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Rotmilan

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Rotmilan
Rotmilan (Milvus milvus)
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Classis: Vögel (Aves)
Vorlage:Ordo: Greifvögel (Falconiformes)
Vorlage:Familia: Habichtartige (Accipitridae)
Vorlage:Genus: Milane (Milvus)
Vorlage:Species: Rotmilan
Wissenschaftlicher Name
Milvus milvus
Linnaeus, 1758

Der Rotmilan (Milvus milvus), gelegentlich auch Roter Milan, Gabelweihe oder Königsweihe genannt, ist eine etwa mäusebussardgroße Greifvogelart aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae).

Im Gegensatz zum nahe verwandten, geringfügig kleineren Schwarzmilan ist er in seiner Verbreitung im Wesentlichen auf Europa beschränkt. Über 50 Prozent des Gesamtbestandes dieser Art brütet in Deutschland. Die nahe dem Aussterben stehenden Milane der Kapverden (Milvus fasciicauda), früher als Unterart des Rotmilans aufgefasst (M.m.fasciicauda), gelten heute mehrheitlich als eigenständige Art, sodass vom Rotmilan keine Unterarten anerkannt sind.

Aussehen

Der Rotmilan ist eine gut bestimmbare Greifvogelart. Verwechselt könnte er am ehesten mit dem Schwarzmilan werden, doch sind auch zu dieser, nahe verwandten Milanart, sehr gute Unterscheidungsmerkmale gegeben.

Halbgefächerter Schwanz:
Schwarzmilan (links)
Rotmilan (rechts)

Der Rotmilan ist größer als ein Mäusebussard und etwas größer als der Schwarzmilan; er ist ausgesprochen langflügelig und langschwänzig. Der sitzende Vogel wirkt rötlichbraun, wobei eine deutlich hellere, meist ockerfarbene Federsäumung vor allem der Deckfedern des Oberflügels und des Rückengefieders einen kontrastreichen Gesamteindruck vermittelt. Das Kopf-, Nacken- und Kehlgefieder adulter Rotmilane ist sehr hell, fast weiß und weist auffallende schwarze Federnschäfte auf, die diese Körperpartien schwarz gestrichelt erscheinen lassen. Der ziemlich kräftige Schnabel ist an der Basis gelb, am Schnabelhaken dunkelgrau oder schwarz. Die kurzen Beine sind gelb, die Krallen ziemlich hell. Die Iris erwachsener Vögel ist blassgelb. Das deutlich schwarz längsgestrichelte Bauchgefieder ist etwas heller und leuchtender rötlichbraun als das Rückengefieder; ebenso gefärbt sind die Unterflügeldeckfedern. Die Arm- und Handschwingen sind an ihren Enden sehr dunkel, fast schwarz.

Im Flug fallen vor allem die langen, auf Grund ihrer Länge schmal wirkenden Flügel und der tief gegabelte rostrote Schwanz auf, der immer in Bewegung ist, und auch voll gefächert eine erkennbare Kerbung aufweist. In der Oberansicht kontrastieren die schwarzen Arm- und Handschwingen stark mit der übrigen, rötlichbraunen Gefiederfärbung; noch kontrastreicher ist das Flugbild von unten, da die Basen der Handschwingen weiß sind und so ein ausgedehntes weißes Flügelfeld bilden und im Flügelbug meist ein schwarzes Abzeichen zu erkennen ist. Die äußersten, tief gefingerten Handschwingen, sind in ihrem letzten Drittel schwarz. Im Segelflug sind die Armschwingen leicht über die Horizontale angehoben, die Handschwingen jedoch gerade oder leicht gesenkt, was ein erkennbar geknicktes Flügelprofil ergibt. Die Flügel sind in fast jeder Flugposition im Carpalgelenk deutlich gewinkelt.

