Philipp Vandré
Philipp Vandré (* 15. November 1963 in Osterode am Harz) ist ein deutscher Pianist, Komponist und Musikpädagoge. Seine teilweise in Zusammenarbeit mit den Komponisten entstandenen Einspielungen der Klaviermusik von John Cage, Hans Otte und Morton Feldman gelten als Referenzaufnahmen. Die Entwicklung und Vermittlung kompositorischer Fähigkeiten, insbesondere bei Jugendlichen, gehört zu Vandrés Spezialgebieten.
Biografie
1963 geboren, wuchs Philipp Vandré als Kind des Kirchenmusikers Chris Vandré und seiner Ehefrau Christine (geb. Hinrichs) zunächt in Osterode am Harz (1963–67), später Graz (1967–69) und Hannover (1969–72) auf. Bedingt durch den Beruf seines Vaters kam er früh mit Musik in Berührung und erhielt seit seinem 6. Lebensjahr Instrumentalunterricht auf der Geige (später Bratsche, Klavier und Orgel). Mit dem Umzug der Familie nach Bremen (1972) erweiterte sich sein musikalischer Horizont. Durch den Besuch der von Hans Otte im Funkhaus von Radio Bremen veranstalteten pro musica nova rückte die moderne Musik in den Mittelpunkt seiner Interessen. Im Knabenchor der Liebfrauenkirche Bremen (1972–76) sowie im Sängerinternat des Windsbacher Knabenchors (1976–78) wurde er mit der Praxis des Chorgesangs vertraut. Nach dem Abitur am Alten Gymnasium Bremen (1982) und dem Zivildienst studierte Vandré an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main (1984–92), u. a. Klavier bei Jutta Drefahl, Raymund Havenith und Leonard Hokanson und Musiktheorie bei Rolf Riehm. Parallel dazu studierte er 1985/86 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bei Sergiu Celibidache und nahm an Kursen bei Menahem Pressler und Uzi Wiesel (Kammermusik) sowie Leonard Hokanson und Charles Spencer (Liedbegleitung) teil. Seine Studien schloss er mit dem Diplom Musikerziehung (1989) und dem Diplom Künstlerische Ausbildung Klavier solo (1992) ab. Seit seinem Studium gab er zahlreiche Konzerte mit Klaviermusik aus allen Epochen, vor allem jedoch mit moderner Klaviermusik. Mit der viel beachteten Aufführung der Sonatas and Interlude von John Cage auf dem »Anarchic Harmony« Festival 1992 in Frankfurt/Main eröffneten sich ihm Engagements auf verschiedenen Festivals neuer Musik. Seither wirkt er regelmäßig als Pianist bei Konzerten des Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks mit. Seine Auftritte im Festival d’Automne Paris, im Huddersfield Contemporary Music Festival, seine Mitwirkung bei der Europa-Tournee Steve Reich des Ensemble Modern sowie auf der Expo 2000 in Hannover markieren die Stufen seiner pianistischen Laufbahn seit 1997. Als Solist und mit dem 1995 von ihm gegründeten Turfan-Ensemble gastierte Vandré in ganz Europa. Funkaufnahmen und CD-Produktionen dokumentieren sein künstlerisches Wirken.
Seit 1998 unterrichtet Philipp Vandré an der Stuttgarter Musikschule Musiktheorie und Gehörbildung. Mit der Gründung einer Kompositionsklasse für Kinder und Jugendliche setzte er dort neue Akzente und trat 2000 mit ersten Ergebnissen im Rahmen des von ihm und Albrecht Dürr ins Leben gerufenen „Stuttgarter Musikfestes für Kinder und Jugendliche“ an die Öffentlichkeit. „Aufgrund des überwältigenden Erfolgs des ersten Musikfestes“ und der „in Deutschland einzigartigen Konzeption“ entwickelte Vandré „ein Netzwerk für Stuttgart, das die starken Kulturträger Stuttgarts in der Musikvermittlung zusammenführt“ und mittlerweile „rund 30 kulturelle Initiativen und Institutionen Stuttgarts“Referenzfehler: Es fehlt ein schließendes </ref>. und die Teilnahme an Kongressen und Konferenzen wirkte er an der Entwicklung moderner und spezieller kompositionspädagogischer Methoden mit. Vor allem in den Foren der Jeunesses Musicales Deutschland fand er Möglichkeiten zur Durchsetzung und Verwirklichung seiner Ideen. So geht auf seine Initiative die Gründung von ETHNO zurück, bei der „junge Menschen aus verschiedenen Ländern und vielfältigen Kulturen“ eingeladen sind, „auf der Basis traditioneller Musik ihrer kulturellen Hintergründe offen und frei miteinander zu musizieren.“[1] Von 2010 bis 2019 war Vandré Mitglied des Präsidiums der Jeunesses Musicales Deutschland und vertrat die Organistation auf internationaler Basis im Ethno Committee. Nachhaltig ist seine Tätigkeit als Künstlerischer Leiter des Bundeswettbewerbs „Jugend komponiert“[2] (seit 2015). 2021 richtete er an der Musikschule Stuttgart das Seminar „Komponieren im Instrumentalunterricht“ ein. Von 1995 bis 2000 unterrichtete Vandré auch an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main, war 2008/09 Adjunct Professor der Biola University in Kalifornien und nahm 2013 bis 2016 eine Vertretungsdozentur an der Folkwang Universität der Künste in Essen wahr.
