Jan Philipp Reemtsma
Jan Philipp Fürchtegott Reemtsma (* 26. November 1952) ist ein Hamburger Multimillionär, Mäzen, Philologe, Literaturwissenschaftler, Essayist, politischer Publizist, Stifter und Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung (HIS) sowie der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur und lehrt als Professor an der Universität Hamburg.
Er wurde am 25. März 1996 Opfer der so genannten Reemtsma-Entführung.
Leben
Jan Philipp Reemtsma studierte Germanistik und Philosophie in Hamburg. Nach Erreichen des 26. Lebensjahres durfte er laut Testament über sein Erbe verfügen, und er verkaufte seine geerbten Anteile an der Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH. Seit 1980 hat Reemtsma demnach keine Verbindungen mehr zur Firma. Er widmet sich der Literatur und Wissenschaft und ist ein bedeutender Mäzen für kulturelle Initiativen.
Reemtsma unterstützte Arno Schmidt († 1979) noch zu dessen Lebzeiten. 1977 bot er ihm den damaligen Wert eines Nobelpreises in Höhe von 350.000 DM als Unterstützung an, um dem herzkranken Dichter Unabhängigkeit zu gewährleisten. 1981 fand die Gründung der Arno-Schmidt-Stiftung statt, deren Vorstand er seit 1983 ist. Er ist Mitherausgeber der "Bargfelder Ausgabe" des Gesamtwerks von Arno Schmidt und zahlreicher Werke Christoph Martin Wielands.
1984 gründete er das Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS), das er seit 1990 als Vorstand leitet. Das Hamburger Institut für Sozialforschung hat etwa 60 Mitarbeiter und gibt die Zeitschrift Mittelweg 36 heraus. In der breiten Öffentlichkeit wurde es vor allem durch die zwei Wehrmachtsausstellungen bekannt, die den Kriegsverbrechen der Wehrmacht gegen die Sowjetunion und auf dem Balkan gewidmet waren.
1984 gründete er auch die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur und förderte als Vorstand dieser Stiftung die Herausgabe unzähliger Bücher, unter anderem die Werke Jean Amerys, Theodor W. Adornos und Walter Benjamins.
Seit 1996 lehrt er als Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Hamburg.
Am 25. Oktober 2003 hielt er in Darmstadt die Laudatio für Alexander Kluge anlässlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises 2003.
Reemtsma ist ein hohes Verdienst um die abgeschlossene denkmalpflegerische Wiederherstellung und konzeptionell gelungene Erschließung von Christoph Martin Wielands bei Weimar gelegenem Gut Oßmannstedt zuzumessen. Am 25. Juni 2005 wurde die Stätte als Museum und Forschungsdomizil gebührend eröffnet.
Werke und Interviews
Einige Werke
- Folter im Rechtsstaat?. Hamburg: Hamburger Edition HIS 2005. ISBN 3-936096-55-4. (Detaillierte Rekonstruktion des Falls Daschner unter Einbeziehung früherer Diskussionen über Folter in Deutschland.)
- Warum Hagen Jung-Ortlieb erschlug. Unzeitgemäßes über Krieg und Tod, 2003 (Beck'sche Reihe).
- Verbrechensopfer - Gesetz und Gerechtigkeit (zusammen mit W. Hassemer), München 2002, ISBN 3406495656
- »Wie hätte ich mich verhalten«? und andere nicht nur deutsche Fragen, 2001, ISBN 3406473989
- Stimmen aus dem vorigen Jahrhundert. Hörbilder, 2000.
- Der Liebe Maskentanz. Aufsätze zum Werk Christoph Martin Wielands, 1999, ISBN 3251004530
- Mord am Strand. Allianzen von Zivilisation und Barbarei. Aufsätze und Reden, 1998, ISBN 3442755778
- Im Keller, 1997, ISBN 3930908298
- Der Vorgang des Ertaubens nach dem Urknall. 10 Reden und Aufsätze, 1995.
- Mehr als ein Champion. Über den Stil des Boxers Muhammad Ali, 1995.
- Das Buch vom Ich, Christoph Martin Wielands »Aristipp und einige seiner Zeitgenossen«, 1993, ISBN 325120131X
Interviews
- Stiftungswesen und Mäzenatentum: Der Soziologe, Literaturwissenschaftler und Kulturförderer Jan Philipp Reemtsma im Gespräch mit Stefan Lohr, gesendet in: Deutschlandfunk, 2003-08-31 17:05-17:30
- »Auch Arno Schmidt empfand das als Piraterie«. Jan Philipp Reemtsma über das Problem von Raubdrucken, den Fall Schmidt, den Fall Adorno - und über Geld und Neid. Interview Jan Feddersen, in: taz, 2004-03-04; www.taz.de
- »Es ist nie zu Ende« Ein ZEIT-Gespräch über die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ www.zeit.de
Einige Editionen
- Christoph Martin Wieland: Politische Schriften, insbesondere zur Französischen Revolution, herausgegeben zusammen mit Hans und Johanna Radspieler, 3 Bände, 1988.
Ehrungen
- 1997 Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg
- 2001 Nicolas Born-Preis des Landes Niedersachsen
- 2002 Leibniz-Medaille der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Weblinks
- Vorlage:PND
- Hamburger Institut für Sozialforschung http://www.his-online.de
- Heldentum ist keine Pflicht http://www.br-online.de/wissen-bildung/collegeradio/spezial/portraet/reemtsma/
- Jan Philipp Reemtsma liest aus den Finnegans Wake-Übertragungen Arno Schmidts http://www.literatur-live.de/salon/joyce.htm
- "Muss man Religiosität respektieren? Über Glaubensfragen und den Stolz einer säkularen Gesellschaft.", Artikel von Jan Philipp Reemtsma in Monde Diplomatique
Personendaten | |
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NAME | Reemtsma, Jan Philipp |
KURZBESCHREIBUNG | Literaturwissenschaftler, Essayist, politischer Publizist und Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung |
GEBURTSDATUM | 26. November 1952 |