Luftkrieg
Der Luftkrieg ist eine Form der Kriegsführung, bei der militärische Operationen hauptsächlich aus der Luft durchgeführt werden. Der Luftkrieg hat seine Ursprünge in der Aufklärung von feindlichem Gebiet. Später wurden Angriffe direkt von der Luft ausgeführt (siehe Bomber). Diese versucht man dann mittels Jagdflugzeugen und Flugabwehr zu vereiteln.
Erster Weltkrieg
Der erste Weltkrieg gilt als Ursprung der modernen Luftkriegsführung. Während der Zeit von 1914 bis 1918 wurde eine Unzahl neuer Luftkriegstechniken entwickelt. Nicht mehr nur die reine Aufklärung stand im Vordergrund, sondern auch der taktische Angriff und die Unterstützung von Bodenstreitkräften mit Flugzeugen.
Anfänge des Luftkriegs
Zu Beginn des Krieges war das Hauptziel der Luftstreitkräfte die operative Fernaufklärung. Eine andere Aufgabe zogen die Führungen der Entente und der Mittelmächte angesichts des noch herrschenden Bewegungskrieges überhaupt nicht in Betracht. Als sich der Stellungskrieg anbahnte, wurden Fesselballons und spezielle Flugzeuge zur Artilleriekoordinierung eingesetzt. Um diese lästigen Lufteinheiten zu bekämpfen, wurden Maschinengewehre und erste improvisierte Flakgeschütze aufgestellt, die jedoch wegen ihrer geringen Trefferwahrscheinlichkeit keinen besonderen Erfolg haben. Ballons und Aufklärer mussten also direkt aus der Luft angegriffen werden.
Die ersten beiden Piloten, die ihr Leben bei einem Luftkampf verloren, waren der russische Captain Nesteroff und der österreichische Baron Rosenthal. Am 8. September 1914 war Rosenthal mit seiner Maschine zu einem Patrouillenflug an der Ostfront unterwegs. Als Nesteroff ihn erspähte, stürzte er sich, ohne an sein eigenes Leben zu denken, in das klapprige Flugzeug des Barons. Beide starben bei dem darauffolgenden Absturz.
Solche Selbstmordaktionen waren natürlich nicht an der Tagesordnung. Die Bekämpfung feindlicher Maschinen wurde mit Gewehren und Pistolen durchgeführt, teilweise auch nur mit Steinen oder Flaschen. Aber auch diese Kämpfe hatten keine besonders durchschlagende Wirkung. Anfangs war es auch gar nicht die Absicht der Piloten, sich gegenseitig vom Himmel zu holen.
Da der Geist von Luftfahrtpionieren noch in ihnen steckte, warf man sich meistens einen Gruß zu und drehte dann ab. Selbst in späteren Luftkämpfen gab man diese "Ritterlichkeit" nicht auf, wie z.B. im Kampf von Ernst Udet gegen Georges Guynemer. Guynemer kämpfte im Juni des Jahres 1917 verbissen mit dem Deutschen, er schoss ihn jedoch nicht ab. Er sah, dass Udet eine Ladehemmung hatte. Also flog Guynemer auf Udets Maschine zu, gab ihm einen Gruß, und verschwand dann wieder über alliiertes Gebiet.
Gegen Ende des Jahres 1914 nahmen einige Piloten, wie Louis Strange, Maschinengewehre mit in ihre Flugzeuge. Sie waren jedoch so schwer, dass das Flugzeug nicht hoch genug steigen konnte, um eine feindliche Maschine ernsthaft zu gefährden. Später verbot man ihm die Mitführung von MGs, und Strange musste sich wieder auf die Aufklärung konzentrieren. Andere wiederum gaben nicht auf. Sie nahmen leichte Maschinengewehre mit an Bord, und konnten somit sogar erfolgreich einige Luftsiege erringen.
