Ernährung des Menschen
Ernährung ist eine Basis für die Lebenserhaltung jedes Lebewesens. Für den Menschen steuert sie in wesentlichen Zügen sein körperliches, geistiges, psychisches und soziales Wohlbefinden. Der bewusste Umgang mit Nahrung und Trinken ist eine Dimension der menschlichen Kultur und aller Religionen (siehe auch Ernährungssoziologie).
Unter menschlicher Ernährung versteht man die Versorgung von Menschen mit Nahrung in Form von Lebensmitteln und Genussmitteln. Die Aufnahme der Nahrungsmittel geschieht durch die orale Zufuhr dem Leben dienlicher Stoffe in Form von Speisen und Getränken.
Der menschlichen Ernährung dienen rohe, gekochte oder anders zubereitete, frische oder konservierte Lebensmittel. Mit der Erforschung der Ernährung befasst sich die Ernährungswissenschaft (siehe auch Ökotrophologie). Fehlfunktionen der Nahrungsaufnahme werden als Ernährungsstörungen bezeichnet.
Eine hochwertige Ernährung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Gesundheit des Menschen. Durch die Aufnahme minderwertiger oder schädlicher Lebensmittel kann die körperliche Gesundheit nachhaltig beschädigt oder zerstört werden. Hierdurch entsteht ein großer Teil der gesundheitlichen Probleme der Bevölkerung. Folgen einer falschen Ernährung zeigen sich oft erst Jahrzehnte später.
Ernährungsformen
Es gibt eine unüberschaubare Vielzahl von Ansichten, Theorien und Lehren über den Aufbau einer guten Ernährung, beispielsweise die Theorien von der Vollwerternährung, die Rohkost-Lehre, die Ernährung nach den fünf Elementen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin, die Ayurveda-Lehre, die Makrobiotik (Ernährungswissenschaft aus der Perspektive von Yin und Yang), die Trennkost-Lehre, die Steinzeiternährung und viele mehr.
Zunehmend betätigt sich auch die Ernährungs-, Pharma- und Nahrungsergänzungsmittel-Industrie in der Verbreitung von Ernährungsregeln.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat Ernährungsregeln formuliert, die helfen sollen, genussvoll und gesund erhaltend zu essen.
Ernährung in der menschlichen Evolution
Die Frage nach einer „natürlichen“ menschlichen Ernährung ist immer wieder Gegenstand vehementer Debatten gewesen. Besonders die Frage nach der Ernährungsweise der Urmenschen oder Vormenschen geben immer wieder Anlass zu Spekulationen, so in Debatten um Vegetarismus. Bei der größten Gruppe der vormenschlichen Hominiden - den Australopithecinen - geht man von einer überwiegend pflanzlichen Kost aus, da diese Gattung noch nicht über das nötige manuelle Geschick zur Fleischzubereitung verfügte (z. B. Häuten/Zerteilen eines Tierkadavers). In der Übergangsgruppe zur Gattung Homo, dem Homo Habilis, entwickelten Vertreter dieser Hominiden-Art dann dieses Geschick. So konnten die sogenannten Habilinen Teile aus einem Kadaver wie etwa das nahrhafte Knochenmark verwerten. In der Weiterentwicklung zum Homo erectus nahm das Hirnvolumen des Menschen immer weiter zu. Viele Wissenschaftler gehen von dem erhöhten Stellenwert tierischer Proteine in dieser Phase aus. Allerdings muss dabei betont werden, dass die ostafrikanischen Savannen mit ihrer spezifischen Vegetation dem Menschen keine adäquate Pflanzenkost bieten konnten. Es überwogen Gräser und harte Wurzeln. Gräser etwa können vom menschlichen Organismus grundsätzlich nicht verwertet werden. Harte Wurzelkost konnte nur von der Australopithecinen-Untergruppe Paranthropus robustus verwertet werden. Dieser sich vegetarisch ernährende Hominide zeichnete sich durch ein kräftiges Gebiss aus. Da die Vertreter der Homo-Gattung dagegen nur über ein kleines Gebiss