Posen
Posen (polnisch Poznań [ ], lat. Posnania), im westlichen Teil Polens an der Warthe gelegen, ist die historische Hauptstadt der Provinz Großpolen und der gleichnamigen Woiwodschaft. Sie ist Zentrum von Industrie, Handel und Forschung und gehört zu den kulturellen Mittelpunkten des Landes. Die Universitätsstadt ist zudem Verkehrsknotenpunkt zwischen Warschau und Berlin.
Geschichte

Posen ist eine der ältesten Städte im heutigen Polen. Es ist nicht klar, wann die Stadt entstanden ist. Bereits vor 12.000 Jahren lassen sich die ersten Siedler nachweisen. Die Lage beidseits der Warthe, an den uralten Handelspfaden zwischen Ost- und Westeuropa, ermöglichte der Stadt Posen eine stetige Entwicklung.
Erstmals wird Posen als befestigte Siedlung in der Thietmarchronik im Jahre 1005 erwähnt. Daraus sowie aus Grabungsfunden geht hervor, dass Posen eine der am stärksten ausgebauten Festungen im Staate Boleslaus des Kühnen (Boleslaw Chrobry) war.
1038 überfiel Böhmen das Piastenland, entführte die kostbaren Reliquien des heiligen Adalbert und besetzte Schlesien. Der Einfall des böhmischen Fürsten Brzetyslaw konnte die wirtschaftliche Entwicklung Posens ebensowenig aufhalten wie die Verlegung der Hauptstadt von Posen nach Krakau durch Kasimir den Erneuerer. An der Wende des 12. zum 13. Jahrhundert wandelte sich Posen von einer Wehrburg und einem Fürstensitz in eine Stadt nach westeuropäischem Vorbild. 1253 erhielt Posen von Przemysl I. das Magdeburger Stadtrecht verliehen und wurde mit Stadtmauern umgeben. Ebenfalls existierte seit dem 13. Jhd. parallel zur polnischen Siedlung eine große deutsche Siedlung.
Das Posen links der Warthe erhielt einen Marktplatz. Im 16. Jahrhundert blühte die Stadt auf und wurde eines der wichtigsten Handelszentren des damaligen polnischen Staates. 1519 stiftete Bischof Jan VII. Lubrański ein Kollegium, das mit der Zeit den Namen Lubrański-Akademie bekam. In den Jahren 1550 bis 1560 baute der italienische Baumeister Gianbattista Quadro, der später auch das Warschauer Königsschloss neu entwarf, das Rathaus um.
Im 17. und 18. Jahrhundert hemmten Feuersbrünste, Überschwemmungen und Kriege sowie veränderte Handelsrouten den Aufstieg der Stadt. Die Situation änderte sich erst mit König Stanislaw August in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die vom König zur grundlegenden Reform des polnischen Staates eingesetzte Kommission der Guten Ordnung erreichte gemeinsam mit den städtischen Behörden den Wiederaufbau Posens, die Wiederbelebung von Handel und Handwerk. Zum Ende des 18. Jahrhunderts zählte die Stadt Posen bereits 15.000 Einwohner.
Im Zuge der Zweiten Polnischen Teilung besetzten preußische Truppen am 30. Januar 1793 Posen. Posen wurde Hauptstadt der preußischen Provinz Posen. Die Stadtregierung wurde von preußischen Beamten übernommen und die polnische Amtssprache durch die deutsche ersetzt. In der folgenden Zeit wurden einige bedeutsame Bauten errichtet so die Raczyński-Bibliothek (1829), das Hotel „Bazar“ (1841), die „Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften“ (1857) und das Stadttheater (1875). Maßgeblich für die Industrialisierung wurde insbesonders die Maschinenfabrik Hipolyt Cegielskis.
Nachdem 1902 die zu Anfang des 19. Jahrhunderts errichteten preußischen Befestigungen abgerissen wurden, konnte Joseph Stübben, einer der bekanntesten deutschen Stadtplaner seiner Zeit, ein repräsentatives Stadtviertel entwerfen. Nach dessen Plänen wurde in den folgenden Jahren eine Reihe öffentlicher Gebäude in verschiedenen Baustilen realisiert: die Königlich Preußische Akademie (heute Collegium Minus), das Kaiserschloss und die Oper (1910).

Am Ende des Ersten Weltkrieges treten starke ethnische Spannungen in der Stadt auf. Gemäß der Volkszählung von 1910 stand das Verhältnis von Polen und Deutschen bei 55:45 %. Viele polnischsprachige Posener sahen in der sich abzeichnenden militärischen Niederlage des deutschen Kaiserreiches eine politische Möglichkeit für eine Rückgliederung der Stadt in den wiedergegründeten polnischen Staat. Der Aufstand polnischer Nationalisten vom 27. Dezember 1918, der sich von der Stadt Posen aus auf die Provinz ausdehnte, erreichte sein Ziel: Posen und weite Teile der preußischen Provinz Posen wurden im Zuge des Versailler Vertrages dem neu errichteten polnischen Staat ohne vorherige Volksabstimmung angegliedert. Im Jahre 1919 wurde die Posener Universität ins Leben gerufen. Ab dem Jahre 1921 fanden die Posener Handelsmessen statt, die ab 1925 auch internationale Beachtung fanden. Die industrielle Entwicklung in den Zwanzigerjahren erreichte mit der Allgemeinen Landesausstellung von 1929 einen Höhepunkt. In den Jahren 1919–1923 verließen 50.000 von den etwa 60.000 Deutschen Posen oder wurden durch Maßnahmen der polnischen Lokalbehörden zur Abwanderung gezwungen (Antoni Zubinski, Poznań w latach 1919–1939, Poznań 2000).

Die weitere Entwicklung der Stadt wurde durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Im Polenfeldzug 1939 besetzte die Wehrmacht Posen, und die Stadt wurde Hauptstadt des Reichsgaus Wartheland. Ein großer Teil der polnischen Bevölkerung wurde vertrieben, statt ihrer wurden vor allem Deutschbalten angesiedelt. Unter dem Oberbürgermeister Gerhard Scheffler und dem Planer Walther Bangert wurden Entwürfe für eine weitreichende Umgestaltung und Erweiterung der Stadt gemacht, die aber kriegsbedingt nicht ausgeführt wurden. Lediglich eine Umgestaltung des wilhelminischen Kaiserschlosses wurde weitgehend durchgeführt. Am 23. Februar 1945 wurde die Stadt durch sowjetische Truppen des Generals Shukow nach schweren Kämpfen erobert. Nach der Einnahme der Stadt wurde in den Jahren 1945 bis 1947 nahezu die gesamte deutschsprachige Bevölkerung Posens unter erzwungener fast vollständiger Zurücklassung ihres gesamten Besitzes durch polnische Behörden vertrieben. Die Folgezeit war durch den Wiederaufbau der kriegsbedingt zerstörten Stadt geprägt. Insbesondere das im Krieg bis auf die Grundmauern zerstörte Rathaus und der historische Marktplatz werden mit großer Liebe zum Detail wieder aufgebaut und stellen heute eine bedeutende Touristenattraktion dar.
Aus den Nachkriegsjahren sind vor allem die Ereignisse vom Juni 1956 (Arbeiteraufstand, der in Straßenkämpfe mit der kommunistischen Polizei überging Posener Aufstand), zwei Besuche von Papst Johannes Paul II. in den Jahren 1983 und 1997 sowie der Gipfel des Weimarer Dreiecks, ein Treffen des damaligen Bundeskanzlers Kohl mit den Präsidenten Frankreichs und Polens, Chirac und Kwaśniewski, im Jahre 1998 zu nennen. 1999 schloss die tausendjährige Geschichte Posens einen Kreis – in Ostrów Lednicki wurden die Überreste der Pfalz von Mieszko I. entdeckt, ein großes Ereignis für Polen.
Im Jahre 2003 jährte sich zum 750. Mal die Verleihung der Stadtrechte an Posen durch die Piastenfürsten Przemyslaw I. und Boleslaw den Frommen. Die Stadtverwaltung und die Stiftung „750 Jahre Stadtrechte Posens“ haben aus diesem Anlass ein wahres Festival von Ereignissen und Veranstaltungen aus Politik und Kultur durchgeführt, das unter der Schirmherrschaft von Aleksander Kwaśniewski stand. Das Bistum Posen wurde von Kaiser Otto eingerichtet und unterstand dem Erzbistum Magdeburg. Nach der Reformation hatte Posen vorwiegend evangelische, heute überwiegend katholische Einwohner.
Sehenswürdigkeiten


Sehenswert sind die Altstadt und die Kathedrale. In der Altstadt besonders wichtig sind des Alte Rathaus und der Alte Markt. Herausragend ist das Nationalmuseum (Muzeum Narodowe) mit Außenstellen auch außerhalb der Stadt, unter anderem in den großpolnischen Schlössern Rogalin, Gołuchów und Śmiełów. Das bekannteste Charakteristikum der Stadt ist die Messe.
Wirtschaft und Verkehr
Posen ist einer der wichtigsten Standorte für Industrie und Dienstleistungen in Polen. Daneben ist es bedeutender Messestandort.
Posen ist der wichtigste Verkehrsknotenpunkt im Westen Polens. Hier verläuft die Fernstraße 2 (künftig A2) von der deutschen an die weißrussische Grenze über Warschau. Ferner befindet sich hier ein bedeutender Eisenbahnknotenpunkt mit Verbindungen nach Berlin, Warschau-Minsk-Moskau, Breslau und Stettin. Bei Posen befindet sich ein internationaler Flughafen.
Im Nahverkehr betreiben die Posener Verkehrsbetriebe (MPK) 56 Buslinien und 15 Straßenbahnlinien im Tagnetz und 21 Buslinien und eine Straßenbahnlinie im Nachtnetz.