Die Geschlechter unterscheiden sich in der Färbung nicht, auch die Jugendgefieder ähneln sehr stark dem Erwachsenenkleid. Bestes, und bei sehr gutem Licht auch feldornithologisch brauchbares Unterscheidungsmerkmal ist der mehr sandfarbene, nicht hellgrauweiße Kopf und das eher gesprenkelt (nicht längsgestrichelt) wirkende, mehr blass rötlichbraune Bauchgefieder. Bei ganz jungen flüggen Rotmilanen kann der Schwanz am äußersten Rand noch eine Rundung aufweisen, da die äußersten Steuerfedern noch nicht ihre volle Länge erreicht haben.

Größe und Körpermasse

Der reverse Geschlechtsdimorphismus ist beim Rotmilan ähnlich wie beim Schwarzmilan in Bezug auf die Körpergröße nicht sehr deutlich, etwas ausgeprägter jedoch in Bezug auf das Körpergewicht. Die schwersten Männchen wurden mit einem Gewicht von 1,1 Kilogramm gewogen; im Durchschnitt liegt es etwas unter einem Kilogramm; die schwersten Weibchen wogen 1,4 Kilogramm, das Mittel liegt bei 1,2 Kilogramm. Die Körperlänge sitzender Vögel variiert zwischen 60 und 73 Zentimeter, wovon zwischen 31 und 39 Zentimeter auf den Schwanz entfallen. Die Spannweite variiert zwischen 150 und 171 Zentimetern.

Stimme

Rotmilane sind akustisch weniger auffällig als Schwarzmilane; vor allem außerhalb der Balzzeit und in weiterer Entfernung vom Horst verhalten sie sich weitgehend stumm, sieht man von Nahrungsstreitigkeiten mit anderen Vögeln, wie Krähen, Bussarden oder Milanen ab, die meist sehr lautstark ausgetragen werden. Auffälligster Ruf ist ein hohes, in der Tonfärbung stark variierendes Wiiieeh, das in verschiedensten Situationen meist gereiht, nur selten als gedehnter Einzelruf, vorgetragen wird. Das erste Element ist langgezogen, die nachfolgenden schließen sich wellenförmig und kürzer werdend an dieses an. In Agressionssituationen ist dieser Ruf höher, spitzer und kürzer. Ruf des Rotmilans

Verbreitung

Verbreitungsgebiet des Rotmilans
grün:Mehrheitlich Jahresvögel
orange: Mehrheitlich Kurz-und Mittelstreckenzieher
blau: Ausschließlich Winterverbreitung
Überwinternde Rotmilane können weiträumig in Südwesteuropa, vereinzelter auch in Süd -und Südosteuropa, in Ausnahmefällen auch in Kleinasien, angetroffen werden.

Das Verbreitungsgebiet des Rotmilans ist heute im Wesentlichen auf Zentral, West -und Südwesteuropa beschränkt. Der Verbreitungsschwerpunkt dieser Art liegt in Deutschland, das allein über 50 Prozent des weltweit auf maximal 22.000 Brutpaare geschätzten Rotmilanbestandes beherbergt. Daneben gibt es größere Brutvogelbestände in Frankreich, auf der iberischen Halbinsel, in Italien, der Schweiz und auch in Großbritannien, dort vor allem in Wales [1]. In Nordeuropa ist der Schwarzmilan nur in Schweden in nennenswerter Anzahl vertreten, während die Art in Finnland und Norwegen nicht vorkommt und auch in den baltischen Staaten sehr selten ist. Größerere Vorkommen bestehen noch in Polen und in der Tschechischen Republik, während in Österreich, der Slowakei und in Ungarn nur wenige Paare brüten. In Osteuropa bestehen Vorkommen nur mehr im äußersten Westen der Ukraine und Weißrusslands, auch im europäischen Russland brüten nur einige wenige Paare. Ob die Art noch auf dem Balkan als Brutvogel vorkommt, ist ungewiss, wenn ja, dann am ehesten in Bosnien und Herzegowina; auch die ehemals nicht unbeträchtlichen türkischen Bestände scheinen nicht mehr, oder nur in einigen wenigen Brutpaaren zu bestehen. Auch in Marokko ist der Rotmilan weitgehend verschwunden und brütet nur mehr im äußersten Norden dieses Staates.

