Zum Inhalt springen

Vespasian

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Juli 2004 um 13:11 Uhr durch Benowar (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Datei:Kaiser Vespasian.JPG

Vespasian (* 17. November 9 in Falacirnae, † 23. Juni 79 in Aquae Cutiliae)

Römischer Kaiser vom 1. Juli 69 bis 23. Juni 79


Allgemein

Caesar Vespasianus Augustus, ursprünglicher Name Titus Flavius Vespasianus, war der erste römischer Kaiser der flavischen Dynastie. Seine Ernennung beendete einen Bürgerkrieg, in dessen Verlauf vor Vespasian drei weitere Männer den Titel des römischen Kaisers innegehabt hatten (Vierkaiserjahr). Mit Vespasian eroberte ein Mann den Thron, der wegen seiner toleranten und weltoffenen Art eine Ausnahmeerscheinung in dieser Position darstellt. Während seiner zehnjährigen Herrschaft gelang es ihm, das Reich sowohl politisch als auch finanziell zu stabilisieren.

Sueton und Tacitus beschreiben ihn als humorvollen und bescheidenen Mann von mittlerer Größe und kräftiger Erscheinung mit einem allzeit angespannten Gesichtsausdruck. Mit seiner Herrschaft änderten sich auch die Abbildungen der Herrscher. Während sich noch der 70-jährige Augustus in Standbildern als jugendlichen Helden abbilden ließ, zeigen Abbilder Vespasians wesentlich mehr Realismus und weniger Idealisierung. Noch im Sterben machte er sich über den Umstand lustig, dass er jetzt dann wohl vom Senat zum Gott erhoben würde: "Vae, puto deus fio!" (Wehe, ich glaube, ich werde ein Gott!) waren seine überlieferten letzten Worte.

Er galt und gilt als einer der größten und besten Imperatoren überhaupt. Er steht in einer Reihe mit Augustus, Julius Caesar und Trajan.

Bis zur Machtergreifung

Vespasian wurde am 9. November 9 n. Chr. in Falacrinae als Titus Flavius Vespasianus geboren. Sein Vater gehörte zum Ritterstand, Vespasian war somit der erste Kaiser, der nicht aus der Senatsaristokratie stammte. Ein Bruder seiner Mutter war allerdings bereits in den Senatorenstand erhoben worden. Er und sein Bruder waren die ersten der Familie, die senatorische Posten erreichten. Vespasians Karriere brachte ihn unter Tiberius als Militärtribun nach Thrakien. Er war außerdem Quaestor von Creta und Cyrene. Es gelang ihm, sich bei Caligula einzuschmeicheln und so wurde er im Jahre 40 Praetor.

In den Jahren 43 und 44 befehligte er während der Eroberung Britaniens die legio II Augusta, was ihm die Insignien eines Triumphators und in der Folge zwei Priesterämter einbrachte. 51 wurde er Konsul, später noch Prokonsul über die Provinz Africa. Da er nicht, wie die meisten Vorgänger, in die eigene Tasche wirtschaftete, ging er beinahe bankrott und musste von seinem Bruder aus großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten errettet werden.

So karrierebewusst er seine öffentlichen Ämter ausübte, so unüblich war die Wahl seiner Frau, Flavia Domitilla, ehemalige Mätresse eines Ritters und nicht einmal im Besitz des vollen römischen Bürgerrechts. Diese Wahl hinderte ihn aber nicht daran, die beiden Söhne, Titus und Domitian, welche dieser Ehe entsprangen, später zu seinen Nachfolgern zu bestimmen.

Nero machte Vespasian zu einem seiner offiziellen Gefährten, die ihn auf seinen Gesangstourneen nach Griechenland begleiten mussten. Die Legende sagt, dass Vespasian während eines dieser Vorträge einschlief, dafür auch beim Kaiser in Ungnade fiel, aber später wieder in Gnaden aufgenommen wurde, da dieser einen unverdächtigen Heerführer für den Osten brauchte, um die Gefahr einer Militärrevolte zu mildern.

So übernahm Vespasian das Kommando über die Niederschlagung des jüdischen Aufstands und rückte 67 an die Spitze von drei Legionen in der Provinz Iudaea. Er konnte den Aufstand niederschlagen, und die Art und Weise wie er dies tat, brachte ihm den Respekt seiner Truppen ein. Als er kurz vor Beendigung des Krieges von Neros Selbstmord erfuhr, setzte er zunächst auf den greisen Galba. Doch die Wirren des Vierkaiserjahrs verstand am Ende er selbst am besten zu nutzen.

Wirken und Herrschaft

Militär

Nach dem Bürgerkrieg stand Vespasian vor einem ähnlichen Problem wie vor ihm schon Augustus: es gab zu viele Legionen. Wie Augustus entließ er diese nach und nach und mit großem Fingerspitzengefühl, wobei er für die notwendige finanzielle Abfederung sorgte, ohne diese zu übertreiben.

