Georg Schelling
Georg Schelling (*26. September 1906, † 8. Dezember 1981) war Priester und Journalist in Vorarlberg sowie Häftling und Lagerdekan im KZ Dachau.
Lebenslauf
Georg Schelling wurde am 26.9.1906 in Buch in Vorarlberg geboren. Das Gymnasium in der Mehrerau, Bregenz, schloss er im Jahre 1926 mit der Matura ab. Von vierzehn Maturanten seiner Klasse wandten sich zehn dem Theologiestudium zu. In Brixen studierte Schelling Theologie und wurde am 29. Juni 1930 im Dom zu Innsbruck zum Priester geweiht. Von 1931 bis 1934 wirkte er als Kaplan in Hohenems und dann als Chefredakteur des „Vorarlberger Volksblatts“in Bregenz.
http://193.170.142.165/israel/down/342_Im%20KZ%20Dachau%20-%20Schelling,%20Riccabona.pdf
http://www.kirchenlehre.com/lenz_004.htm
http://projects.brg-schoren.ac.at/nationalsozialismus/nsvlbg.html
http://www.lexikon-definition.de/Anton_Bornefeld
Noch im gleichen Monat, am 30. November 1947, konnten wir Georg Schelling, den neuen Pfarrer von Nenzing, vom Ortseingang ins Dorf geleiten und damit seinen Einzug feierlich umrahmen. Sehr viele Ständchen wurden in der folgenden Zeit abgehalten, um die zahlreichen Heimkehrer in ihrer Heimatgemeinde zu empfangen.
Nach dem Einmarsch der Deutschen 1938 zeigten sich die ersten Verfolgungen meist in Form von Amtsenthebungen, wie zum Beispiel bei Landeshauptmann Winsauer. Dieser wurde aber nur abgesetzt und nicht polizeilich verfolgt. Das liegt daran, dass die Nationalsozialisten nicht auf die Funktion der ehemaligen Machthabern schauten, sondern wie sich diese während der
"Verbotszeit" gegen die Nazis verhalten haben.
Wer ab nun gegen die Nazis ein Wort sagte, musste mit Verfolgung rechnen. Da gab es drei verschiedene Vorgangsweisen:
Deportation in Konzentrationslager: Deportation in ein Konzentrationslager geschah zum Beispiel mit Hugo Lunardon. Er war Gendarmeriepostenkommandant von Dornbirn, und wurde zusammen mit dem Tiroler Gendarm Erwin Gostner zuerst nach Dachau und dann im Mai 1939 in Mauthausen interniert. Auch Georg Schelling, der Chefredakteur des "Vorarlberger Volksblattes". Diese hatten alle mutige Worte und Taten gegen die Nazis gezeigt.
Feb 15, 2000 Marta Alessio Torino, Italien fgbk377x@cisi.unito.it
Ich schreibe gerade eine Dissertation ueber die von Georg Schelling in Dachau geschriebenen Briefe. Georg Schelling war ein oesterreichischer Priester (er wurde sogar Lagerdekan), der 7 Jahre lang im Kz Dachau blieb. 1991 wurde ein Buch mit seinen Briefen von Jakob Fussenegger veroeffentlicht. Mich wuerde interessieren, ob es andere ehemaligen Haeflinge gibt, die ihn kennengelernt haben und sich an ihn erinnern. Wenn jemand etwas weiss, kann sich mit mir durch e-mail in Vebindung setzen. Ich bedanke mich im voraus, Marta Alessio
Schallert, Elmar: Zum Gedenken an unseren H.H. Dekan und Pfarrer Msgr. Georg Schelling. In: Pfarrbrief Nenzing 1982.