Lebensraum

Der Rotmilan ist ein Greifvogel offener, mit kleinen Gehölzen durchsetzter Landschaften. Er ist bedeutend weniger wassergebunden als die Nominatform des Schwarzmilans, zu dem er jedoch häufig in näherer Nachbarschaft brütet. Bevorzugte Lebensräume sind aufgelockerte Feldgehölze, oft auch Parklandschaften, seltener Heide-und Moorgebiete, solange Bäume als Niststandorte zur Verfügung stehen. Häufig nutzt er die günstigen Thermikverhältnisse in engeren Flusstälern, oder an Berghängen. Zum Jagen braucht er offenes Kulturland, Grasland und Viehweiden, daneben können auch Feuchtgebiete als Nahrungsreviere dienen. Abgeerntete oder gerade umgepflügte Getreidefelder werden ebenso in die Nahrungssuche eingeschlossen wie Autobahnen und Mülldeponien, letztere aber nicht in diesem Ausmaß wie vom Schwarzmilan. Sein Verbreitungsgebiet stimmt im Wesentlichen mit den Braunerdegebieten Mittel -und Osteuropas sowie den mediterranen Braunerde und Terra Rossa-Gebieten überein und liegt schwerpunktmäßig in den Intensivzonen der mitteleuropäischen Landwirtschaft.

Im Allgemeinen ist der Rotmilan ein Bewohner der Niederungen und der Hügellandgebiete etwa bis 800 Meter über NN. Im Schweizer Jura liegen einzelne Brutplätze bei fast 1200 Meter über NN; in den Pyrenäen sind Vorkommen in der subalpinen Stufe bekannt. Historische Brutplätze im Kaukasus und im Hohen Atlas lagen in Höhen von fast 2500 Metern über NN.

Im Mittelalter scheint der Rotmilan auch in einigen europäischen Städten, so etwa in London, genistet zu haben. Er dürfte dort eine ähnliche Rolle als Abfallvertilger gespielt haben, wie sie heute einige Unterarten des Schwarzmilans (M.migrans parasitus; M. migrans govinda) in Afrika beziehungsweise Süd -und Südostasien einnehmen.

In günstigen Nahrungshabitaten können Rotmilane in sehr hohen Siedlungsdichten vorkommen. Besonders dicht besiedelt war ein etwa 13 km² großes Waldgebiet, der Hakel in der Magdeburger Börde. Dort brüteten 1979 136 Rotmilanpaare. Seither gingen die Bestandszahlen dort jedoch kontinuierlich zurück. Solche Konzentrationen mit an die 10 Brutpaare innerhalb eines Quadratkilometers sind Ausnahmen, doch auch in der Baar (Landschaft), sowie im Eichsfeld kommen Rotmilane in hohen Bestandsdichten vor. [2]

Nahrung

Wie der Schwarzmilan ist auch der Rotmilan weitgehend Nahrungsgeneralist; im Gegensatz zu diesem ist er aber ein leistungsfähigerer aktiver Jäger, der imstande ist, Beutetiere bis zur Größe eines Feldhasens zu schlagen und davonzutragen. Fischnahrung nimmt nur ausnahmsweise diese dominierende Stellung ein, wie sie es vor allem bei der Nominatform des Schwarzmilans tut. Auch Aas und Abfälle werden zwar regelmäßig aber seltener als vom Schwarmilan aufgenommen. Individuell sind die Nahrungs- und Jagdgewohnheiten recht verschieden. Während der Brutzeit besteht die Hauptnahrung aus kleinen Säugetieren und Vögeln. Mengenmäßig und gewichtsmäßig überwiegen Feldmäuse (Microtus sp.), Maulwürfe (Talpidae), und Waldmäuse (Apodemus sp.) bei den Säugetieren, bei den Vögeln sehr auffällig der Star (Sturnus sturnus); auch verschiedene Tauben (Columbidae), Krähenvögel (Corvidae) und größere Drosseln (Turdidae), so etwa Amseln (Turdus merula), Wacholder (Turdus pilaris) -und Misteldrosseln (Turdus viscivorus) werden relativ häufig geschlagen. Dort, wo der Hamster (Cricetus cricetus) noch vergleichsweise häufig vorkommt, zum Beispiel in Ostpolen, kann er zu Hauptbeute werden. Oft handelt es sich bei geschlagenen Vögel um verletzte -oder Jungtiere. In wasserreichen Gebieten können Fische, unter ihnen vor allem Weißfische wie die Plötze (Rutilus rutilus), oder der Brachsen (Abramis brama) gewichtsmäßig dominieren. Erbeutet werden sowohl lebende, als auch tote, oder sterbend an der Wasseroberfläche treibende oder an den Ufersaum gespülte Tiere. Nicht unbeträchtilch ist die Menge an Wirbellosen, die der Rotmilan sowohl im Flug als auch auf dem Boden aufnimmt. Vor allem im Frühjahr können verschiedene Käfer (Coleoptera) sowie Regenwürmer (Lumbricus terrestris) ein wichtiger Nahrungsbestandteil sein. Der Anteil an Reptilien- und Amphibien am Gesamtnahrungsaufkommen ist regional sehr unterschiedlich, in südlichen Populationen in der Regel etwas größer als in Mittel -oder Nordeuropa. An Aas ist der Rotmilan etwas weniger häufig zu finden wie der Schwarzmilan, doch nutzt er totgefahrene oder verendete Tiere wie dieser. Er kann an sehr großen Kadavern ebenso anzutreffen sein, wie an den Resten von Kleintieren. Auch an Mülldeponieen, oder in Gebieten, an denen große Mengen tierischer Abfall anfallen, wie zum Beispiel bei Schlachthäusern oder Tierverwertungsanlagen, finden sich Rotmilane ein.

Nahrungserwerb

Rotmilan im Suchflug

Der Rotmilan ist ein Suchflugjäger offener Landschaften, der große Gebiete seines Nahrungsreviers in einem relativ niedrigen, langsamen, Gleit -und Segelflug systematisch nach potentieller Beute absucht. Er ist Überraschungsjäger, der bei erfolglosem Angriff in der Regel abstreicht und das verfehlte Beutetier nicht weiter verfolgt. Nicht selten ist er auch schreitend auf dem Boden zu sehen, wo er vor allem nach Kerbtieren und Regenwürmern sucht. Erspähte Beutetiere nimmt der Rotmilan einfach im Darüberfliegen vom Boden auf, ohne dabei zu landen. Auch Fische werden nach Seeadlerart von der Wasseroberfläche weggegriffen und davongetragen. Vögel vermag er gelegentlich im Flug zu überraschen und zu schlagen, meistens jedoch erbeutet er sie auf dem Boden. Die Beutetiere werden meist nicht mit den Krallen sondern durch kräftige Schnabelhiebe getötet. Rotmilane parasitieren auch andere Vögel, vor allem Schwarzmilane, Krähen und Möwen, jagen ihnen die Beute ab oder belästigen sie so lange, bis sie bereits verschluckte wieder auswürgen.

Insgesamt ist der Rotmilan in seinen Nahrungserwerbsstrategien sehr flexibel. Besonders attraktiv sind Mahdflächen, da diese, für ihn zuvor versiegelte Jagdbereiche freilegen. Bis zu ihrem Umbruch bieten auch abgeerntete Felder sehr gute Nahrungsressourcen, auf die sich Rotmilane sehr schnell einstellen können.

