Norilsk
Norilsk (russisch Норильск) ist eine Stadt in Russland und liegt im Nordwesten des Mittelsibirischen Berglandes. Die Stadt hat 132.000 Einwohner (Stand 2005) und wurde vom Blacksmith Institute am 18.10.2006 zu einem der 10 meist verschmutzten Orte der Welt erklärt. Die geographischen Koordinaten sind: Vorlage:Koordinate Text Artikel. Somit ist Norilsk die nördlichste Großstadt der Welt.
Geschichte
Die Region um Norilsk ist außerordentlich reich an natürlichen Ressourcen, insbesondere an Nickel-, Kupfer-, Kobalt- und Platinerzen, sowie hochwertiger Steinkohle. Um diese Bodenschätze nutzbar zu machen, beschloss das Politbüro der Kommunistischen Partei der UdSSR im Jahr 1935, in Norilsk einen Industriestandort zu gründen. Ein Nickelkombinat sollte die Erze vor Ort verhütten und teilweise auch raffinieren. 1939 wurde entschieden, in Norilsk eine komplette Stadt zu errichten. Der administrative Status einer Stadt wurde Norilsk 1953 verliehen.
In den ersten beiden Jahrzehnten wurde Norilsk, sowie das dortige Nickelkombinat fast ausschließlich von Gefangenen gebaut und betrieben, die in dem von 1935 bis 1956 bestehenden Norilsker Besserungsarbeitslager (russische Kurzform: Noril'lag) inhaftiert waren. Die Insassenzahl dieses Lagers stieg bis zu Stalins Tod 1953 stetig an und erreichte in den frühen 1950er Jahren etwa 70.000 Personen.
Von 1948 bis 1954 existierte in Norilsk zudem das „Speziallager Nr. 2“ (auch: „Gornyj lager'“ / „Gorlag“), in dem zusätzlich ca. 20.000 (fast ausschließlich „politische“) Häftlinge unter besonders strengen Haftbedingungen interniert waren. Im Sommer 1953, wenige Monate nach Stalins Tod, traten die Insassen dieses Lagers in einen mehrmonatigen Häftlingsaufstand. Unter anderem forderten sie eine Lockerung der Haftbedingungen, eine strafrechtliche Verfolgung von durch das Lagerpersonal verübten Verbrechen, sowie eine generelle Überprüfung der Fälle aller für politische ("konterrevolutionäre") Vergehen verurteilten Gefangenen. Eine eigens aus Moskau angereiste Kommission stellte Zugeständnisse in vielen, jedoch nicht allen Punkten in Aussicht. In einigen der Lagerabteilungen nahmen die Häftlinge daraufhin die Arbeit wieder auf. Nachdem die Lageradministration jedoch damit begann, die Organisatoren des Aufstands von den übrigen Häftlingen zu isolieren, traten viele dieser Häftlinge erneut in Ausstand. Die Lageradministration brach daraufhin den Widerstand, indem sie jede einzelne Lagerabteilung von Wachtruppen und Einheiten des Innenministeriums stürmen ließ, wobei Dutzende Gefangene zu Tode kamen. Viele der am Aufstand beteiligten Häftlinge wurden systematisch misshandelt, vereinzelt wird auch von Erschießungen berichtet. Über tausend am Aufstand beteiligte Häftlinge wurden in andere Gefangenenlager verlegt.
Industrie
Seit 1993 bildet das vormalige Norilsker Nickelkombinat den Kernbestandteil des zur "Interros"-Gruppe zählenden Konzerns "Norilsk Nickel". Norilsk Nickel ist eines der zehn größten, und zugleich eines der profitabelsten Unternehmen Russlands sowie Weltmarktführer in der Nickelproduktion. Noch heute ist das Unternehmen der einzige nennenswerte Arbeitgeber in Norilsk - etwa 80 Prozent aller Arbeitnehmer sind dort beschäftigt. Zugleich gilt es als größter Einzelluftverschmutzer der Welt. Die Natur in der Umgebung ist über viele Kilometer schwarz gefärbt. Im Jahr 2003 betrug der Gesamtausstoß an Luftschadstoffen in Norilsk 2,020 Millionen Tonnen.
Verkehrsanbindung
Norilsk ist nur mit dem Flugzeug oder dem Schiff direkt zu erreichen. Der Flughafen liegt 40 km außerhalb der Stadt.
An das russische Eisenbahnnetz ist Norilsk nicht angebunden, da eine zu Stalins Zeiten begonnene Strecke nie fertig gestellt wurde. Die Stadt wird jedoch durch eine etwa 120 km lange Bahnlinie mit dem Binnen- und Hochsee-Hafen von Dudinka verbunden. Von dort werden die in Norilsk gewonnenen Erze und Metalle im Sommer über den Jenissej und den nördlichen Seeweg verschifft. Bei der Bahnstrecke handelte es sich anfänglich um eine Schmalspurbahn, die später umgebaut wurde. Bis in die neunziger Jahre fand auch Personenverkehr statt. Nachdem nun aber auch im Winter die Straße nach Dudinka und zum Flughafen vom Schnee befreit werden, wurde dieser eingestellt. Obwohl die Eisenbahnstrecke vielfach als nördlichste der Welt bezeichnet wird, existieren nahe Murmansk noch nördlichere Bahngleise.
Einreisebeschränkungen
Seit November 2001 ist Ausländern (ausgenommen sind Staatsbürger Weißrusslands) eine Einreise in die Stadt nur noch gestattet, wenn Genehmigungen der Stadtverwaltung und des Nickelwerks vorliegen. Fluggesellschaften und Reedereien sind angewiesen, Ausländern ohne derartige Genehmigungen keine Fahrscheine zu verkaufen.
Bildungseinrichtungen
- Filiale des Moskauer Instituts für Unternehmertum und Recht
- Kolleg für Management und Recht
- Norilsker Industrielles Institut
- Norilsker Ökonomisches Institut
Söhne und Töchter der Stadt
- Wladimir Walerjewitsch Bure, ehemaliger russischer Schwimmer und Olympiasieger
Literatur
- Simon Ertz: Building Norilsk, in: The Economics of Forced Labour: The Soviet Gulag, herausgegeben von Paul Gregory, Stanford: Hoover Institution Press, 2003, S. 127–150, siehe: [1]
- Leonid Borodkin, Simon Ertz: Coercion versus Motivation: Forced Labor in Norilsk, in: The Economics of Forced Labour: The Soviet Gulag, herausgegeben von Paul Gregory, Stanford: Hoover Institution Press, 2003, S. 75–104, siehe: [2]