Sommerhäuser auf Hiddensee von Max Taut
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Der Architekt Max Taut realisierte in der Zeit zwischen 1922 und 1925 vier Sommerhäuser auf Hiddensee. 1922/23 entstand das Karusel (auch Asta-Nielsen-Haus), Zum Seglerhafen 7, Vitte. In den Jahren 1923/24 realisierte er auf dem Nachbargrundstück Zum Seglerhafen 13 das Haus Weidermann. In Kloster entstanden das Haus Pingel (1924, heute Kapitänshaus genannt), Zum Hochland 3 und das Haus Gehlen (1925, heute Doktorandenhaus), Biologenweg 5. Die Häuser stehen unter Denkmalschutz.[1][2]
Hiddensee-Tourismus vor 1945
Im Jahr 1892 wurde ein regelmäßiger Dampferverkehr zwischen Stralsund und Kloster eingerichtet. Erste Hotelneubauten entstehen 1909 bis 1914 in Kloster und im Dornbusch.[3] Daneben waren Pensionen entstanden. Vor dem Krieg hatten neben den Großbürgern auch die Bildenden Künstler und Schriftsteller die Insel Hiddensee entdeckt. Oskar Kruse errichtete 1904 die Lietzenburg.
In der Zwischenkriegszeit öffnete sich der Kreis der Gäste in weitere Schichten der Gesellschaft. Neben der Erholung suchten die Menschen Amüsement und trieben Sport. Der Fährverkehr wurde intensiviert und Ende der 1920er Jahre pendelte ein Wasserflugzeug zwischen Stralsund und Kloster. Von Hiddensee wurde behauptet, es sei ein Vorort Berlins. Man lebte sehr ungezwungen. Dieses Inselleben veränderte sich in der Zeit des Nationalsozialismus. Viele frühere Gäste emigrierten, in der Kriegszeit gab es kaum noch Tourismus.[4]
Architekt Max Taut und Hiddensee
Bereits 1906 hatte sich Max Taut an einem Preisausschreiben in der ‚Woche‘ (Heft 36, Jahrgang 1906) mit einem Sommerhaus an der Elbe und einem Sommerhaus an der samländischen Küste beteiligt. Damals lieferte Entwürfe in einem regionalen Stil[5]
Karusel (Asta-Nielsen-Haus)

Geschichte
Für die befreundeten Berliner Familien Müller und Wiedemann baute Taut zwei nebeneinander liegende Sommerhäuser. Charlotte Müller, geborene Kämpf, war die Ehefrau des kaufmännischen Direktors Richard Müller und hielt sich bereits als Kind auf der Insel auf. Sie bemühte sich beim ‚Kloster zum Heiligen Geist‘ in Stralsund um ein Baugrundstück und stellte wohl deshalb dem Kloster eine Spende in Aussicht. Ihre Bemühungen hatten Erfolg und das Kloster wies eine Wiese außerhalb des Ortes Vitte als Bauland aus. In Berlin traf sich Max Taut im Romanischen Café, einem bekannten Trefffpunkt für Künstler, ihre Mäzene und Intellektuelle mit seinem ersten Hiddenseer Bauherrn, Richard Müller. Das künstlerisch interessierte Paar wollte ein besonderes Haus, etwas Ausgefallenes. Dem Architekten bot sich die Chance, auch bei einer kleinen Bauaufgabe phantasievolle Architektur umzusetzten. Die Entwurfsphase begann 1922. Schwierig war die Umsetzung. Viele Baustoffe mussten zur Insel gebracht werden. 1923, im Jahr der Fertigstellung, verlor das Geld in der Zeit der Inflation schnell an Wert.
Schon 1928 kauften Asta Nielsen und ihre Tochter Jesta das Sommerhaus, dass sie nun ‚Karusel‘ (dänisch für Karusell) nannten. Bis 1936 verbrachten sie hier mehrfach monatelange Aufenthalte. Nielsen musste 1937 Deutschland verlassen. Ihr Domizil auf Hiddensee ließ sie mit allem Inventar zurück. Heute sind von ihren Möbeln Einzelstücke im Haus ausgestellt.