verfügten, kam dieses Nahrungsangebot nicht in Frage. Spätestens vor 500.000 Jahren sind in Europa durch Funde von Waffenresten eindeutige menschliche Jagdaktivitäten und damit ein stetig wachsender Fleischanteil in der Ernährung belegt. Durch Erhitzen und raffinierte Formen der Nahrungszubereitung sowie durch Landwirtschaft wurden Pflanzen wieder in ihrem Stellenwert aufgewertet. Grundsätzlich kann heute nicht von einer einzigen "natürlichen" Ernährungsweise des Menschen gesprochen werden. Die Vorteile des Menschen liegen gerade in der Unbestimmtheit seiner Ernährung. Damit konnte sich der Homo Sapiens an jedes Öko-System der Erde anpassen. Während die Evenki in Sibirien oder die Inuit - ebenso auch der Neandertaler - sich überwiegend fleischlich ernähren, leben die Völker auf den Anden in erster Linie von pflanzlichen Nahrungsmitteln. Eine ausreichende Pflanzenkost ist ferner für den menschlichen Organismus wichtig, da er im Gegensatz zu den Organismen von reinen Fleischfressern wie Löwen, Tigern, Wölfen, etc. selbsttätig kein Vitamin C synthetisieren kann.
Medizinische Spezialformen der Ernährung
In der Medizin gibt es verschiedene Spezialformen der Ernährung:
- Enterale Ernährung = Ernährung über den Darm
- Normale orale Ernährung
- Sondenernährung
- PEG Sonde = Perkutane endoskopische Gastrostomie
- parenterale Ernährung = Ernährung am Darm vorbei
- intravenöse Ernährung
- durch Dauertropfinfusion, z. B. von Eiweißlösungen (Aminosäurengemische), Kohlenhydraten (Glucose in Ringerlösung oder physiologischer Kochsalzlösung), Fetten und Vitaminen.
- Subcutantherapie
- intravenöse Ernährung
- keimfreie Ernährung bei Patienten mit schwerer Abwehrschwäche Immunsuppression (auf keimfreier Station).
- künstliche Ernährung
- Ernährung ohne die Mithilfe des Patienten mittels Sonde oder als parenterale Ernährung z. B. bei Bewusstseinsstörung.
- passierte Ernährung = zerkleinerte Ernährung, bei Kauproblemen, Schluckschwierigkeiten (Dysphagie, Achalasie) oder Magenproblemen
- "Astronautenkost" = leicht resorbierbare Kost ohne Ballaststoffe, um eine möglichst geringe Stuhlgangsfrequenz zu erreichen
- kalorienreduzierte Ernährung bei Übergewicht
- Aufbaukost bei Unterernährung
Probleme bei der Ernährung
Falsche Ernährung
Im Allgemeinen kann man drei Formen von falscher Ernährung unterscheiden. Bei allen kommt es zu Beeinträchtigungen der körperlichen Funktionen, z. B. der Organe, des Immunsystems, des Bewegungsapparates, der Haut und des Wachstums von Kindern. Man unterscheidet:
- Überernährung und Adipositas (beispielsweise durch eine zu hohe Energieaufnahme)
- Unterernährung und Hunger (durch die allgemeine Ungleichverteilung der Nahrung weltweit (Welthunger) und spezielle Ereignisse wie Hungersnöte, Kriege und Naturkatastrophen, aber auch durch Krebs, HIV und Essstörungen)
- Fehlernährung und Vitaminmangel (beispielsweise durch mangelndes Wissen über die Nahrung oder falsche Zubereitung der Speisen)
Ernährungsbedingte Zivilisationskrankheiten
Für eine große Zahl an Krankheiten wird diskutiert, ob sie durch Fehl- oder Mangelernährung zumindest mit verursacht werden. Einen wissenschaftlichen Beweis dieser Annahme gibt es aber nur für die wenigsten Erkrankungen, zum Teil deshalb, weil ein solcher Beweis, methodisch bedingt, schwierig zu führen ist. Krankheiten, die im Verdacht stehen, durch Fehl- oder Mangelernährung begünstigt zu werden, sind:
- Der Gebissverfall, die Zahnkaries und die Parodontose
- Die Erkrankungen des Bewegungsapparates, die so genannten rheumatischen Erkrankungen (Arthrose und Arthritis), die Wirbelsäulen- und Bandscheibenschäden.
