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Friedrich Wilhelm Bessel

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Friedrich Wilhelm Bessel (* 22. Juli 1784 in Minden, Westfalen; † 17. März 1846 in Königsberg, Ostpreußen) war einer der bekanntesten deutschen Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts. Er wirkte als Astronom, Mathematiker und Geodät.

Datei:Friedrich Wilhelm Bessel 3.jpg
Friedrich Wilhelm Bessel

Bessel war ein Zeitgenosse von Carl Friedrich Gauß (der Briefwechsel der beiden ist veröffentlicht) - und wie Gauß wurde auch er mit Vermessungsaufgaben betraut. Ein damaliges Defizit der Geodäsie, die nur ungenaue Kenntnis der Erdfigur, nahm er zum Anlass zur Ableitung des bekannten Bessel-Ellipsoides (publiziert 1841). Es beruht auf zahlreichen Vermessungsnetzen in Europa und Asien und wird bis heute für die Landesvermessung vieler Staaten verwendet (z.B. Deutschland und Österreich).

In der Astronomie, besonders bei der Berechnung von Kometenbahnen, wurde er von Wilhelm Olbers gefördert, der ihn um 1805 an die Sternwarte Lilienthal von Hieronymus Schröter bei Bremen empfahl.
Sein größter astronomischer Erfolg war 1838 die erste erfolgreiche Parallaxenmessung zur Entfernungsbestimmung des Sterns 61 Cygni.

Der Mondkrater Bessel
Detail des Bremer Denkmals

Nach Bessel wurde ein großer Mondkrater im Mare Serenitatis, der Asteroid (1552) Bessel sowie ein Gymnasium und ein Ruderclub (http://www.besselrc.de) in seiner Heimatstadt Minden benannt. Der Bildhauer Jürgen Goertz schuf mit dem Bessel-Ei ein Denkmal für Bessel in Bremen.

Leben

Schulzeit und Lehrjahre

Bessels Bildungsweg war recht ungewöhnlich, weil seine Abneigung gegen Latein ihn zunächst von höherer Bildung ausschloss. Obwohl sein Vater, der Justizrat Carl Friedrich Bessel, als Regierungssekretär in Minden angestellt war, lebte die Familie mit 9 Kindern (3 Söhne, 6 Töchter) in knappen Verhältnissen. Bessels Brüder avancierten jedoch rasch und wurden um 1820 Gerichtspräsidenten in Kleve bzw. Saarbrücken.

Bessel besuchte das Gymnasium in Minden bis zur Untertertia. Aufgrund von Schwierigkeiten im Lateinunterricht bat er seinen Vater, ihn von der Schule zu nehmen. Bessel begründete diesen Wunsch damit, dass er großes Interesse am Rechnen habe und den Beruf eines Kaufmanns zu ergreifen wünsche. Einen Fürsprecher fand Bessel in einem der Gymnasiallehrer, dem Conrector Johann Conrad Thilo, einem Enthusiasten für Mathematik und Naturwissenschaften, der die besondere Begabung Bessels für die Mathematik erkannte. Da Bessel ansonsten kein schlechter Schüler war, willigte sein Vater ein, und Bessel verließ mit 14 Jahren die Schule. Es wurde ihm daraufhin Privatunterricht in Mathematik und Französisch erteilt.

1799 wurde er Lehrling im angesehenen Handelshaus Kuhlenkamp und Söhne in Bremen - unter der Verpflichtung von sieben Jahren unentgeltlichen Lehrdienstes. Doch erwarb er rasch das Vertrauen seiner Vorgesetzten und erhielt ab dem zweiten Jahr ein Gehalt, das er u. a. in Bücher investierte. Er wollte sich einer Expedition zu den amerikanischen Kolonien oder nach China anschließen und lernte Englisch, doch für Spanisch fehle ihm das Geld. Seine berufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Überseehandels weckte sein Interesse an Fragen der Geographie, Nautik, Navigation und schließlich der Astronomie.

Erste astronomische Berechnungen

Um seine Chancen zu erhöhen, besorgte er sich Bücher über Navigation. Die Anleitung zu geografischer Ortsbestimmung überstieg zwar sein schmales mathematisches Fundament um Vieles, doch schaffte er mit einem Lehrbuch in wenigen Tagen, was ihm dazu fehlte.

