgeschichte erheblich beeinflusst, ja teilweise überhaupt erst initiiert. Inzwischen wird nicht mehr so leichtfertig mit alten Instrumenten umgegangen, der Erhalt alter Orgelbausubstanz wird auch im Rahmen des Denkmalschutzes immer wichtiger.
Die Universalorgel

Seit den 1980er Jahren wird vermehrt mit einer Art „Universalorgel“ experimentiert, die für alle Arten und Stile von Orgelliteratur geeignet sein soll. Bei größeren Orgeln (ab drei Manualen und ca. 40 Registern) kommt man zu brauchbaren musikalischen Ergebnissen, indem man ein neutrales Hauptwerk zum Beispiel mit einem barocken Rückpositiv und einem französisch-romantischen Schwellwerk verbindet. Allerdings lassen sich weder die technischen noch die klanglichen Eigenschaften der Orgeln verschiedener Zeit- oder Regionalstile unbegrenzt in einem Instrument vereinen. Bei kleineren Orgeln geht die Vermischung der verschiedenen Epochen meistens überhaupt nicht auf; hier baut man tendenziell wieder nach historischen Vorbildern, auch wenn gelegentlich Einzelregister aus anderen Epochen hinzugefügt werden.
Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts sind Wert und Berechtigung romantischer Orgeln und ihrer spezifischen Musik wieder stärker ins Bewusstsein gekommen. In neuster Zeit geht der Trend auch wieder dahin, bei Generalüberholungen von „barockisierten“ Orgeln diese in den Originalzustand zurückzuführen, wodurch wieder sehr schöne Instrumente aus der Romantik und dem späten Barock zurückgewonnen werden konnten. Auch ist die Anzahl der Neubauten zum Ende des 20. Jahrhunderts wieder angestiegen, da viele übereilt gebaute oder schlechte Nachkriegsinstrumente langsam ersetzt werden müssen.
21. Jahrhundert
Nennenswerte technische Fortschritte gibt es im Bereich der Spielhilfen und der elektrischen Traktur. Die Elektronik hat größere Setzeranlagen ermöglicht, teilweise sind auch schon Kirchenorgeln midifiziert worden, so dass diese mit einem PC verbunden und über diesen gesteuert werden können. Auch die Verbindung mit externen Klangerzeugern wie Synthesizern ist so möglich, wodurch sich neue Impulse für Komposition und Improvisation ergeben. Weiterhin wird geforscht, wie sich eine Art „Anschlagsdynamik“ auf der Orgel realisieren und wie sich das interaktive Verhalten einer mechanischen Traktur mechatronisch nachbilden lässt. Wo sich eine mechanische Traktur nicht errichten lässt, verdrängen Lichtwellenleiter die elektrischen Trakturen in Orgelneubauten.
In kleinen Orgeln (bis etwa 10 Register) wird vermehrt die Wechselschleife eingesetzt, die es ermöglicht, die Register eines Werkes auf zwei Spielmanuale zu verteilen.
Seit Mitte der 1990er Jahre gewinnt bei kleinen und mittelgroßen Instrumenten der Gebrauchtmarkt zunehmend an Bedeutung, da sowohl im Ausland als auch im deutschsprachigen Bereich vermehrt vor allem kleinere Kirchen geschlossen oder umgewidmet werden und daher das Angebot entsprechend groß ist. Dieses ist vor allem für finanzschwache, kleinere Kirchengemeinden eine interessante Alternative, da eine Umsetzung trotz des erheblichen Aufwandes immer noch deutlich günstiger als ein entsprechender Neubau ist.
Digitalorgeln
Eine weitere Variante, die sich mit dem Fortschritt der Digitaltechnik zunehmend ihren Platz erobert hat, ist die Digitalorgel (oder digitale Konzert- und Sakral-Orgel). Sie ist vor allem als Übungsinstrument in Privathäusern sowie in kleinen Kirchen und Kapellen zu finden. Die mittlerweile überzeugende Klang- und Reproduktionsqualität macht digitale Sakralorgeln auch zunehmend zu einer ernstzunehmenden Alternative für größere Kirchen und Konzertsäle. Allerdings kann eine Pfeifenorgel in ihrer Interaktion mit dem Spieler und in ihrer „natürlichen“ Ungleichmäßigkeit von einer Digitalorgel noch nicht erreicht werden. Besonders nahe am Instrument verliert eine Digitalorgel an räumlicher Tiefe und Plastizität, was diese vielfach bei Organisten nicht zur ersten Wahl macht. Auf Aufnahmen lassen sich aktuelle Digitalorgeln jedoch kaum noch von klassischen Pfeifenorgeln unterscheiden.