- Alle Stoffwechselkrankheiten wie Fettsucht, Zuckerkrankheit, Leberschäden, Gallen- und Nierensteine, Gicht usw.
- Die meisten Erkrankungen der Verdauungsorgane wie Stuhlverstopfung, Leber-, Gallenblasen-, Bauchspeicheldrüsen- sowie Dünn- und Dickdarmerkrankungen, Verdauungs- und Ferment-Störungen.
- Gefäß-Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall und Thrombosen.
- Mangelnde Infektabwehr, die sich in immer wiederkehrenden Katarrhen und Entzündungen der Luftwege (Erkältungen und Nasennebenhöhlen-Entzündungen) und in Nierenbecken- und Blasenentzündungen äußert.
- Allergien, Neurodermitis, Hautausschläge.
- Manche organische Erkrankungen des Nervensystems.
Literatur
- Claus Leitzmann: Welternährung zu Beginn des 21. Jahrhunderts: Die globale Ernährungssituation. Biologie in unserer Zeit 31(6), S. 408 - 416 (2001), ISSN 0045-205X
- Claus Leitzmann, Markus Keller, Andreas Hahn: Alternative Ernährungsformen, Hippokrates, Stuttgart, 2. Aufl. 2005, ISBN 3-8304-5324-8
- Utz Thimm, Karl-Heinz Wellmann: In aller Munde. Ernährung heute. Suhrkamp Verlag (stw 3602), Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-45602-4
- Utz Thimm, Karl-Heinz Wellmann: Essen ist menschlich. Zur Nahrungskultur der Gegenwart. Suhrkamp Verlag (stw 3533), Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-45533-8
- A. Hahn, A. Ströhle, Maike Wolters: Ernährung - Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2005, ISBN 3-8047-2092-7
- Thomas Spengler: Gesundheit durch Vitalstoffe, Selbstverlag, 2004, ISBN 3-0001-2604-X
- Erika Fink: Ernährung und Diätetik für die Kitteltasche. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, ISBN 3-8047-1933-3
- Pollmer U. Warmuth S.: Lexikon der populären Ernährungsirrtümer, Eichborn 2000, ISBN 3-8218-1615-5
- Worm N.: Syndrom X oder Ein Mammut auf dem Teller, Hallwag 2000, ISBN 3-7742-5283-1
A.Hacheney:Wasser - Wesen zweier Welten
Siehe auch
- Fasten, Heilfasten, Bioflavonoide, Essentielle Stoffe, Fehlernährung, Gesundheit, Krankheit, Hygiene, Physiologie, Sport, Nahrung, Kochkunst, Fast-Food, Nurses' Health Study, Steinzeiternährung, Sucht, Rohkost, Urkost, Veganismus, Vegetarismus, Vitamine, Vollkost, Vollwert, Verdauung, Ernährungssoziologie, Forschungsinstitut für Kinderernährung
Weblinks
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.
- Das Europäische Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E. e.V.)
- Ernährungsberatung Rheinland-Pfalz
- Die bunte Welt der gesunden Ernährung - Kurzübersicht über auf die Gesundheit ausgerichtete Ernährungsformen
- Einfacher Online-Ernährungscheck
- Ernährungsbroschüre der Deutschen Krebshilfe (PDF-Datei)
- Richtige Ernährung aus zahnmedizinischer Sicht
- Richtige Ernährung aus hirnphysiologischer Sicht
- Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik
- Sportliche Ernährung
- Das wissenschaftliche ABC der gesunden Ernährung (FLUGS-Fachinformationsdienst am GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit)