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Operation Sommerregen

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Palästinensischer Angriff, israelische Antwort? - dank Kontextarmut deutlich pro-israelisch, s. Diskussion. --Lixo 13:20, 20. Aug 2006 (CEST)


Vorlage:Box Konflikt Operation Sommerregen (hebräisch מבצע גשמי קיץ Miwtza gischmei kaitz) ist der militiärische Codename einer israelischen Militäraktion im Juni 2006 im Gazastreifen, die nach der Gefangennahme eines 19-jährigen Soldaten durch die israelischen Armee begonnen wurde.

In der Nacht zum 28. Juni überschritten die israelischen Truppen die Demarkationslinie und besetzten erneut den Gazastreifen.

Eine UN-Resolution des Sicherheitsrates scheiterte am 13. Juli 2006 am Veto der Vereinigten Staaten.[1]

Vorgeschichte

Am 28. März haben Militante des Islamischen Dschidad ein 122-mm-Katjuscha-Rakete aus dem Gazastreifen auf Israel abgeschossen.[2] Diese Raketen werden sonst regelmäßig von der Hisbollah verwendet und wurden nie zuvor aus dem Gazastreifen abgeschossen. Eine größere Zahl von Qassam-Raketen schlagen in des Westlichen Negev ein; 49 im März, 64 im April, 46 im Mai und über 83 im Juni. Vor dem Wahlsieg der Hamas wurden die meisten Raktenabschüsse durch den Islamischen Dschihad ausgeführt. Seitdem werden auch andere Gruppen bezichtigt, diese Raketen abzuschießen, unter anderem die Bewegung Palästinensischer Islamischer Dschihad.

Strandzwischenfall von Bait Lahiya

Die israelische Armee nimmt regelmäßig Stellen unter Beschuß, die nach ihren Angaben von militanten Palästinensern zum Abschuß von Raketen verwendet werden.[3][4]

Am 9. Juni wurden bei einem Zwischenfall an einem Strand in der Nähe von Bait Lahiya im Gazastreifen acht Palästinenser getötet. Mindestens dreißig weitere wurden verletzt.[5] Human Rights Watch und das palästinensische Innenministerium beschuldigen die IDF, die die Verantwortung von sich weist. Hamas beendete nach dem Zwischenfall offiziell die 16-monatige Waffenruhe und übernahm die Verantwortung für auf Israel abgeschossene Qassam-Raketen.[6]

Gefangennahme von Osama und Mustafa Muamar

Am frühen Morgen des 24. Juni 2006 drangen Kommandoeinheiten der israelischen Streikräfte erstmals seit dem einseitigen israelischen Abzug im Jahre 2005 in den Gazastreifen ein.[7] Im Haus der Familie Muamar in der Nähe von Rafah, in der Ortschaft Umm al-Nasser, nahmen sie um 3.30 Uhr Ortszeit (0.30 Uhr GMT) Osama und Mustafa Muamar gefangen und schafften beide nach Israel.[8]

Tötung von zwei IDF-Soldaten und Gefangennahme von Gilad Schalit

Am 25. Juni 2006 dringen Militante auf israelisches Gebiet vor. Sie benutzen für diese Aktion einen Tunnel, der Angaben zufolge in Monate langer Arbeit zum Schmuggel von Waffen gegraben worden war. Sie überrumpeln einen Wachposten der israelischen Armee bei Kerem Schalom. Bei dem Gefecht werden zwei israelische Soldaten getötet und der 19-jährige Korporal Gilad Schalit gefangengenommen. (Die israelische Regierung gibt später an, daß diese Aktion der Anlaß für den Beginn ihrer Militäroffensive im Gazastreifen war. Sie beruft sich aber auch darauf, den Beschuß der westlichen Negev mit Qassam-Raketen.vom Gazastreifen aus stoppen zu wollen].

Die radikalislamische Terrororganisation Volkswiderstandskomitee, die bisher unbekannte Gruppe Islamische Armee sowie die als militärischer Arm der Hamas geltenden Izz-ad-Din-al-Qassam-Brigaden gleichermaßen zur Verschleppung des Soldaten und forderten für seinen Austausch die Freilassung aller weiblichen und jugendlichen palästinensischen Gefangenen. Unter den 8500 in Israels Gefängnissen einsitzenden Palästinensern befinden sich 100 Frauen und 330 Jugendliche. Der Finanzminister der von der Hamas geführten Palästinenserregierung bezeichnete die Forderungen der Entführer als „folgerichtig“.

Verlauf der Operation

Am 28. Juni warf die israelische Luftwaffe über dem Gazastreifen Flugblätter ab, die die Bevölkerung vor der bevorstehenden Militäraktion warnten. Anschließend zerstörte die Luftwaffe mehrere Brücken, um den Geiselnehmer etwaige Fluchtwege abzuschneiden, sowie das einzige Elektrizitätswerk des Gazastreifens. Nachdem die Infrastruktur auf diese Weise beschädigt war, rückten 3000 Soldaten des israelischen Heers in den Gazastreifen ein. Augenzeugenberichten zufolge wurde auch die islamische Universität von Gaza von einer Rakete getroffen, woraufhin die Wachmannschaft evakuiert wurde.

Am 29. Juni hielt der Sprecher des Volkswiderstandskomitees eine Pressekonferenz ab, ließ das Schicksal der Geisel jedoch im Unklaren. Am selben Tag wurde ein zunächst vermisster Siedler, der 18-jährige Student Elijahu Ascheri, erschossen aufgefunden. Nach Angabe israelischer Spezialkräfte, die den Leichnam gefunden haben, war er bereits kurz nach seiner Entführung am 25. Juni mit einem Kopfschuss getötet worden, obwohl sein Leben noch am Vortag als Austausch für das Ende der israelischen Offensive angeboten worden war.

Unterdessen nahmen israelische Truppen im Westjordanland mehr als 60 führende Hamas-Mitglieder fest, darunter auch den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Arbeitsminister, den Parlamentspräsidenten und Abgeordnete der Autonomieverwaltung. Diese sollen vor Gericht gestellt werden.

Am 30. Juni dauerten die Luftangriffe der israelischen Armee an. Augenzeugenberichten zufolge wurde auch das Büro des der Fatah zugehörigen palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas sowie das Innenministerium getroffen. Israel meldete zusätzlich die Zerstörung von Waffendepots und Ausbildungslagern der Hamas. Regierungsmitglieder von Russland, USA, Deutschland und UNO forderten erneut zu Verhandlungen auf. Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija forderte die Freilassung der Geisel, kritisierte aber zugleich die israelische Offensive als gegen die Hamas-Regierung gerichtet. Die Aksa-Brigaden meldeten am Abend, einen zweiten Soldaten in ihrer Gewalt zu haben. Diversen festgenommenen Abgeordneten der Hamas wurde das Aufenthaltsrecht in Jerusalem entzogen, da sie sich weigerten, aus ihrer Partei auszutreten. Die israelische Armee rückte weiterhin nicht weiter in den nördlichen Gaza-Streifen ein; nach Informationen der Zeitungen Haaretz und Jediot Aharonot beruhte diese Taktik auf Befürchtungen des israelischen Regierungschefs Ehud Olmert, in dem eng besiedelten Gebiet zahlreiche Opfer in Armee und Zivilbevölkerung hinnehmen zu müssen. Die Meinungen der israelischen Zeitungen in Hinblick auf die vermehrt gegen die palästinensische Hamas-Regierung gerichtete Operation Sommerregen waren gespalten: einerseits wurde die Chance gesehen, endgültig mit Hamas aufzuräumen, andererseits war von einer militärischen Eskalation frei von jeder Logik die Rede.

In der Nacht zum 1. Juli zerstörte Israel laut Angaben des Militärs sieben wichtige Straßen im Gazastreifen durch Luftangriffe, um die Bewegungsfreiheit der Entführer Schalits weiter einzuschränken. Die Entführer weiteten ihre Forderung nach der Freilassung aller weibliche und jugendlichen palästinensischer Gefangenen in Israel auf alle "älteren und kranken" aus.

Am frühen Morgen des 2. Juli feuerte die israelische Luftwaffe eine Rakete auf das Büro des palästinensischen, der Hamas zugehörigen Regierungschefs Ismail Hanija ab. Da sich Hanija desöfteren für eine friedliche Lösung im Konflikt mit Israel ausgesprochen hatte, wird die im Exil in Damaskus operierende Hamas-Regierung oft als Drahtzieher der Entführung genannt.

Am 3. Juli forderten die Entführer ultimativ die Freilassung 1.000 palästinensischer Gefangener binnen 24 Stunden, anderenfalls werde Schalit getötet. Der arabischen Zeitung Al Hajat zufolge habe ein ägyptisches Vermittler-Team Schalit besucht, der zwar verletzt, aber in ärztlicher Behandlung sei. Israel weitete seine Offensive aus: 25 Panzer drangen in den nördlichen Gazastreifen ein; bei Angriffen auf Räume der Al-Aqsa-Brigaden wurden drei Palästinenser getötet und vier weitere verletzt. [9] Das dezimierte palästinensische Parlament beschloss, Israel wegen der Verhaftungen von 30 Abgeordneten und Ministern beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verklagen.

30 Panzer der israelischen Armee rückten am 4. Juli bis nach Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen vor. Bei mehreren Zwischenfällen wurden zwei Palästinenser getötet und vier weitere verletzt. Der Sprecher der Gruppe Islamische Armee deutete trotz Ablauf des Ultimatums an, dass Schalit noch am Leben sei. Mitglieder der Essedin-el-Kassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas, feuerten eine Kassem-Rakete auf Israel ab, die in einem Schulhof der israelischen Stadt Aschkelon einschlug. Der internationale Grenzübergang Eres wurde gesperrt, so dass zahlreiche Ausländer, darunter vor allem Journalisten, im Gazastreifen festsitzen.

In Reaktion auf die Attacke auf die Schule in Aschkelon beschloss Israel am 5. Juli eine Ausweitung seiner Offensive. Darunter fällt auch die Einrichtung einer Sicherheitszone im nördlichen Gazastreifen. Der UNO-Menschenrechtsrat kritisierte das israelische Vorgehen als „unverhältnismäßig“ und warf Israel eine Missachtung der Menschenrechte vor. Bei mehreren Zwischenfällen wurden Palästinenser getötet und zahlreiche verletzt. Auch das palästinensische Innenministerium wurde bei gezielten Luftangriffen getroffen und schwer beschädigt.

Zur Errichtung der Sicherheitszone rückten israelische Panzer am 6. Juli bis in die Außenbezirke von Beit Lahija vor. Dabei verloren sechs palästinensische Zivilisten und ein israelischer Soldat ihr Leben. 55 Palästinenser, darunter 15 Kinder, wurden bei dem Vorstoß verletzt.

In der Nacht zum 8. Juli rückten israelische Bodentruppen in Vororte von Gaza-Stadt ein, wobei es zu heftigen Gefechten kam. Israel zog sich aus den in den Vortagen besetzten Gebieten im nördlichen Gaza-Streifen zurück, schloss aber eine Rückkehr nicht aus. [10]

Reaktionen auf die Aktion

Außenminister der Staaten der Europäischen Union sowie die USA und die UNO äußerten Besorgnis angesichts der Eskalation.

In einer Umfrage zwischen dem 4. und 7. Juli unter mehr als 1000 Palästinensern stimmten 96,3% der Befragten für eine Freilassung des entführten israelischen Soldaten, allerdings für eine Gegenleistung wie insbesondere die Freilassung in Israel inhaftierter Frauen und Jugendlicher.[11]

Folgen

Die Zerstörung des einzigen Elektrizitätswerks des Gaza-Streifens bedeutete neben dem Stromausfall, der 750000 Menschen betraf, auch die Gefährdung der Trinkwasserversorgung, da diese vor allem durch elektrische Pumpen gewährleistet ist. Ebenso ist die Medikamentenversorgung in den Krankenhäusern wegen Israels restriktiver Grenzkontrollen und dem internationalen Wirtschaftsboykott gefährdet.


Literatur

Quellen

  1. Reuters: "US vetoes UN resolution urging end to Israeli attacks in Gaza", 13. Juli 2006
  2. BBC: " Katyusha rocket 'fired from Gaza'", 28. März 2006
  3. The Independent: "Israel steps up attacks on Gaza military bases", 11. Juni 2006
  4. Al-Jazeera: "Israeli air strike kills two Hamas men", 11. Juni 2006
  5. BBC: "Hamas militants vow to end truce", 10. Juni 2006
  6. BBC: "Hamas breaks truce with rockets", 10. Juni 2006
  7. The Observer: "World in brief : Gaza Strip arrests", 25. Juni 2006. Abgerufen am 8. Oktober 2006
  8. BBC: "Israel captures pair in Gaza raid", 24. Juni 2006
  9. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,424726,00.html
  10. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,425710,00.html
  11. AsiaNews.it: Most Palestinians want release of kidnapped Israeli soldier, [1], 17. Juli 2006