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Königlich Bayerische Fliegertruppe

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Das 1. Königlich Bayerische Fliegerbataillon war ein Verband der Bayerischen Armee, der in Oberschleißheim stationiert war.

Geschichte

Aufstellung einer bayerischen Fliegertruppe

Im Januar 1912 wurde von General Karl Ritter von Brug (1855-1923) bei der 1890 gegründeten bayerischen Luftschiffer-Abteilung in München-Oberwiesenfeld unter dem „Rittmeister der Lüfte“ Luitpold Graf Wolfskeel von Reichenberg zu Uettingen (1879-1964) das erste bayerische Fliegerkorps-Kommando gebildet.

Prinz Luitpold errichtete daraus am 1. April 1912 eine Fliegerkompanie in der Militärfliegerstation Oberschleißheim. Die Kompanie bestand aus vier Offizieren, acht Unteroffizieren und 50 Mann. Am 1. Oktober 1912 wurde der Verband zum 1. Königlich Bayerischen Fliegerbataillon mit Fliegerkompanie und Fliegerschule erweitert.

Erster Weltkrieg

Am 1. August 1914 wurden in Oberschleißheim die Flieger-Ersatzabteilung 1 b (b = bayerisch) und in Fürth die Flieger-Ersatzabteilung 2 b aufgestellt. Unterabteilungen waren:

Königlich Bayerische Militär-Fliegerschule I (Schleißheim) mit Flieger-Beobachterschule 1 und Funkerschule
Königlich Bayerische Militär-Fliegerschule II (Lachen-Speyerdorf)
Königlich Bayerische Militär-Fliegerschule III (Fürth-Unterfarrnbach) mit Vorflugschule
Königlich Bayerische Militär-Fliegerschule IV (Lagerlechfeld) mit Flieger-Beobachterschule 2 und Flieger-Schützenschule
Königlich Bayerische Militär-Fliegerschule V (Gersthofen)
Kriegs-Fliegerschule VI (Bamberg)
Königlich Bayerische Militär-Fliegerschule VII (Germersheim)
Königlich Bayerische Übungsflieger-Abteilung (Sonthofen).

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurden 1914 in der Oberschleißheimer Flieger-Ersatzabteilung drei Feld-Fliegerabteilungen, in der Fürther Flieger-Ersatzabteilung zwei Feld-Fliegerabteilungen sowie in Germersheim die bayerische Festungs-Fliegerabteilung 1 b aufgestellt. Die Einheiten wurden an der Westfront eingesetzt. Drei weitere Feld-Fliegerabteilungen wurden 1915 in Oberschleißheim aufgestellt. Darunter war die Feld-Fliegerabteilung 9 b, die nach dem Kriegseintritt Italiens am 23. Mai 1915 zur Unterstützung Österreichs nach Tirol verlegt, aber schon im August ebenfalls an die Westfront abzogen wurde.

Insgesamt entstanden neun bayerische Feld-Fliegerabteilungen (1 b bis 9 b; 4 b wurde aus der Festungs-Fliegerabteilung 1 b gebildet). 1916/17 wurden die Bezeichnungen verändert: Es gab nun die bayerischen Fliegerabteilungen 45 b bis 48 b und 292 b bis 296 b.

Siehe auch: Fliegertruppen (Kaiserreich), Liste der bayerischen Militärverbände

Einsatz in Palästina

Am 20. Juli 1917 wurde in Oberschließheim eine neue Fliegerabteilung 304 b aufgestellt. Diese wurde am 25. August 1917 mit 277 bayerischen Soldaten - oft jüdischen Glaubens - auf den Kriegsschauplatz Palästina verlegt und dem deutschen Asien-Korps der osmanisch-türkischen Heeresgruppe F zugeteilt (als Teil des Expeditionskorps Pascha II"). Leiter der Abteilung war Generalleutnant Franz Josef Walz (1885-1945). Die Einsätze gegen Briten und Araber dienten vor allem der Luftaufklärung, aber auch der Abwehr gegnerischer Flieger und der Bombardierung von militärischen Zielen.