Universitäten
Die Stadt Posen beherbergt folgende Universitäten:
- Akademia Ekonomiczna w Poznaniu (Universität für Ökonomie und Wirtschaft)
- Akademia Medyczna w Poznaniu (Medizinische Universität)
- Politechnika Poznańska (Polytechnische Universität)
- Uniwersytet im. Adama Mickiewicza (UAM, dt.:Adam-Mickiewicz-Universität)
- Akademia Rolnicza im. Augusta Cieszkowskiego (Landwirtschaftliche Universität „August Cieszkowski“)
- Akademia Sztuk Pięknych (Kunstunversität)
Partnerschaften
Die Stadt Posen unterhält eine Städtepartnerschaft mit der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Georg Adler, deutscher Staatswissenschaftler
- Karl Franzewitsch Albrecht, deutsch-russischer Komponist
- Anna Anderson, Hochstaplerin („Zarentochter Anastasia Nikolajewna Romanowa“)
- Zygmunt Bauman, britisch-polnisch-jüdischer Soziologe
- Bernhard Baumeister, deutscher Schauspieler
- Christfried Berger, deutscher evangelischer Theologe
- Eduard Berger, evangelischer Theologe und ehemaliger Bischof der Pommerschen Landeskirche
- Heinz Brandt, antifaschistischer Widerstandskämpfer, SED-Funktionär und Opfer der DDR-Justiz
- Filip Burkhardt (*1987), polnischer Fußballspieler
- Brigitte Burmeister, deutsche Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin
- Heinrich Caro, deutscher Chemiker
- Kurt Demmler, deutscher Liedermacher und Texter vieler DDR-Rockbands
- Ludwig Dessoir, Schauspieler und Vater von Ferdinand Dessoir
- Elisabeth Richza von Polen, Königin von Böhmen
- Jean Paul Ertel, deutscher Komponist
- Wojtek Fibak, ehemaliger polnischer Tennisspieler
- Jean Gebser, Bewusstseinsforscher
- Eduard Gerhard, deutscher Archäologe
- Friedrich Goltz (Physiologe), deutscher Physiologe und Neffe des Schriftstellers Bogumil Goltz
- Hermann von Gottschall, deutscher Schachspieler
- Hartmut von Hentig, Pädagoge
- Paul von Hindenburg, deutscher Generalfeldmarschall und zweiter Reichspräsident während der Weimarer Republik
- Anna Jantar, polnische Schlagersängerin
- Richard Kandt, deutscher Arzt und Afrikaforscher
- Günther von Kluge, Generalfeldmarschall im Dritten Reich
- Günther Koch, Hörfunkreporter
- Leo Koenigsberger, deutscher Mathematiker
- Krzysztof Komeda, polnischer Musiker
- Max Kretzer, deutscher Schriftsteller
- Walther Kühn, deutscher Politiker
- Paul Saladin Leonhardt, deutscher Schachspieler
- Arthur Liebehenschel, deutscher Nationalsozialist
- Arthur Lisowsky, Professor der Handelshochschule St. Gallen
- Heinrich Mendelssohn, deutscher Bauunternehmer
- Walther Mitzka, deutscher Sprachwissenschaftler
- Julius Moses, jüdischer Sozialdemokrat, naturheilkundlicher Arzt und Politiker, eine Symbolfigur linker Medizin- und Ärztekritik der Weimarer Republik
- Gustav Oelsner, Architekt und Städtplaner
- Lilli Palmer, deutsche Schauspielerin
- Leon Piesowocki, Maler
- Przemysl II. (Polen), Seniorherzog (1290–1291), König von Polen (1295–1296)
- Atanazy Raczyński, polnischer Adliger und preußischer Staatsdiener
- Edward Raczyński, polnischer Adliger, Gründer der Raczynski-Bibliothek
- Robert Remak (Arzt), deutscher Zoologe, Physiologe und Neurologe
- Włodzimierz Schmidt, polnischer Schachmeister
- Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)
- Mirosław Szymkowiak, polnischer Fußballspieler
- Henryk Tomaszewski, polnischer Schauspieler und Pantomime
- Artur Wichniarek, polnischer Fußballspieler (derzeit DSC Arminia Bielefeld)
- Margarete Wittkowski, deutsche Kommunistin, Wirtschaftswissenschaftlerin und Politikerin
- Elisabeth Wolff-Zimmermann, deutsche Malerin
- Joseph Marie Wronski, polnischer Philosoph und Mathematiker
- Georg Wüst, deutscher Ozeanograph
- Artur Wypochowicz, Antifaschist und Kommunalpolitiker
- Konrad Zweigert, Jurist
- Maciej Żurawski, polnischer Fußballspieler
Siehe auch
Weblinks
- Internetpräsenz der Stadt Posen
- ausführliche Bilderdokumentation (Commons)
- Poznan (Englisch)
- Willkomen in Poznan Ganz Nah (Deutsch)