Die Nationalsozialisten enteigneten den Besitz. Nach dem Krieg befand er sich zuerst in provisorischer Verwaltung der Gemeinde. Es wohnten in schneller Folge nacheinander 15 verschiedene Familien darin. 1962 zogen Waltraud Ehmer (1920–2009) und ihr Ehemann Hans Dieter (1917–1999) ins Haus. Beide hatten vorher eine Wohnung im Schulgebäude, bevor sie in das Nielsen-Haus einzogen. Das Paar schätzte und pflegte das Haus, so dass es gut erhalten blieb. In den 1980er Jahren nahm die Gemeinde Verhandlungen mit den Erben in Dänemark auf. 1989 wurde es in das Volkseigentum der DDR überführt. Nach der Wende wurde aus dem Volkseigentum automatisch Bundesvermögen, sofern es nicht Ländern oder Kommunen zustand. Als von der Gemeinde vermietete Liegenschaft gelagte das Karusel deshalb auf Antrag in Gemeindebesitz. Nach dem Tod von von Waltraud Ehmer, der letzten Bewohnerin des Hauses, entwickelte die Gemeinde ein museales Nutzungskonzept und baute es unter Berücksichtigung von Denkmalbelangen zu einem Asta-Nielsen-Museum um. Im Obergeschoss wurde ein Trauzimmer eingerichtet. Am 15. Mai 2015, Tauts Geburtstag, wurde ein Museum mit festen Öffnungs- und Führungszeiten eröffnet.
Beschreibung
Das große, rote Dach mit roten Bieberschwänzen liegt über einem Grundriss, der aus einem Quadrat entwickelt wurde. Vor zwei Ecken dieses Quadrates verlaufen diagonale Mauern mit geneigter Oberkante. Diese Mauern bilden einen Windschutz und erscheinen im Grundriss wie nicht genordete Kompassnadeln. Die beiden anderen Ecken des Hauses wurden von Taut rund ausgebildet. Das Zusammenspiel von Rundungen und Ecken gibt dem Gebäude Dynamik. Den Namen ‚Karusel‘ bekam es aufgrund der Form und der auffälligen Fassadenbänderungen, drei blauen Streifen unterhalb der Traufe sowie einem Ziegelband am Sockel.
Diagonal über das Dach in Richtung der Windschutzmauern verläuft ein Grat, der die Dachfläche in zwei Hälften teilt. Eine Dachhälfte verfügt über zwei ungleiche Fledermausgauben mit roten Holzverschalungen und weißen Fenstern. In der anderen Dachfläche gibt es neben einer weiteren Fledermausgaube einen großen Balkon mit roten Wänden. Der Boden des Balkones ist blau, die Brüstung blau-weiß.
Das Haus wurde über die Südost-Veranda betreten. Dieser Bereich ist großzügig mit Fenstern ausgestattet. Der Ziegelfußboden führt von der Veranda über den Treppenflur bis in die ehemalige Küche und das WC. Die zwei weiteren Räume im Erdgeschoss besitzen einen Fußboden mit Weichholzdielen. Diese Räume verfügten neben der jeweiligen Tür zum Flur über eine interne Verbindungstür. Vom Flur führt eine zweiläufige Treppe ins Obergeschoss. Im Obergeschoss liegen ein großes und ein kleines Schlafzimmer, das Balkonzimmer und eine Kammer, in der heute die Haustechnik untergebracht ist.
Tauts Farbkonzept erstreckte sich auch auf die Innenräume. Das introvertierte Erdgeschosszimmer mit zwei kleinen Fenstern neben der Küche verfügte über satt sandfarbige Wände und eine dunkelgrün gestreifte Decke. Die Wände des hellen Wohnzimmers sind hellgrün, die Decke hell gestreift. Die Treppe in einem blauen Treppenraum besitzt rote Treppenstufen und Geländerstäbe sowie schwarz-braune Wangen und einen ebensolchen Handlauf. Diese Räume wurden nach alten Farbbeffunden neu angelegt. Auch den Rest der Räume im Haus gestaltete man bunt.
Das Haus wurde zu einer Zeit errichtet, als die Insel Hiddensee noch nicht über elektrischen Strom verfügte. Man muss sich also nach Einbruch der Dunkelheit über Kerzen und Petroleumleuchte erhellte Zimmer vorstellen. Tagsüber akzentuierten die unterschiedlich großen Fenster, deren Flügel sich nach außen öffneten, die Räume differenziert. Das Wohnzimmer war lichtdurchflutet, ebenso wie die Veranda. Von den kleinen Fenster im Rest des Hauses blickte man früher in eine Landschaft mit Salzwiesen und spärlicherer Vegetation als heute.
Das frei stehende Wirtschaftsgebäude neben dem Haupthaus war so baufälllig, dass er komplett erneuert wurde. Darin befinden sich heute die Toilettenanlagen für den Museumsbetrieb.
Haus Weidermann

Geschichte
Die Famillie Wiedermann aus Berlin-Grunewald gab dem Haus den Namen. Karl Wiedermann war ebenfalls kaufmännischer Direktor und ein Arbeitskollege von Richard Müller. Charlotte Müller bemühte sich schon im Herst des Jahres 1923 um einen Pachtvertrag für das neben dem eigenen Haus liegende Grundstück. Die Bemühungen waren erfolgreich, so dass bis 1924 ein zweites, von Taut enttworfenes Haus entstand.