Zur Praxis eines Navigators gehörten natürlich Höhenmessungen von Sternen, doch die Instrumente kosteten für den mittellosen Burschen ein Vermögen. Mit der Hilfe eines Tischlers und eines Uhrmachers baute er sich das Nötige selbst und erdachte sich zur Zeitbestimmung die (später so genannte) Zirkummeridian-Methode mit zwei fast gleichhohen Sternen. Als er mit seinem Fernröhrchen eine Sternbedeckung am dunklen Mondrand beobachtete, reizte es ihn, daraus die Monddistanz zu berechnen. In der von Baron Zach kurz zuvor gegründeten Fachzeitschrift "Monatl. Correspondenz" und dem "Astronomischen Jahrbuch" von J.Bode fand er korrespondierende Messungen aus anderen Ländern.

Begegnung mit Heinrich Wilhelm Olbers

Bei seinen Studien stieß Bessel auf Thomas Harriots Beobachtungsdaten zum Kometen von 1607 (dem Halley'schen Kometen). Dies erweckte in ihm den Wunsch, die Bahn dieses Kometen zu berechnen. Jerome Lalandes Buch "Lehrbegriff der Astronomie" und die von Heinrich Wilhelm Olbers 1797 veröffentlichte Abhandlung zur Bahnbestimmung von Kometen vermittelten ihm die nötigen Kenntnisse. Olbers lebte ebenfalls in Bremen; er praktizierte dort als Arzt und war an der Sternwarte im nahegelegenen Lilienthal tätig. So ergab sich für Bessel die Möglichkeit, mit Olbers direkt in Kontakt zu treten. Am 28. Juli 1804 sprach er Olbers auf der Straße an und bat ihn, ihm seine Berechnungen vorlegen zu dürfen. Bessel stieß beim aufgeschlossenen Olbers auf Interesse und gewann in ihm einen großen Mentor. Olbers erkannte Bessels Talent und förderte ihn, indem er ihm astronomischer Schriften zukommen ließ.

Bessel wird Astronom

Durch Olbers Empfehlung gelangte Bessel an die Sternwarte im nahegelegenen Lilienthal. 1806 gab er seinen kaufmännischen Beruf auf und wurde von Johann Hieronymus Schröter als Inspektor an der Lilienthaler Sternwarte eingestellt.

Auf Olbers Empfehlung wurde Bessel 1810 zum Professor für Astronomie in Königsberg und zum Direktor der noch zu errichtenden Sternwarte ernannt, die 1812 fertiggestellt wurde.

Bessel verfassste zahlreiche Arbeiten und führte umfangreiche Beobachtungen durch. Er erstellte einen Sternenkatalog mit 3000 Sternen, der 1818 fertiggestellt wurde. Darüber hinaus führte er umfangreiche Messungen zur Position und Eigenbewegung von zahlreichen Fixsternen durch.

Mit dem Fraunhofer'schen Heliometer begann Bessel 1837 die Parallaxenmessung des Fixsterns 61 Cygni, die aus 3.000 Einzelbeobachtungen bestand. Damit gelang ihm 1838 die erste zuverlässige Entfernungsbestimmung eines Sterns (6% Abweichung vom heute gültigen Wert).

Neben seinen Arbeiten auf dem Gebiet der Astronomie lieferte Bessel wichtige Beiträge zur Mathematik und zur Geodäsie. Er entwickelte mathematische Methoden, die ihm als Hilfsmittel für astronomische Berechnungen dienten. Bekannt sind hier insbesondere die Besselfunktionen (Lösungen von Differentialgleichungen), die bei der Berechnung von Bahnstörungen eine Rolle spielen. Auf dem Gebiet der Geodäsie entwickelte er Methoden für die Landvermessung. Hier ist u. a. die Berechnung der Abplattung der Erde, und des Erddurchmessers (siehe Bessel-Ellipsoid) zu nennen, die die Grundlage für das weit verbreitete Gauß-Krüger-Koordinatensystem für Landkarten bilden.

Im Oktober 1844 ereilte Bessel eine schwere Krankheit, der er am 17. März 1846 erlag.

Nach Bessel benannt

Folgende Fachartikel behandeln nach Bessel benannte Themen und Sachverhalte:

Literatur

  • Jürgen Hamel: Friedrich Wilhelm Bessel. BSB B. G. Teubner Verlagsgesellschaft, Leipzig 1984
  • Biographie F. W. Bessels in Allgem. Deutsche Biographie, Historische Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften, Leipzig 1875, ADB digital
  • Friedrich Wilhelm Bessel. Beitraege ueber Leben und Werk des bekannten Astronomen, Redaktion: Klemens Adam, Gerd Huneke, Heinrich Rademacher. Besselgymnasium der Stadt Minden, 1996.
Commons: Friedrich Wilhelm Bessel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien