Antiqua
Antiqua (lat. antiquus „alt, einstig“) bezeichnet Schriftarten mit gerundeten Bögen, die auf dem lateinischen Alphabet basieren und sich ursprünglich auf Vorbilder der römischen Antike bezogen. Antiqua-Schriften und deren Mischformen sind heute die am häufigsten genutzten Druck- und Schreibschriften für westliche Sprachen.
Umgangssprachlich bezeichnet man als Antiqua auch Serifenschriften, als Gegensatz zur serifenlosen „Linear-Antiqua“, den Grotesk-Schriften. Ihr gegenüber stehen die gebrochenen Schriften und nicht-lateinische Schriften, wie Kyrillisch, Chinesisch etc.
Geschichte
Die Antiqua bildete sich in der Epoche des Humanismus (15. Jahrhundert) in Italien als zunächst handgeschriebene Buchschrift heraus. Die Bezeichnung Antiqua beruht dabei auf einem Irrtum. Die Humanisten der Renaissance kannten die antiken Texte nur in Form von Handschriften, die in der karolingischen Minuskel geschrieben waren, und nahmen an, dass diese, wie die Capitalis, aus der Antike stammten. Daher schrieben sie in der von der karolinigischen Minuskel abgeleiteten humanistischen Minuskel, die sie mit den Versalien der römischen Capitalis Monumentalis kombinierten. Aus diesen beiden entstanden dann die ersten Renaissance-Antiqua-Schriften.
Als Erste druckten die Deutschen Konrad Sweynheym und Arnold Pannartz in Subiaco bei Rom (1465) mit einer frühen Form der Antiqua. Die erste qualitativ überzeugende Antiqua entwickelte der in Venedig lebende Franzose Nicolas Jenson 1470. Die humanistische Kursive entstand knapp vor 1500 als Druckschrift ebenfalls in Venedig.
In Deutschland, wie auch in verschiedenen anderen Ländern (z. B. England) entwickelten sich anfangs analog zur Tradition der Handschriftenzeit mehrere Schriftformen parallel. Für religiöse Texte nahm man anfangs fast ausschließlich gotische Schriften wie die Textura. Für lateinische Texte (klassische antike und wissenschaftliche Werke aus Medizin, Jura, Philosophie) nutzte man die Humanisten-Antiqua.
Die erste deutsche Satzschrift war die Textura von Johannes Gutenberg, eine gebrochene Schrift. Sie entwickelte sich über die Schwabacher zur Fraktur, die in Deutschland bis 1941 neben der Antiqua als Gebrauchsschrift genutzt wurde. Während alle anderen Länder nach und nach zur Antiqua-Schrift übergingen, wurden in Deutschland erst im Laufe des 19. Jahrhunderts verstärkt deutschsprachige Texte in Antiqua gesetzt.
Gliederung nach DIN 16518
Die Antiqua-Schriften werden nach ihrer Entstehungszeit und verschiedenen Gestaltungselementen unterteilt. Als gängige, wenn auch etwas veraltete Gliederung gilt für den deutschsprachigen Raum die DIN 16518.
- Gruppe I: Venezianische Renaissance-Antiqua
- Gruppe II: Französische Renaissance-Antiqua
- Gruppe III: Barock-Antiqua
- Gruppe IV: Klassizistische Antiqua
- Gruppe V: Serifenbetonte Linear-Antiqua
- Gruppe VI: Serifenlose Linear-Antiqua
- Gruppe VII: Antiqua-Varianten
- Gruppe VIII: Schreibschriften
- Gruppe IX: Handschriftliche Antiqua
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Serifen der Stempel-Schneider als Beispiel für eine venezianische Renaissance-Antiqua (Gruppe I)
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Serifen der Garamond als Beispiel für eine französische Renaissance-Antiqua (Gruppe II)
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Serifen der Adobe-Caslon als Beispiel für eine Barock-Antiqua (Gruppe III)
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Serifen der Bauer-Bodoni als Beispiel für eine klassizistische Antiqua (Gruppe IV)
Gliederung der Antiqua nach der Matrix Beinert
Nach der Matrix Beinert wird die Schriftgattung Antiqua in folgende Unter- und Nebengruppen gegliedert:
1. Antiqua (Serif)
- Französische Renaissance-Antiqua (Garalde)
- Klassizistische Antiqua (Didone)
- Venezianische Renaissance-Antiqua (Venetian)
- Vorklassizistische Antiqua (Transitional)
2. Egyptienne (Slab Serif)
- Clarendon-Schriften (Clarendon)
- Egyptienne-Schriften (Slab Serif)
- Zeitungs-Antiquas (Newspaper)
3. Grotesk (Sans Serif)
- Ältere Grotesk (Neo-Grotesque)
- Amerikanische Grotesk (Grotesque)
- Jüngere Grotesk (Humanist)
- Konstruierte Grotesk (Geometric)
Des Weiteren existieren für rundbogige Druck- oder Screenschrift römischen Ursprungs mit und ohne Serifen noch die Hauptgruppen Zierschriften, Corporate Fonts und Screen Fonts.
Siehe auch
Literatur
- Hans Peter Willberg: Wegweiser Schrift. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2001, ISBN 3-87439-569-3
- Indra Kupferschmid: Buchstaben kommen selten allein. Niggli Verlag, Sulgen 2004, ISBN 3-7212-0501-4