Versuche, „echte“ Orgeln mit Digitalorgeln zu kombinieren (Kombinationsorgel), haben sich bis jetzt aufgrund naheliegender Probleme (Stimmung, Vermischungsfähigkeit) nicht durchsetzen können. Besonders in den USA werden jedoch des öfteren teure Bassregister im Pedal digital ausgeführt.
Historische Orgeln

Leider gibt es nur wenige ältere Instrumente, die in ihrer originalen Substanz im Wesentlichen erhalten sind. Orgeln wurden in der Vergangenheit immer wieder umgebaut, erneuert und dem jeweiligen Zeitgeschmack (Disposition, Intonation, Stimmung, Technik) angepasst. Manchmal sind nur noch Spuren der ursprünglichen Technik zu entdecken, und oft sind überhaupt nur Teile des Pfeifenwerks erhalten – womöglich in modifizierter Form. Äußerst selten wurden Werke in ihrer historischen ungleichstufigen Stimmung belassen. So kommt es beispielsweise häufig vor, dass sich hinter einem barocken Orgelprospekt Technik des 20. Jahrhunderts verbirgt.
Bei der Wiederherstellung historischer Orgeln spricht man entweder von Restaurierung (wenn das vorhandene Material den angestrebten Zustand noch erkennen lässt) oder von Rekonstruktion (wenn große Teile des Werkes der Zielvorstellung entsprechend neu gebaut werden müssen). Regelmäßig entstehen dabei Konflikte mit dem Grundsatz des Denkmalschutzes, dass die Erhaltung des vorhandenen gewachsenen Zustandes der Rückgewinnung eines verlorenen vorzuziehen ist.
Die Absicht, in der wiederaufgebauten Frauenkirche in Dresden einen Nachbau der Silbermann-Orgel von 1736 in historischer Stimmung zu erstellen (die vor der Zerstörung 1945 nicht mehr in originalem Zustand vorhanden war), ist jedoch aus anderen Gründen nach heftigem Streit gescheitert: Hier ging es um die Frage, ob es heute - vor allem in Hinblick auf die kirchenmusikalische Praxis - überhaupt zweckmäßig ist, ein solches Instrument völlig neu zu erbauen. Dies wurde auch in Bezug auf die Rekonstruktion der Schnitgerorgel des Lübecker Doms diskutiert.
Zu den ältesten noch spielbaren Orgeln der Welt zählt die Valeria-Orgel in Sion (Schweiz) aus spätgotischer Zeit (um 1435), die Orgel in Rysum und die Orgel in Ostönnen. Sie enthalten jedoch jeweils nur Teile aus der ältesten Epoche ihrer Baugeschichte.
Selbst bestimmte Orgeln aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts können schon als historisch und erhaltenswert angesehen werden. Diskutiert wird momentan in Einzelfällen, ob sogar Orgeln des Neobarock als erhaltenswert gelten können und sollten.
Orgelmusik
Man unterscheidet Orgelmusik, wie allgemein in der Musikwissenschaft, nach Epochen. Als älteste schriftlich überlieferte Orgelmusik gilt die Musik aus dem Robertsbridge Codex (um 1320). Einige wenige Quellen stammen aus spätgotischer Zeit, so der Codex Faenza (um 1420), die Orgelstücke aus der Predigtsammlung aus Winsen (1431), die Oldenburger Orgeltabulatur des Magister Ludolf Lying (1445) und die Tabulatur des Adam Ileborgh aus Stendal (1448). Aus der Zeit des musikalischen Umbruchs vom Mittelalter zur Renaissance stammt das für damalige Verhältnisse sehr umfangreiche Buxheimer Orgelbuch (1460/1470). Im 16. Jahrhundert erschienen bereits zahlreiche Orgelstücke, sogenannte Tabulaturen. Die Orgelmusik erlebte ihre erste Blütezeit. Bedeutende Vertreter dieser Epoche sind u. a. Arnolt Schlick (~1460~1521), Leonhard Kleber (~1495-1537), Hans Kotter (~1485-1541) und Antonio de Cabezón (1510-1566). Durch den Dreißigjährigen Krieg sind jedoch in einem nicht mehr nachvollziehbaren Maße Quellen und Orgeln aus Mittelalter und Renaissance verloren gegangen.

In der Zeit des Barock erlebte die Orgelmusik ihren zweiten Höhepunkt. Die in jener Zeit voll ausgebildeten, regional stark unterschiedlichen Orgeltypen führten zu entsprechend vielfältiger und ebenso unterschiedlicher Orgelmusik. Orgelmusik aus der Zeit des Barock ist heute noch fester Bestandteil vieler Orgelkonzerte, was auch damit zu tun hat, dass aus dieser Zeit sehr viele Quellen, aber auch etliche Orgeln, bis heute überdauert haben. Bedeutende Vertreter dieser Epoche sind u. a. Dietrich Buxtehude (1637-1707) und Johann Sebastian Bach (1685-1750) im norddeutschen Raum, Johann Pachelbel (1653-1706) im süddeutschen Raum, François Couperin (1668-1733) in Frankreich und Juan Bautista José Cabanilles (1644-1712) in Spanien.
Mit dem Ende der Barockzeit Mitte des 18. Jahrhunderts ließ das Interesse an der Orgel stark nach. Nach einer längeren Pause erlebte die Orgelmusik ihren dritten Höhepunkt in der Zeit der Romantik, in der sich neben dem wiedererwachten Interesse an alten Formen, die mit der neuen Tonsprache verbunden wurden, auch die sinfonische Orgelmusik herausbildete. Bedeutende Vertreter dieser Epoche sind u. a. Max Reger (1873-1916) und César Franck (1822-1890).
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand eine besondere neobarocke Schule, andererseits fand eine Weiterentwicklung der sinfonischen Musik für Orgel statt. Der verstärkte Orgelbau außerhalb von Sakralbauten (Kinoorgel, Orgel im Konzertsaal) führte dazu, dass nun auch wieder vermehrt weltliche Musik auf der Orgel gespielt wurde. Mit dem Aufkommen elektromechanischer Orgeln und später elektronischer Orgeln wurde jedoch der Großteil dieser neuen weltlichen Orgelmusik auf diese Instrumente verlagert. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden auch experimentelle Elemente verwendet. Daneben fließen aber auch Elemente älterer (Mittelalter, Renaissance, Barock) und genrefremder (Blues, Jazz, Rock) Musikrichtungen in die Orgelmusik ein. Auch Anleihen bei der Filmmusik sind zu beobachten, wobei es hier primär nicht um die Wiederbelebung der alten Kinoorgeltradition geht.
Ein zweites Unterscheidungskriterium ist die Orgellandschaft, da Orgelmusik, oft gebunden an ihren Entstehungsort, von ganz bestimmten Instrumenten oder Instrumententypen inspiriert wurde.
Ein drittes Unterscheidungskriterium ist der Unterschied zwischen „geistlicher“ und „weltlicher“ Orgelmusik. Als Geistliche Orgelmusik gilt, was im Rahmen von religiösen Zeremonien gespielt wird oder auf religiösem Liedgut basiert. Dazu gehört z. B. bis auf wenige Ausnahmen die Orgelmusik, die im Rahmen eines christlichen Gottesdienstes gespielt wird. Als Weltliche Orgelmusik gilt religionsunabhängige Musik, z. B. die antike Orgelmusik auf der Hydraulis, die Bearbeitungen von Tänzen und weltlichen Liedern in der Zeit der Renaissance, die üblicherweise auf Hausorgeln, Positiven und Regalen wiedergegeben wurden, oder auch die Stummfilmbegleitung auf der Kinoorgel.
Im Bereich der geistlichen Orgelmusik ist eine Differenzierung zwischen „choralgebundener“, also auf einem geistlichen Lied basierender, und „freier“ Literatur üblich.
