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Mirko Jelusich

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Mirko Jelusich /ˈmɪrko ˈjɛlusɪtʃ/ (* 12. Dezember 1886 in Semil (Nordböhmen) heute Tschechien; † 22. Juni 1969 in Wien; eigentlich Vojmir Jelusich) war ein österreichischer Schriftsteller.

Leben

Mirko (eigentlich Vojmir, die slawisierte Form von Siegfried) Jelusich wurde als Sohn eines kroatischen Bahnbeamten und einer Sudetendeutschen in Böhmen (damals Österreich, heute Tschechien) geboren. Als er zwei Jahre alt war, zog die Familie nach Wien. Hier verbrachte er seine Kindheit und Jugend. An der Universität Wien versuchte er sich zunächst mit den Studien Rechtswissenschaften, Slavistik, Sanskrit und Historische Hilfswissenschaften um schließlich Philosophie bei Prof. Friedrich Jodl zu studieren. Er promovierte 1912 mit der Arbeit Stirners Erbe. Eine kritische Betrachtung über das Verhältnis des "Einzigen" zum individualistischen Anarchismus in Deutschland zum Dr. phil..

Im Ersten Weltkrieg war Jelusich Artillerieoffizier und unterstützte mit dem Kriegs-Vaterunser 1914 auch in literarischer Form den Krieg.

Die Bekanntschaft mit dem Schriftsteller Arthur Trebitsch beeinflusste stark seine politische Ausrichtung. Von 1923 bis zu dessen Auflösung im Juni 1933 (Verbot der NSDAP in Österreich) war Jelusich Redakteur des Ressorts Theater und Kunst der Deutschösterreichischen Tages-Zeitung (DÖTZ, das Hauptblatt der NSDAP-Hitlerbewegung). Schwerpunkt von Jelusichs Propaganda war der „Anschluss“ Österreichs an Deutschland. 1931 wurde er zum 2. Vorsitzenden und schließlich zum Leiter der Ortsgruppe Wien des Kampfbundes für deutsche Kultur, einer politisch-literarischen Vorfeldorganisation des Nationalsozialismus in Österreich.

Umstritten ist der Zeitpunkt seines Beitrittes zur NSDAP. Auf diversen Frageböden zur politische Beurteilung Jelusichs wurde der 20. April 1931 angeführt. 1945 behauptete Jelusich während seines Prozesses, diese seien Fälschungen gewesen, er sei erst im März 1938 in die Partei eingetreten. Sicher scheint jedoch, dass er im Juni 1932 bereits Mitglied der NSDAP war.

Durch den großen Erfolg seines Romans Caesar wurde er ab 1933 freier Schriftsteller.

Im Oktober 1935 gründete er die Zeitschrift Das Werk – Monatshefte zur Pflege deutschen Schrifttums, die allerdings bereits nach der vierten Ausgabe 1936 eingestellt wurde. 1936 baute er gemeinsam mit anderen Autoren des nationalen Lagers den Bund deutscher Schriftsteller Österreichs auf, welcher nach dem Anschluss nahtlos in die Reichsschrifttumskammer überging. Ebenfalls 1936 gründete den Tieck-Verlag unter der Verlagsleitung von Walther Scheuermann.

Am 12. März 1938, dem Tag des „Anschlusses“, wurde Jelusich von Oswald Menghin, dem Unterrichtsminister der Seyß-Inquart-Regierung mit der kommissarischen Leitung des Burgtheaters in Wien betraut, trat jedoch am 6. Juli des selben Jahres wegen Differenzen mit Propagandaminister Joseph Goebbels zurück.

Am 1. Juli 1939 gründet Jelusich mit der Genehmigung der Reichsschrifttumskammer den Wiener Dichterkreis. Mitglieder dieses Zirkels waren u. a.: Bruno Brehm, Hermann Graedener, Max Mell, Karl Hans Strobl, Josef Weinheber und Josef Wenter.

Am 16. August 1945 wurde Jelusich von den sowjetischen Alliierten verhaftet und wegen Innehabung einer höheren Parteifunktion und vermutlicher Illegalität unter Anklage gestellt. Die Untersuchungshaft dauerte 11 Monate, am 25. November 1946 wird Jelusich freigesprochen. Im Dezember 1946 wird das Verfahren wiederaufgenommen und eine neuerliche Untersuchungshaft gegen Jelusich verhängt. Nach einem Fluchtversuch stellt er sich am 3. Jänner 1947 dem Gericht und bleibt bis Februar 1948 in Untersuchungshaft. Anfang Dezember 1949 wird das Verfahren mangels eines strafbaren Tatbestand endgültig eingestellt.

1957 gründet Jelusich in Wien einen Allgemeinen Deutschen Kulturverband, dem allerdings kein Erfolg beschieden war.

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ermöglichte Jelusich sein letztes öffentliches Auftreten: Am 22. November 1957 hält er die Festrede auf dem Antrittkommers der freiheitlichen Korporation in Innsbruck.

Am 22. Juni 1969 starb Mirko Jelusich im Alter von 83 Jahren in Wien an Krebs.

Literarisches Schaffen

Jelusich verfasste vor allem historische Romane, in denen er Personen wie Caesar, Oliver Cromwell, Hannibal, Heinrich der Löwe oder Gerhard von Scharnhorst idealisiert und als starke Führergestalten schildert. Seine Bücher entsprachen damit weitgehend der nationalsozialistischen Ideologie, für die Jelusich auch in seinen kulturpolitischen Aktivitäten eintrat. Bezeichnend sind vor dem Hintergrund der damaligen politischen Verhältnisse die Auflagezahlen seiner Hauptwerke Caesar und Cromwell:

Der 1929 veröffentlichte Roman Caesar wurde ein Welterfolg. In mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt, betrug die Gesamtauflage bis 1938 bereits 70.400, nach Kriegsausbruch stieg sie weiter an. Bis 1961 waren 183.000 Exemplare gedruckt worden. Auch seinem Roman Cromwell, der 1933 erschien, fast 500 Seiten umfasst und wie im Caesar das Führerprinzip verherrlicht, war eine ähnlich hohe Auflage beschieden. Im Jahr 1940 betrug die Gesamtauflage 168.000, bis 1951 stieg sie auf 186.000 Stück.