Das Häftlingsregister zeigt im Fall der Geistlichen erhebliche Lücken, insgesamt enthält es lediglich 1.375 Namen von Geistlichen; eine Erklärung für das Fehlen so vieler Häftlinge dieser Gruppe ist kaum zu finden. Dabei scheint es so zu sein, dass ein großer Teil der Geistlichen zwar im Häftlingsregister enthalten ist, jedoch nicht als Geistliche kategorisiert. Dies zeigen zumindest zahlreiche Stichproben: Georg Schelling, Johannes Womes, Josef Vykoukal, Emmerich Hornich, Alois Ligud (Liqud), Angelo Dalmasso, Paolo Liggeri und viele andere sind zwar im Register mit ihren Daten enthalten, es fehlt jedoch der Vermerk "Priester". Daß es Häftlinge gab, die Priester waren, und die dies vor der SS verbargen, ist bekannt.(8) Doch kann die geringe Zahl solcher Ausnahmen diese Ungenauigkeiten und die Lücken im Häftlingsregister nicht erklären.
KZ-Lagerdekan Georg Schelling: 200 Briefe Aus Dem KZ(Illustrated) Jakob Fussenegger, Georg Schelling Book / 524 Pages / January 1991 / 3854301480 Similar to KZ-Lagerdekan Georg Schelling: 200...
Georg Schelling, Benefiziat in Bregenz, in Haft seit 6. Dezember 1940
2. Weltkrieges seinen Niederschlag gefunden
hat. Überhaupt wurde das Ausmaß der NS-
Verfolgung in Vorarlberg lange Zeit beträcht-
lich unterschätzt.
Wertschätzen nicht unterschätzen. So spricht
zum Beispiel Msgr. Georg Schelling - selbst
über das KZ Buchenwald nach Dachau depor-
tiert - 1947 noch von 40 KZ-Einweisungen
und 13 Todesopfern. Diese Angaben wurden
in der Folge jahrzehntelang ungeprüft über-
nommen. In Wirklichkeit waren es 115 Vor-
arlbergerinnen und Vorarlberger, die in ein KZ
eingewiesen worden sind und davon haben
36 sicher und 10 weitere mit hoher Wahr-
scheinlichkeit den Tod gefunden. Außerdem
müssen jene berücksichtigt werden, die aus
politischen Gründen zum Tode verurteilt und
hingerichtet, im Widerstand und auf der
Flucht getötet wurden oder sich der KZ- bzw.
Gefängniseinlieferung durch Freitod entzo-
gen haben. Dann sind es insgesamt 80 Perso-
nen, die von den Nazis ermordet, hingerich-
tet oder in den Selbstmord getrieben wurden.
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Im KZ Dachau:
Georg Schelling – Max Riccabona
Zu den Texten
(Sabine Sutterlütti)
Georg Schelling und Max Riccabona waren beide wegen unterschiedlicher Gründe mehrere Jahre im KZ
Dachau.
Als Redakteur der christlichsozialen Tageszeitung „Vorarlberger Volksblatts“ wurde Dekan Georg Schelling am
23. März 1938 inhaftiert. Schelling hatte vor 1938 deutsche Exilanten kritisch über die Verhältnisse im
nationalsozialistischen Deutschland schreiben lassen; das wurde ihm nun zur Last gelegt. Nach einem
Gefängnisaufenthalt in Innsbruck wurde er am 31. Mai 1938 nach Dachau verbracht, wo er im Priesterblock
untergebracht war. 1944 wurde er Lagerdekan und wirkte als solcher bis zu seiner Entlassung Ende März 1945
kurz vor Befreiung des Lagers durch die Amerikaner. Schelling, Gegner der Nationalsozialisten und aktiver
Katholik, hatte in der ersten Nacht nach dem Anschluss im März 1938 mit seinem Mitarbeitern beim
„Vorarlberger Volksblatt“ noch belastendes Material vernichtet und überlegt zu fliehen, es aber nicht mehr
geschafft das Land zu verlassen.
Nach seiner Entlassung fuhr er zuerst nach Innsbruck zu Bischof Paulus Rusch, um sich zurückzumelden, und
arbeitete ab Juni 1945 wieder als Seelsorger in Vorarlberg . Die letzten Kriegstage in Vorarlberg verarbeitete er
im einer Artikelserie im Vorarlberger Volksblatt und im daraus resultierenden Buch „Festung Vorarlberg“ .
Jakob Fußenegger ist bei einem Besuch bei Aloisia Schelling, der Schwester Georg Schellings, auf die in einer
Schatulle verwahrten, nahezu lückenlos erhaltenen Briefe aufmerksam geworden und hat diese 1991, zehn Jahre
nach dem Tod Schellings, veröffentlicht. (KZ Lagerdekan. Georg Schelling. 200 Briefe aus dem KZ.
Herausgegeben und kommentiert von Jakob Fußenegger. Dornbirn 1991)
Max Riccabona, geboren 1915 in Feldkirch, bewegte sich während seines Aufenthalts 1939 in Paris im Kreis der
Exilanten um Joseph Roth und Otto von Habsburg und war an der Organisation des Widerstands beteiligt. 1940
zum Wehrdienst einberufen, kam es nach verschiedenen Vorfällen bald wieder zu seiner Entlassung. 1941 wurde
er wegen verbotener monarchistischer Betätigung in Salzburg verhaftet und im Jänner 1942 ins
Konzentrationslager Dachau eingeliefert, wo er am 1. Mai 1945 von den Amerikanern befreit wurde und dann
als Dolmetscher für sie arbeitete. Nach seiner Rückkehr nach Vorarlberg fungierte er eine Zeit lang als Obmann
der Widerstandsbewegung und war in dieser wichtigen Funktion zusammen mit der französischen Besatzung
und dem sogenannten Landesausschuss am Wiederaufbau demokratischer Strukturen maßgeblich beteiligt. Zeit
seines Lebens hat Dr. Riccabona an den physischen und psychischen Folgen der KZ-Haft gelitten. 1965 musste
er deshalb seinen Beruf als Rechtsanwalt aufgeben.
Er hat seine Erinnerungen an Dachau mehrmals in Form von Tagebuchnotizen zu verarbeiten versucht. Ulrike
Längle hat die Notizen 1995 schließlich bearbeitet und veröffentlicht (Max Riccabona: „Auf dem Nebengeleise“
Erinnerungen und Ausflüchte. Hrsg. von Ulrike Längle. Innsbruck 1995).
Deutsch
Der Ausschnitt aus dem Tagebuch von Max Riccabona lässt sich gut mit Texten der folgenden Autoren
kombinieren, gerade das Thema „Sinti und Roma“ findet sich in den Lesebüchern der Pflichtschulen und der
AHS immer wieder.
Ceija Stojka. Wie leben im Verborgenen. Erinnerungen einer Rom-Zigeunerin. Wien 1988
Karl Stojka und Reinhard Pohanka. Auf der ganzen Welt zu Hause. Wien 1994
Erich Hackl. Abschied von Sidonie
Ursula Wölfel. Die „schwarzen Weiber“. Ausschnitt aus dem Jugendbuch „Mond Mond Mond“. Düsseldorf
1961 in Killinger. Lesebuch 2, S. 30 ff.
Joseph Roth. Radetzkymarsch oder Die Legende vom heiligen Trinker
Geschichte
Konzentrationslager Dachau
Widerstand in Vorarlberg
Verfolgte der NS-Zeit
Zigeuner (Material im Jüd. Museum in Hohenems)
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Bildnerische Erziehung
Collage als Kunstform in der Literatur und in der Bildenden Kunst
Religion/Ethik
Lebensbilder Vorarlberger Theologen
Zivilcourage und Widerstand
Georg Schelling, Briefe aus dem KZ Dachau
Der erste Brief von Georg Schelling aus dem KZ Dachau
Dachau 3 K, den 5. Juni 1938
Georg Schelling, geb. 26.9.1906
Block 8, Stube 4
Meine Lieben!
Von meiner Überstellung von Bregenz nach Innsbruck werdet Ihr sicher gehört haben. In Innsbruck war ich eine
Woche lang. Gerade hätte ich können einen Brief schreiben, da kam die Überstellung hierher. Nun bin ich
übermorgen schon eine Woche hier. Ich bin gesund und recht munter. Infolge der Arbeit im Freien bin ich
sonnengebräunt wie seit Jahren nicht mehr. Sehr vorteilhaft wäre es, wenn Ihr mich bald Geld schickt. Sonst
braucht ihr mir nichts zu senden als hin und wieder einen Brief, damit ich weiß, wie es daheim geht. Eßwaren
muß man hier kaum kaufen, da das Essen gut und reichlich ist; aber man braucht diese und jene Kleinigkeit, um
sich es bequem einzurichten. Ferner wäre es gut, immer etwas Geld vorrätig zu haben. Schickt mir also per
Monat ca. 15 Mark. Ich hoffe, daß ihr meinen Gehalt zugestellt bekommt; für alle Fälle, wenn ihr Geldmangel
hättet, würdet Ihr sicher ausgeliehen bekommen. Der Herr Stadtpfarrer soll meine Verpflichtungen als Benefiziat
rückwirkend ab 12. März in Ordnung bringen. Er wird schon einen Weg hiezu finden.
Hoffentlich geht es der Mutter gut. Ihr müßt wegen meiner Abwesenheit nicht besorgt sein. Benützt die
Gelegenheit zu einer ordentlichen Sommerfrische.
Beste Grüße sendet Euch
Euer Georg
Brief von Georg Schelling vom 31.10.1943
Liebe Mutter und Schwester!
Die Zeit von einem Wochengruß zum anderen verstreicht ungemein schnell. Und so gehen Wochen und Monate
dahin, bald ist wieder ein Jahr um, und so wird man ein vierziger, bevor es einem zum Bewusstsein kommt.
Jammern muss man im Lager nicht, zum Jammern habe ich auch keinen Anlass, denn zu leben habe ich und die
Arbeit, die mir zugeteilt ist, ist angenehm. Den Winter fürchte ich auch nicht, mit Winterkleidern bin ich gut
versorgt..
Den Pullover habe ich jüngst tüchtig geflickt, sodass er einen fünften Lagerwinter noch aushalten wird – mehr
mute ich ihm allerdings nicht zu. Um mich müsst ihr also keine Sorge haben.
Euren Brief habe ich gestern erhalten, das Paket am Freitag. Da habe ich noch Glück gehabt, dass ihr das Paket
gerade noch vor der Aufgabesperre (28. November bis 6. Dezember) geschickt habt. Sehr erfreut war ich über
das Geschenk von Schöchs Marie. Den Kuchen von der Maria zum Rohner werde ich morgen anschneiden.
Dr. Greißing wird’s nicht leicht haben bei seiner Arbeit, wenn er drei soweit auseinander liegende Schulen
betreuen soll. Ich wünsche ihm beste Erfolge.
Führt Eugen Leißing noch das Papiergeschäft Schertler? Wovon leben Findlers, wenn die Buchhandlung
geschlossen ist? Die Druckerei wird ja im Krieg auch kein blühendes Geschäft mehr sein.
An Frau Bereiter , die gestorben ist, kann ich mich nicht mehr erinnern, wohl aber an ihren Sohn, der mir wegen
seines Eifers und seines angenehmen Temperaments immer lieb war. So stirbt eine Person um die andere in der
Nachbarschaft, und wenn ich einmal heimkäme, würde ich eine vollkommen neue Umgebung vorfinden. Aber in
Bregenz zu bleiben hätte ich sowieso keine Lust.
Ist in Sulzberg immer noch der Fritz Feldkircher Kaplan (und jetzt wohl Provisor)?
Für heute will ich meine Plauderei schließen!
Seid herzlich gegrüßt von Eurem Georg
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Brief von Georg Schelling vom 25. 11. 1944
Meine Lieben daheim!
Gut Ding braucht Weile!. Dies gilt auch bei dem Paket, das Ihr schon vor zwei Wochen angekündigt habt. Am
Dienstag kam es tatsächlich angetrudelt, und – was mich nicht wenig verwunderte – vollkommen unverdorben!
So eine Nachhilfe von Zeit zu Zeit ist viel wert! Sagt den Spendern Vergelt’s Gott in meinem Namen.
In dem Brief, den ich vorgestern erhielt, steht noch von einem anderen Paket geschrieben. Dies ist noch nicht in
meiner Hand, wohl deswegen, weil inzwischen schon wieder ein Angriff auf München erfolgte. Diesmal seine
die Schäden jedoch nicht so schlimm wie letztes Mal.
Von mir weiß ich diesmal gar nichts zu berichten. Das Leben geht im alten Trab weiter und solange es geht, bin
ich zufrieden. Hunderttausende, die in der Freiheit leben, haben auch nicht mehr den Himmel auf Erden, drum
will ich in der Haft auch nicht klagen.
Grüß mir die Pfarrhofgesellschaft, besonders Glatthaar, ferner Frau Volkmann, Waldingers Sefa und wer immer
sich meiner erinnert. Dem Göte gratuliere ich zum Namenstag am nächsten Sonntag. Wie geht es ihm?
Auf Wiedersehen
Euer Georg
Letzter Brief vom 25.3.1945
Liebe Mutter und Schwester!
Wenn man sieben Jahre lang seinen Brief schreibt, sieht man sich nachgerade in die Lage versetzt, zuweilen
einen kleinen Herrgott spielen zu müssen, das heißt aus nichts etwas hervorbringen zu sollen. Aber wenn ich
auch nichts zu berichten weiß, den Wert eines Lebenszeichens hat der Brief doch.
Vergangene Woche erhielt ich keine Post von euch. Mit solchen Unregelmäßigkeiten muß man eben rechnen.
Wir haben ja das Glück, daß wir miteinander in Verbindung sein können, wieviele meiner Kameraden haben
dies nicht mehr.
Vorarlberg ist – unter dem Gesichtspunkt des Krieges betrachtet – noch als Insel der Seligen zu betrachten,
hoffentlich bleibt es so. aber Not und Knappheit werden auch dort sich immer mehr geltend machen, zumal in
der Stadt. Wie mag sich daheim alles verändert haben!
Euer Georg
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Max Riccabona, K.Z.-Skizzen
sommertage, die lagerstraße ..
staub, pralle sonnen, ich kann zwischen teerig riechenden baracken fast keine poetischen banalismen formuliern
..
halbnackte liegen mit dem kopf auf den randsteinen des, ich kann es nicht leugnen, vor den baracken korrekt
angelegten gehsteiges .....
Vor der baracke der sogenannten asozialen, der „schwarzen“, räkeln sich zigeuner jeglichen lebensalters, vor
allem aber junge männer .. auf dem dreckigen boden .. zigeunerromantik .. o alte vagantenherrlichkeit, von
spießern in „netter“ gesellschaft oft zur faschingszeit und vor allem im verlaufe von nächten, die in gemütlichen
zimmern von kaltem rauch und fressereien stinken, zu letzten bierflaschen und heißen würstchen mit senf in
letzter krampflustigkeit besoffen besungen, wohin bist du entschwunden ... „lustig ist zigeunerleleben farioooh“..
ein paar sitzen um kreis; ein bläßlicher jüngling (jünglich vermutlich nur im biologischen, nicht im
moraltheologischen sinne) hat auf einem brett, der teufel weiß, woher er alles „organisiert“ hat – ein paar saiten
montiert, zupft eine modern, weil atonal klingende melodie, quäkt guttural und monoton in vokalreichen
lautfolgen, die anderen fallen mit gezischten refrainen ein, zitronengelbe visagen, gelbsüchtige oder von
billigen zigartten nikotinimprägniert, aufgedunsen und trotzdem dürre und ausgehungerte körper, wasser in den
füßen, unappetitliche geschwüre prangen in jenen farben, die von der benachbarten malerschule einige
jahrzehnte vorher wieder en vogue gemanagt worden waren.
Zigeunergesinnung, welche pest? Wird es den ordnungsliebenden herrschenden gelingen, sie und ihre träger
auszurotten? Auf daß jenes wesen lupenrein verwirklicht würde, an dem die welt genesen könnte?
...
mittagszeit und man trank aus imaginären obskuren kräutern gepanschten, noch übrig gebliebenen, nun kalt
gewordenen sogenannten morgenkaffee, oder sollte ich im tausendjährigen jargon brambasierend „frühtrunk“
schreiben? .. diese götterlabe wurde aus mistkübelähnlichen behältern mit eisernen töpfen geschöpft ... schöpfen
aus der fülle ...
also gewohnheitstrinker, vagabunden, landstreicher, morphinisten, tunichtgute, arbeitsscheue und vor allem
zigeuner, kurz, wie erwähnt also volksschädlinge a- oder unpolitischer art waren die „schwarzen“ ...
bei ihrer bearbeitung handelte (es) sich also für die behörden um das problem, „unorganisierbare“ mitglieder der
menschlichen gesellschaft auszurotten ..
S. 31 –33
Max Riccabona. Auf dem Nebengeleise. Erinnerungen und Ausflüchte. Hrsg. von Ulrike Längle. Innsbruck 1995
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Biographie: Max Riccabona
wurde am 31. März 1915 in Feldkirch geboren. Er stammt mütterlicherseits aus der aus Prag zugewanderten
Familie der Perlhefter, väterlicherseits aus dem welschtiroler Geschlecht der Riccabona zu Reichenfels - Max
Riccabonas Vater, Gottfried Riccabona (1879-1960) war Rechtsanwalt und Schriftsteller, als Autor pflegte er
auch Kontakt mit dem Kreis des "Brenner" um Ludwig Ficker.
Beide Elternteile Max Riccabonas hatten ausgesprochenen Sinn für Bildende Kunst und Musik, waren
aufgeschlossen und liberal und verkehrten mit KünstlerInnen und Intellektuellen nicht nur in Vorarlberg,
sondern auch der in der Schweiz und im süddeutschen Raum. Als Jugendlicher machte Max Riccabona in
Feldkirch die Bekanntschaft des auf der Durchreise befindlichen James Joyce.
Bereits 1932 erlebte er Adolf Hitler anlässlich einer Wahlversammlung und begegnete ihm mit vehementer
Ablehnung - Engelbert Dollfuß hingegen erschien dem jungen Maturanten als positives Gegenbild. Max
Riccabona schlug nach der Matura im Jahr 1934 zunächst die juristische Laufbahn ein. Er studierte in Graz - dort
wurde er Mitglied der katholischen Verbindung "Traungau". Auf sein Studium der Staatswissenschaften folgte
das an der Konsularakademie in Wien, dort schloss er 1938 als Diplomkonsul ab.
1939 kam er nach Paris. Dort bewegte er sich im Kreis der Exilanten um Joseph und war an der Organisation des
Widerstands beteiligt.
1940 wurde Riccabona zum Wehrdienst einberufen und nach verschiedenen Vorfällen als „asthenischer
Psychopath“ entlassen. 1941 wurde er wegen verbotener monarchistischer Betätigung (Verkehr in Paris mit
Joseph Roth und Otto von Habsburg) in Salzburg verhaftet und dann im Jänner 1942 ins Konzentrationslager
Dachau eingeliefert. Nach der Befreiung durch die Alliierten und nach längerer Rekonvaleszenz war er in der
Kanzlei seines Vaters und als Obmann der Vorarlberger Widerstandsbewegung tätig. 1949 schloss Riccabona in
Innsbruck das Studium der Rechtswissenschaften mit dem zweiten Doktorat ab.
1961 erscheinen Gedichte Max Riccabonas in der von Hubert Fabian Kulterer herausgegebenen
Literaturzeitschrift "Eröffnungen", ein Jahr später erscheint als "Bogen 5" Riccabonas erste selbständige
Veröffentlichung, ein schmales Heftchen postexpressionistischer Lyrik.
Riccabona musste wegen der Spätfolgen seiner KZ-Internierung nach dem Tod seines Vaters das Berufsleben
aufgeben. Er verbrachte seine letzten Lebensjahrzehnte, auch nach seiner Eheschließung im Jahr 1965, im Herz-
Jesu-Heim in Lochau.
Von diesem Zeitpunkt an war er als freier Schriftsteller und Bildkünstler tätig. Trotz weniger Veröffentlichungen
in Zeitschriften wurde Riccabona im Laufe der siebziger Jahre mehr und mehr zu einem Begriff in der
österreichischen Literaturszene um die Zentren Graz und Wien.
1979 wurde Max Riccabona das "Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs von der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft" verliehen.
Im Jahr 1980 erscheint seine erste Einzelpublikation in Buchform: Josef Schweikhardt und Vintila Ivanceanu
geben einen Teil des seit 1957 in Arbeit befindlichen Riccabonaschen Hauptwerkes, des "Halbgreyffers", unter
dem Titel "Bauelemente zur Tragikomödie des x-fachen Dr. von Halbgreyffer oder Protokolle einer
progressivsten Halbbildungsinfektion" heraus. Dieser Band ist heute vergriffen.
Um 1980 erscheint auch die gemeinsam mit Meinrad Amann erstellte Übersetzung des Bühnenstückes "Le
cavalier seul" von Jaques Audiberti unter dem Titel "Ritter Mirtus" - Diese Übersetzung publiziert Max
Riccabona unter dem Autornamen "Eduard von Hochpruck".
1989 widmete ihm das Vorarlberger Landesmuseum eine Personale, anlässlich derer viele Collagen Max
Riccabonas zu sehen waren.
1993 erscheint eine von Wilhelm Meusburger und Helmut Swozilek zusammengestellte Faksimile-Auswahl von
Texten Riccabonas unter dem Titel "POETATASTROPHEN".
Zu seinem siebzigsten Geburtstag erscheinen die von Ulrike Längle herausgegebenen KZ-Erinnerungen "Auf
dem Nebengeleise".
Während seiner letzten Lebensjahre galt Max Riccabona über die Landesgrenzen hinaus als ungewöhnlicher
Schriftsteller und origineller Erzähler. Die literarische Welt schätzte seine Sprachmacht und seine nicht zu
versiegen scheinende satirische Energie, doch auch seinem unmittelbaren Umfeld sollte sich Riccabona durch
seinen großen Reichtum an Geschichte und Geschichten nachhaltig einprägen. Max Riccabona verstarb am 4.
10. 1997 in Lochau.
Monsignore Georg Schelling –100. Geburtstag
Heuer jährt sich zum 100. mal der
Geburtstag und zum 25. mal der Todes-
tag von Msgr. Georg Schelling. Georg
wurde am 26.9.1906 als zweites Kind
des Martin Schelling und der Klara geb.
Flatz im Haus Nr. 58 auf der Egg in Buch
geboren.
Das Gymnasium in der Mehrerau
schloss Georg im Jahre 1926 mit der
Matura ab. Von vierzehn Maturanten
seiner Klasse wandten sich zehn dem Theologiestudium zu. In
Brixen studierte er Theologie und wurde am 29. Juni 1930 im
Dom zu Innsbruck zum Priester geweiht. Von 1931 bis 1934
wirkte er als Kaplan in Hohenems und dann als Chefredakteur
des „Vorarlberger Volksblatt“in Bregenz. Weil er seine Lands-
leute über das kirchen- und menschenfeindliche Vorgehen im
NS-Deutschland informiert hatte, wurde er am 21. 3. 1938 ver-
haftet. Er kam ins Zentralgefängnis der Gestapo in Innsbruck
und von dort Ende Mai 1938 ins Konzentrationslager Dachau.
Weil er seine Informanten nicht verraten hat, musste er in den 7
Jahren unvorstellbare Strapazen erleiden, u.a. 47 Tage Hun-
gerbunker und insgesamt 14 Monate Strafkompanie.
Auszug aus dem Buch „Christus in Dachau“von Johann Maria
Lenz: Auch der Pfarrer Georg Schelling bekommt den Hass die-
ser Untermenschen zu spüren. „Du schwarzes Schwein!“
schreit ihn der Sturmführer an „Wieviele Köchinnen hast Du ei-
gentlich ...?!“Dann folgten Faustschläge. Der Geistliche erträgt
sie wortlos und wischt sich das Blut schweigend von den
Lippen. Aber das macht die Bestien nur noch rasender.
Am 17. März 1943 wurde Schelling Lagerkaplan und im
Oktober 1944 hat ihn der Münchner Kardinal Michael Faulhaber
zum Lager-Dekan über die bis zu 1800 gefangenen Geistlichen
aus allen europäischen Ländern bestellt. Insgesamt gingen
durch das KZ Dachau 2.796 Priester. Durch sein Verhandlungs-
geschick konnte er Hunderten von Priestern das Leben retten.
Vierzehn Tage vor der Befreiung des Lagers durch die Ameri-
kaner wurde Georg Schelling entlassen und ist am 15. April
1945 nach sieben schweren Jahren in die Heimat zurück-
gekehrt.
Nach der Rückkehr in die Heimat war er zwei Jahre Kaplan in
Altach. Ab 30.11.1947 bis zu seinem Tod am 8.12.1981 war er
als Pfarrer der unermüdliche, pflichtbewusste Seelsorger der
großen Pfarrei Nenzing und ab 1967 auch Dekan des neu
entstandenen Dekanats Walgau-Walsertal. 1961 wurde Georg
Schelling von Papst Johannes XXIII zum Päpstlichen
Geheimkämmerer (Monsignore) ernannt. Es wurde ihm das
Silberne Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg und das
Verdienstzeichen der Republik Österreich für Verdienste um die
Befreiung Österreichs verliehen. Die politische Gemeinde
Nenzing hat ihn für seine hervorragenden Verdienste zum
Wohle der Gemeinde zu ihrem Ehrenbürger ernannt. Am 8.
Dezember 1981 ist der treue Priester, Redakteur, Journalist
und Heimatforscher Msgr. Georg Schelling gestorben; das
Priestergrab ist auf dem Friedhof in Nenzing. Siegfried Müller
schreibt im Nachruf im Vorarlberger Volksbote vom 24.12.1981:
„Vor wenigen Tagen ist der im 76. Lebensjahr verstorbene
Pfarrherr von Nenzing, Msgr. Georg Schelling beigesetzt
worden. Groß war die Zahl jener, die von einem Menschen
Abschied nahmen, den man zu den Großen unserer Heimat
zählen muß, der Zeugnis von seiner Treue zu Glaube und
Heimat wie kaum ein anderer gegeben und dafür gelitten hat,
dennoch aber ein Verzeihender gewesen ist.“
Luise, die einzige Schwester von Georg, war zeitlebens die
umsichtige Pfarrhaushälterin. Sie konnte am 25. Juli 2006 im
Altersheim in Bludenz in erstaunlicher körperlicher und geistiger
Frische den 101. Geburtstag feiern.
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