Die Deutschen hingegen verließen sich auf die MGs am Boden. Am 22. August wurde das erste britische Flugzeug von Gewehrfeuer getroffen, worauf es über belgischem Gebiet abstürzte. Dauerhaft war dies jedoch keine Lösung, so dass der nächste Schritt die Entwicklung echter Jagdflugzeuge war, welche mit einem fest angebrachten MG nach vorne feuerten. Der Erste, der sich dieser Aufgabe annahm, war der Flieger Roland Garros, der in seiner Staffel mit Morane-Eindeckern flog. Garros fand heraus, dass nur 10 Prozent der Kugeln eines an der Spitze montierten MGs den Propeller trafen. Also verstärkte er den Propeller mit Stahlkeilen, welche die Kugeln am Piloten vorbei ablenkten.
Zum Beginn des Jahres 1915 ging er mit einer Morane Saulnier, die ein Hotchkiss-MG an der Spitze hatte, auf die Jagd nach feindlichen Flugzeugen. Über der belgischen Küste entdeckte er vier deutsche Albatrose, die hinter den feindlichen Linien zum Aufklärungseinsatz unterwegs waren. Garros flog auf eine der Maschinen zu und eröffnete das Feuer. Das gegnerische Flugzeug, dass sofort in Flammen aufging, stürzte ab.
Danach unternahm Garros noch etliche Angriffe, was bei den Deutschen eine regelrechte Panik vor jedem Morane-Eindecker auslöste. Am 18. April jedoch wurde Garros getroffen, und er ging hinter gegnerischen Linien zu Boden. Noch bevor er sein Flugzeug in Brand setzen konnte, wurde er festgenommen. Die Morane geriet in deutsche Hände.
Die kaiserliche Luftwaffe wollte nun ebenfalls solche Jagdflugzeuge entwickeln, weshalb man den in Deutschland arbeitenden Niederländer Antony Fokker beauftragte, ein ähnliches Model zu bauen. Da die deutschen Kugeln härter waren als die der Alliierten, konnte Fokker keine Ablenkeinrichtung an den Propeller anbringen. Also nahm er das von dem Schweizer Franz Schneider entwickelte Synchronisierungssystem als Vorlage für sein Unterbrechergetriebe. Dieses Getriebe stellte das Feuer immer dann ein, wenn die Kugeln den Propeller getroffen hätten. Fokker baute das neue System in seine schon zuvor entwickelte Fokker E.III-Eindecker ein, und brachte die Maschine an die Westfront. Der Eindecker war schnell und nicht so träge wie die anderen deutschen Flugzeuge, weshalb seine Piloten auch in eine Flugschule gehen mussten, um den Umgang mit der neuen Maschine zu lernen.
Trotz ihrer hervorragenden Eigenschaften war das Projekt der Fokker gefährdet. Das Unterbrechergetriebe versagte zu oft, und es kam zu vielen tödlichen Unfällen. Dies hatte zur Folge, dass die Maschine bald auf Ablehnung stieß und auch Fokkers Flugschule geschlossen wurde.
Erst als die beiden Sachsen Max Immelmann und Oswald Boelcke sich am 1. August 1915 entschlossen, mit der Fokker einige britische Flugzeuge über dem Himmel von Douai anzugreifen und damit auch noch großen Erfolg hatten, gewann der Jagdflieger wieder an Bedeutung. Bis zum Frühjahr 1916 herrschte nun der Schrecken der Fokkergeißel über dem Himmel von Flandern. Nur der Anblick eines dieser Flugzeuge reichte aus, um Franzosen und Engländer zur Rückkehr zu bewegen. Der Luftkrieg hatte begonnen.
Bombenangriffe
Bombenangriffe gehörten zu den ersten militärischen Operationen, die von der Luft aus durchgeführt wurden. Am 22. September 1914 starteten 4 Flugzeuge des Royal Naval Air Service (RNAS) zum Angriff auf eine Zeppelinhalle bei Düsseldorf. Nur ein Flieger fand das Ziel. Es wurde eine Bombe abgeworfen, die jedoch nicht explodierte. Ein zweiter britischer Angriff fand am 21. November am Bodensee statt. Dabei wurde eine Zeppelinhalle zerstörte. Wenige Zeit später griffen auch die Deutschen an. Der erste erfolgreiche Bombenabwurf gelang einem Aviatik-Flieger am 24. Dezember bei Dover.