Bei ausreichendem Nahrungsangebot und außerhalb der Brutzeit beginnt der Rotmilan erst einige Zeit nach Sonnenaufgang mit den ersten Beuteflügen und kann seine Jagdflüge bereits einige Stunden vor Sonnenuntergang beenden. Während des Tages legt er größere Ruhepausen, meistens in Horstnähe ein, die auch zur intensiven Gefiederpflege genutzt werden.

Verhalten

Die Aktivitätszeit ist bei gutem Beutetierangebot auffallend kurz, kann aber, insbesondere während der Brutzeit, schon in der frühen Morgendämmerung beginnen und erst mit Einbruch der Dunkelheit enden. Immer werden aber zwischen den Beuteflügen ausgiebige Ruhepausen eingelegt, auch dann, wenn die Nestlinge in unmittelbarer Nähe energisch betteln. Außerhalb der Brutzeit ist der Rotmilan sehr gesellig und zeigt kein territoriales Verhalten; die Art nächtigt fast immer in größeren Schlafgesellschaften, auch die Jagdflüge erfolgen gemeinschaftlich. Diese Schlafgesellschaften können sehr umfangreich werden und mehrere hundert Individuen umfassen. Häufig kann in diesen Milanansammlungen spielerisches Verhalten, wie gegenseitiges Necken sowie synchrone Flugspiele einiger Vögel beobachtet werden. Gelegentlich brechen Rotmilane im Flug Koniferenzapfen ab, um sie einfach nur fallen zu lassen. [3]

Auch während der Brutzeit ist territoriales Verhalten nicht sehr ausgeprägt, doch wird die weitere Umgebung des Horstes (+/- 100 Meter) und der darüberliegende Luftraum gegenüber Artgenossen und artfremde Eindringlinge von beiden Partnern verteidigt. Dabei steigen die Milane hoch auf und attackieren den Eindringling ziemlich energisch von oben. Meist wird er auch, vor allem vom Männchen, eine gewisse Zeit verfolgt, während das Weibchen recht schnell zum Horst zurückkehrt. Ein Nahrungsrevier beansprucht der Rotmilan in der Regel nicht, nur bei sehr geringer Nahrungsverfügbarkeit zeigen einzelbrütende Paare auch diesbezüglich territoriales Verhalten. Gelegentlich wurde auch bei sehr großen Populationsdichten, wie sie zum Beispiel im Hakel oder in einigen Gegenden Wales bestehen, territoriale Verhaltensweisen in den bezüglich der Jagdflächen festgestellt. [4] Rot -und Schwarzmilane können sehr nahe beieinander brüten; bei Streitigkeiten um einen günstigen Nistplatz oder einen bereits errichteten Horst ist in der Regel der Rotmilan der Unterlegene.

Wanderungen

Die Wanderungsstrategien dieser Art sind uneinheitlich. Insgesamt wird in den letzten beiden Dezennien eine Verkürzung der Zugwege und ein vermehrtes Ausharren der Art in zuvor winters geräumten Brutgebieten festgestellt.

Die Mehrheit der nord -und nordosteuropäischen Populationen verlässt im Herbst das Brutgebiet und zieht nach Südwesten, insbesondere nach Spanien. Ebenso verhält es sich mit mitteleuropäischen Vögeln, doch überwintert von diesen eine größere Anzahl von Milanen im Brutgebiet. Brutvögel des südwestlichen Mitteleuropas, Italiens, Frankreichs und Spaniens, sowie die wenigen Rotmilane Südosteuropas und Nordafrikas sind mehrheitlich Standvögel mit unterschiedlich weiträumigen Nahrungsflügen innerhalb ihres Überwinterungsgebietes. In Spanien decken sich die Überwinterungsregionen mit den Brutgebieten der dort residenten Rotmilane. Sie liegen vor allem in der Nord -und Südmeseta, im Ebrobecken, in der Extremadura, sowie in Teilen Südandalusiens. Rotmilane ziehen bei Tag und meistens einzeln oder in kleinen Trupps. Auf dem Wegzug sind die Zuggemeinschaften in der Regel individuenstärker als auf dem Heimzug. Auf Grund der relativ kurzen Zugdistanzen verlassen Rotmilane erst spät das Brutgebiet, selten vor Mitte September, die meisten aber erst in der ersten Oktoberhälfte. Die Weibchen ziehen etwa eine bis zwei Wochen vor den Männchen fort. Sehr früh erfolgt der Heimzug. Schon in der Februarmitte erscheinen die ersten ziehenden Rotmilane wieder im Brutgebiet, das Groß folgt Ende Februar und in der ersten Märzdekade. Ein Großteil der einjährigen -und viele zweijährige Rotmilane ziehen auf ihren ersten Heimzügen nicht ins Brutgebiet zurück, sondern verbringen den Sommer entweder im Überwinterungsgebiet oder vagabundieren in kleineren Gesellschaften in Süd -und Mittelfrankreich, zum Teil auch in der Schweiz. Die meisten Rotmilane kehren in den letzten Jahren um eine -bis zwei Wochen früher heim als noch vor zwanzig Jahren, wie sich insgesamt das Wanderverhalten des Rotmilans in den letzten Jahrzehnten Jahren deutlich verändert hat. Schneeärmere Winter, sowie ein größeres, allzeit verfügbares Nahrungsangebot auf Müllkippen und entlang stark frequentierter Straßen, ermöglichen es auch vielen mittel -und einigen nordeuropäischen Populationen während des Winters im Brutgebiet ausharren zu können. Die größten Winterbestände liegen in Mittel -und Nordeuropa im nördlichen Harzvorland, in der Schweiz (zum Beispiel bei Neerach), in Baden-Württemberg sowie in Südschweden. In einigen Überwinterungsgebieten in der Schweiz und in Südschweden wurden (und werden) die Überwinterer durch Zufütterungen unterstützt. In Baden Württemberg ging die Anzahl der überwinternden Rotmilane mit der Schließung einiger Mülldeponien kontinuierlich zurück.

Brutbiologie

Überblick

Die Art sind sehr brutortstreu. Auch geschlechtsreife Jungvögel versuchen sich meist in der näheren Umgebung ihrer Geburt anzusiedeln, auch dann, wenn in weiterem Umkreis geeignete Brutplätze zur Verfügung stünden. Das führt nach Walz [5] in dichtbesiedelten Rotmilanhabitaten mangels geeigneter Brutmöglichkeiten zu einer Erhöhung des Bruteintrittsalters.

Rotmilane werden in Ausnahmefällen bereits in ihrem ersten Lebensjahr fortpflanzungsfähig, schreiten aber meist erst im dritten Lebensjahr zur ersten Brut. Die Art und Dauer der Paarbindung ist unterschiedlich. Weitgehend monogame Brutsaisonehen sind die Regel, doch wurden mehrjährige Dauerehen ebenso beobachtet wie Partnerwechsel während der Brutzeit. Bei Standvögeln scheint die Paarbindung stabiler zu sein als bei Zugvögel, bei denen auch die durch das Zuggeschehen höheren Ausfallsraten zu häufigerem Partnerwechsel zwingen.

Viele Rotmilane kehren lose verpaart aus dem Winterquartier zurück. Bei in Mittel -und Nordeuropa überwinternden Vögeln wurde Balzverhalten während der gesamten Überwinterungszeit festgestellt. Männchen und Weibchen kommen bis zu 12 Tage zeitlich versetzt im Brutgebiet an; Erstankommende(r) kann sowohl das Weibchen als auch das Männchen sein. Im Brutgebiet beginnen die Standvögel bereits Mitte bis Ende Februar mit der Hauptbalz, die Zugvögel im Durchschnitt etwa zwei bis drei Wochen später.

Horstbau und Balz

Gelege und Brut

Drei nestjunge Rotmilane im Horst, der älteste ist 32 Tage alt. Sie zeigen die für die Art bei Bedrohung typische Akinese

.

