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Antikenhandel

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Antikenhandel

Der Handel mit Antiken ist der Austausch von Kunstwerken (Skulpturen, Architekturelemente bzw. -fragmente) und anderen archäologischen Artefakten aus aller Welt. Dieser Handel kann illegal oder völlig legal sein. Der legale Antikenhandel hält sich an nationale und internationale Vorschriften und Gesetze. Aus der Sicht des internationalen Kunstmarktes umfasst der Antikenhandel nicht alle weltweit erhaltenen antiken archäologischen Artefakte, sondern nur Werke (ohne Münzen) aus Ägypten, Europa, dem Nahen Osten und der klassischen Welt, von den frühesten von Menschenhand geschaffenen Objekten der Vorgeschichte bis zum Fall des Römischen Reiches und der byzantinischen Zeit.

Umfang und Bedeutung

Der Antikenhandel ist ein umsatzmäßig sehr kleiner Teil des weltweiten Kunsthandels. Der legale Handel mit Antiken macht weniger als 0,5 % des weltweiten Kunst- und Antikenmarktes aus und hat einen geschätzten Gesamtwert von 150 bis 200 Millionen Euro[1].

Geschichte

Schon im Altertum gab es einen Kunstmarkt für ältere Kunstwerke und eine Nachfrage (besonders von Römischen Sammlern) nach Kunstwerken von seinerzeit berühmten griechischen Künstlern. Mit der Wiederentdeckung der römischen Antike durch italienische Humanisten im 14. Jahrhundert setzte schnell eine umfassende Sammlung von antiken Kunstwerken in der Renaissance ein. Auf der Grand Tour (Kavalierstour oder Cavaliersreise) besuchten Söhne und Töchter des europäischen Adels, später auch des gehobenen Bürgertums antike Stätten und kauften in den jeweiligen Ländern möglichst hochwertige antike Kunstwerke ein.[2]

Im 18. Jahrhundert gab es in Rom einen überaus florierenden Antikenhandel. Johann Joachim Winckelmann wurde 1763 zum Oberaufseher aller Altertümer in und um Rom ernannt. Eine seiner Aufgaben war es, den Antikenhandel zu kontrollieren.[3]

Im späten 19.Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert wurden vom Ägyptischen Staat Lizenzen für Ausgrabungsmissionen erteilt, die von reichen Finanziers (z.B. James Simon, Lord Carnarvon) wahrgenommen und mit Hilfe von professionellen Grabungsleitern (z.B. Ludwig Borchardt, Howard Carter) durchgeführt wurden. Vertraglich vereinbart war die sogenannte Fundteilung. Der Ägyptische Staat bekam die eine Hälfte der ausgegrabenen Artefakte, der Finanzier die zweite Hälfte zur freien Verwendung, was den legalen Export aus Ägypten einschloß. Größtenteils befinden sich diese Werke heute in Europäischen und Amerikanischen öffentlichen Sammlungen.[4]

Die Büste der Nofretete wurde am 6. Dezember 1912 bei einer Grabung im mitteläygptischen Tell el Amarna gefunden.[5] Leiter der Grabungskampagne war der Ägyptologe und Bauforscher Ludwig Borchardt (1863–1938). Bei der anschließenden Fundteilung wurde die Büste der deutschen Seite zugesprochen.[6] Gegen Ende der Grabungskampagne erfolgte – wie bei allen ausländischen Grabungsmissionen üblich – die obligatorische Fundteilung nach den gültigen Statuten der Altertümerverwaltung. Die Teilung der Funde wurde durch den Ägyptologen und zuständigen Grabungskommissar Gustave Lefèbvre durchgeführt. Sie erfolgte in 14 gleichen Teilen – „à moitié exacte“ –, so dass jeder Seite sieben Fundgruppen von ähnlicher Bedeutung zugesprochen wurden. Leider wird heute die Büste der Nofretete vom Staat Ägypten wieder beansprucht, ohne Rechtsgrundlage.[7]