Solistisches Orgelspiel und Improvisation
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Am künstlerisch bedeutsamsten ist das solistische Orgelspiel. Seit dem Barock sind dessen wichtigste Formen: Präludium, Toccata, Fantasie, Voluntary, Tiento, Chaconne, Passacaglia, Ricercar, Fuge, Variationen, Sonate, Triosonate und Orgelsinfonie; wobei auch die Kombination einer Fuge mit einem vorangehenden weiteren Stück (zum Beispiel Präludium, Toccata oder Fantasie) häufig vorkommt. Diese Orgelstücke werden als „freie“ Orgelmusik bezeichnet, weil ihnen vom Komponisten frei verfasste Themen zugrunde liegen. Hinzu kommen choralgebundene Kompositionen über liturgische Themen: Gregorianische Gesänge beziehungsweise protestantische und katholische Kirchenlieder, die teilweise auch in den zuvor beschriebenen Formen komponiert sind. Eine häufige Form der Orgelbearbeitung eines meist protestantischen Kirchenliedes ist das Choralvorspiel.
Siehe auch: Liste von Orgelkomponisten
Die Improvisation ist mit der Orgel eng verbunden. Dies liegt unter anderem daran, das auf der Orgel ein Musiker eine mehrstimmige Improvisation allein, also ohne Zusammenwirken mit anderen Instrumenten, gestalten kann. Zum anderen ist gerade beim Kontakt mit einer dem Musiker unbekannten Orgel die Improvisation eine sehr gute Möglichkeit, das Instrument kennen zu lernen, ohne durch mit komponierten Stücken verbundene Klangvorstellungen eingeengt zu sein.
Die Improvisation ist in der geistlichen Orgelmusik wichtig und in jeder kirchenmusikalischen Ausbildung fester Bestandteil der Lehre. Sie ist ebenfalls in Form von Choralvorspielen und Intonationen Bestandteil des liturgischen Orgelspiels und entstand aus den eher funktionalen Ansprüchen an die Musik im Gottesdienst.
Siehe auch: Liturgisches Orgelspiel
In der weltlichen Orgelmusik ist die Improvisation seit je her ein Begleiter der Orgel. Ein Beispiel dafür ist die musikalische Untermalung von Stummfilmen auf der Kinoorgel. Hierbei wird fast immer improvisiert, wobei der ausführende Musiker dies in Echtzeit zum laufenden Film zu bewerkstelligen hat. Normalerweise ist das nur möglich, wenn der Musiker den Film bereits kennt.
Kammermusik und Orchester
Die Orgel in der hier beschriebenen Form spielt in der Kammermusik keine große Rolle. Kleinere Orgeln sind besonders als Basso Continuo-Instrument seit dem Barock verbreitet. Orchestermusik mit Orgel kam zunächst im Barock besonders in den Orgelkonzerten Georg Friedrich Händels, seltener zur Zeit der Klassik, sowie dann mit großer Orgel vereinzelt in der Romantik auf, um den damals üblichen Riesenorchestern noch mehr Klangfarbenvielfalt zu geben und den Tonraum bis in die Subkontraoktave (32'-Register der Orgel) zu erweitern.
Jazz
Zunehmend wird auf der Kirchenorgel auch Jazz gespielt, auch wenn dieses wegen der oft halligen Akustik in Kirchenräumen, die häufig dem stark akzentuierten Spiel entgegen steht, mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Barbara Dennerlein ist zur Zeit das bekannteste Beispiel einer Jazzorganistin. Aber auch „klassische“ Kirchenmusiker verwenden bei ihren Kompositionen oder Improvisationen öfters Elemente des Jazz.
Spielpraxis
Spieltechnik
Für die Technik des Manualspiels ist der Druckpunkt der Tasten entscheidend. Bei mechanischen Orgeln liegt er eher am Beginn des Tastenweges (wie beim Cembalo), da zunächst der auf dem Ventil lastende Luftdruck überwunden werden muss. In diesem Fall kann durch unterschiedliches Angehen des Druckpunktes auch die An- und Absprache der Pfeife beeinflusst werden. Hier ist ein deutlicher Unterschied zum Klavier festzustellen, bei dem die Saite erst am Ende des Tastenweges angeschlagen wird und der Schwung der Taste für die Qualität des dabei entstehenden Klanges entscheidend ist. Daher wird bei der Orgel, anders als beim Klavier, das Spiel aus den Fingern bevorzugt, wenn der jeweils benötigte Kraftaufwand es zulässt, und die Hand nicht von den Tasten abgehoben, um Schwung für einen Anschlag zu holen.