Der Zehlendorfer Hans-Conrad Delius kaufte 1939 das Haus von den Wiedermanns. Über dessen Tochter Veronika kam das Haus an ihren Ehemann Günter Möbus, der in der Biologischen Station in Kloster und im Nationalparkaus in Vitte geologische Vorträge und solche zur Fauna und Flora der Insel hielt. Die Familie nutzt das Haus nun in dritter Generation.
Beschreibung
Zuerst sticht das schiefe Dach ins Auge. Der untere Dachrand des Hauses schwingt in seinem Verlauf dynamisch auf ab. Von Taut eingearbeitete Dreiecksformen findet man im Grundriss, im Dach und in den Gauben. Die Außenwände sind farblich in drei Zonen unterteilt. Oben unter dem Dach ist die Fassadde rot, der mittlere Streifen ist leuchtend gelb und der Sockelbereich ist schrahlend weiß.
Haus Pingel (Kapitänshaus)
Geschichte
Der Bauherr Walter Pingel war Innenarchitekt, Möbelhersteller und Geschäftspartner Tauts. Seine Familie nutzte es zuerst als Sommerhaus. Während des 2. Weltkrieges wurde es von Teilen der Familie ständig bewohnt. Gegen Kriegsende wurde das Haus aufgegeben und die Famillie Pingel verschob den Lebensmittelpunkt von Berlin und Hiddensee nach Frankfurt am Main. Zunächst wurden im Haus Flüchtlinge untergebracht, später wurde es vermietet. Ab 1962 wohnte hier die Familie Wilbrandt[6], die das Haus schließlich 1984 kaufte. Vor einigen Jahren wurde das Haus weiterverkauft und seither als Mietobjekt unter dem Namen Kapitänshaus vermarktet. Die DEFA führte auf dem Grundstück in den 1960er Jahren Filme in einem Freiluftkino vor.
Beschreibung

Walter Pingel wünschte sich ein einfaches Sommerhaus mit drei Wohn- und Schlafzimmern: Kein nachgeahmtes Bauernhaus, auch keine Miniaturvilla, sondern die natürliche Erfüllung der Ansprüche, Küche, Wohnen, Schlafkabinen, mit ortsüblichen Mitteln ehrlich gebaut.[7] Er stattete das Haus mit selbst entworfenen, rationellen Einbaumöbeln aus.
Als reetgedecktes Haus[8] über einem quadratischen Grundriss war das ursprüngliche Haus als „Pingel-Pilz“ bekannt. Es verfügte über eine verputzte Fassade und über Eck geführte Fensterbänder.[9] Man betrat es von der Boddensteite. Dort lag die mit einer Fensterfassade umschlossene Veranda. Der große Raum im Süden mit dem großen über Eck liegenden Fenstererker war der Wohnraum. Neben diesem lag ein kleines, als Schlafraum genutztes Zimmer. Von der Veranda erreichte man über eine Treppe zwei weitere Schlafräume im Dach. Die Küche im Erdgeschoss verfügte über einen eigenen Zugang von Außen und eine Verbindung zum Wohnraum. Hinter der Küche lag eine Vorratskammer und ein WC.
Das Haus wurde nach dem Krieg sehr stark umgebaut. Aus der ehemaligen Veranda wurde ein Badezimmer. Der früher quadratische Grundriss wurde durch die Verdopplung der Flächen rechteckig. Der Bau hat seine Pilzform verloren und das gerundete Reetdach wurde mit einer breiten Gaube aufgelöst. Dennoch steht es unter Denkmalschutz.[1]
Haus Gehlen (Doktorandenhaus)
Geschichte
Das Haus im Biologenweg in Kloster entstand 1925 für den Verleger Max Gehlen (1868–1931) und seine Frau Margarete. Das Bauland hatten sie von Max und Käthe Kruse erworben. Es gehörte bis dahin zum umfangreichen Grundstück der Jugendstilvilla Lietzenburg. Max Gehlen verkaufte das Haus bereits 1930 wieder, ohne dass die Gründe bekannt wurden. Durch eine Spende von Hans Wried, dem damaligen Generaldirektor der Hochseefischerei AG Bremen in Höhe von 25.000 RM sowie weiteren finanziellen Unterstützungen war Erich Leick (1862–1956, Professor für Biologie und Ökologie) in der Lage, das Haus zu erwerben und gemeinsam mit Fritz Gessner die Biologische Station Hiddensee zu gründen. Leick übertrug die Besitz- und Nutzungsrechte an die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Ernst-Moritz-Arndt-Universität. Diese errichtete 1934 auch das Kurshaus auf dem Grundstück. Im Jahr 1945 erwarb die Biologische Fakultät der Universität Greifswald die Liegenschaft zu Forschungszwecken. Das von Taut entworfenen Sommerhaus wurde zu einem Wohnhaus für Doktoranden.