Für die Deutschen waren Zeppeline die besten Bombenträger. Die Luftschiffe waren zwar leicht auszumachen, doch die Wirkung ihrer Bomben war beträchtlich. Der Kaiser sträubte sich anfangs gegen eine Bombardierung Londons, schließlich war er mit dem britischen Königshaus verwandt. Doch Großadmiral Alfred von Tirpitz konnte den Kaiser überreden, seine Zustimmung doch zu geben. Seine Hoffnung war es, die Briten mit Bomben einzuschüchtern.
Am 19. Januar wurde der erste Bombenangriff auf London geflogen, wobei 4 Menschen starben. Fast zeitgleich wurden die ersten Bombenzielgeräte entwickelt, wie das Dorana-Bombenzielgerät und das Lafay-Zielgerät. Sie waren zwar noch sehr primitiv, aber die Trefferwahrscheinlichtkeit wurde dadurch erheblich verbessert.
1916 wurden die Bombenattacken verstärkt. Nun wurden zusätzlich zu den Sprengbomben auch Brandbomben eingesetzt, mit denen besonders in England großer Schaden angerichtet wurde. Der schlimmste Angriff wurde in der Zeit vom 31. März bis zum 6. April durchgeführt, worauf viele Arbeiter demoralisiert werden. Die Briten waren nun gezwungen, die Arbeitsstätten bei Gefahr zu verdunkeln oder ganz stillzulegen.
Ein weiterer schwerer Angriff erfolgt am 2. September mit 14 Luftschiffen. Doch diesmal gelang es einem englischen Flieger, ein Zeppelin abzuschießen. Es war der erste Abschuss über britischem Gebiet.
Ab 1917 wurden Großflugzeuge gebaut. Sie lösten die Zeppeline als wichtigstes Mittel zur Bombardierung ab. Die Großflugzeuge waren schneller und gaben nicht mehr so ein großflächiges Ziel ab. Der Bau dieser Flugzeuge forciert allerdings auch die Aufstellung weiterer Jagdstaffeln.
Flugabwehr und Bewaffnung
Die Flugabwehr war zu Beginn des Krieges eigentlich nicht vorhanden. Um Aufklärer abzuwehren, müssen die Bodenstreitkräfte oftmals improvisieren. Z.B. werden Artilleriegeschütze einfach senkrecht aufgestellt und festgemacht. Da die Feindmaschine sich schon im Geradeausflug befinden musste, um überhaupt getroffen zu werden, waren die Flaks praktisch wirkungslos.
Sehr viel effektiver waren da schon die Maschinengewehre. Da sie häufig zur Verteidigung von Beobachtungsballons verwendet wurden, war es sehr risikoreich, einen Angriff auf einen solchen zu unternehmen. Nur Meister des Sturzangriffs wie Heinrich Gontermann oder Frank Luke griffen solche Ziele an. Ihre Flugzeuge wurden dabei fast immer durchlöchert.
Zum Abschuss von Ballons und Luftschiffen wurde 1915 Brand- und Leuchtspurmunition, welche bereits seit 1910 in den USA entwickelt wurde, verstärkt produziert. Ebenfalls zur Abwehr von Luftschiffen entwarf man kleine Raketen (Le Prieur - Raketen). Diese Raketen wurden von alliierten Doppeldeckern getragen. Sie waren jedoch sehr ungenau und hatten eine kurze Reichweite, weswegen sie bald von verbesserter Munition abgelöst wurden.
Weitere Entwicklungen
Nachdem die Fokker E.III den Himmel unsicher machte, bauten die Alliierten ebenbürtige Flugzeuge. Die Airco DH-2, mit einem hinter dem Piloten angebrachten Motor, war die erste davon. Da sie jedoch leicht ins Trudeln kam und schnell Feuer fing, wurde sie als "Wirbelnder Verbrennungsofen" bezeichnet. Trotz ihrer Schwächen gehörte sie zu den Maschinen, die den Mythos der Fokkergeißel zerschlugen.
