Totschlagargument
Totschlagargumente (nach Charles Clark auch „Killerphrasen“) sind inhaltlich nahezu leere Argumente, also Scheinargumente oder Vorurteile, von denen der Disputant annimmt, dass die Mehrheit der anderen Diskussionsteilnehmer mit ihm in der Bewertung übereinstimmen und die vor allem der Ablehnung oder der Herabsetzung des Gegenüber dienen. Totschlagargumente werden zumeist dann eingesetzt, wenn man Zweifel hat, den Diskussionspartner überzeugen zu können, trotzdem aber kurzfristig den eigenen Standpunkt durchsetzen oder die eigenen Interessen wahren will. Die fehlende Überzeugungsabsicht unterscheidet das Totschlagargument von einem Argument.
Gleichzeitig wird als Resultat ihres Einsatzes in Kauf genommen, oft sogar angestrebt, dass die gemeinsame Lösung eines Problems oder einer Aufgabe oder die Weiterentwicklung eines Projekts oder einer Idee verhindert wird.
Auf dieses „Töten“ einer Diskussion oder eines kreativen Prozesses bezieht sich der Begriff.
Varianten
Die Autorin Meike Müller unterscheidet sechs Arten von Killerphrasen nach der Absicht, die hinter ihnen steckt:
- Beharrungs-Killerphrasen sollen Veränderungen verhindern, damit alles so bleibt, wie es ist. Beispiel: „Die gegenwärtige Lage macht es unmöglich, etwas zu verändern.“
- Autoritäts-Killerphrasen beruhen auf Überlegenheitsgefühlen und sollen andere einschüchtern. Beispiel: „Wie oft muss ich das noch sagen. Das läuft so nicht!“
- Besserwisser-Killerphrasen kommen von Leuten, die sich für intelligenter halten und anderen ihr Wissen aufdrängen. Beispiel: „Ich weiß schon, wie das endet.“
- Bedenkenträger-Killerphrasen erfolgen ebenfalls aus der Angst vor Veränderung. Bedenkenträger treten jedoch eher zögerlich auf. Beispiel: „Das sollten wir lieber lassen. Wir wollen uns doch nicht die Finger verbrennen.“
- Vertagungs-Killerphrasen sollen aus Angst vor Fehlern Entscheidungen hinauszögern. Beispiel: „Meiner Meinung nach ist die Zeit dafür noch nicht reif.“
- Angriffs-Killerphrasen sind offene persönliche Angriffe. Beispiel: „Typisch blond!“
Kennzeichen
- Der Einsatz kann beinahe an beliebiger Stelle erfolgen.
- Dem Diskussionsergebnis wird vorgegriffen, die Diskussion damit als solche in Frage gestellt.
- Die Verletzung oder Herabsetzung des Gegenüber (Verunglimpfung) ist dieser Argumentation sehr ähnlich.
- Der Diskussionsverlauf wird manipuliert, weil es zur sinnvollen Weiterführung nötig ist, erst den Konsens wieder herzustellen und dieser zumindest vorübergehend den ursprünglichen Gegenstand der Diskussion als solchen verdrängt (Metakommunikation).
- Sie sind nicht zwingend logisch widerlegbar, womit rhetorisch der Eindruck erzeugt wird, sie seien für das Thema relevant, auch wenn das nicht der Fall ist. Des Weiteren wird überspielt, dass nicht nur die Behauptung, sondern auch ihr Gegenteil weder verifizierbar noch falsifizierbar sind, sei es allgemein oder in der gegebenen Gesprächssituation, womit die Behauptung mindestens im Kontext dieser Situation wertlos wird.
Solche in einer Diskussion vorgebrachten Pseudo-Argumente entziehen sich einer sachlichen Auseinandersetzung. Meist handelt es sich um eine subjektive Bewertung des Gegenstands einer Diskussion, vor allem des Vorredners mit massiver impliziter Wertung ohne einhergehende Begründung.
Totschlagargumente können für gewöhnlich von den Beteiligten nicht hinterfragt werden, da sie nur auf der so genannten Meta-Ebene der Kommunikation behandelt werden, was eine gewisse rhetorische Kompetenz erfordert. Sie beeinträchtigen kreative Prozesse, wie zum Beispiel beim „Brainstorming“. Sie stören zudem massiv die Beziehungsebene der Beteiligten und stellen eine Form der so genannten „gewaltsamen Kommunikation“ (siehe hierzu: Gewaltfreie Kommunikation) dar und widersprechen somit den elementaren Prinzipien der Teamfähigkeit.
Lösungen
Lösungen können so aussehen, dass der Leiter einer Diskussion sich selbst vorbildlich verhält, sich gegebenenfalls auf die Moderation der Diskussionsrunde beschränkt und darauf achtet, dass Redebeiträge nicht unterbrochen werden. Für Workshops (vergleiche „Neues Denken“) kann auch das Aufstellen einer schriftlichen Liste von Regeln eine Hilfe sein (jeder darf ausreden, niemand unterbricht, jeder hört zu, ein Mensch – eine Stimme).
Das Streben nach Asymmetrischer Kommunikation kann als Grundlage für den Einsatz von unfairen Stilmitteln erkannt und vermieden werden. So bieten das Win-Win-Konzept in der Verhandlungsführung sowie das Clienting, das Harvard-Konzept, die Moderationsmethode, aber auch die Themenzentrierte Interaktion im Umgang mit einem Thema, der eigenen Rolle und dem Gegenüber hinreichend erprobte Kommunikationsmodelle zur Vermeidung von Gesprächsumfeldern, in denen es zur Anwendung von Totschlagargumenten kommt.
Siehe auch
Literatur
- Charles Hutchison Clark: Brainstorming. Methoden der Zusammenarbeit und Ideenfindung. Verlag Moderne Industrie, München 1973.
- Meike Müller: Killerphrasen... und wie sie gekonnt kontern. Verlag Eichborn, Frankfurt/Main 2003, ISBN 3-821-85564-9.
- Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger, Harald Böck: Das hat noch nie funktioniert. Die besten Killerphrasen von A wie "Aber" bis Z wie "Zielgruppe". Weinheim 2005, ISBN 3-527-50197-5.
- Antonia Cicero, Julia Kuderna: Clevere Antworten auf dumme Sprüche. Killerphrasen kunstvoll kontern; Powertalking in Aktion. Paderborn 2001, ISBN: 3-87387-455-5.