Für den 1937 aufgeführten Film Condottieri schrieb er gemeinsam mit Luis Trenker und Kurt Heuser das Drehbuch.

1940 wurde das Drehbuch von C. M. Köhn und Gerhard T. Buchholz Die Rothschilds, welches nach seiner Idee entstand, verfilmt. Es handelte sich um einen NS-Propaganda Film, welcher sich in antisemitischer Weise mit dem Aufstieg der jüdischen Bankiers Nathan Rothschild (London) und James Rothschild (Paris) befasste.

Trotz der ideologischen Ausrichtung wurden seine Romane auch nach dem Ende des „Dritten Reiches“ bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts in Österreich und Deutschland verlegt.

Auszeichnungen und Ehrungen

Zitat

„In ‚Cromwell‘ schenkte ich meinen Mitkämpfern eine kaum noch getarnte Hitler-Biographie.“

Zitiert nach: Ziesel, K. (Hrsg.): Krieg und Dichtung. Soldaten werden Dichter – Dichter werden Soldaten. Ein Volksbuch. Leipzig 1940.

Werke

Romane:

  • Asa von Agder: ein Wikinger-Roman. P. Neff Verlag, Wien 1964
  • Bastion Europas. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1951
  • Caesar. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1929
  • Cromwell. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1933
  • Der Löwe. Tieck-Verlag, Wien 1936
  • Der Ritter. Tieck-Verlag, Wien 1937
  • Der Soldat. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1939
  • Der Stein der Macht. Pilgram Verlag, Salzburg 1958
  • Der Thyrsosstab. Leonhardt-Verlag, Wien 1920
  • Der Traum vom Reich. Safari Verlag, Berlin 1941
  • Die Wahrheit und das Leben. Pilgram Verlag, Linz 1949
  • Don Juan - Die sieben Todsünden. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1931
  • Geschichten aus dem Wienerwald. Tieck-Verlag, Wien 1937
  • Hannibal.. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1934
  • Talleyrand. Paul Neff Verlag, Wien/Berlin/Stuttgart 1954

Theaterstücke:

  • Abisag von Sunem: Schauspiel in 4 Aufzügen. O. Erich Verlag (Ohne Jahr)
  • Cromwell, Schauspiel in 5 Aufzügen. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1934
  • Der gläserne Berg: Ein Spiel von zwei Menschen aus verschiedenen Welten. In einem Vorspiel und 3 Aufzügen. Drei Masken-Verlag, Berlin 1917
  • Samurai: Schauspiel in fünf Aufzügen . F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1943

Drehbücher:

  • Condottieri. D/I 1936/1937, Drehbuch: Luis Trenker, Kurt Heuser, Mirko Jelusich
  • Die Rothschilds. D 1940, Drehbuch: C. M. Köhn, Gerhard T. Buchholz nach einer Idee von Mirko Jelusich (Das Haus Rothschild)

Sonstige Werke:

  • Das große Spiel: Die Tragödie des Mannes. O. Erich Verlag (ohne Jahr)
  • Das Werk: Monatshefte zur Pflege deutschen Schrifttums. Herausgegeben von Mirko Jelusich, Österreichische Wirtschaftsverlag KG Payer & Co., Wien 1935
  • Der Zauber von Wien. E. Fischer Verlag, Wien 1931
  • Die Gefangenen Fahnen: Ein Gedicht. (ohne Verlag) 1913
  • Die unvollständige Kompanie: Novelle. Wiener Verlag, Wien 1944
  • Eherne Harfe: Balladen und Gedichte . F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1942
  • Ersatzkultur und Kulturersatz: Ein Vortrag. F.G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung, Wien/Leipzig 1933
  • Geschichten aus dem alten Österreich: Soldaten, Künstler, Leut' und Herrschaften. Deutsche Buch-Gemeinschaft, Wien 1961
  • Geschichten aus dem Wiener Wald: Österreichische Anekdoten. Tieck-Verlag, Wien 1937
  • Geschichten um das Wiener Künstlerhaus: Das Haus und die Feste, die Hausherren, die Gäste. Kremayr & Scheriau, Wien 1965
  • Margreth und der Fremde. Reclam Verlag, Leipzig 1942
  • Sickingen und Karl V.. Verlag Deutscher Volksbücher, Stuttgart 1943
  • Soldaten, Künstler, Leut' und Herrschaften: Erinnerungen zweier Alt-Österreicher. Kremayr & Scheriau, Wien 1961
  • Streit um Agnes: Erzählung aus der Stauferzeit. Reclam Verlag, Leipzig 1937
  • Traum und Tat: Gedichte. Hohenstaufen Verlag, Berg am Starnberger See 1985
  • Vater unser 1914: Gedicht. Vaterland Verlag, Berlin u. Hermes Verlag, Wien (ohne Jahr)
  • Weinschenker und Weinbeschenkte: Lobspruch des Wiener Heurigen. Kremayr & Scheriau, Wien 1962

Literatur

  • Johannes Sachslehner: Führerwort und Führerblick: Mirko Jelusich. Zur Strategie eines Bestsellerautors in den Dreißiger Jahren. Verlag Anton Hain Meisenheim, Königstein/Taunus 1985. (= Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur; Band 11) ISBN 3-445-02350-6