Kirche St. Arbogast (Oberwinterthur)
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| Basisdaten | |
|---|---|
| Konfession | evangelisch-reformiert |
| Ort | Winterthur, Schweiz |
| Landeskirche | Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich |
| Widmung | St. Arbogast |
| Baugeschichte | |
| Baujahr | 10. Jahrhundert (Teile des Mittelschiffs), um 1260 (dreischiffige Basilika mit Wandmalereien) |
| Baubeschreibung | |
| Baustil | Romanik |
| Bautyp | Basilika |
| 699236 / 262590 | |
Die Kirche St. Arbogast ist die evangelisch-reformierte Kirche von Oberwinterthur. Die dreischiffige romanische Basilika wurde um 1260 errichtet; sie ist mit Wandmalereien aus dieser Zeit ausgestattet.
Geschichte und Legende
Auf römischen Ruinen errichtet
Die Kirche St. Arbogast befindet sich an einem Ort mit weit zurückreichender Geschichte: Sie steht auf den Ruinen eines zentralen Bereichs des römischen vicus Vitudurum. Unter der westlichen Hälfte der heutigen Kirche liegen die Grundmauern eines gallorömischen Tempels aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Im Bereich des Chores und der Sakristei befand sich die Ecke eines römischen Thermengebäudes; die Nordostecken von Turm und Chor gründen auf den Fundamenten der mächtigen römischen Schutzmauer, welche zur Zeit des Kaisers Diokletian im Jahr 294 n. Chr. vollendet wurde.[1]
Bischof Arbogast von Strassburg und König Dagobert I.

Der Schutzpatron der Kirche, St. Arbogast, war der erste fränkische Bischof von Strassburg. Um 540/550 richtete er das Bistum nach den Wirren der Völkerwanderung wieder auf und liess eine neue Domkirche bauen.[2] Gemäss der Arbogast-Legende war der Bischof befreundet mit dem Merowingerkönig Dagobert I. und erweckte dessen Sohn Sigibert wieder zum Leben, nachdem dieser bei einem Jagdunfall tödlich verletzt worden war (siehe unten: Wandmalereien der Nordwand). Die Legende wurde allerdings erst im 10. Jahrhundert aufgezeichnet, und Dagobert I. herrschte von 622 bis 639 (zuerst über einen Reichsteil, ab 629 über das ganze fränkische Reich): er kann also Bischof Arbogast nicht mehr gekannt haben.[3]
Arbogast wurde in Strassburg ab dem 10. Jahrhundert als Stadtpatron verehrt, da er in der Geschichte des Bistums einen wichtigen Platz einnahm. Durch die Nähe zu König Dagobert, die ihm die Legende andichtete, gewann er als Heiliger zusätzliches Gewicht. Wie er Kirchenpatron von Oberwinterthur wurde, lässt sich nur vermuten. Von Bedeutung könnte sein, dass die hiesige Kirche mit ihren Einkünften dem Domstift Konstanz gehörte: Die angebliche Förderung durch König Dagobert war wichtig für die Legitimation des Bistums Konstanz; der in der Vorstellung der Gläubigen mit dem König verbundene Heilige also bestens geeignet als Schutzpatron für eine Kirche im Besitz des Bistums. Für diese Kirche anderseits war es vorteilhaft, durch die Berufung auf Arbogast und Dagobert ein hohes Alter und entsprechende Bedeutung geltend zu machen.[4]
Urkundliche Erwähnung