Antikenhandel in einzelnen Ländern

Antikenhandel in Ägypten

Bis 1983, dem Erlaß des Gesetzes Nr. 117[8], dem faktischen Verbot jeglichen Exports von Altägyptischen Antiken, erteilte Ägypten allgemeine Ausfuhrgenehmigungen für Altägyptische Kunstwerke und andere Artefakte über Handelslizenzen an ägyptische (und ausländische, aber in Ägypten ansässige) Antikenhändler. Nachgewiesen sind inzwischen mehr als 250 offizielle Antikenhändler [1]. Selbst der Ägyptische Staat hat Altägyptische Objekte in seinen Museen verkauft. Bis 1983 wurden Hunderttausende Objekte auf diese Weise legal veräußert, das allermeiste davon ins Ausland. Darunter große architektonische Objekte und monumentale Skulpturen bis zu kleinen Skarabäen. Alle großen Museen mit Altägyptischer Kunst (Paris, New York, Berlin, London) und kleinere Museen sowie private Sammler konnten direkt im Land Altägyptische Antiken erwerben. Die Ausfuhrlizenzen wurden durch die Erhebung einer Steuer kontrolliert.  Von den lizenzierten ägyptischen Antikenhändlern wurden die Rechnungen für Kisten ausgestellt, die offiziell versiegelt, aber nicht immer kontrolliert wurden. Die Ausfuhrpapiere als solche wurden nicht zusammen mit den ausgeführten Gegenständen aufbewahrt und die Rechnungen, sofern sie noch existieren, machen es schwer oder unmöglich, die darin aufgeführten Gegenstände zu identifizieren, da sie in der Regel keine Einzelheiten oder ausführliche Beschreibungen enthalten. Der Käufer war nicht verpflichtet, Papiere aufzubewahren und es gab keine Fotos der Artefakte [2].

Herkunft der Handelsobjekte

Antike Objekte stammen aus von Pharaonen angeordneten Graböffnungen, von staatlich lizensierten Grabungen, illegalen Grabungen (Raubgrabungen), von Bodenfunden außerhalb von Gräbern, aus alten Sammlungsbeständen, allerdings ohne Wissen um den ursprünglichen Fundort, z.B. Paläste oder Gebäuden von Altägyptischen Behörden, Tempeln, Handwerkerstätten etc. Also nicht alle erhalten gebliebenen Altägyptischen Kunstwerke und Artefakte in öffentlichen und privaten Sammlungen stammen immer aus Königs-, Priester-, oder Beamtengräbern, wie vielerorts geglaubt wird.

Antikenhandel im Libanon und Zypern

Im Libanon konnte bis 1988 eine Ausfuhrlizenz für Antiken beantragt werden. Das System unterschied sich nicht wesentlich von dem ägyptischen, mit offiziellen Stempeln auf den Rechnungen, auf denen mehrere Gegenstände aufgeführt waren, die nun nicht mehr identifiziert werden konnten, und ohne Fotos. Die Kisten wurden offiziell versiegelt, ohne dass den ausgeführten Gegenständen eine Ausfuhrlizenz beigefügt war. In Zypern wurden bis mindestens 1980 Ausfuhrlizenzen ausgestellt, und an einigen Objekten waren auch Ausfuhrmarken aus Blei angebracht, obwohl sowohl Marken als auch Lizenzen nur selten überleben.

Marktteilnehmer im Antikenhandel

Sammler und Museen kaufen auf Auktionen und in Kunsthandlungen, spezialisiert auf Antike Kunst. Die großen englischen bzw. amerikanischen Auktionshäuser (Sotheby’s, Christie‘s und Bonham‘s) unterhalten seit Dutzenden von Jahren eigene Abteilungen für „Antiquities“. In Deutschland, Frankreich und der Schweiz gibt es kleinere auf Antiken spezialisierte Auktionshäuser oder es gibt dezidierte Antiken-Auktionen in anderen Auktionshäusern, wenn zum Beispiel komplette Sammlungen auf den Markt kommen. Den besten Marktüberblick bekommt man auf Messen, wie der TEFAF, wo jährlich Antikenhändler ihre besten Objekte präsentieren. Antikenhändler sind Mitglieder von Kunsthandelsverbänden (IADAA-International Association Of Dealers In Ancient Art[9], CINOA-Confédération Internationale des Négociants en Œuvres d’Art[10], ADA-Antiquities Dealers' Association[11], Kunsthändlerverband Deutschland[12]). Sie haben einen strengen Ethik- und Verhaltenskodex[13] und bekämpfen aktiv den illegalen Kunst- und Antikenhandel.