Auf dem Weg nach Palästina verbrannten 5 Flugzeuge der Abteilung am 6. September 1917 bei einem Sabotageakt im Bahnhof Haydarpaşa in Konstantinopel. Die Einheit traf im Oktober 1917 in Beerscheba ein und wurde am 25. Oktober in Iraq el-Manschiya (bei Gaza) stationiert. Nachdem die Briten am 31. Oktober 1917 Beerscheba erobert und Anfang November bei Gaza gesiegt hatten hatten, mussten die 6 flugtauglichen Maschinen Iraq el-Manschiya am 9. November Richtung Norden verlassen, das Material wurde in Ochsenkarren abtransportiert. Die Einheit operierte zunächst vom Wadi Serrar aus, bevor sie Ende 1917 in Merhavya (el-Fule) bei Afula in der Nähe von Nazareth stationiert war.

Auf dem Rückzug befand sich die Abteilung Mitte September 1918 in Aleppo. Nach dem Waffenstillstand zwischen den türkisch-deutschen Streitkräften und der britischen Armee am 31. Oktober 1918 kehrte der Rest der Truppe im Januar 1919 nach Deutschland zurück.

Kriegsgräber gefallener Soldaten finden sich vor allem in Nazareth und Jerusalem.

Siehe auch: Deutsche Militärmission im Osmanischen Reich

Ende der bayerischen Fliegertruppe

Am 8. Mai 1920 wurde die bayerische Fliegertruppe infolge des Versailler Vertrages offiziell aufgelöst.

Vor dem Alten Schloss Schleißheim erinnert ein Fliegerdenkmal an die toten und vermissten Flieger, ein Denkmal für gefallene deutsche Piloten im Ersten Weltkrieg steht auch in Dschenin (Palästinensisches Autonomiegebiet).

Bedeutung für die Luftbildarchäologie

Die wissenschaftliche Auswertung von Luftbildern der bayerischen Fliegerabteilung 304 b aus dem Ersten Weltkrieg ist heute wichtig für die Luftbildarchäologie des Vorderen Orients, da viele Orte im Libanon, in Syrien, in Israel und in den Palästinensischen Autonomiegebieten inzwischen überbaut wurden. 1925 wurden 100 der Fliegerbilder von dem Professor für Altes Testament und Palästinawissenschaft in Greifswald Gustaf Dalman veröffentlicht, 2.872 Glasplatten mit Städte- und Landschaftsaufnahmen befinden sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Abt. IV Kriegsarchiv, in München; dort liegt auch das Kriegstagebuch der Abteilung vom 24. Juli 1917 bis 3. April 1919.

Siehe auch: Vorderasiatische Archäologie

Bedeutung für die Kunstgeschichte

1916 wurde Paul Klee zur Flieger-Ersatzabteilung nach Oberschleißheim versetzt und musste als Kunstmaler die Tarnbemalung der Flugzeuge ausbessern. 1917 kam er als Schreiber an die Fliegerschule in Gersthofen. Man hat kunstgeschichtlich untersucht, wie sich Eindrücke aus der Fliegerei in Thematik und farblicher Gestaltung von Klees Bildern niederschlagen.

Literatur

  • Gustaf Dalman, Hundert deutsche Fliegerbilder aus Palästina (Schriften des Deutschen Palästina-Instituts Bd. 2), Gütersloh 1925
  • Harald Potempa, Die Königlich-Bayerische Fliegertruppe 1914-1918 (diss. München 1995), Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-30508-7
  • Margareta Benz-Zauner (Hrsg.), Und Ich Flog - Paul Klee in Schleißheim (Katalog der Ausstellung in der Flugwerft Schleißheim vom 8. Mai bis 30. September 1997), München 1997, ISBN 3-7654-3069-2
  • Reinhard Kastner, Bayerische Flieger im Hochgebirge. Die bayerische Feld-Flieger-Abteilung 9 im Alpenkrieg, Gröbenzell 1998

Medien

  • Andreas Bönte, Die vergessene Mission. Eine bayerische Fliegerstaffel im Ersten Weltkrieg, TV-Dokumentation von 2005, Ausstrahlung im TV-Sender Phoenix am 18. März 2005, 20. und 21. Januar 2006 und im BR-Fernsehen am 12. und 14. September 2005
  • Andreas Bönte, Die vergessene Mission, Hörfunkfeature von 2005, Ausstrahlung im Bayern2Radio am 10. September 2005