Erstmals urkundlich erwähnt wird die Kirche erst 1155 in einem Dokument, mit welchem Kaiser Friedrich I. dem Bischof von Konstanz allen Besitz bestätigte, den das Bistum von ihm und seinen Vorgängern erhalten hatte: Dazu gehörte «der Hof in Winterthur mit der Kirche». Mit Winterthur war zu diesem Zeitpunkt – kurz vor der Stadtgründung – immer noch Oberwinterthur gemeint. Frühere Urkunden, welche in den Jahren 843, 856, 865, 883 und 886 in «Wintarturo» ausgestellt wurden, mögen allenfalls einen indirekten Hinweis darauf geben, dass bereits eine Kirche vorhanden war: Urkunden wurden oft unter dem Vordach von Kirchen besiegelt.[5]
Dass die Kirche Arbogast geweiht war, wird erst 1373 erstmals erwähnt: Im Jahrzeitbuch ist eine Stiftung von zwei Äckern an das Baugut «ze sant Arbogastes altar» verzeichnet. Die Wandmalereien in der Kirche, die neben Christus hauptsächlich Arbogast gewidmet sind, sind also das früheste Zeugnis für das Patrozinium: Sie entstanden spätestens um 1320, vielleicht schon im Zuge des Ausbaus zur dreischiffigen Basilika um 1260 (siehe unten).[6]
Stadtgründung innerhalb des Oberwinterthurer Pfarreigebiets

Das Pfarreigebiet von Oberwinterthur war gross: Es umfasste neben dem Dorf Oberwinterthur auch das Gebiet der späteren Stadt Winterthur, Seen und Teile von Töss; dazu wahrscheinlich auch Seuzach, Veltheim sowie die westlichen Teile von Elsau und Wiesendangen.[7] Auch die Adelssitze Hegi und Mörsburg gehörten dazu, was finanziell einträglich war. Als Graf Hartmann III. von Kyburg kurz nach 1174 die Stadt Winterthur gründete, gewann die dortige capella an Bedeutung;[8] kirchenrechtlich war sie aber immer noch eine Filiale von Oberwinterthur. 1180 verfügte schliesslich der Bischof von Konstanz, dass die Stadt aus der Pfarrei Oberwinterthur herausgelöst wurde. Von dieser Ablösung nicht betroffen war das Gebiet ausserhalb der ersten Stadtmauer, wo sich bald zwei Vorstädte zu entwickeln begannen.[9]
In der Folge wuchs die Bevölkerung sowohl im Stadtkern als auch in den Vorstädten rasch an; es gab also mehr Kirchgenossen und auch höhere Einnahmen. Beide Kirchen, die Stadtkirche und die Mutterkirche St. Arbogast, wurden in mehreren Bauetappen vergrössert.[10] Die beiden Vorstädte Winterthurs und die Mühlen gehörten bis 1482 zur Kirchgemeinde Oberwinterthur; dann kaufte die Stadt Winterthur sie aus.[11]
Baugeschichte
Probleme der Datierung
Die Baugeschichte der Kirche St. Arbogast ist komplex, die Datierung der frühen Bauetappen mit beträchtlicher Unsicherheit behaftet. Wichtig sind Erkenntnisse zur Baugeschichte der Stadtkirche Winterthur, die durch Ausgrabungen 1980/81 gewonnen wurden: Es entstand der Eindruck, dass die Baugeschichte der beiden Kirchen oft parallel verlaufen war; dabei scheint St. Arbogast jeweils dem Beispiel der Stadtkirche gefolgt zu sein.[12]
7. bis 9. Jahrhundert

Die Existenz einer ersten Kirche in Oberwinterthur im frühen 7. Jahrhundert kann nur indirekt nachgewiesen werden, da bei den archäologischen Ausgrabungen 1980/81 entgegen den Erwartungen keine Spuren einer frühen Holzkirche gefunden wurden. Zwischen Gräbern aus der Zeit um 550–660 liegt aber eine freie Fläche, die genau dem Grundriss der ersten aus Stein erbauten Kirche entspricht.[14]
Die ältesten vorhandenen Mauern stammen von einer Saalkirche, welche Drack 1981 «in karolingische Zeit» datiert[15] (im nebenstehenden Plan rot eingezeichnet). Der rechteckige Saalbau war 15,4 × 9,4 Meter gross; die Wände waren 6 Meter hoch. Im Inneren trennte eine schmale Mauer Chorraum und Schiff.
10. bis 12. Jahrhundert
Später wurde an die ursprüngliche Saalkirche gegen Osten hin ein separater Chor angebaut (im Plan blau eingezeichnet). Diese Erweiterung könnte bereits im 10. Jahrhundert erfolgt sein[16] oder zur Zeit des Grafen Adelbert von Mörsburg (1094–1124).[17] Ein erster Turmbau südlich dieses Chors kam nicht über die Fundamente hinaus. Dafür wurde bald darauf im Süden des Schiffes ein 3,4 Meter breiter Anbau errichtet (ebenfalls blau). Ein entsprechender Anbau im Norden kam hinzu, und wohl etwa zur gleichen Zeit ein relativ niedriger Turm (grün), entweder um 1180[18] oder bereits in den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts.[19]
Balken aus dieser Zeit überspannen heute noch das Mittelschiff: Die dendrochronologische Altersbestimmung ergab, dass die Bäume um 1130 gefällt wurden. Die alten Balken wurden allerdings bei einem späteren Umbau der Kirche neu verlegt.[20]
13. bis 15. Jahrhundert

Der Wiederaufbau der Stadtkirche nach einem verheerenden Brand im Jahr 1244 könnte der Auslöser dafür gewesen sein, dass die Kirche St. Arbogast etwas später (nach 1264) einen grösseren Chor erhielt und um 1280 zur dreischiffigen Basilika ausgebaut wurde (im Plan schwarz eingezeichnet). Weil der neue Chor deutlich höher war als der alte, musste auch der Turm erhöht werden.[21] Die Sakristei wurde wahrscheinlich etwa zur gleichen Zeit angebaut.[22]
Das alte Kirchenschiff wurde nach Westen verlängert und von 6 auf 9 Meter erhöht; die bisherigen Anbauten wurden durch Seitenschiffe ersetzt. Zu diesem Zweck wurden aus den Mauern des alten Kirchenschiffs rundbogige Arkaden ausgebrochen. Zuerst wurden wohl kleinere Ausbrüche gemacht, innerhalb welcher dann quadratische Sandsteinpfeiler als neue tragende Elemente errichtet wurden. Anschliessend wurden die alten Mauerstücke zwischen diesen Pfeilern einzeln bis zur gewünschten Höhe abgetragen und durch Rundbogen ersetzt: Das ausgezeichnete Gussmörtel-Mauerwerk der alten Saalkirche war offenbar stark genug, um der Belastung standzuhalten, bis der Bogen eingesetzt war.[23] Über den Arkaden blieb eine ca. 2 Meter hohe Zone der alten Mauer erhalten. Dies ist das älteste Stück der heutigen Kirche, zusammen mit den Ecken des alten Saals auf beiden Seiten des Chorbogens, welche ebenfalls stehen blieben.[24] Über der alten Mauer wurde mit dem herausgebrochenen Material der Obergaden errichtet: der Teil der Mittelschiffwand, welcher über die Seitenschiffdächer hinausragt. – Durch diesen Umbau wurde St. Arbogast «zur grössten und grossartigsten Dorfkirche weit und breit».[25]
Wie Farbspuren zeigen, waren die Wände der Basilika von Anfang an bemalt. Um 1310/20 entstanden dann die erhaltenen Wandmalereien.[26]
Nach 1482 wurde der Turm neu gebaut. Vom alten Turm aus dem 12. Jahrhundert blieb nur das unterste Geschoss erhalten, aus feinen Sandsteinquadern mit Ecklisenen;[27] darüber wurde aus porösen, aber wetterfesten Tuffsteinen ein neuer, hoher Turm errichtet.[28]
Um 1493 wurde an das südliche Seitenschiff das sogenannte «Hegemer Chörli» angebaut (im Plan: weiss), eine Kapelle mit zentraler Stütze und vier gleichen Kreuzgewölben. Sie wurde gestiftet vom letzten Herrn von Hegi, der 1493 starb und hier beigesetzt wurde. Später wurden auch Mitglieder des Adelsgeschlechts von Goldenberg, welches von 1363 bis 1596 auf der Mörsburg sass, im Hegemer Chörli bestattet. Diese aussergewöhnliche Grabkapelle wurde 1877 abgebrochen.[29]
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Der Turm: unten Sandstein (12. Jh.), oben Tuff (nach 1482)
Baubeschreibung



Die Kirche St. Arbogast zeigt strenge Basilikaform: Das langgestreckte Mittelschiff überragt die Seitenschiffe; über deren Dächern erhebt sich der Obergaden mit seinen Fenstern. Die Dächer der Seitenschiffe sind nach romanischer Tradition relativ flach geneigt; das Dach des Mittelschiffs hingegen ist steiler: Es wurde in gotischer Zeit angehoben und so verlängert, dass es auch den Chor überdeckt.
Der Turm hat seit 1509 einen schlanken Helm über vier steilen Wimpergen. 1910 wurde der Helm um 6 Meter erhöht und das frühere Schindeldach durch Kupfer ersetzt. Im obersten Bereich der Südwand des Turms ist ein Relief zu sehen, die «Heilige Kümmernis». Die Legendengestalt war Schutzpatronin des wandernden Volkes. Im Turm ist heute eine Kopie des Reliefs eingemauert; das Original aus dem späten 15. Jahrhundert ist im Chor der Kirche ausgestellt.
Obwohl die Basilika in der Übergangszeit zur Gotik erbaut wurde, entspricht sie mit Ausnahme des Chors dem romanischem Stil. Das wird bereits am Rundbogen des Hauptportals deutlich, dessen Sandsteingewände ein schlichtes Rundstabprofil aufweist. Alle Fenster der Kirche und die Arkaden zwischen Mittelschiff und Seitenschiffen haben ebenfalls die romanische Rundbogenform; einzig der Chorbogen und das Tonnengewölbe des Chors sind bereits frühgotisch spitz. Dadurch wirkt der Chor höher und eleganter. Über den Fenstern des Chors sind Tontöpfe eingemauert:[30] Sie bilden einerseits eine ungewöhnliche Verzierung zwischen Rund- und Spitzbogen; anderseits sollten sie wohl auch eine akustische Wirkung entfalten.
Das Mittelschiff und die Seitenschiffe haben flache Holzdecken. Die Leistendecken aus gotischer Zeit – im 18. Jahrhundert durch Gips ersetzt – waren wohl feiner gearbeitet, aber dem modernen Ersatz vergleichbar. Die Arkadenpfeiler aus Sandsteinquadern wurden 1877 zurückgespitzt und mit Gips verputzt; nur im untersten Bereich (unterhalb des damals eingezogenen Holzbodens) blieb die alte Form erhalten. Bei der Restaurierung 1976–1981 wurden wenigstens ihre Kämpfer rekonstruiert, ebenso die Kämpfer des Chorbogens.
Der gotische Taufstein stammt aus dem frühen 14. Jahrhundert (also etwa aus der gleichen Zeit wie die Wandmalereien). Er wurde 1627 durch einen neuen ersetzt und unter dem Boden der Kirche versenkt; bei den archäologischen Grabungen wurde er 1976 überraschend wiederentdeckt.[31]
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Der gotische Taufstein aus dem 14. Jh.
Die Wandmalereien

Die Malereien sind keine Fresken im eigentlichen Sinn, denn sie wurden auf den bereits trockenen Verputz aufgetragen; genauer: auf einen dünnen Kalkbelag, mit welchem dieser vorher überzogen worden war. Nach der Reformation wurden sie übertüncht, wobei vermutlich einzelne Bilder zunächst sichtbar blieben. Beim Einbau einer Empore wurden 1610 die Malereien an der Westwand und im angrenzenden Bereich der Südwand stark beschädigt. Zu den schlimmsten Zerstörungen kam es aber erst im 19. Jahrhundert: 1835 wurden die bemalten Wände mit Pickeln bearbeitet, damit ein neuer Verputz besser haftete. Restaurierungsversuche im Jahr 1932 richteten weiteren grossen Schaden an. Die Bemalung des Chorgewölbes – Christus als Weltenrichter auf einem Regenbogen, umgeben von Medaillons der vier Evangelisten – ging damals unwiederbringlich verloren, als während der Restaurierungsarbeiten der ganze Verputz herunterstürzte.[32]
Die Nord- und die Südwand des Mittelschiffs zeigen zuoberst, zwischen den Fenstern, sogenannte Repräsentationsbilder: Fürbitter unter den Heiligen, die jeweils zu zweit dargestellt sind, mit Ausnahme von Arbogast, der in der Mitte der Nordwand thront. An der Südwand sind es weibliche Heilige (abgesehen von Christus und Maria in der Mitte), an der Nordwand männliche. Der durchlaufende Bildstreifen darunter erzählt an der Südwand die Geschichte von Christus, an der Nordwand hauptsächlich diejenige von Arbogast.[33]
Nordwand

Die ersten Bilder der Arbogast-Legende sind wohl unten im Arkadenbereich zu suchen, unmittelbar über den Pfeilern: Sonst würde die Jugendzeit des Heiligen übergangen, die normalerweise auch dargestellt ist. Über dem vom Hauptportal her gesehen ersten Pfeiler auf der Nordseite (links) dürfte also der Auszug des jungen Arbogast aus seinem Elterhaus und seine Berufung zu sehen sein. Das noch stärker beschädigte Bild über dem zweiten Pfeiler – zwei Heilige reichen sich die Hände − zeigt möglicherweise den Abschied Arbogasts von seinem Einsiedler-Gefährten Deodatus. Im dritten Pfeilerbild ist gemäss der erhaltenen Beschriftung Gallus dargestellt, der den gehorsamen Bären mit einem Brot belohnt. Da es gewisse Parallelen im Leben von Arbogast und Gallus gibt, könnte auch dieses Bild noch mit Arbogast in Verbindung stehen. (Das Bild über dem vierten Pfeiler ist weitgehend zerstört; es zeigte Christus mit den Leidenswerkzeugen.)[34]
Die Bilder des mittleren Streifens zeigen folgende Szenen (von links nach rechts):
| 1. | Arbogast gründet das Kloster Surbourg. |
| 2. | Arbogast wird zum Bischof von Strassburg geweiht. |
| 3. | Sigibert, der Sohn von König Dagobert, wird bei einen Jagdunfall tödlich verletzt. |
| 4. | Arbogast erweckt den Toten wieder zum Leben. |
| 5. | Zum Dank schenkt Dagobert dem Bischofsmünster Unserer Lieben Frau von Strassburg die Stadt Rufach und das Schloss Isenheim. Die Mutter Gottes nimmt das Geschenk entgegen. |
| 6. | Arbogast wird beigesetzt. Über der Szene sind die Schilde der Meier von Mörsburg und der Herren von Hegi zu sehen: Vertreter dieser Familien hatten vermutlich die Wandmalereien gestiftet. |
| 7. | Schutzmantelmadonna Zwei heimatlose Mädchen liegen zu ihren Füssen. Die Schilde deuten an, dass sich auch die Stifter der Bilder zu den Menschen zählen, die unter dem Mantel Schutz suchen. |
| 8. | Epiphanie: Die Ankunft der heiligen drei Könige nach Christi Geburt. Lustig ist das Pferd: es war ursprünglich ein Kamel, wie Schwanz und Hufe belegen, und wurde in späterer Zeit falsch nachgemalt. Rechts steht nicht etwa Josef, sondern Jesaja (mit Judenhut), der die Ankunft des Messias vorhersagt.[35] |
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Klostergründung in freier Natur und Bischofsweihe
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Jagdszene: Sigiberts Tod
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Auferweckung des Toten durch Bischof Arbogast
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König Dagoberts Schenkung
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Arbogasts Bestattung (linker Teil)
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Rechter Teil der Bestattung; Schutzmantelmadonna
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Epiphanie: Das «Kamelpferd» und andere Tiere
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Epiphanie: Anbetung und Jesaja
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St. Arbogast thront über der Mitte der Nordwand
Südwand
Über dem ersten Pfeiler (von links, d. h. vom Chorbogen her) steht Christus. Er spricht: Venite, benedicti! (Kommt, Gesegnete!) – offenbar zu den Zürcher Stadtheiligen, welche über den restlichen drei Pfeilern dieser Arkade dargestellt sind bzw. waren: Felix und Regula sowie Exuperantius. (Von Felix ist nur noch wenig zu erkennen, von Regula etwas mehr; Exuperantius ist nicht mehr sichtbar.)[36]
Der erzählende Bildstreifen der Südwand ist dem Leben, dem Leiden, dem Tod und der Auferstehung Christi gewidmet. – Die Kunst der frühen Gotik des 13. und 14. Jahrhunderts thematisiert im Vergleich mit der Romanik weniger die Herrlichkeit des Auferstandenen als das Leiden Jesu. Die Bilder sollen die Gläubigen zu Mitleid, Liebe und stiller Andacht bewegen.[37]
Die Erzählung beginnt beim Chorbogen:
| 1. | Der Erzengel Gabriel verkündet Maria die bevorstehende Geburt. |
| 2. | Jesus ist geboren. |
| 3. | Maria und Anna bringen den Knaben zum Altar des Hohen Priesters. |
| 4. | Jesus zieht in Jerusalem ein (Palmsonntag). |
| 5. | Er betet am Ölberg. |
| 6. | Jesus wird festgenommen. Zu dieser Szene gehört auch der Verräter Judas Iskariot, der Jesus küsst, und Simon Petrus, der Malchus ein Ohr abschlägt. Die Juden sind an ihren Hüten zu erkennen; einer hält eine Laterne. |
| 7. | Jesus wird vor den Statthalter Pontius Pilatus geführt. |
| 8. | Jesus wird gegeisselt. |
Die folgenden Bilder sind alle stark beschädigt:
| 9. | Dornenkrönung |
| 10. | Kreuztragung |
| 11. | Kreuzigung Ein römischer Soldat stösst Jesus eine Lanze in die Brust. Ein Engel empfängt die Seele des reuigen Mitgekreuzigten. Das Kreuz Christi durchbricht die Rosenbordüre; der Himmel öffnet sich. |
| 12. | Kreuzabnahme |
| 13. | Grablegung |
| 14. | Auferstehung |
| 15. | Jesus erscheint den Jüngerinnen, die sein Grab aufgesucht hatten. |
Die Erzählung wurde an der Westwand fortgesetzt: Die Darstellung der Himmelfahrt ist jedoch vollständig zerstört; im Bild des Pfingstfests (direkt über dem Hauptportal) sind die Apostel hinter der Mauer noch schwach erkennbar.[38]
Weitere Malereien
Auf der rechten Seite der Westwand ist Christophorus dargestellt. Auch dieses Bild wurde durch den Einbau der Empore im Jahr 1610 stark beschädigt. Am Ostende des nördlichen Seitenschiffs (neben dem Seiteneingang) sind die Ornamente im Gewände des Fensters bemerkenswert. Daneben ist die heilige Barbara mit Kelch und Hostie nur schwer zu erkennen. Dem Fenster gegenüber steht der Erzengel Michael mit der Seelenwaage. Zwei kleine Teufel vermögen die Waagschale nicht hinunterzuziehen.[39]
Die Orgel


Die Orgel mit 31 Registern wurde 1980 von der Mathis Orgelbau AG erbaut. Aus Platzgründen befindet sie sich an den Seitenwänden des Chors: Der Hauptteil der Orgel steht in einer Nische an der Südwand, das Kontrapositiv (der kleinere Teil) gegenüber an der Nordwand.[40] Die Abstrakten sind unter dem Chorboden durchgeführt; trotz ihrer Länge lässt sich das Kontrapositiv leicht spielen. Das Brustwerk ist durch Jalousien schwellbar. Im Prospekt des Hauptwerks stehen die Pfeifen des Prinzipals 8′. Das Pedalwerk ist nicht sichtbar; es befindet sich hinter dem Hauptwerk. Es erklingt durch dieses hindurch und durch eine Schallöffnung über dessen Mittelteil.[41]
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Das Geläute
Im Jahr 1911 kaufte die Kirchgemeinde vier neue Glocken, die einen Dreiklang in B-dur bilden: B,d,f,b. Die fünf alten Glocken, von denen vermutlich zwei aus dem 14. Jahrhundert stammten, wurden eingeschmolzen: Man fand ihren Klang zu hoch und unharmonisch.[42] 1977 wurde das neue Geläute ergänzt durch zwei weitere Glocken; ihre Schlagtöne sind g und c". – Alle Glocken wurden von der Glockengiesserei H. Rüetschi in Aarau gegossen.
| Nr. | Ton | Gewicht | Inschrift |
|---|---|---|---|
| 1 | B | 3450 kg | Lobe den Herrn, meine Seele (Ps. 103, 1) |
| 2 | d | 1765 kg | Gib uns heute unser täglich Brot (Mat. 6, 11) |
| 3 | f | 1050 kg | Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Trübsal, verharret im Gebet (Röm. 12, 12) |
| 4 | g | 720 kg | Fürchte dich nicht, ich bin bei dir (Jes. 41, 10) |
| 5 | b | 445 kg | Lasset die Kindlein zu mir kommen (Mat. 19, 14) |
| 6 | c" | 300 kg | Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Mat. 18, 20) |

Einsatz der Glocken im Tagesablauf:
| 7 Uhr | f-Glocke (Nr. 3) |
| 11 Uhr | B-Blocke (Nr. 1) |
| 16 Uhr | erst b-Glocke (Nr. 5) dann g-Glocke (Nr. 4) |
| Betzeit 19/20 Uhr |
d-Glocke (Nr. 2)[43] |
Die sechs Glocken B,d,f,g,b,c" erklingen zusammen im Vollgeläute am Samstagabend sowie an Sonntags- und Festtagsgottesdiensten. Einen dunklen Klang für Bestattungen ergibt die Kombination B,d,f,g; einen fröhlichen für Trauungen die Kombination B,d,f,b,c". Beim Ausläuten des Sonntags erklingen nur die vier älteren Glocken: B,d,f,b.[42]
Literatur (Auswahl)
- Felicia Schmaedecke: Kirchengrabungen: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Neuauswertung der Ausgrabungen und Bauuntersuchungen 1976–1979. Mit Beiträgen von Daniel Grütter, Elisabeth Langenegger und Benedikt Zäch. Baudirektion Kanton Zürich, ARV Amt für Raumordnung und Vermessung, Kantonsarchäologie, Zürich und Egg 2006 (Zürcher Archäologie Heft 20), ISBN 978-3-905681-20-X.
- Walter Drack, Karl Keller, Albert Knoepfli: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 1984 (Schweizerische Kunstführer Nr. 354), ISBN 3-85782-354-2.
- Walter Drack, Werner A. Gürtler, Emil Heer, Karl Keller, Paul Kern, Hans Kläui, Albert Knoepfli, Edwin Nievergelt, Bruno Widmer: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Festschrift zur Restaurierung 1976 bis 1981. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Oberwinterthur, Winterthur 1981.
Weblinks
- Kirche St. Arbogast, Oberwinterthur im Winterthur Glossar
- Kirche St. Arbogast auf der Website der reformierten Kirchgemeinde Oberwinterthur
Einzelnachweise
- ↑ Walter Drack: Zur Baugeschichte der Kirche. Von den Anfängen bis ins 13. Jahrhundert. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Festschrift zur Restaurierung 1976 bis 1981. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Oberwinterthur, Winterthur 1981, S. 23–30.
- ↑ Hans Kläui: Geschichtliche Hintergründe. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Festschrift zur Restaurierung 1976 bis 1981. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Oberwinterthur, Winterthur 1981, S. 11.
- ↑ Felicia Schmaedecke: Kirchengrabungen: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Neuauswertung der Ausgrabungen und Bauuntersuchungen 1976–1979. Mit Beiträgen von Daniel Grütter, Elisabeth Langenegger und Benedikt Zäch. Baudirektion Kanton Zürich, ARV Amt für Raumordnung und Vermessung, Kantonsarchäologie, Zürich und Egg 2006 (Zürcher Archäologie Heft 20), ISBN 978-3-905681-20-X, S. 161.
- ↑ Schmaedecke 2006, S. 162.
- ↑ Kläui 1981, S. 14–15.
- ↑ Schmaedecke 2006, S. 161.
- ↑ Drack 1981, S. 33.
- ↑ Als Bauwerk war sie der Mutterkirche in Oberwinterthur bereits mindestens ebenbürtig: siehe unten zur Baugeschichte.
- ↑ Kläui 1981, S. 15–22.
- ↑ Kläui 1981, S. 21–22.
- ↑ Karl Keller: Baugeschichte vom 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Festschrift zur Restaurierung 1976 bis 1981. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Oberwinterthur, Winterthur 1981, S. 66.
- ↑ Schmaedecke 2006, S.19. Vgl. Walter Drack: Baugeschichte / Karl Keller: Baubeschreibung. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 1984 (Schweizerische Kunstführer Nr. 354), S. 4 (Drack) und S. 12 (Keller).
- ↑ Schmaedecke 2006, S. 174–175.
- ↑ Drack 1981, S. 31, bezeichnet den Befund als «das Bild eines seit dem ausgehenden 6. Jh. benützten und rund um eine Kirche angelegten Friedhofes, zu dem – so unglaublich es klingen mag – nur die Kirche fehlt». Er vermutet, dass dies eine Holzkirche gewesen sein könnte: «Die Pfostenspuren müssten unter dem Mauerwerk zu suchen sein, auf dem heute die Arkaden stehen». (Dort konnte aus baustatischen Gründen nicht gegraben werden.)
- ↑ Drack 1981, S. 35. In der Legende zum Plan auf S. 41 steht: «Karolingisch 9. Jh.». 1984 äusserst Drack dann aber die folgende Vermutung: «Da einerseits diese ‹Freifläche› mit dem Grundriss der ersten fassbaren Kirche übereinstimmt, anderseits innerhalb derselben keinerlei Spuren einer Holzkirche des 7. Jahrhunderts entdeckt wurden, müssen folgerichtig die ältesten Baureste der Kirche St. Arbogast von dem von König Dagobert I. gestifteten Gotteshaus stammen.» (Drack 1984, S. 3.) Sie wären also vor oder kurz nach dem Tod König Dagoberts I. im Jahr 639 errichtet worden.