Bald wurde auf der Seite der Alliierten die Luftkampftechnik geändert. Bisher flogen die Flugzeuge nur in kleinen ineffektiven Einheiten. Der bekannte englische Flieger Lanoe Hawker war der Erste der sie in Staffeln organisierte, welche in genauen Formation fliegen und kämpfen sollten. Die Franzosen entwickelten die Geleitschutztaktik. Wenig später kam ein tägliches Patrouillensystem, bestehend aus Fünfer- oder Sechsergruppen, hinzu. Kombiniert mit der zahlenmäßigen Überlegenheit alliierter Kräfte, verloren die Deutschen sehr rasch die Lufthoheit.
Wenig später fassten auch die Deutschen ihre Flugzeuge zu Geschwadern zusammen, mit denen sie Sperrpatrouillen versuchten. Trotzdem war die Übermacht der Gegner zu stark. Im Juni starb dann auch noch Max Immelmann (der Adler von Lille), weil sein Unterbrechersystem versagte. In ihrer Verzweiflung wandte sich die deutsche Führung an Boelcke. Er organisierte ein spezielles Kampfgeschwader aus 9 Flugzeugen (Jagdstaffel oder JASTA genannt), die bald sehr erfolgreich waren. Boelcke ging noch weiter, in dem er die besten Flieger holte und ausbildetet. Um seine Erfahrung weiter zu geben, schrieb er die Dicta Boelcke: 8 wichtige Grundlagen des Luftkampfes, die auch noch heute Gültigkeit haben.
Mit Boelckes Wissen und den Jagdstaffeln, die mit robusten Flugzeugen wie die Albatros D.II und der Fokker D.II ausgerüstet waren, verloren die Alliierten wieder ihre Lufthoheit. Zwar waren die alliierten Jäger wie die Spad 7 oder die Nieuport 11 exzellente Kampfflieger, doch andere Maschinen wie ihre Aufklärer waren hoffnungslos veraltet. Meister des Luftkampfes, wie der legendäre Manfred von Richthofen schossen die Einheiten wie Fliegen vom Himmel.
1917 wurden die Alliierten wieder überrascht. Die Deutschen brachten die Albatros D.III an die Front. Der schnelle und manövrierfähige Jäger sorgte somit für den blutigen April (443 Abschüsse) unter den Alliierten. Verluste von bis zu 70% der Besatzung waren keine Seltenheit, und Ersatzleute konnten nicht so schnell aufgetrieben werden.
Erst als 1918 die Amerikaner eintrafen, wendete sich das Blatt. Die amerikanischen Soldaten hatten zwar keine Erfahrung und wurden zu Massen vom Himmel geholt, doch die zahlenmäßige Überlegenheit erdrückte die Deutschen fast. Also konzentrierte sich die Luftwaffe darauf, wenigstens eine lokale Luftüberlegenheit zu schaffen. So konnten sogar bis Ende April 1302 Abschüsse erzielt werden: eine alarmierende Zahl für die Alliierten. Also ließen Franzosen und Briten 3 oder 4 Staffeln übereinander fliegen, wodurch es teilweise zu gewaltigen Luftschlachten kam.
Zum Ende des Krieges hatten die Jagdstaffeln extreme Nachschubprobleme, weswegen der Wiederstand der Deutschen weiter schrumpfte. Letzten Endes entschied sich der erste Weltkrieg jedoch am Boden und nicht in der Luft.
Ende des Krieges
Im ersten Weltkrieg wurden sehr viele neue Waffensysteme eingeführt, alle Elemente moderner Luftkriegsführung waren entwickelt worden. Bombenangriffe wurden zu einem entscheidenten Teil des Krieges. Sie zerstörten nicht nur wichtige Ressourcen, sondern unterstützten auch das eigene Heer beim Angriff. Viele Flugzeugtypen bildeten die Grundlage für die Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs.
Um die Wichtigkeit der Luftwaffe zu betonen, wurde in Großbritannien die Royal Air Force als eigenständiger Teil zur Marine und zum Heer gebildet.
Zweiter Weltkrieg
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