Fehlerstrom-Schutzschalter



Der Fehlerstromschutzschalter, kurz FI-Schalter (F für Fehler, I für das Formelzeichen des Stroms), engl. RCD oder Residual Current protective Device genannt, ist eine Schutzeinrichtung in Stromnetzen, die den angeschlossenen, überwachten Stromkreis vom restlichen Stromnetz abtrennt (also ausschaltet), wenn Strom den überwachten Stromkreis auf falschem Weg, etwa über den Körper einer Person, verlässt. Seine Funktion beruht auf dem Vergleich der Stromstärke in der Hinleitung mit derjenigen in der Rückleitung. Der FI-Schalter wird normalerweise im Sicherungskasten zusätzlich zu den Überstromschutzorganen (Leitungsschutzschalter, Schmelzsicherungen) installiert.
Funktionsprinzip
Die Funktion des FI-Schalters basiert auf einem Summen-Stromwandler, der alle zum und vom Verbraucher fließenden Ströme vorzeichenrichtig addiert. Wird irgendwo im Stromkreis ein Strom gegen Erde abgeleitet, so ist im Summenstromwandler die Summe von hin- und zurückfließendem Strom nicht mehr Null: es entsteht eine Stromdifferenz (, sprich: Delta I), die zur Auslösung des FI-Schalters und damit zur Abschaltung der Stromzufuhr führt.
Aufbau des Summenstromwandlers
Der Summenstromwandler besteht aus einem Ringkern, gewickelt aus kristallinem oder nanokristallinem weichmagnetischem Band. Ferritkerne sind wegen der zu geringen Permeabilität nicht geeignet. Um die notwendige Energie für das Auslösen des FI-Schalters zu erreichen, sind Ringbandkerne mit einer gewissen Größe und Masse notwendig. Typische Abmessungen: Außendurchmesser ca. 25 mm, Innendurchmesser ca. 15 mm, Höhe 20 mm, Typisches Gewicht 40 g.
Praxis, Vorschriften, Normen
Handelsüblich sind FI-Schalter für Bemessungsdifferenzströme von 10 mA, 30 mA, 100 mA, 300 mA und 500 mA (500-mA-Typ unüblich geworden). Die Toleranz des Differenzstromes eines RCDs liegt laut VDE bei -50%, was garantieren soll, dass der Nenn-Auslösestrom bei keinem Exemplar überschritten wird. Die Auslösezeit war früher auf maximal 200 ms festgelegt. Genaue Angaben zu den zulässigen Auslösezeiten machen die entsprechenden VDE-Vorschriften. Praktisch sind Abschaltzeiten zwischen 20 ms und 40 ms möglich. In Europa (bis auf GB) sind netzstromunabhängige FI-Schutzschalter vorgeschrieben. Die dahinterstehende Sicherheitsphilosophie stellt die Zuverlässigkeit von Verstärkerschaltungen auf Basis von Halbleitern in Frage, welche in den einfacheren und kleineren elektronischen DI-Schaltern im englischsprachigen Raum zur Anwendung kommen. Das Risiko, dass wegen eines Transistor-Ausfalls der FI im Fehlerfall nicht mehr funktioniert, entfällt bei den passiven Ausführungen in Europa.
Voraussetzung zum Einsatz des FI-Schalters ist, dass der Schutzleiter im normalen Betrieb keinen Strom führt. In einem Abschnitt eines TN-Systems, in dem der Schutzleiter gleichzeitig Neutralleiter ist, kann er daher nicht eingesetzt werden.
In Deutschland wird bei Neubau und Modernisierung ein FI-Schalter mit einer Auslösestromdifferenz von 30 mA vor allem für Stromkreise in Feuchträumen und im Außenbereich von der VDE verlangt. Ein FI-Schalter mit einer Auslösestromdifferenz von 300 mA wird oft als Brandschutz für das gesamte Haus eingesetzt und wird von einigen EVU sogar vorgeschrieben, wenn die Hauseinspeisung nicht über Erdkabel, sondern über Dachfreileitungen erfolgt. In Österreich ist ein FI-Schalter nach ÖVE EN 61008 für alle Stromkreise, in denen sich Steckdosen befinden, vorgeschrieben.
Fehlerstromschutzeinrichtungen vom Typ AC (wechselstromsensitiv) erfassen rein sinusförmige Fehlerströme. Diese Typen sind in Deutschland nicht zugelassen.
In Deutschland üblich sind pulsstromsensitive Fehlerstromschutzeinrichtungen vom Typ A. Diese Fehlerstromschutzeinrichtungen erfassen rein sinusförmige Wechselströme sowie pulsierende Gleichfehlerströme. Diese zusätzliche Sensibilität wird durch spezielle Magnetwerkstoffe für die eingesetzten Ringbandkerne erreicht. Pulsstromsensitive Fehlerstromschutzeinrichtungen arbeiten netzspannungsunabängig.
Allstromsensitive Fehlerstromschutzschalter vom Typ B erfassen zusätzlich einen glatten Gleichfehlerstrom. Die Überwachung auf Gleichfehlerströme erfolgt netzspannungsabhängig, benötigt also eine Versorgungsspannung.
Hierbei regelt die DIN VDE 0664 das Umfeld.
Bei 230 V werden durch den durchschnittlichen menschlichen Körper bei voller Spannung nur rund 230 mA fließen (Man geht davon aus, dass der menschliche Körper einen Widerstand von ca. 1000 Ω hat); das ist genug für einen tödlichen Ausgang, bedeutet aber auch, dass nur die FI-Schalter mit Auslösestromdifferenzen von 10 mA und 30 mA wirksamen Personenschutz liefern. Die unempfindlicheren Modelle sind als Brandschutz und zur Realisierung einer Schutzmaßnahme bei problematischen Erdungsverhältnissen in TT-Systemen gedacht.
Einsatzbereich
Der Einsatz von FI-Schutzschaltern wird heute in vielen Ländern im Haushaltsbereich für Steckdosen in Feuchträumen, wie zum Beispiel Badezimmer, sowie für Steckdosen im Außenbereich von den einschlägigen Normen (z.B. DIN VDE oder ÖVE) zusätzlich zu den installierten Überstromschutzorganen verlangt. Dazu zählen auch Innensteckdosen, an denen Geräte im Freien betrieben werden. Für Altbauten gibt es einen Bestandschutz. Das heißt, wenn die Anlage zum Zeitpunkt ihrer Errichtung den damals geltenden Normen und Richtlinien entsprochen hat, darf sie weiter betrieben werden.
Unter folgenden Umständen ist jedoch kein Bestandsschutz gegeben und die Nachrüstung eines FI-Schutzschalters unumgänglich:
- wesentliche Änderungen an der Installation
- neue Rechtsverordnungen, die eine Nachrüstung fordern, TAB beachten
- abgelaufene Übergangsfristen
- unmittelbare Gefahren für Personen und Sachwerte
Sinnvoll ist ein FI-Schalter darüber hinaus für Kinderzimmer, Labor-Arbeitsplätze und für Steckdosen in der Küche. FI-Schutzschalter bieten jedoch keinen Schutz, wenn beide Netzspannungsleitungen (L und N) berührt werden! Andere Schutzmaßnahmen (z.B. kindersichere Steckdosen) können daher durch einen FI-Schutzschalter nicht ersetzt werden!
In TT-Systemen muss die gesamte Niederspannungs-Installation geschützt werden. Im Neubaubereich spricht heute nichts mehr dagegen, die komplette Stromversorgung abzusichern. Allerdings sollte genau abgewogen werden, ob es wirklich sinnvoll ist, bei Gerätedefekten auch gleich die komplette Beleuchtungsanlage einer Wohnung mit abzuschalten. Dies kann unter Umständen hinderlich sein, so dass man die per FI-Schalter geschützten Stromkreise eingrenzen sollte. Bei der Nachrüstung von Altbauwohnungen kommt es oft zu Fehlauslösungen des FI-Schalters, deren Ursache teilweise schwer einzugrenzen ist. Oft sind falsche Verdrahtungen die Ursache, bei denen beispielsweise in Steckdosen oder Durchlauferhitzern Strom über die Schutzleiter statt über den Neutralleiter abfließt.
Auch in der Landwirtschaft müssen, insbesondere bei Tierhaltung, Fehlerstromschutzschalter verwendet werden.
Abschaltungen von FI-Schutzschaltern können auch durch externe Ereignisse hervorgerufen werden, beispielsweise durch Überspannungs-Impulse durch Blitzschläge in Freileitungen. Dies kann oft zu unangenehmen Nebenwirkungen führen, wie Abschaltungen von Heizungen oder Kühlanlagen, obwohl kein Fehler in der eigenen Anlage vorliegt. Aus diesem Grund werden in den letzten Jahren auch Schutzschalter gebaut, die zwei bis dreimal selbständig in einem kurzen Abstand nochmals die Spannung aufschalten. Erst wenn der Fehler trotzdem auftritt, bleiben sie endgültig abgeschaltet. Dieses Modell ist vor allem für ferngesteuerte Anlagen von Interesse, wo kein Personal vor Ort ist und nur zum Einschalten vor Ort fahren müsste.
Test-Taste
Mit der am FI-Schalter von vorn zugänglichen Test-Taste (T) kann der Fehlerfall simuliert werden, um die ordnungsgemäße Funktion regelmäßig (mind. alle 6 Monate) zu überprüfen. Durch Drücken der Taste wird eine abgehende Phase über einen geeignet dimensionierten Widerstand mit dem Neutralleiter vor dem FI-Schalter verbunden und so gewollt ein Fehlerstrom erzeugt, der die Auslösestromstärke übersteigt. Hersteller empfehlen eine monatliche Prüfung. Ortsveränderliche FI-Schalter müssen täglich vor Arbeitsbeginn auf Funktion geprüft werden.
Historisches
Entwickelt wurde der Fehlerstromschutzschalter von dem Österreicher Gottfried Biegelmeier im Jahr 1957 und der damaligen Firma Felten & Guilleaume, der heutigen Firma Moeller in Schrems in Niederösterreich. In Österreich wurde er gesetzlich im Jahr 1980 auch in den Haushalten vorgeschrieben.
Seit dem Inkrafttreten der NIN 2005 kann der obige Artikel 1:1 auch für CH-Vorschriften übernommen werden.