Geschichte der Zensur
- ...wir stellen fest, dass die "Preßfreiheit in Berlin in Preßfrechheit ausartet, und die Büchercensur völlig eingeschlafen ist, mithin gegen das Edict allerlei aufrührerische Scharteken gedruckt werden." 1788 Friedrich Wilhelm II.
Geschichte der Zensur. Übersicht
Antike 450 v. Chr. das römische Zwölftafelgesetz belegt u.a. Spott- und Schmähgedichte mit der Todesstrafe.
Appius Claudius Caecus, ist ein römischer Politiker und Zensor. 312 v. u. Z. als römischer censor (was nicht mit dem heutigen Begriff von Zensor gleichzusetzen sei!) ließ er die Trinkwasserleitung – den, nach ihm benannten Aquädukt Aqua Appia nach Rom bauen. Im antiken Rom war der censor ein Magistrat, der die Zoll- und Steuereinnahmen, sprich Staatsgelder, verwaltete und auch für die Vergabe der öffentlichen Aufträge verantwortlich war. Lat: census bedeutet die Steuereinschätzung oder Bewertung der steuerpflichtigen und wehrpflichtigen römischen Bürger. Appius ließ 311 v. u. Z. die wohl bekannteste Strasse der Antike die Via Appia von Rom nach Capua errichten.
Christentum 496 der erste katholische Katalog verbotener Schriften entsteht.
1220 Kaiser Friedrich II. billigt per Gesetz das Verbrennen schändlicher Schriften und ihrer Autoren.
1445 Mit dem Aufkommen des Buchdrucks versieht die Kirche mit ihr konforme Bücher mit einem Prüfstempel.
1485 der Erzbischof von Mainz errichtet eine Zensurkommission.
1487 die erste päpstliche Zensurverordnung Innozenz VIII. macht eine generelle Erlaubnis für jedes Druckerzeugnis notwendig.
1564 Das Konzil von Trient führt den Index librorum prohibitorum ein, der bis 1966 gültig bleibt.
Zensur in der Politik
- Deutschland
- 1744 die Tübinger Buchhändler haben die von der Messe mitgebrachten Bücher zur Kontrolle den Dekanen der Fakultäten vorzulegen
- 1. Juni 1772 Das Zensuredikt Friedrich II. soll "nur demjenigen steuern ..., was wider die allgemeinen Grundsätze der Religion, und sowohl moralischer als bürgerlicher Ordnung entgegen ist".
- 19. Dezember 1788 Das Erneuerte Censur-Edict Friedrich Wilhelm II. stellt sich u.a. gegen die "Verbreitung gemeinschädlicher praktischer Irrthümer über die wichtigsten Angelegenheiten der Menschen, zum Verderbniß der Sitten durch schlüpfrige Bilder und lockende Darstellungen des Lasters, zum hämischen Spott und boßhaften Tadel öffentlicher Anstalten und Verfügungen, wodurch in manchen nicht genugsam unterrichteten Gemüthern, Kummer und Unzufriedenheit darüber erzeugt und genährt werden, und zur Befriedigung niedriger Privat-Leidenschaften, der Verläumdung, des Neides, und der Rachgier, welche die Ruhe guter und nützlicher Staatsbürger stöhren, auch ihre Achtung vor dem Publiko kränken, besonders in den so genannten Volksschriften bisher gemißbraucht worden."
- 1797 richtet der Herzog ein Zensur-Kollegium ein; die Buchhändler haben ein Verzeichnis ihrer Druckproduktion vorzulegen.
- 1803 strenge Zensurgesetze Napoleons greifen auch in den assoziierten Staaten Baden, Bayern oder Rheinland.
- 1815 Auf dem Wiener Kongress wird die Pressefreiheit in die Deutsche Bundesakte aufgenommen
- 1819 Mit den Karlsbader Beschlüssen wird eine strenge, für den Deutschen Bund einheitliche Zensur eingeführt, die eine Präventivzensur für alle Publikationen mit weniger als 20 Druckbogen und nachträgliche Repressivzensur für alle Bücher vorsieht.
- 1830 in Reaktion auf die Freiheitsbewegungen in den Nachbarländern werden die deutschen Zensurbestimmungen verschärft.
- 1848 Mit der Revolution wird eingeführt.
- ab August 1849 wird die Pressefreiheit schrittweise eingeschränkt,
- Die Pressefreiheit wird 1874 Bestandteil des Reichspressegesetzes.
- 1878 bis 1890 das Sozialistengesetz hebelt die Pressefreiheit wieder aus.
- 1. Weltkrieg: 1915 das Kriegspresseamt gibt Zensurbuch heraus.
- 1918 Die Weimarer Reichsverfassung garantiert die Freiheit der Meinungsäußerung in Wort, Schrift und Bild.
- 1926 das Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften
- 1930 Gesetz zum Schutz der Republik
NS-Regime
- 31. Mai 1933 Nach der Bücherverbrennung in Deutschland werden jüdische und politisch missliebige Autoren und Verleger verfolgt.
- 4. Oktober 1933 das Schriftleitergesetz definiert den Journalismus als eine vom Staat geregelte Aufgabe
- 22. September 1934 Das Reichskulturgesetz setzt die weitere Gleichschaltung fort.
- 1935 Die Reichsschrifttumskammer stellt schwarze Listen unerwünschter Bücher zusammen, die nicht mehr im Buchhandel verbreitet werden dürfen.
1945 wird in allen deutschen Besatzungszonen eine Lizensierungspflicht erlassen
- 1949 wird die Lizenzpflicht im Westen aufgehoben. Laut neuem Grundgesetz gilt: (Artikel 5): Eine Zensur findet nicht statt.
- Die DDR führt die Lizenzierung unter der Bezeichnung Druckgenehmigungsverfahren bis zu ihrem Ende 1989 durch.
Golfkrieg: Nach der publizistischen Niederlage im Vietnamkrieg greifen die USA und ihre Verbündeten zu massiven Zensurmaßnahmen bei der Kriegsberichterstattung. Vor Ort werden den Journalisten ausgewählte Informationen aus einem Nachrichtenpool zur Verfügung gestellt.
- März 2003 Im mit dem US-Angreifern verbündeten Australien wird die Ausstrahlung von Nachrichtensendungen des kriegskritischen Frankreich in den französischsprachigen Fernsehprogrammen unterbunden.
Literatur
- Roland Seim: Zwischen Medienfreiheit und Zensureingriffen, Münster, 1998, ISBN 3933060001
- Roland Seim/Josef Spiegel: "Ab 18" Band 1, Münster 1995, ISBN 393306001X
- Roland Seim/Josef Spiegel: Der kommentierte Bildband zu "Ab 18", Münster 1999, ISBN 3933060028
Weblinks
- Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften
- Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter
- Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V.
- Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft
Siehe auch: Propaganda, Desinformation, [[Jessica Lynch] ]