Arianischer Streit
Der Arianische Streit, die leidenschaftlich geführten Auseinandersetzungen zwischen Trinitariern und Arianern, dominierte die Kirchengeschichte im 4. Jahrhundert.
Diese Spaltung entstand nur wenige Jahre nach Kaiser Konstantins Toleranzedikt von Mailand von 313, das den Christen erstmals freie Religionsausübung zusicherte.
Der Streit spielte sich nicht nur auf theologischer, sondern vielfach auch oder sogar wesentlich auf politischer Ebene ab.
Die Trinitarier setzten sich erst 381 im 1. Konzil von Konstantinopel unter Kaiser Theodosius letztendlich durch.
Personenüberblick:
Da die beteiligten Herrscher und Bischöfe oft ähnliche oder gleiche Namen aber unterschiedliche Ansichten haben, hier eine Orientierungstabelle.
Kaiser (inkl. Regierungszeit)
Arianisch | Schwankend/neutral | Trinitarisch |
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Konstantia, Schwester von Konstantin, Frau von Licinius | Konstantin I., der Große (306 - 337) | |
Konstantius, Sohn von Konstantin I., (337 - 361) | Konstantin II., (337 - 340) Konstans, (337 - 350) |
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Julian Apostata, (361 - 363) | ||
Valentinian I. (364 - 375) | Valens (364 - 378) | |
Gratianus (367 - 383) | Valentinian II. (375 - 392) vertreten durch Mutter Justina |
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Theodosius I. (379 - 395) |
Bischöfe und Priester (mit Amtszeiten)
Arianisch | Schwankend/neutral | Trinitarisch |
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Arius, Priester († 336) | Alexander von Alexandria, Alexandria († 327) Silvester I., Rom (314-335) |
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Eusebius von Nikomedien, Konstantinopel († 341) Gregor von Kappadozien, Alexandria († 345) |
Eusebius von Caesarea, Palästina († 341) | Athanasius von Alexandria, Alexandria (327-373) |
Wulfila (340-383) | Julius I., Rom | |
Liberius, Rom (352-366) | ||
Damasus I., Rom (366-384) | Basilius von Caesarea, Caesarea (370-378) | |
Gregor von Nazianz, Konstantinopel (380-381) Ambrosius von Mailand, Mailand (374-397) |
Der arianische Streit begann 318 oder 319 in Alexandria während einer informellen Diskussion über die Dreieinigkeit, die der Bischof Alexander mit seinen Ältesten führte.
Einer der Ältesten, Arius, wirft dem Bischof in der Diskussion Sabellianismus vor (Sabellianismus sieht Gott als eine Person, die sich auf dreifache Weise manifestiert) und erklärt dagegen seine Meinung: es gab eine Zeit, da Jesus nicht war und aus dem Nichts ist er geschaffen, belegt sie mit einigen Bibelversen.
Gegen diese Lehre wehrt sich ein junger Diakon des Bischofs, Athanasius, energisch. Ihm geht es nicht um philosophische Überlegungen, er kämpft für die Erlösung. Jesus, als Retter der Welt, kann nicht selbst ein erlösungsbedürftiges Geschöpf sein. Wenn Arius aus Jesus ein Geschöpf macht, raubt er der Menschheit den Erlöser. Athanasius erinnert an Johannes 1. Sein Anliegen wird später am Konzil ausformuliert.
Es kommt 319 zu einer Synode der Bischöfe von Lybien und Ägypten, auf der Arius einmütig als Irrlehrer verurteilt und aus Alexandria verbannt wird.
Der Streit eskaliert jedoch. Im Volk sind die Meinungen sehr geteilt und werden in jedem Fall leidenschaftlich vertreten, und innerhalb weniger Jahre ist die Christenheit des Ostens tief gespalten. Alexandria ist die Hochburg der Trinitarier, die Exegetenschule von Antiochia steht auf der Seite von Arius.
Der Kaiser persönlich appelliert an Bischof Alexander und Arius, sie sollten sich doch zusammenraufen. Als er sieht, dass eine gütliche Schlichtung nicht möglich ist, beruft er ein allgemeines Konzil nach Nicäa bei Konstantinopel ein, wo im Jahr 325 über dreihundert Bischöfe zwei Monate lang tagt. Über das Konzil berichten die Augenzeugen Eusebius und Athanasius. Die eigentlichen Akten des Konzils sind nicht erhalten, sie wurden vermutlich von Arianern (die einige Zeit später Konstantinopel vollständig beherrschten) vernichtet.
Arius argumentiert philosophisch und mit wissenschaftlichen Bedenken, mit denen er die wissenschaftlich interessierten und bisher unentschiedenen Anhänger von Origenes auf seine Seite ziehen will. Athanasius argumentiert mit praktisch-seelsorgerlichen Gedanken: der Christus, den wir verlorenen Menschen brauchen, muss aus dem Wesen Gottes selbst sein. Wer aus ihm ein Geschöpf macht, raubt ihm die Ehre und den Menschen die Chance auf die volle göttliche Erlösung. Auf die Bischöfe, die selbst stark in der Gemeindearbeit verankert sind, wirkt die seelsorgerliche Argumentation stärker als philosophische Bedenken und lassen sich für die Seite von Athanasius gewinnen.
Das Konzil versuchte zuerst, seine Position mit biblischen Ausdrücken zu formulieren, die jedoch von den Arianern sofort in ihrem Sinn uminterpretiert werden. Schließlich wurden die Formeln erarbeitet gezeugt aus dem Wesen des Vaters und gezeugt und ungeschaffen, wesenseins (griechisch oμooυσιoς homoousios (von gleicher Substanz) mit dem Vater. Das Konzil betonte, dass der Sohn Teil der Dreieinigkeit sei, und nicht Teil der Schöpfung.
Allen Arianern wurde mit der Exkommunikation gedroht, falls sie nicht dem Nicäischen Glaubensbekenntnis, das diese Lehre zusammenfasst, zustimmten. Arius stimmt nicht zu und wird verbannt.
Zwei Jahre später wird Arius begnadigt. Im gleichen Jahr stirbt Bischof Alexander von Alexandria und Athanasius wird sein Nachfolger.
Eine Synode von Tyrus und Jerusalem, bei der sowohl Eusebius von Caesarea als auch Eusebius von Nicomedien eine führende Rolle spielen, nimmt Arius und seine Glaubensgenossen 335 wieder in die Kirche auf. Die gleiche Synode setzt Athanasius ab, und es gelingt ihnen, Kaiser Konstantin auf ihre Seite zu ziehen. Athanasius wird nach Trier verbannt, wo er sich mit Konstantinus, dem Sohn Kaiser Konstantins befreundet.
336 stirbt Arius.
337 stirbt Kaiser Konstantin, nachdem er von Eusebius von Nikomedien getauft worden war. Die Grabrede hält Eusebius von Caesarea. Das Reich wird unter Konstantins drei Söhne aufgeteilt: Konstantius bekommt den Osten, Konstantin II. Britannien und Gallien, Konstans Italien und Illyrien. Konstantius beruft Athanasius zurück nach Alexandrien, wo er mit Begeisterung empfangen wird.
Der Arianer Eusebius von Nikomedien wird 338 Bischof von Konstantinopel, was damals in praktischer Bedeutung in etwa dem Rang des Bischofs von Rom entspricht. Im gleichen Jahr setzt ein Konzil in Antiochia Athanasius ab, er wird ein zweites Mal in Verbannung geschickt. Ein Gregor von Kappadozien wird als Bischof von Alexandria eingesetzt (nicht identisch mit Gregor von Nazianz oder Gregor von Nyssa, die beide zwar ebenfalls Kappadozier aber damals noch im Schulalter sind). Im gleichen Jahr stirbt Eusebius von Caesarea.
Ab ca. 340 bekehrt der Arianer Wulfila die Gothen zum (arianischen) Christentum. In den nächsten Jahrzehnten werden die Goten ein wesentlicher Faktor im arianischen Streit, da sie einen grossen Teil des kaiserlichen Heeres stellen und damit auch politischen Einfluss haben.
Nach dem Tod von Konstantin II. 340, wird Konstans alleiniger Herrscher des Westens. Er unterstützt die Nicäaner, während sein Bruder Konstantius auf Seiten der Arianer ist. Auch Bischof Julius I. von Rom unterstützt die Trinitarier und nimmt Athanasius auf. Athanasius entwickelt in dieser Zeit gute Beziehungen zur römischen Kirche.
341 werden in Antiochia zwei arianische Konzile gehalten. Sämtliche anwesenden Bischöfe sind aus dem Osten, die meisten gegen Athanasius. Sie verfassen vier arianische Bekenntnisse, erklären jedoch, keine Arianer zu sein, da sie als Bischöfe nicht einem Priester (Arius war nur Priester gewesen) folgen könnten. In diesem Jahr stirbt Eusebius von Nikomedien.
Das Konzil, das Konstantius in Sardika zusammenruft, um die Einheit der Kirche wieder herzustellen, wird ein Fiasko. Der Westen ist gegen Arianismus, der Osten dafür - beide Seiten verurteilen sich gegenseitig.
345 stirbt Gregor von Kappadozien und im folgenden Jahr wird Athanasius wieder als Bischof von Alexandria eingesetzt. Er wird mit Begeisterung empfangen und arbeitet in den nächsten zehn Jahren als Bischof - und weiterhin nebenamtlich als Kämpfer für den trinitarischen Glauben.
350 wird Konstans, der Kaiser des Westens, ermordet, Konstantius ist damit Alleinherrscher und plant, im ganzen Reich die Trinitarier auszuschalten.
355 wird Athanasius ein drittes Mal verbannt.
Basilius von Caesarea wird 370 Metropolit von Caesarea und setzt trotz Druckversuchen von Kaiser Valens seinen ganzen Einfluss für die trinitarische Seite ein. Er bemüht sich, auch Damasus zu einem aktiven Einsatz zu bewegen, erreicht jedoch nicht viel, nach dem Tod von Athanasius war zwischen Rom und dem Osten eine Entfremdung eingetreten (nicht jedoch zwischen Mailand und dem Osten). In Kleinasien setzt sich unter dem Einfluss von Basilius die trinitarische Seite durch, Konstantinopel praktisch völlig arianisch.
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