Bei pneumatischen oder elektronischen Trakturen hingegen ist der Druckpunkt nicht spürbar, da der Gegendruck der Taste nicht vom Ventil herrührt, sondern durch eigene Federn hergestellt wird. Der Kraftaufwand ist gering, so dass vollgriffige Musik leichter umgesetzt werden kann. Allerdings kann der Vorgang der Ventilöffnung nicht beeinflusst werden. Pneumatische Trakturen erschweren zudem durch ihre langsame Reaktion das Artikulieren und erfordern eine Gewöhnung des Spielers. Auf der Orgel wird in der Regel stärker phrasiert und artikuliert als auf Tasteninstrumenten mit Saiten, da der Ton nicht verklingt.
Das Pedalspiel kann sowohl mit den Spitzen als auch mit den Hacken beider Füße erfolgen. Dadurch kann bis zu vierstimmig gespielt werden, was in der Praxis jedoch selten vorkommt. Ein wichtiges Mittel ist das Vor- oder Hintersetzen eines Fußes, auch das Gleiten von Taste zu Taste wird eingesetzt. Der Fußsatz kann wie der Fingersatz durch spezielle Zeichen in die Noten eingetragen werden, die jedoch nicht von allen Organisten gleich verwendet werden. Bis ins 19. Jahrhundert wurde von vielen Organisten das Spiel mit der Spitze bevorzugt, oft schon wegen der Bauform der Pedaltasten, die den sinnvollen Gebrauch der Hacke nicht ermöglichte. Die Germani-Technik (nach Fernando Germani) stellt Spitze und Hacke gleich.
Diese Technik ist mir der heutigen Schuhmode nur schwer realisierbar. Daher verwenden viele Organisten separate Schuhe zum Spielen. Besonders Tanzschuhe sind aufgrund ihres schmalen und nahtlosen Schnittes, ihrer Wildledersohle und des Absatzes gut für virtuoses Spiel geeignet.
Beim Spiel Alter Musik wird heute wieder auf historische Finger- und Fußsätze sowie auf eine sensible Artikulation Wert gelegt. Auch die Ausführung der Ornamentik spielt dabei eine große Rolle.
Pädagogik
Im Gegensatz zu vielen anderen Instrumenten kann man das Orgelspiel in der Regel nicht an Musikschulen erlernen. Neben den Konservatorien oder Musikhochschulen unterrichten in erster Linie hauptamtliche Kirchenmusiker. Da auch ein Übungsinstrument benötigt wird, ist, wenn kein spezielles Übungsinstrument (etwa in einer Hochschule) zur Verfügung steht, meistens eine enge Zusammenarbeit mit einer örtlichen Kirchengemeinde vonnöten. Als Gegenleistung fordert diese häufig Mithilfe an der musikalischen Gottesdienstgestaltung. Oft spielen angehende Organisten schon ausreichend Klavier, wobei die erheblichen Unterschiede in der Spieltechnik nicht unterschätzt werden dürfen. Ein Studium am Klavier kann die Orgel, nicht nur wegen des fehlenden Pedals, nicht ersetzen. Trotzdem wird von vielen Pädagogen das Klavierspiel als Voraussetzung für das Orgelspiel gefordert.
Systematische Schulwerke sind erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts überliefert. Zu den bekanntesten Werken zählen die „Orgelschulen“ von Karl Straube, Ernst Kaller, Marcel Dupré oder Rolf Schweizer, die sich allerdings fast nur mit dem Literaturspiel beschäftigen. Im Bereich der Improvisation gibt es nur wenig etablierte Literatur, so dass Improvisation weitestgehend im Unterricht und fächerübergreifend in den Bereichen Tonsatz, Komposition sowie Musiktheorie weitergegeben wird.
Hörbeispiele
Rheinberger - Tema variato | Registrierung | Bemerkung | Dateigröße | |||
---|---|---|---|---|---|---|
P | I | II (SW) | III | |||
34 | Rohrflöte ohne Pedal | 848 kB | ||||
2, III | 11-13 | 21, 22 | 34 | l. H. Thema; r. H. auf SW; am Ende kurz mit Pedalkoppel (I/P) | 819 kB | |
1-3, II, III | 12, 13, II | 21, 22, 24 | 34 | starke Streicherstimmen | 589 kB | |
2, 3 | 11-13, 15 | 705 kB | ||||
1, 3, 4, I | 11, 12, 15, 16 | jetzt ohne Streicher | 851 kB | |||
1, 3, 4, I | 11, 12, 14, 16, 17 | 21, III | 34 | Prinzipalplenum mit Mixtur, Schluss l. H. auf SW und ohne I/P | 742 kB | |
1-4, I | 11-16 | 21, 22, III | 34 | Echo auf II dann +5, +6 (Zungen im Pedal) und +10 | 1,28 MB |
Die Angaben zu Registrierung beziehen sich auf das Instrument in St. Maria Königin, Kerpen-Sindorf, Rheinland:
Die Orgel besitzt Schleifladen und eine mechanische Spieltraktur. Die Registrierung erfolgt per Doppelregistertraktur und einem Setzer. (Baujahr: 1996)
Pedal | I | II (Schwellwerk) | III |
---|---|---|---|
1. Pincipalbaß 16' | 10. Bourdon 16' | 21. Holzflöte 8' | 34. Rohrflöte 8' |
2. Subbaß 16' | 11. Principal 8' | 22. Gambe 8' | 35. Flûte 4' |
3. Flûte 8' | 12. Flûte Harm. 8' | 23. Voix céleste 8' | 36. Cornet III |
4. Flûte 4' | 13. Salicional 8' | 24. Flûte octav. 4' | 37. Trompete 8' |
5. Bombarde 16' | 14. Octave 4' | 25. Fugara 4' | 38. Clairon 4' |
6. Trompete 8' | 15. Gemshorn 4' | 26. Nazard 22/3' | |
16. Superoctave 2' | 27. Octavin 2' | ||
17. Mixtur IV | 28. Tierce 13/5' | ||
29. Fourniture V | |||
30. Trompette Harm. 8' | |||
31. Hautbois 8' | |||
7. I/P | 18. III/I | 32. Voix Humaine 8' | |
8. II/P | 19. II/I | ||
9. III/P | 20. III/II | 33. Tremulant |
Siehe auch
- Organist, Liste von Organisten, Kategorie:Organist
- Liste von Orgelkomponisten, Liste bekannter Orgelimprovisatoren
- Orgelbau, Liste der Orgelbauer, Kategorie:Orgelbauer, Organologie
- Orgelregister, Liste von Orgelregistern
- Das Orgel-Portälchen der Wikipedia
In der Kategorie:Disposition befinden sich Artikel über einzelne Orgeln. Diese enthalten neben genauen Dispositionsangaben teilweise auch Hörbeispiele.
Varianten und verwandte Instrumente
- Positiv, Portativ, Regal
- Drehorgel, Kinoorgel, Hydraulis, Dampforgel, Hausorgel
- Elektronische Orgel, Hammond-Orgel, Lichttonorgel, Synthesizer
Außereuropäische Orgeln
Literatur
Quellen
- ↑ Reichsannalen z. J. 826, ed. R. Rau (Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 1, Darmstadt 1968), S. 144-147; Astronomus, Vita Hludowici, Kap. 40.
Orgelbau
- Wolfgang Adelung: Einführung in den Orgelbau. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1991, ISBN 3-7651-0279-2
- Hans Klotz: Das Buch von der Orgel. Bärenreiter, Kassel 2000, ISBN 3-7618-0826-7
- Alfred Reichling (Hrsg.): Orgel. Bärenreiter, Kassel u.a. 2001 (MGG Prisma), ISBN 3-7618-1622-7
- Bernhard Ader: Orgelkunde aus Musik im Gottesdient (Hrsg.: Hans Musch) Band II S. 256ff, ConBrio, Regensburg 1994, ISBN 3-930079-22-4
- Winfried Ellerhorst: Handbuch der Orgelkunde. Verlagsanstalt Benzinger & Co., Einsiedeln 1936, Reprint bei Frits Knuf, Buren 1986, ISBN 90-6027-515-2
Orgelmusik
- Rudolf Faber, Philip Hartmann: Handbuch Orgelmusik., Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01877-6
- Victor Lukas: Reclams Orgelmusikführer., 7. Auflage, Stuttgart 2002, ISBN 3-15-008880-1
Geschichte der Orgel
- Peter Williams: The Organ in Western Culture 750-1250, Cambridge 1993, ISBN 0-521-61707-3