- Haus Gehlen (Doktorandenhaus)
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Ansicht vom Biologenweg
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Seitenansicht
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Gaube Eingangsseite
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Gartenansicht
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Gartentreppe
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Gaube Gartenseite
Beschreibung
Das Sommerhaus wurde von Taut als eingeschossiges Backsteingebäude entworfen. Dabei verwendete er eine Mischung aus expressionistischer Formensprache und Proportionen der regionalen, traditionellen Fischerkaten. Prägend ist das große Dach mit den dreieckigen, jeweils über einem Grat platzierten Gauben. Die Fassaden werden von über Eck geführten Fensterbändern gegliedert. Darunter befindet sich ein Ziegelfries, dass auch in den Außenauern aufgenommen wird. Haupteingang und Gartenzugang werden mit Freitreppen aus dem Werkstoff Ziegel detailliert. Der Haupteingang im Osten führt über einen kleinen Vorraum in die Diele und den Wohnraum. Der Wohnraum wird durch eine schmale Treppe zum Dach gegliedert. Hinten liegen zwei Schlafzimmer, die Küche und ein kleines Bad.
Bei der Restaurierung 1960 wurde das Erscheinungsbild des Hauses verändert. Die vormals grauen Zementpfannen des Daches wurden gegen rote Bieberschwänze getauscht. 1994 installierte man eine Zentralheizung und modernisierte das Bad. 2002 erfolgten noch einmal Instandsetzungsarbeiten.
Das Haus steht unter Denkalschutz.[1]
Siehe auch
Literatur
- Renate Seydel (Hrsg.): Hiddensee-Ein Lesebuch, Ullstein Verlag, Frankfurt/M, 1996. ISBN 3548249639
- Annette Menting: Max Taut, Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München, 2003. ISBN 978-3-4210-3440-3
- Michael Hammermeister: Max Taut auf Hiddensee in: Pommern, 3/2005, S. 30-43.
- Marion Magas: Von der Lietzenburg zur Groot Partie. Architektur auf Hiddensee. Zwölf Baudenkmale und ihre Geschichte. Bloch & Co., Berlin, 2016. ISBN 978-3-00-052547-6
Weblinks
- Ein Ostpreuße auf Hiddensee, Inselreport.de, 2. Oktober 2007, abgerufen am 20.Oktober 2022.
Einzelnachweise
- ↑ a b c Landkreis Vorpommern-Rügen, Auszug aus der Kreisdenkmalliste, Baudenkmale in Kloster, Stand 11/2018, abgerufen am 18. Oktober 2022.
- ↑ Landkreis Vorpommern-Rügen, Auszug aus der Kreisdenkmalliste, Baudenkmale in Vitte, Stand 11/2018, abgerufen am 18. Oktober 2022.
- ↑ Insel Hiddensee – historische Eckdaten, Tourismus- Service Agentur, abgerufen am 20. Oktober 2022.
- ↑ Prolog in: Marion Magas: Von der Lietzenburg zur Groot Partie. Architektur auf Hiddensee. Zwölf Baudenkmale und ihre Geschichte. Bloch & Co., Berlin, 2016, S. 7, 9.
- ↑ Sommer- und Ferienhäuser aus dem Wettbewerb der Woche, August Scherl, Berlin, 1907, S. 111–113, 117–119 und Tafel XII.
- ↑ Hausbiografien. Zwischen regionalem Bauen und Moderne – Bauhistorische Entwurfsforschung., abgerufen am 18. Oktober 2022.
- ↑ Publizist Adolf Behme, zitiert nach Marion Magas: Von der Lietzenburg zur Groot Partie. Architektur auf Hiddensee. Zwölf Baudenkmale und ihre Geschichte. Bloch & Co., Berlin, 2016, S. 42.
- ↑ Olaf Bartels: Rohr- oder Reetdächer in der Architektur Mecklenburg-Vorpommerns. Eine moderne Tradition. Netzwerk Baukultur, Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern, abgerufen am 18. Oktober 2022.
- ↑ Foto 01 - 04: Außenaufnahmen, Archiv, Akademie der Künste, Max Taut und Hoffmann. Berlin, Sonderheft "Neue Baukunst" der Zeitschrift für Architektur, Raumkunst und verwandte Gebiete, Hrsg.: Maximilian Maul, 1. Jahrg. 1925, H. 14