Kompositionen und Bearbeitungen
- ...ein teil der derde... Installation für 5 Kassettenrecorder 1997
- collage 1 für Klavier 1997/98
- collage 2 für Alt-Saxophon und Klavier 1998
- reading music für 2 Zeitungleser 1998
- Klanguhr für Kammerensemble 1999/2000
- Klangsäule für mehrere Akteure 1999/2000
- ich für einen Sprecher und Autofedern nach einem Text von Ernst Jandl 2003
- recitativ für drei Hommage an John Cage für 3 Sprecher 2003
- Alles pachelbel? Hörspielmusik (Hessischer Rundfunk) 2003
- von einem, der auszog geliebt zu werden Theatermusik (teatro alegria Mallorca) 2005
- I see a Song Szenische Fantasien für eine Tänzerin, Kinderchor und Orchester 2007
- Was ist Zeit Theatermusik (Städtische Bühne Heidelberg) 2007
- Eine Brotkrume auf die Kante des Himmels gelegt Theatermusik (Teatro KaRo & Co Spanien) 2008
- Deutschland Porno total Theatermusik (Städtische Bühne Heidelberg) 2009
- 8 1/2 Theatermusik (Städtische Bühne Heidelberg) 2009
- Über dem Fluss für gemischten Chor 2010/11
- dans la chaleur vacante für Klavier solo 2014
- The Two Fiddlers, Bearbeitung der Oper von Peter Maxwell Davies für Stimmen und 10 Instrumente 2020
- Eugen Onegin, Bearbeitung der Oper von Peter Iljitsch Tschaikowsky für Stimmen und Kammerorchester 2020
Veröffentlichungen
CDs
- John Cage Sonatas and Interludes for prepared Piano, Mode Records 1996
- Klaus Hinrich Stahmer Sacred Site, Kreuzberg Records 1998
- Klavier-Soli des 20. Jahrhunderts (Werke von Christian Banasik, Peter Michael Braun, Hans Otte, Kurt Schwaen und Klaus Hinrich Stahmer) Kreuzberg Records 1998
- Morton Feldman Nature Pieces, Intermissions und Music for Jackson Polock, Mode Records 1999
- Hans Otte Das Buch der Klänge, Mode Records 2001
- Morton Feldman The Straits of Maghellan, Two Pieces for Six Instruments und Projections (Vandré und Turfan Ensemble), Mode Records 2001
- John Cage Complete Short Works for Prepard Piano, Mode Records 2007
- Orient/Okzident (Kompositionen von John Cage und Hans Otte) WERGO 2008
Bücher und Schriften
- Philipp Vandré: Hans Otte – Das „Buch der Klänge“, Fragmen 30, 27 S., Saarbrücken (Pfau Verlag) 1999, ISBN 978-3-89727-074-9
- Philipp Vandé: Eine unendliche Reise – Vom Umgang des Interpreten mit Partituren zeitgenössischer Komponisten, in: Neue Zeitschrift für Musik Jg. 169, Nr. 5 (2008), S. 44–47
- Philipp Vandré und Benjamin Lang (Hrsg.): Komponieren mit Schülern – Konzepte, Förderung, Ausbildung, 212 S., Regensburg (ConBrio) 2011, ISBN 978-3-940768-22-3
- Philipp Vandré und Matthias Schlothfeldt (Hrsg.): Weikersheimer Gespräche zur Kompositionspädagogik, 291 S., Regensburg (ConBrio) 2018, ISBN 978-3-940768-78-0
Weblinks
- Theater und Philharmonisches Orchester der Stadt Heidelberg: Philipp Vandré
- Bundeswettbewerb Jugend komponiert: Philipp Vandré
- Philipp Vandré bei schott-music.com
Einzelnachweise
- ↑ Was ist ETHNO?, auf alt.jmd.info
- ↑ Bundeswettbewerb Jugend komponiert, auf jugend-komponiert.org
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Vandré, Philipp |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pianist, Komponist und Musikpädagoge |
| GEBURTSDATUM | 15. November 1963 |
| GEBURTSORT | Osterode am Harz |