Iranistik

Die Iranistik ist ein interdisziplinäres wissenschaftliches Feld, das sich mit dem Studium des iranischen Kulturgutes beschäftigt. Hierzu zählen die Geschichte, die Literatur, Kunst und Kultur Persiens und des modernen Iran sowie der iranischen Völker. Weiterhin befasst sie sich mit dem Studium der iranischen Sprachfamilie.
Die Iranistik befasst sich mit den heutigen Staaten Iran, Afghanistan, Usbekistan und Tadschikistan.
Zu den bekanntesten Forschern auf dem Gebiet der Iranistik gehören der US-amerikanische Orientalist Richard N. Frye, die britische Iranistin Mary Boyce, der russische Wissenschaftler Orientexperte Vladimir Minorsky sowie u.a. die aus dem Iran stammenden Ehsan Yarshater, Mitbegründer der Encyclopædia Iranica, und Zabihollah Safa, dem Verfasser der umfassendsten persischen Literaturgeschichte.
Geschichte der Iranistik im Iran (Persien)
Gemäß des englischsprachigen Wikipediaartikels zu diesem Bereich (Iranian Studies) wird der persische Dichter Firdausi (~990-1020 n.Chr.) als einer der frühen Begründer der Iranistik betrachtet. In seinem Meisterwerk, dem Schahname ("Buch der Könige"), liefert er eine extensive Betrachtung der persischen Kultur, Literatur, Kunst, Geschichte und Anthropologie bis in seine Zeit. Weiterhin Aufschluss bieten die History of the Prophets and Kings, des Geschichtsschreibers Abû Dscha'far Tabari, der historische Gegebenheiten bis 915 n.Chr. widergibt, sowie das Buch Tarikh-e Mas'udi des persischen Historikers Abolfazl Beyhaghi (995 -1077), das als eines der zuverlässigsten Quellen zum Ghaznavidenreich gilt. Dessen flüssiger Prosastil machte es ebenfalls zu einem wichtigen Werk der persischen Literatur.
Aus dem 15. Jht. stammt das Zafername ("Buch des Sieges") Scharaf ud-Din 'Ali Yazdis, das über den Eroberer Timur (1370-1405) berichtet und wahrscheinlich auf dem gleichnamigen Buch von Nizam ud-Din Schami basiert, das auf Bitten Timurs verfasst wurde.
Die Iranistik im modernen Persien (Iran)
Die Universität Teheran richtete einige Lehrstühle der Iranistik ein, so z.B. zur Sprachwissenschaft und Kultur des Antiken Iran, persischen Literatur, Geschichte und Archäologie. Viele bekannte Persönlichkeiten lehrten hier während des letzten Jahrhunderts wie beispielsweise Abdolhossein Zarrinkoub, Ahmad Tafazzoli, Zabihollah Safa, Mehrdad Bahar, Jaleh Amouzgar und Badiozzamen Forouzanfar. Auch die Universität Shiraz richtete Lehrstühle in diesem Gebiet an, an dem bekannte Iranisten wie Alireza Shapour Shahbazi unterrichteten, einem bedeutenden Archäologen der Achämenidenzeit.
Zu Beginn des 20. Jh. etablierte der Linguist Allameh Ali Akbar Dehkhoda das bis heute umfassendste Wörterbuch der persischen Sprache (Farsi), das in 15 Bänden erschien.
Publikationen zum Thema der Iranistik erschienen u.a. in Sokhan, Rahnamay et Ketab und Kelk.
Die Iranistik in Europa

Innerhalb Europas steuerte Deutschland einen bedeutenden Beitrag zu dem Feld der Iranitik bei. So gehört die Universität Göttingen beispielsweise zu den Pionieren der Iranistik im Westen. 2003 feierte sie das 100 jährige Bestehen dieses Fachbereichs. Weitere Universitäten mit Lehrstühlen in diesem Fach waren bzw. sind die Universität Hamburg, die FU Berlin,die Humboldt Universität, außerdem Universitäten in Freiburg, Marburg und Heidelberg (sicherlich auch in Bonn). Auch in allen weiteren europäischen Ländern gibt und gab es wichtige Forschungszentren in diesem Bereich. In Frankreich beispielsweise spezialisierte sich das Institut Francais de Recherches en Iran (IFRI) in diesem Gebiet, in England das Institute of Persian Studies sowie die School of Oriental and African Studies (London). In Bulgarien, Sofia, gibt es seit 1959 ein Institut der "Persischen Philologie".
Die Société des Iranologues Européens (Gesellschaft der europäischen Iranisten) organisiert regelmäßig zahlreiche Konferenzen in unterschiedlichen Universitäten und Wissenschaftszentren der Welt.
Wertvolle Sammlungen zur iranischen Kultur finden sich im Londoner British Museum, im Pariser Louvre und im Pergamonmuseum (Museumsinsel), Berlin.
Die Iranistik in den Vereinigten Staaten
Spätestens seit 1958 bestehen in den Vereinigten Staaten bedeutende Forschungszentren zur Iranistik, so z.B. an der Stanford University und Columbia University.
Die Encyclopædia Iranica, eine der umfassendsten Quellen zur Iranischen Kultur, wurde an der Columbia University initiert. Iranisten wie Richard Nelson Frye und Ehsan Yarshater waren an diesem Projekt maßgeblich beteiligt. Es gilt als die genaueste und zuverlässigste Referenz zu Land, Leben, Kultur und Geschichte aller iranischen Völker und deren Zusammenwirken mit anderen Völkern.
Weitere Forschungszentren der Iranistik
Forschungszentren zur Iranistik finden sich in der ganzen Welt. So bestehen beispielsweise neben den bereits genannten in Europa und den Vereinigten Staaten weitere in Indien (Kalkutta (Iran Society), in Japan, sowie in vielen weiteren Ländern.
Zeitschriften zur Iranistik

- Archäologische Mitteilungen aus Iran
- Persian (Iranian) Studies Journal
- Iran Nameh
- Iranzamin
- Iran Shenasi
- Majallah-yi Zabanshinasi
- Farhang-e Kerman
- Abstracta Iranica
- Studia Iranica
- Iran: Journal of the British Institute of Persian Studies
- Iran & the Caucasus
- Iranica Antiqua
- Iranistische Mitteilungen
- Iran-nameh:Armenian Journal of Oriental Studies
- Iranshinakht
- Persica.Jaarboek van het Genootschap Nerderland-Iran
- Rahavard
- Studia Iranica
- Zabanshinasi
- Namah-i Farhangistan
- Iran Analysis Quarterly
Ehsan Yarshater Preis
Der Yarshater lectureship Preis zählt zu den höchstangesehensten Auszeichnungen in diesem Gebiet.
Berühmte Iranisten

- Nasser Takmil Homayoun
- Ali Akbar Dehkhoda
- Richard Nelson Frye
- Ehsan Yarshater
- Zabihollah Safa
- Annemarie Schimmel (Orientalistin)
- Mary Boyce
- Henry Corbin
- David Stronach
- Mehrdad Bahar
- Abdolhossein Zarinkoob
- William Chittick
- Elton L. Daniel
- Edward Granville Browne
- Roman Ghrishman
- Gary Sick
- Vladimir Minorsky
- Khosrow Naghed
- Harold Bailey
- Ali Dehbashi
- Ahmad Tafazzoli
- H.H.Schaeder
- Michael Rubin
- Sharokh Meskoob
- Shaul Bakhash
- Dariush Shayegan
- Reynold A. Nicholson
- Alireza Shapour Shahbazi
Siehe auch: Iranier, Arier, Perser, Perserreich, Encyclopædia Iranica, Persische Literatur, Geschichte des Iran, Ahura Mazda, Zarathustra, Mithra, Avesta, Mani, Sprachfamilien, Indogermanische Sprachen, Indoiranische Sprachen, Ibn Sina, Al-Biruni, Omar Chayyam, Rudaki, Daqiqi, Onsuri, Saadi, Hafiz (Ghasel), Nizami, Dschalal ad-Din ar-Rumi, Mohammad Ali Dschamalzade,Sadegh Hedayat, Nima Youschidsch, Iranische Mythologie, Sufismus, Iranischer Kalender, Persische Architektur, Apadana, Persepolis, Golestanpalast, Freiheitsturm (Azadi), Persischer Garten, Persische Miniaturmalerei, Islamische Kunst, Iranische Musik, Iranisches Kino, Persische Küche
Literatur
- Philip Huyse: Iranistik. In: Der Neue Pauly. Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte. Bd. 14 (2000), Sp. 633–641.
- Z. Safa: Anthologie de la poésie persane. Connaissance de l'Orient. Gallimard/Unesco. Paris 1964 (bietet einen umfassenden Überblick über die persische Literatur, allerdings auf Französisch)