Das Heer wurde reorganisiert und die Rheinlegionen entmachtet, indem die großen Lager am Rhein abgebrochen und die Truppen auf viele kleinere Lager entlang der Grenzen verteilt wurden. Dabei wurde darauf geachtet, die Truppen möglichst inhomogen zu halten, so dass kein Stamm innerhalb einer Legion die Oberhand gewann. Dies trieb die Romanisierung der linksrheinischen Gebiete voran und sicherte ihm die Loyalität der Truppen, die ihn zwanzigmal zum Imperator ausriefen. Anders als Vitellius legte er auch Wert darauf, jenen Tag als seinen ersten im Amt zu kennzeichnen, an dem ihn die Truppen zum Herrscher ausgerufen hatten.

Um die Grenzen zu verkürzen wurden die agri decumates dem Reich einverleibt, ein Gebiet zwischen Donau und Hochrhein.

Nach einem letzten Aufstand in den Jahre 71 und 72 in Britannien herrschte für den Rest seiner Amtszeit Frieden im Römischen Reich.

Finanzen

Vespasians Geldgier ist bekannt und sein Zitat, dass Geld nicht stinke (er hatte eine Steuer auf öffentliche Bedürfnisanstalten eingeführt), weltberühmt. Tatsächlich übernahm er einen Staat, der nach den Eskapaden seiner Vorgänger so gut wie bankrott war, und sanierte die öffentlichen Haushalte mit großem Erfolg. Seine Maßnahmen belegten dabei jenes Fingerspitzengefühl, das er auch bei der Entlassung der Truppen bewies. Er erhöhte die Steuern, ließ aber zunächst einmal Steuersünder verfolgen und Rückstände eintreiben. Er verkaufte öffentliche Ämter an Meistbietende, anders als seine Vorgänger enteignete er aber nie aus bloßer Geldgier einen politischen Gegner.

Hatte er zum Beginn seiner Amtszeit noch einen Sanierungsbedarf von 40 Milliarden Sesterzen ermittelt (eine bis dahin nie gehörte Summe), so hinterließ er bei seinem Tod geordnete Kassen und keine Schulden.

Politik

Vespasian, der öffentlich gerne behauptete, sich an der augusteischen Politik zu orientieren, betrieb in Wahrheit die zentralistische des Claudius. Es ging ihm um die Alleinherrschaft, was man schon daran ersehen kann, dass er 73 das Amt des Zensors wieder einführte, das er auch zunächst selbst bekleidete, und das ihm dabei half, die Senatoren zu kontrollieren. Gleichzeitig, typisch für ihn, schmeichelte er dem Senat damit, dass er regelmäßig dessen Sitzungen besuchte - ohne ihm allerdings mehr Rechte einzuräumen. Ein Nebeneffekt war, dass die Rekrutierungsbasis für den Senat verbreitert wurde und immer mehr Senatoren aus den Provinzen stammten, was möglichen Ränken des alten Hochadels dadurch von vornherein heftigen Widerstand entgegen setzte.

Dem Prozessstau, der sich durch den Bürgerkrieg gebildet hatte, weil der Senat mit seinen Aufgaben nicht mehr fertig werden konnte, begegnete er durch eine Verfahrensbeschleunigung.

Zur Verwaltung des Reiches legte Vespasian mit den Jahren immer mehr Aufgaben in die Hand seines Sohnes Titus, den er damit systematisch zu seinem Nachfolger aufbaute. Dieses Vorgehen forderte zwar einigen Widerstand heraus, aber nachdem Titus Prätorianerpräfekt und selbst auch Zensor geworden war, hatte Vespasian Fakten geschaffen, gegen die kein echter Widerstand mehr sinnvoll war. Zumal Vespasian auf Kritik nicht mit der bei seinen Vorgängern üblichen Paranoia reagierte, sondern diese zumeist gelassen hinnahm. So ist aus seiner Zeit auch nur eine Verschwörung bekannt, die das Ziel hatte, ihn zu beseitigen. Diese wurde aber 79 aufgedeckt.

Architektur

Durch gewaltige öffentliche Investitionen, vor allem in die Bauwirtschaft, kurbelte Vespasian die Wirtschaft des Römischen Reiches an. So ließ er einen Friedenstempel bauen, den Plinius der Ältere unter die Weltwunder einreihte. Am bekanntesten dürfte allerdings das flavische Amphitheater, vulgo Kolosseum sein, dessen Bau er initiierte.

Tod

Vespasian war in vielerlei Hinsicht anders als seine Vorgänger, und anders war auch sein Tod: er starb eines natürlichen. Er weilte 79 gerade in Kampanien, als er erkrankte und sich zur Kur in ein Heilbad nahe seiner Heimatstadt begab. Dort erlitt er am 23. Juni 79 einen schlimmen Durchfall, der ihn beinahe ohnmächtig werden ließ. Er versuchte sich noch aufzurichten (Zitat: "Ein Imperator muss im Stehen sterben!"), was ihm allerdings nicht mehr gelang. Im Sterben sprach er dann, der Überlieferung nach, die oben erwähnten berühmten Worte.

Literatur

  • Karl Christ: Geschichte der Römischen Kaiserzeit, 4. aktual. Aufl., München 2002, S. 243 ff. Deutschsprachiges Standardwerk zur Kaiserzeit.
  • Barbara Levick: Vespasian (Roman Imperial Biographies), London und New York 1999. Relativ knappe, aber übersichtliche Biographie aus der Reihe "Routledge Biographies". Für den Einstieg hervorragend geeignet.


Vorgänger:
Vitellius (69)

Römische Kaiser

Nachfolger:
Titus (79 - 81)