Bedeutung von Provenienzen

Wenn in der Fachwelt von Provenienz die Rede ist, ist damit die Sammelgeschichte eines Objekts gemeint. Antiken werden seit Hunderten von Jahren gesammelt, und einige Sammlungen bilden die Grundlage für öffentliche Museen. Wenn Archäologen von Provenienz sprechen, beziehen sie sich auf den genauen Fundort eines Objekts, was bei Antiken in Privatbesitz nur selten bekannt ist. Aber jedes Objekt kann uns etwas über die Kultur und die Menschen, die es geschaffen haben, erzählen – es hat im wahrsten Sinne des Wortes einen Wert. Wenn Archäologen in einem Objekt so wenig Wert sehen, sobald es aus seinem archäologischen Kontext herausgelöst ist (also keine “Provenienz mehr hat”), dann haben die vielen Hunderttausend Objekte, die bereits aus dem Boden geholt wurden und auf dem Markt zirkulieren, keinen archäologischen Wert und sollten weiter in Umlauf gebracht werden, ohne dass sie die Kritik von Wissenschaftlern und Regierungen auf sich ziehen. Es muss eine Möglichkeit geben, die Objekte zu erfassen und dann weiterzugehen und mehr Mittel für den Schutz von Kulturgütern in situ sowie von archäologischen Stätten und Denkmälern einzusetzen.

In den letzten zehn Jahren hat sich die Funktionsweise des Antikenmarktes grundlegend verändert. Auktionshäuser und Händler legen nun noch mehr Wert auf die Feststellung der Provenienz, so gut sie können. Der Mangel an Herkunftsnachweisen trifft den Kern des Problems für den Handel. Die Tatsache, dass es im Allgemeinen keine gesetzliche Verpflichtung gibt, Geschäftsunterlagen länger als 7 bis 10 Jahre aufzubewahren, und dass es für private Käufer keine gesetzliche Verpflichtung gibt, überhaupt Papiere aufzubewahren, lässt sich nur schwer ignorieren. Infolgedessen sind Millionen von Gegenständen legal im Umlauf, ohne dass viel oder gar kein Papierkram vorhanden ist. Diese werden als "verwaiste" Objekte bezeichnet.

Im vergangenen Jahrtausend wurde die Provenienz nur dann in einem Katalog aufgeführt, wenn das Objekt jemandem von einiger Bedeutung gehört hatte, und das galt für relativ wenige Objekte auf dem Markt. Leider sind im Laufe der Jahre auch diese Informationen oft verloren gegangen, weshalb oft der Name eines Händlers oder einer vergangenen Auktion als Provenienz angegeben wird. Es ist wirklich tragisch, solche Informationen verloren zu haben, aber die Forschung bringt einige Erfolge bei der Zusammenstellung von Geschichten, und das steigert unweigerlich den Wert eines Objekts. Kurz gesagt, eine gute Provenienz ist gut für das Geschäft, während eine unzureichende Provenienz ein Objekt häufig entweder unverkäuflich macht oder sich nachteilig auf seinen Wert auswirkt.

Fachleute in Auktionshäusern und Händler verbringen viel Zeit mit der Provenienzforschung, die von Gesprächen mit dem Eigentümer oder seinen Nachkommen über die Suche in Datenbanken und den Besuch von Bibliotheken bis hin zur Konsultation von Wissenschaftlern reichen kann, wo immer dies möglich ist. 

Die Mitglieder der Branche sind zunehmend auf den guten Willen und die Kooperation von Konkurrenten angewiesen, um mit ihren Kunden oder ehemaligen Kunden in der ganzen Welt in Kontakt zu treten, wobei die Sprachbarriere diese Schwierigkeit noch verstärkt. Viele Kunden sind nicht mehr erreichbar, geschweige denn am Leben, und die Erinnerungen verblassen mit dem Alter oder der Krankheit, während Gegenstände aus dem Nachlass verstorbener Personen nur selten mit Informationen versehen sind. 

Kritik

Abgrenzung zum illegalen Antikenhandel, zu Raubgrabungen und Plünderungen

Es ist wichtig, sich mit der Frage zu befassen, ob es sinnvoll ist, von einer ägyptischen Perle, einer Pfeilspitze oder einem antiken Siegel im Wert von weniger als 500 Euro die gleiche Sorgfalt zu erwarten wie von einer Marmorskulptur der Aphrodite im Wert von 50.000 Euro. Sollte ein Laie beim Kauf von Kulturgütern die gleichen Maßstäbe anlegen wie ein Händler? Der Antikenmarkt ist keine ausschließliche Domäne der Reichen, und tatsächlich ist er einer der Bereiche des Kunstmarktes, in dem es möglich ist, etwas Antikes für weniger als 100 € zu kaufen. Dennoch wird heute – nach dem KGSG –  von Kunsthändlern erwartet, dass sie den Nachweis erbringen, dass ein Objekt sein Herkunftsland legal verlassen hat, oder dass es vor 1970 oder 2007 erworben wurde, als es noch keine gesetzliche Verpflichtung zur Aufbewahrung von Dokumenten gab und das Objekt möglicherweise nur einen geringen Handelswert hatte.

Es lohnt sich, darüber nachzudenken, was jeder von uns besitzt - vielleicht Kunst und Antiken - haben Sie irgendwelche Unterlagen, die beweisen, dass sie Ihnen gehören oder wann und wo Sie sie erworben haben? Haben Sie Quittungen, die eine ununterbrochene Linie des legalen Eigentums belegen? Wenn Sie etwas geschenkt bekommen oder geerbt haben, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die Quittung haben, ganz zu schweigen von anderen Unterlagen, die bis zu dem Zeitpunkt zurückreichen, an dem das Objekt erstmals hergestellt oder gemalt wurde? Sollte jemand anderes es von Ihnen zurückfordern können, wenn Sie es in gutem Glauben erworben haben, und unter welchen Umständen sollten Sie eine Entschädigung erhalten? Aus diesem Grund haben die meisten Länder in ihren Eigentumsgesetzen Verjährungsfristen, die eingehalten werden sollten.

Bei den Millionen von Antiken in Privatsammlungen, die seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten im Umlauf sind, werden die Besitzer mit denselben Schwierigkeiten konfrontiert. Während viele Objekte vom Antikenhandel abgelehnt werden, wenn sie keine akzeptable Provenienz aufweisen, muss eine Lösung für die Millionen von "verwaisten" Objekten gefunden werden; das sind Objekte, die im Umlauf sind, aber keine ausreichenden Papiere haben. Das bedeutet nicht, dass sie sich illegal auf dem Markt befinden – im Gegenteil, für die meisten von ihnen sind die gesetzlichen Verjährungsfristen längst abgelaufen. Man muss den Handel nicht mögen oder mit ihm einverstanden sein, um diese Wahrheit anzuerkennen.

Es erscheint paradox, dass dem Antikenhandel zwar oft mangelnde Transparenz vorgeworfen wird, er aber ursprünglich transparent war. Etwa zu der Zeit, als das UNESCO-Übereinkommen (1970) entstand, wurden die Namen der Käufer noch öffentlich in den Auktionskatalogen aufgeführt, eine Praxis, die Mitte der 1970er Jahre eingestellt wurde. Diese alten Listen sind heute wertvoll, weil sie helfen können, die Besitzergeschichte eines Objekts zu rekonstruieren.

Die Ereignisse rund um den Arabischen Frühling und die anschließende Zunahme von Plünderungen und Zerstörungen, gefolgt von den ikonoklastischen Aktionen von Daesh, haben den Antikenmarkt wie nie zuvor ins Rampenlicht gerückt. Die Situation bot einigen zweifellos eine gute Gelegenheit, zwei Probleme miteinander zu vermischen: fehlende dokumentarische Provenienz und die jüngsten Plünderungen.

"Milliarden" und angebliche Terrorismusfinanzierung

Es ist wichtig, den Kunstmarkt in einen größeren Zusammenhang zu stellen, insbesondere bei der Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Dieser Grundsatz regelt die Ausübung von Befugnissen durch die Europäische Union und gilt auch im internationalen Recht im weiteren Sinne.

Im Laufe der Jahre wurde viel Zeit und in der Regel auch öffentliches Geld darauf verwendet, den Umfang und das Ausmaß des illegalen Handels mit Kulturgütern zu ermitteln. Obwohl man sich über die Details streiten kann, zeigen die verfügbaren Daten, dass das Problem nicht so groß ist, wie oft berichtet wird. Die RAND Corporation, eine unabhängige amerikanische gemeinnützige Denkfabrik für globale Politik, veröffentlichte kürzlich einen Bericht, in dem sie feststellt:

"Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Größe und Struktur des illegalen Marktes im Widerspruch zu der von einigen Journalisten und Forschern vertretenen konventionellen Weisheit steht. Häufig zitierte Schätzungen über die Größe des illegalen Marktes reichen von Hunderten von Millionen bis zu Milliarden von Dollar, während Nachrichtenberichte den Antikenhandel als Domäne von gut organisierten kriminellen Netzwerken darstellen. Im Gegensatz zu diesen Behauptungen deuten unsere Forschungen auf einen Markt hin, der kleiner und weniger gut organisiert ist"[60].

Ihre Zahlen stimmen weitgehend mit denen anderer von der Europäischen Kommission durchgeführter Studien überein. Wie der vorangegangene Deloitte-Bericht[62] wurde auch der Ecorys-Bericht[63] im Rahmen einer Studie der Europäischen Kommission in Auftrag gegeben, um festzustellen, ob die Einführung neuer EU-Einfuhrlizenzvorschriften notwendig ist. Der Bericht enthielt keine zuverlässigen Statistiken über den illegalen Handel oder die Finanzierung des Terrorismus, was eines seiner Hauptziele gewesen war. Die Autoren der Studie stützten sich auf "Momentaufnahmen des Online-Handels mit Antiken und antiken und mittelalterlichen Münzen". Es war nicht möglich, zwischen legalen und illegalen Transaktionen zu unterscheiden...[64] und weiter heißt es: "Ausgehend von der Momentaufnahme-Analyse verkaufen europäische Verkäufer jährlich zwischen 140 000 und 700 000 Antiken aus Europa, Nordafrika und Westasien mit einem Gesamtwert von 64 bis 318 Millionen Euro."[65] Sie fügen hinzu, dass sie zwar unsicher sind, aber dennoch "eine solidere Beweisgrundlage als alles andere bieten, was bisher veröffentlicht wurde. Sie stehen nicht völlig im Widerspruch zu der von der IADAA 2013 vorgeschlagenen Zahl von 200 Millionen Euro für den weltweiten Handel mit Antiken (ohne Internet)."[66]

Es kann also nicht wahr sein, dass der illegale Handel Hunderte von Millionen Dollar, geschweige denn Milliarden von Dollar wert ist.

Ein weiteres, mit 1,2 Millionen Euro vom Bund gefördertes Erhebungsprojekt "ILLICID" wurde 2015 initiiert und von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT), Darmstadt, und GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Mannheim, organisiert. Das Projekt wurde auch von der UNESCO unterstützt, die es als "transdisziplinäres Forschungsprojekt mit einem speziellen Fokus auf den illegalen Handel mit Kulturgütern aus dem Irak und Syrien" bezeichnete.  Die Pressemitteilung zum Start von ILLICID am 10. April 2015 liefert die Motivation für das Projekt:

"Gewinne aus dem illegalen Handel mit Kulturgütern sind eine wichtige Säule der organisierten Kriminalität. Es gibt Verbindungen zum Drogen- und Waffenhandel, zur Geldwäsche und zur Terrorismusfinanzierung. Derzeit gibt es weder verlässliche Daten über den jährlichen Umfang des illegalen Kulturgüterhandels in Deutschland noch effiziente Methoden zur Erhebung der entsprechenden Fakten. (English Translation)."[68]

Dies war ein unaufrichtiges Briefing, das zeigte, dass die Forscher das Ergebnis des Berichts im Voraus festgelegt hatten. Wie sie erklärten, verfügten sie weder über verlässliche Daten noch über effiziente Methoden zu deren Erhebung, waren jedoch bereits zu dem Schluss gekommen, dass die Gewinne aus dem illegalen Handel eine "wichtige Säule" des organisierten Verbrechens sind. Wie hätten sie das wissen können, bevor sie sich die Fakten ansahen, insbesondere wenn sie einräumen, dass es keine zuverlässigen Daten gibt?

Das Projekt lief aus dem Ruder, aber ein kurzer Bericht mit den endgültigen Ergebnissen wurde im April 2019 veröffentlicht und stieß auf ein gemischtes Echo.[69] Die IADAA führte eine Analyse durch, um festzustellen, ob ILLICID seine Ziele erreicht hat, zu denen auch die Sammlung von Daten über das Ausmaß des illegalen Handels und der Terrorismusfinanzierung gehörte.

Die IADAA berichtete über ihre Ergebnisse und stellte fest, dass;

"Sicherlich hat sie Daten gesammelt, obwohl ihre eigenen Zahlen zeigen, dass potenziell relevante Objekte nur einen winzigen Bruchteil (1,7 %) des von ihr bewerteten Materials ausmachen. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass nur ein Viertel der potenziell relevanten Objekte mit Sicherheit als authentisch eingestuft werden kann und bei einem Großteil der übrigen Objekte die Informationen fehlen, um ein endgültiges Urteil zu fällen. Es ist nicht klar, wie originell und bahnbrechend die Methodik der Studie ist - sie scheint sich nicht wesentlich von anderen Studien zu unterscheiden. Klar ist, dass die Studie keinerlei terroristische Feststellungen getroffen hat und auch nicht in der Lage war, das Ausmaß des illegalen Handels abzuschätzen, was sie auch nicht behauptet."[70]

Ein 50-seitiger Bericht mit politischen Empfehlungen, die auf den Ergebnissen des 9-seitigen Berichts basieren, wurde im Dezember 2019 veröffentlicht. Er scheint die ursprünglichen Ziele des Berichts, nämlich die Suche nach belastbaren Beweisen, zurückzustellen (vielleicht weil dies nicht gelungen war) und kommt stattdessen zu dem Schluss:

"Insgesamt haben die Ergebnisse des sozialwissenschaftlichen Teilprojekts gezeigt, dass die Befragung von Stakeholdern ein gutes Instrument ist, um einen Eindruck davon zu erhalten, welche Themen, Fragen und Herausforderungen in einem undurchsichtigen Bereich wie dem Handel mit antiken Kulturgütern von Bedeutung sind. Allerdings ist dieses Instrument nicht geeignet, um konkrete Rückschlüsse auf den Markt als Ganzes zu ziehen."[71]

Zum Leidwesen des deutschen Kunstmarktes, einschließlich der Museen und Privatsammler, wurde das restriktive deutsche Kulturgutschutzgesetz (KGSG)[72] bereits 2017 erlassen,[73] ohne abzuwarten, ob es Beweise gibt, auf die sich diese Politik stützen kann. Viele der Grundsätze des neuen deutschen Kulturgutschutzgesetzes fanden Eingang in die Überlegungen zu den EU-Importbestimmungen, die in der Analyse von Cultural Property News, die vom Committee for Cultural Policy (CCP), einer US-amerikanischen Non-Profit-Organisation zur Stärkung des öffentlichen Dialogs über Kunstpolitik, unterstützt wird, ausführlich erörtert werden. [74]

Deutschland konnte erfolgreich auf die Einführung der EU-Einfuhrbestimmungen Einfluss nehmen, aber man muss davon ausgehen, dass Deutschland nach Inkrafttreten der EU-Einfuhrbestimmungen nicht mit einem Zweiklassensystem innerhalb der EU weitermachen kann, bei dem Importeuren aus anderen EU-Mitgliedstaaten die Einfuhr von Kulturgütern nach Deutschland potenziell untersagt wäre. Unter diesen Umständen würde es den Anschein erwecken, als würde es den Handel zwischen den Mitgliedstaaten willkürlich diskriminieren und einschränken, obwohl sie sich an dieselben Einfuhrvorschriften halten[76]. Besonders besorgniserregend an dem deutschen Gesetz ist, dass es der Tatsache nicht Rechnung trägt, dass nur selten Ausfuhrlizenzen aus den Herkunftsländern vorliegen, und dass es die Beweislast für Antiken, die nach 2007 nach Deutschland eingeführt werden, umkehrt, wenn ein Nachweis über die legale Ausfuhr aus dem Herkunftsland erbracht werden muss – mit der Annahme, dass die Antiken illegal ausgeführt wurden, ohne dass ein solcher Nachweis vorliegt.

Eine der groteskesten und unbegründetsten Anschuldigungen, die in den letzten Jahren gegen den Antikenhandel erhoben wurden, lautete, dass der Handel terroristische Aktivitäten unterstütze. Der Begriff "Blut-Antiken"[77] wurde gefühlsbetont verwendet, und in zahlreichen Schlagzeilen und Forschungsberichten wurde den Lesern weisgemacht, dass der illegale Antikenhandel Terroristen mit Hunderten von Millionen oder Milliarden Dollar finanziere.  Tatsächlich wurden diese Zahlen von immer mehr Leuten, einschließlich des RAND-Berichts, in Misskredit gebracht. Es gibt nur minimale Beweise für die Finanzierung von Terroristen durch den Verkauf von Antiken, eine Tatsache, die sowohl im Deloitte- als auch im Ecorys-Bericht bestätigt wird. Sowohl der RAND- als auch der Ecorys-Bericht weisen darauf hin, dass es sich offenbar um eine Strategie handelt, die zu irreführenden Schlagzeilen verleitet.

Im RAND-Bericht heißt es:

"In Ermangelung fundierter Daten wird die Bedeutung des Antikenhandels für die Finanzierung des internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität von Journalisten, Forschern und politischen Experten regelmäßig aufgebauscht. Die Verknüpfung von Kulturgutkriminalität mit diesen öffentlichkeitswirksamen Strafverfolgungsmaßnahmen bietet eine Möglichkeit, einem traditionell wenig beachteten Problem finanzielle und politische Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die Fakten und Zahlen, die zur Untermauerung dieser Argumente herangezogen werden, werden jedoch häufig falsch interpretiert oder überbewertet."[78]

Im Ecorys-Bericht heißt es:

"Die Befragten sind sich einig, dass die Verbindung zwischen dem Problem des Handels mit Kulturgütern und der Finanzierung des Terrorismus insgesamt übertrieben sein mag, aber von Vorteil ist. Der illegale Handel mit Kulturgütern wird jetzt als eine Frage der nationalen und internationalen Sicherheit betrachtet, was bedeutet, dass er in der Rangliste der politischen Prioritäten nach oben gerückt ist."[79]

Während jegliche Finanzierungsströme für Terroristen gestoppt werden müssen, müssen die Reaktionen auf das Problem verhältnismäßig sein und dürfen nicht durch Unwahrheiten beeinflusst werden; aus diesem Grund sind genaue Daten wichtig.[81]

Steht die Kunstkriminalität nach Drogen und Waffen an zweiter Stelle?

Es wird oft behauptet, dass der illegale Antikenmarkt nach dem illegalen Handel mit Drogen und Waffen der zweitgrößte ist. Auch dies ist einfach nicht wahr. Eine Analyse des kürzlich veröffentlichten Berichts 2019 der Weltzollorganisation wurde von Ivan Macquisten im Auftrag der IADAA durchgeführt.[82] Der WZO-Bericht 2019[83] ist der fünfte Jahresbericht, in dem das Kulturerbe als eigenständige Risikokategorie bewertet wird, und zeigt, dass das Kulturerbe 0,2 % des weltweiten illegalen Handels ausmacht, gemessen an den über das Customs Enforcement Network gemeldeten Beschlagnahmen. Dies ist die kleinste aufgeführte Kategorie, und zwar mit einem so großen Abstand, dass eine etwaige Untererfassung nicht annähernd die Lücke zwischen dem Kulturerbe und jeder anderen Kategorie in einer der vier Hauptmessgrößen, die zur Bewertung dieses Problems herangezogen werden, schließen würde: Anzahl der Beschlagnahmungen/Festnahmen, Anzahl der Ermittlungen, Volumen des beschlagnahmten Materials und Wert des beschlagnahmten Materials.  Es ist wichtig zu wissen, dass archäologische Gegenstände nur einen winzigen Teil dessen ausmachen, was der Bericht als kulturelles Erbe definiert, ein Bereich, der auch Flora und Fauna, Kunstwerke und Haushaltsgegenstände umfasst.

Der rechtmäßige Antikenhandel leugnet nicht, dass es Plünderungen gibt, und versucht auch nicht, sie in irgendeiner Weise zu dulden. Das muss jedem vernünftig denkenden Menschen klar sein. Doch die Schlagzeilen halten einer genaueren Prüfung einfach nicht stand. Dennoch sind es vor allem diese Schlagzeilen, die die Regierungen zum Handeln veranlasst haben und die EU dazu, weitere Vorschriften und Beschränkungen für den Kunstmarkt einzuführen, die sich besonders dramatisch auf den Antikenmarkt auswirken.

Expertenmeinungen

Der ehemalige Minister für Altertümer, Mamdouh Al-Damaty, sagte, dass der Versuch, die ägyptischen Artefakte aus dem Ausland zurückzuholen, nicht im Sinne Ägyptens sei. Al-Damaty erklärte während eines Seminars in der Mittelmeerstadt Alexandria, dass die Anwesenheit ägyptischer Artefakte im Ausland gut sei, um Ägypten im Ausland zu repräsentieren und als Propaganda (im Sinne von: Werbung) für das Land zu betrachten, insbesondere da mehrere Museen im Ausland nach Ägypten benannt sind. Der Minister sagte, dass diese Artefakte als Botschafter Ägyptens im Ausland fungieren. Was den Diebstahl von Artefakten betrifft, so sagte Al-Damaty, dass es diese Verbrechen seit der Pharaonenzeit gebe. Er fügte hinzu, dass sie zu bestimmten Zeiten legal waren, als die Gesetze die Ausfuhr und den legalen Kauf erlaubten. Zu diesen Zeiten wurden die meisten unserer Artefakte ins Ausland gebracht.[14]

Einige Regierungen behaupten, dass Kunstwerke nur in einem einzigen physischen Raum ihre wahre Bedeutung haben. Da die Länder, aus denen die Kunst stammt, oft das Recht auf ihre gesamte Kunst beanspruchen, würde dies bedeuten, dass die Länder, aus denen die Kunst stammt, nur ihre eigene Kunst besitzen und keine Beispiele von Kunst aus anderen Ländern. Die Amerikaner hätten nur amerikanische Kunst, die Griechen nur griechische, die Italiener nur italienische, die Ägypter nur ägyptische. In einer zunehmend multikulturellen Welt ist es eine schlechte internationale und nationale Politik, die Kunst und Artefakte anderer Nationen auszuschließen. In einer gefährlichen Welt legt man damit alle kulturellen Eier für jedes Land in einen Korb.

Eine solche Politik bedroht die humanistischen und internationalistischen Ziele, Kunst für die gesamte Menschheit und für die Zukunft zu bewahren. Sie würden den Bemühungen der Museen schaden, den unzensierten Zugang zur Kunst zu Forschungs- und Studienzwecken zu ermöglichen und den Menschen aller Kulturkreise Freude und gemeinsames Verständnis zu vermitteln.[15]

Recht

In der öffentlichen Diskussionsrunde[16] zum Thema Kulturgutschutz nach der Vorstellung des Brettspiels: Taskforce: Saving Antiquities mit Markus Hilgert (Kulturstiftung der Länder), Silvelie Karfeld[17] (Bundeskriminalamt), Robert Kuhn[18] (Staatliche Museen zu Berlin) und Irene Pamer[19] (Deutsche Gesellschaft für Kulturgutschutz e.V.) hat Markus Hilgert die Frage gestellt, ob der Antikenhandel in Deutschland komplett verboten werden sollte (ab ca. 1h:12m:40s). Dem würden fundamentale deutsche Gesetze (GG §12 und GG §14) entgegenstehen. Dieser Überlegung von Markus Hilgert wurde nicht widersprochen.

Literatur

[…]

[…]

Quellen

Mosse im Museum • Die Stiftungstätigkeit des Berliner Verlegers Rudolf Mosse (1843−1920) für das Ägyptische Museum Berlin, 2017, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,  Seite 59ff. The antiquities trade in Egypt during the time of Rudolf Mosse, Fredrik Norland Hagen and Kim Ryholt. (Fig.3 und Fig. 62-63 im Anhang)

vgl. Joanna van der Lande, |May 17, 2018, The problem with provenance and what we can do about it

https://theada.co.uk/the-problem-with-provenance-and-what-we-can-do-about-it/

  1. Joanna van der L, e- May 17, 2021: The Antiquities Trade: A reflection on the past 25 years, Part 1 – Anmerkung [12]. In: Cultural Property News. 17. Mai 2021, abgerufen am 30. August 2022.
  2. Norbert Miller: Marblemania Kavaliersreisen und der römische Antikenhandel. [1. Auflage]. Berlin 2018, ISBN 978-3-422-07443-9 (worldcat.org [abgerufen am 29. August 2022]).
  3. http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/614/1/Kunze_Ruegler_Antikenhandel_und_Antikenrestaurierung_1998.pdf
  4. Thomas L. Gertzen (Hg.), Jana Helmbold-Doyé (Hg.): Mosse im Museum – Die Stiftungstätigkeit des Berliner Verlegers Rudolf Mosse (1843–1920). (hentrichhentrich.de [abgerufen am 30. August 2022]).
  5. Staatliche Museen zu Berlin: Staatliche Museen zu Berlin: Der Fund und die Fundteilung. Abgerufen am 28. August 2022.
  6. Bernhard Schulz: „Die bunte Königin“. In: Der Tagesspiegel Online. 3. Dezember 2012, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 29. August 2022]).
  7. deutschlandfunkkultur.de: Archäologe fordert Rückgabe von Nofretete-Büste an Ägypten. Abgerufen am 30. August 2022.
  8. Kulturgutschutz - Homepage - Antikengesetz Nr. 117 aus dem Jahr 1983 in seiner Fassung aus dem Jahre 2010. Abgerufen am 28. August 2022.
  9. Über uns – International Association of Dealers in Ancient Art. Abgerufen am 30. August 2022.
  10. CINOA. Abgerufen am 30. August 2022.
  11. Home • Antiquities Dealers' Association. Abgerufen am 30. August 2022 (amerikanisches Englisch).
  12. Kunsthändlerverband Deutschland. Abgerufen am 30. August 2022.
  13. Berufsbild des Kunsthändlers - Kunsthändlerverband Deutschland. Abgerufen am 30. August 2022.
  14. Retrieving artifacts from abroad not in Egypt's favor: former minister. In: Egypt Independent. 2. März 2017, abgerufen am 29. August 2022 (amerikanisches Englisch).
  15. Get The Facts – Why shouldn’t all art go back to the countries it came from? In: Cultural Property News. 23. Oktober 2017, abgerufen am 29. August 2022.
  16. "Taskforce: Saving Antiquities" – Livestream der Diskussionsrunde zum Thema Kulturgutschutz. Abgerufen am 29. August 2022 (deutsch).
  17. Alexander Weinlein: Deutscher Bundestag - Kulturgutschutzrecht bleibt umstritten. Abgerufen am 29. August 2022.
  18. Robert Kuhn | Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz - Academia.edu. Abgerufen am 29. August 2022.
  19. Kontakt und Impressum – Deutsche Gesellschaft für Kulturgutschutz e.V. Abgerufen am 29. August 2022 (deutsch).