Unterbringung (Deutschland)
Die Unterbringung ist die zwangsweise Einweisung zur Heilbehandlung in eine geschlossene Abteilung einer Psychiatrie, wenn der Betroffene über seine Heilbehandlung krankheitsbedingt nach vernünftigen Erwägungen nicht mehr selbst entscheiden kann.
Meist wird diese Maßnahme bei schizophrenen Erkrankungen getroffen, manchmal auch bei manisch depressiven Erkrankungen oder bei krisenbedingten ernstlichen Selbstmordabsichten.
Eine regelmäßige zwangsweise Heilbehandlung außerhalb der Unterbringung (wie z.B. zwangsweise Depotspritzen beim behandelnden Psychiater) ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unzulässig.
Es gibt zwei rechtliche Arten der Unterbringung:.
1. die "fürsorgliche" nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch § 1906 BGB und 2. die wegen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nach den Gesetzen für psychisch Kranke der einzelnen Bundesländer.
zu 1. die fürsorglich Unterbringung nach dem BGB
Eine Unterbringung nach dem BGB ist nur bei Eigengefährdung des Betroffenen wegen einer Lebens- oder erheblichen Gesundheitsgefahr möglich. Wegen einer Vermögensgefährdung kann nicht untergebracht werden!
Der typische Fall ist die Selbstmordgefahr. Eine erhebliche Gefahr sehen manche Gerichte auch bei Drohen der Chronifizierung einer Schizophrenie oder Manie) mit dem damit verbundenden Persönlichkeitsabbau oder wenn durch die Krankheit extreme Zustände (z.b. Leben zwischen eigenen Fäkalien) geschaffen werden, die nach allen Wertungen menschenunwürdig sind.
Manche Gerichte bejahen bei einer eigentlichen Fremdgefährdung wegen möglicher Verteidigungsreaktionen anderer eine Eigengefährdung. Dies erscheint aber weit hergeholt.
Die Unterbringung erfolgt auf Antrag des Betreuers und kann ausnahmsweise, wenn der Betreuer noch nicht bestellt wurde oder nicht erreichbar ist vom Vormundschaftsgericht selbst angeordnet werden (§ 1846 BGB). In diesem Ausnahmefall ist aber zugleich ein Betreuer zu bestellen, es sei denn, ein Betreuer war nur vorläufig verhindert.
zu 2. die Unterbringung wegen Störung der öffentlichen Sicherheit (Landesgesetze für Unterbingung psychisch Kranker)
Die Unterbringung aufgrund Landesgesetze [PsychkG]ist möglich auf Antrag einer dafür zuständigen Verwaltungsbehörde (Kreisbehörde, Landratsamt), bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet bei einer einer Gefährdung von Rechtsgüter anderer (Fremdgefährdung) aber auch die des Betroffenen (Eigengefährdung). Bei der Fremdgefährdung müssen aber bedeutende Rechtsgüter anderer erheblich gefährdet sein, ruhestörender Lärm oder kleinere Vermögensdelikte scheiden aus.
Gewalt in der Ehe aus Wut, Frust, Rache oder Enttäuschung reichen auch nicht aus, selbst wenn Ehegatten sich umbringen wollen. Eine Unterbingung wird nur durch schwerwiegende krankheitsbedingte Ursachen wie Schizophrenie etc. begründet.
Gemeinsames gerichtliches Verfahren
Beide Unterbringungsarten sind vom Vormundschaftsgericht zu genehmigen.. Die Unterbringung nach Landesgesetzen wäre wegen der Gefahr der öffentlichen Sicherheit zwar systemlogisch eine Sache der Verwaltungsgerichte, das war früher auch mal so. Wegen der Überschneidungen beider Gerichtsarten gab es aber Zuständigkeitstreitigkeiten, jedes Gericht schob dem anderen die Entscheidung zu, so daß heute nach dem Gesetz (FGG) ausschließlich das Vormundschaftsgericht entscheidet.
Bei vorläufiger Unterbringung wegen Gefahr in Verzug kann bis sechs Wochen eingewiesen werden, diese Frist kann zwecks Prüfung einer längerer Unterbringung und Beobachtung nochmal um 6 Wochen verlängert werden. In der Praxis wird meistens für sechs Wochen eingewiesen, eine längere Unterbringung als insgesamt drei Monate sind aufgrund vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung selten.
Folgende Mindeststandards sind auch bei Gefahr in Verzug vom Gericht vor Beschlußfassung eigentlich einzuhalten:
1. Antrag eines Betreuers (evt. entbehrlich) oder Verwaltungsbehörde (Unterbringung nach Landesgesetz)
2. psychiatrisches Gutachten über Krankheit (Psychiater, Hausarzt reicht nicht, wohl aber Amtsarzt)
3. Anhörung durch den Richter persönlich (nach dem BVerfG darf hiervon bei Gefahr in Verzug nur abgesehen werden, wenn dieser den ganzen Tag lang mit anderen Anträgen auf freiheitsentziehenden Maßnahmen wie Haftbefehl, Abschiebung beschäftigt ist)
Das Gericht hat abzuwägen, ob die Gefährdung der Rechtsgüter anderer oder Gesundheitsgefährdung des Betroffen eine Unterbingung und somit eine Einschränkung des Freiheitsrechts des Betroffenen, einschließlich des Rechts des Betroffenen zur Krankheit rechtfertigt und verhältnismäßig ist Verhältnismäßigkeitsprinzip).
Das Bundesverfassungsgericht stellt nach einer Entscheidung hohe Anforderungen an die Aufklärung des Sachverhaltes, so daß Unterbringungsverfahren nunmehr manchmal länger dauern, was manchmal z.b. den Tod des Betroffenen während des Verfahrens zur Folge hat.
Vorläufige Unterbringung wegen Gefahr in Verzug durch die Polizei Die Polizei kann nach den meisten Landesgesetzen -soweit kein Richter erreichbar ist-, bei Gefahr in Verzug den Betroffenen in die Psychiatrie schaffen, welches das Gericht dann kurzfristig benachrichtigen muß. Folgt binnen 24 Stunden kein Beschluß, ist der Betroffene zu entlassen.
Einweisungspraxis
Die gesetzlichen Vorgaben werden häufig von Polizei-, Behörden und Gerichten nicht eingehalten. Die Polizei schafft z.b. den Betroffenen gleich in die Psychiatrie, obwohl eine richterliche Entscheidung möglich wäre. Gerichte weisen ohne Antrag der Verwaltungsbehörde nach den Ländergesetzen ein, manche hören den Betroffenen aus Unwissenheit, Unsicherheit oder Bequemlichkeit erst gar nicht an. Schon der amtliche Beschlußvordruck für die Gerichte sieht bei Gefahr in Verzug - entgegen der Gesetzeslage und aller höchstrichterlichen Rechtsprechung - von der Anhörung ab.