- ↑ gemäss Legende zum Gesamtplan, Drack 1981, S. 41 und Drack 1984, S. 4.
- ↑ Drack 1981, S. 42 (unter Berufung auf den Kunsthistoriker Albert Knoepfli) und Drack 1984, S. 6.
- ↑ Drack 1981, S. 44–45 und Planlegende
- ↑ Drack 1984, S. 6–7: «Was hindert uns, auch diesen Bauteil [den Turm] und den westlich daran angefügten nördlichen Seitenannex ebenfalls noch Graf Adelbert von Mörsburg zuzuschreiben?» – Natürlich nichts, ist man geneigt zu antworten, aber weshalb steht in der Planlegende zu diesen Bauteilen immer noch «1180»?
- ↑ Keller 1981, S. 62.
- ↑ Drack 1984, S. 7.
- ↑ Keller 1981, S. 64.
- ↑ Keller 1981, S. 61.
- ↑ Drack 1981, S. 33.
- ↑ Keller 1981, S. 61.
- ↑ Drack 1984 S. 7.
- ↑ Drack 1981, S. 44.
- ↑ Karl Keller: Bauschicksal seit der Gotik und Baubeschreibung. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 1984 (Schweizerische Kunstführer Nr. 354), S. 8–9. – Keller 1981, S. 66.
- ↑ Keller 1981, S. 64.
- ↑ Die Töpfe wurden «offenbar in den Haushaltungen der Kirchgemeinde eingesammelt»: Sie «waren gebraucht und wiesen zum Teil noch Speisereste auf». Deshalb wurden sie während der Restaurierung der Kirche 1976–1981 vom Landesmuseum ausgebaut und durch Kopien ersetzt. (Keller 1981, S. 62–63.)
- ↑ Keller 1984, S. 8–12.
- ↑ Albert Knoepfli: Die Wandmalereien. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 1984 (Schweizerische Kunstführer Nr. 354), S. 12–13.
- ↑ Knoepfli 1984, S. 16.
- ↑ Knoepfli 1984, S. 19–20.
- ↑ Knoepfli 1984, S. 20–21.
- ↑ Knoepfli 1984, S. 22.
- ↑ Albert Knoepfli: Die Bilderpredigt im Gotteshaus St. Arbogast. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Festschrift zur Restaurierung 1976 bis 1981. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Oberwinterthur, Winterthur 1981, S. 83.
- ↑ Knoepfli 1984, S. 18–19.
- ↑ Ein Vergleich mit erhaltenen Darstellungen der Seelenwaage lässt darauf schliessen, dass sich in der anderen Waagschale der gute Mensch befindet, dessen Seele schwerer wiegt – d. h. wertvoller ist – als Gewichtsstein und Teufel zusammen.
- ↑ Das Kontrapositiv steht also im Rücken der Organistin, ähnlich wie ein Rückpositiv, aber im Gegensatz zu diesem um 180° gedreht, da es sich eben an der gegenüberliegenden Wand befindet.
- ↑ Emil Heer: Die neue Orgel. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Festschrift zur Restaurierung 1976 bis 1981. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Oberwinterthur, Winterthur 1981, S. 102–103.
- ↑ a b Edwin Nievergelt: Die Erweiterung des Geläutes. In: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Festschrift zur Restaurierung 1976 bis 1981. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Oberwinterthur, Winterthur 1981, S. 106.
- ↑ Um 16 Uhr läutet zuerst die b-Glocke 3 Minuten lang; anschliessend erklingt die g-Glocke ebenfalls während 3 Minuten. Die Betzeitglocke läutet im Winter um 19 Uhr, im Sommer um 20 Uhr. – Quelle: Die reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur auf der Website der reformierten Kirchgemeinde Oberwinterthur.
St. Arbogast Winterthur, St. Arbogast Kategorie:Archäologischer Fundplatz in Winterthur Kategorie:Kulturgut von nationaler Bedeutung im Kanton Zürich Winterthur, Kirche St. Arbogast