Mischbruten

In freier Natur wurden bislang zweimal Mischbruten zwischen Rot- und Schwarzmilan festgestellt; beide Bruten waren erfolgreich. Der Schwarzmilan war jeweils der weibliche Vogel. Auch erfolgreiche Bruten zwischen einem Schwarzmilanmännchen und einem Hybridweibchen wurden bekannt. In Gefangenschaft kommen solche Mischbruten häufiger vor.

Regelmäßig kommt es auf den Kapverden zu Mischbruten zwischen dem dort (ehemals) einheimischen Kapverdemilan und den vor etwa hundert Jahren eingewanderten Schwarzmilanen. Der Kapverdemilan wird entweder als Unterart des Rotmilans (Milvus milvus fasciicauda) [6] oder als eigenständige Art (Milvus fasciicauda) aufgefasst. Aus diesen Mischbruten entstehen fruchtbare Nachkommen, die sich weiterverpaaren, sodass es fraglich erscheint, ob reinerbige Kapverdemilane überhaupt noch existieren[7].

Bestand und Gefährdung

Lebenserwartung

Rotmilane können sehr alt werden. Ein in Freiheit aufgefundener Rotmilan war fast dreißig Jahre alt. [8] Die tatsächliche Lebenserwartung freilebender Vögel ist jedoch bedeutend geringer. Besonders der erste Wegzug endet für viele Rotmilane tödlich. Am Ende des ersten Lebensjahres leben von einem Geburtsjahrgang weniger als 60 Prozent. Mit wachsender Erfahrung verlangsamt sich die Ausfallsrate, sodass nach drei Jahren noch etwa 35-40 Prozent eines Jahrganges am Leben sind und zur Brut schreiten können. Abschuss, Kollisionen mit Hindernissen und Stromleitungen sowie Vergiftungen sind die häufigsten Todesursachen.


Namensherleitung

Sonstiges

Der Rotmilan war in Deutschland Vogel des Jahres 2000. Mit der Wahl sollte auf seine Gefährdung durch die Intensivierung der Landwirtschaft sowie die besondere Verantwortung Deutschlands für die Erhaltung der Art aufmerksam gemacht werden.

Literatur

  • James Ferguson-Lees and David A. Christie: Raptors of the World. Houghton-Mifflin Company Boston and New York 2001. pp 376-379. ISBN 0-618-12762-3
  • Theodor Mebs und Daniel Schmidt: Die Greifvögel Europas Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Biologie, Kennzeichen, Bestände. Franckh-Kosmos Verlags GmbH Stuttgart 2006. S 321-330. ISBN 3-440-09585-1
  • Rudolf Ortlieb: Der Rotmilan - Milvus milvus. Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben 2004 (Die Neue Brehm-Bücherei, Band 532). 5. Auflage (unveränderter Nachdruck der 3. Auflage von 1989).ISBN 3-89432-344-2.
  • Jochen Walz: Rot- und Schwarzmilan. Flexible Jäger mit Hang zur Geselligkeit. AULA-Verlag, Wiebelsheim. ISBN 3-89104-644-8
  • Benny Génsbøl und Walther Thiede: Greifvögel. Alle europäischen Arten, Bestimmungsmerkmale, Flugbilder, Biologie, Verbreitung, Gefährdung, Bestandsentwicklung. BLV Buchverlag, 2005. ISBN: 3-405-16641-1

Einzelnachweise

  1. Verbreitung in Wales (PDF-Datei; 28 KB)
  2. Mebs&Schmidt S 324 u. S.325
  3. Walz S. 15
  4. Walz S. 79
  5. Walz S. 79
  6. Mebs&Schmidt S. 322
  7. Prioritizing species conservation: does the Cape Verde kite exist (pdf, 360 kbyte)
  8. K. George & K.und B. Nicolai: Lebenserwartung freilebender Milane (Milvus milvus, Milvus migrans). In: Orn. Jber. Mus Heinemann 14: 49-51. Zit. nach Walz S. 127
Commons: Milvus milvus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien