SS-Sonderlager Hinzert



Das SS-Sonderlager Hinzert (auch KZ Hinzert) war ein Haft- und Konzentrationslager des nationalsozialistischen Unrechtsstaates in der Nähe von Hinzert-Pölert im Hunsrück (heute Rheinland-Pfalz). Es existierte mit wechselnden Funktionszuweisungen von 1939 bis Anfang März 1945.
Geschichte
Polizeihaft- und Erziehungslager des RAD
Am 16. Oktober 1939 wurde es als Polizeihaft- und Erziehungslager des Reichsarbeitsdienstes (RAD) eingerichtet und war ursprünglich zur „disziplinarischen Behandlung“ von zur Arbeit am Westwall oder den Reichsautobahnen Zwangsverpflichteten bestimmt. Es gab zahlreiche Außenlager, die vor allem dem Bau neuer militärischer Infrastruktur dienten, z. B. der Flugplätze in Mannheim oder Mainz-Finthen.
Konzentrationslager
Am 1. Juli 1941 wurde das Lager durch die Inspektion der Konzentrationslager übernommen und erfüllte seither vielfältige Aufgaben als „Wiedereindeutschungs-“, „Schutzhaft-“ und „Arbeitserziehungslager“. Ca. 14.000 ausschließlich männliche Häftlinge im Alter zwischen 13 und 80 Jahren durchliefen das Lager bis zu seiner Räumung 1945. Teilweise betrug die Sterblichkeit in dem theoretisch für 560 Häftlinge ausgelegten, aber mit jeweils 1.200 bis 1.500 Menschen völlig überbelegten Lager bis zu 2 % der Belegschaft pro Tag. Daher muss von einer weit höheren Opferzahl als den 321 gesicherten Toten ausgegangen werden.
Obwohl Hinzert nie eine ausdrückliche Vernichtungsaufgabe innehatte und nicht über Tötungsanlagen wie z. B. Gaskammern verfügte, kam es neben den alltäglichen sadistischen Morden durch das Lagerpersonal (insbesondere durch Ertränken) zu angeordneten Massentötungen u. a. von sowjetischen Kriegsgefangenen. Die Massenmorde geschahen entweder durch Erschießen oder durch Giftspritzen.
Gedenkstätte
„Hinzerter Kreuz“
Ausländische Häftlinge, wie z. B. französische Opfer der Nacht-und-Nebel-Aktion und vor allem luxemburgische Staatsbürger, machten einen großen Teil der Belegschaft und der Opfer aus. Daher wurde bereits 1945 durch Luxemburger das so genannte „Hinzerter Kreuz“ aufgestellt, und der Gedenkstein ist nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Luxemburgisch beschriftet.
Ehrenfriedhof
1946 ließ die französische Militärregierung einen Ehrenfriedhof anlegen, auf dem alle in den Massengräbern gefundenen Opfer bestattet wurden, die man nicht identifizieren konnte. Die Friedhofskapelle wurde am 4. November 1948 eingeweiht. Noch heute ist die Gedenkstätte Hinzert in vielen Karten irreführend als „Ehrenfriedhof“ verzeichnet, was ihrer Rolle als Gedenkstätte des Sonderlagers nicht ganz gerecht wird.
Dokumentations- und Begegnungsstätte
Am 11. Oktober 1986 wurde auf dem Friedhof an der Gedenkstätte ein Denkmal des ehemaligen luxemburgischen Häftlings Lucien Wercollier als zentrales Mahnmal eingeweiht. Die Inschrift ist lateinisch und deutsch gehalten; sie lautet In ardorem humanitatis, pacis et iustitiae bzw. Durchdrungen von Menschlichkeit, Frieden und Gerechtigkeit.
1989 gründeten Privatleute in Eigeninitiative den Förderverein Dokumentations- und Begegnungsstätte ehemaliges KZ Hinzert e. V.
1991/92 legte die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz eine Gedenkstättenkonzeption für Rheinland-Pfalz und die beiden dort befindlichen KZ-Gedenkstätten in Osthofen und Hinzert vor. Dieser Konzeption folgend begann 1994 die Installation eines Informationssystems, das die sog. „Stätten der Unmenschlichkeit“ im Umkreis des ehemaligen Lagers in mehreren europäischen Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch) erläutert.
Das offizielle Dokumentations- und Begegnungshaus wurde am 10. Dezember 2005 in Anwesenheit ehemaliger Opfer aus Luxemburg, Frankreich und den Niederlanden eröffnet. Dort befindet sich nun auch eine Dauerausstellung zum Lager, zur Leidensgeschichte seiner Opfer und zu den Gräueltaten der Täter.
Bildergalerie
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Plakette am Eingang
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Katafalk für 321 Opfer
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Gedenktafel der überlebenden französischen Opfer
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Dokumentationszentrum
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Dokumentationszentrum von hinten