Song-Dynastie
Song-Dynastie (chinesisch 宋朝) war von 960 bis 1279 die herrschende Dynastie im Kaiserreich China. Man unterscheidet "Nördliche" und "Südliche" Song-Dynastie. Die "Nördliche" regierte 960-1126 in der Hauptstadt Kaifeng (北宋, Bei-Song), die "Südliche" von 1126-1279 mit der Hauptstadt Hangzhou (南宋, Nan-Song).
Diese Dynastie ist nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen (frühen) Song-Dynastie der Zeit der Nord- und Süd-Dynastien.
Nördliche Song 960 - 1126
Staatsgründung


Gegründet wurde die Nördliche Song-Dynastie 960 von einem General namens Zhao Kuangyin, der den siebenjährigen Thronerben der Späten Zhou-Dynastie (後周, Hou-Zhou: 951 - 960) stürzte und postum Taizu (reg. 960-976) genannt wurde. Damit endete die Zeit der Fünf Dynastien. Kaifeng wurde Hauptstadt eines wieder weitgehend geeinten Chinas, dessen Grundlagen schon zur Späten Zhou-Zeit gelegt worden waren (Wiedervereinigung der Provinzen, Ordnung der Steuerlast, Kanal- und Dammbau, Bepflanzung von Brachland, Militärstützpunkte).
Große Teile des Nordens waren aber bereits in der Gewalt der Kitan bzw. der Liao-Dynastie, welche das Land in mehreren Siegen (979, 986) und im Frieden von 1004 behaupteten. Die Song zahlten ihnen schließlich Tribut.
Wirtschaft
Die Zeit der Song-Dynastie sicherte China ein schnelles wirtschaftliches Wachstum (erkennbar an einer mehr-als-Verdopplung der Münzprägung trotz Einführung des Papiergeldes) und im Zusammenhang eine damals einzigartige gesellschaftliche Blütezeit. Die Handelsbeziehungen nach Südostasien und Indien wurden mit der Entwicklung der Wirtschaftskraft und Hochseeschifffahrt intensiver.
Wir verzeichnen den Buchdruck mit beweglichen Lettern um 1041-48, das Papiergeld 1024, eine Weiterentwicklung der Schifffahrt (ca. 1090 Nutzung des Kompass, 984 Kanalschleuse, 12. Jh. massiver Einsatz des Schaufelrads), Tiefenbohrungen nach Sole und Erdgas (durchschnittlich bis 900 m), bessere Kartographie (Mercator-Projektion ab 10. Jh.) und Militärtechnik (Schießpulver spätestens 1044), Spinnrad und weiteres. Mit der Weiterentwicklung des Block- und Buchdrucks durch Bi Sheng kam es zu einer Flut von Werken in allen Bereichen (Enzyklopädien, Technik, Medizin, Romane, Architektur, Religion, fremde Länder) und analog dazu zu einer Zunahme öffentlicher wie privater Schulen und Bibliotheken.
Eine Voraussetzung für den Erfolg der alten chinesischen Wirtschaft war der Überschuss an Arbeitskräften, der durch die Abwanderung von Bauern in die Städte des 12. Jahrhunderts gegeben war. In den staatlich betriebenen Manufakturen arbeiteten bis zu 7000 Arbeitskräfte; und in privaten Manufakturen, -auf dem Bereich der Ziegel-Brennereien, Lack- und Porzellanherstellung- arbeiteten zumindest bis zu 1200 Arbeitskräfte. Diese privaten Manufakturen arbeiteten aber stets den großen staatlichen Manufakturen zu. Wenn sie zu einflussreich werden drohten, griff der Staat ein. Eine weitere Ausdehnung dieser frühkapitalistischen Entwicklung wurde also durch den Staat verhindert.
Die meisten Handwerker waren im Verlagssystem von einem Verleger abhängig (wie in England im 16. Jhrd.). Größere Handwerker konnten bis zu 40 Lohnarbeiter haben. Zünfte waren für Arbeitsvermittlung, Waisenheime und Feuerwehren zuständig, auch allgemein schufen Stiftungen diverse Wohlfahrtseinrichtungen in den Städten. In den Häfen gab es Maklerbüros und Hafenarbeitergilden.
Eine weitere Voraussetzung für den Erfolg der chinesischen Wirtschaft zur Song-Zeit war eine wachsende Nachfrage im Inneren. Das städtische Bürgertum (Grundeigentümer, Kaufleute) wurde wohlhabend und wünschte seinen Anteil am Luxus, egal ob es nun um Möbel, Kleidung oder Küche ging.
Verwaltung
Die Zentralverwaltung gliederte sich zur Song-Zeit in die großen Abteilungen a) Wirtschaft und Finanzen (Ämter: Staatsmonople, Budget, Bevölkerung), b) Heer und c) Sekretariat (d.h. Gerichts- und Personalverwaltung). Es gab sogar drei Ämter für die unabhängige Entgegennahme von Beschwerden und Anregungen von Seiten der Beamten und Bevölkerung.
Nach 1065 hielt man Beamtenprüfungen alle drei Jahre ab und machte sie zur Pflicht. Dazu gab es inzwischen drei Ebenen von Beamtenprüfungen (in der Präfektur, Hauptstadt und vor dem Kaiser). Auch die Fächer der Beamtenprüfungen wurden (unter Wang Anshi) praktischer ausgerichtet, so dass wir verzeichnen: Allgemeinbildung, Schrift und Schriftstücke, Recht, Mathematik, Militär und wie immer die Klassiker. Prüfungsbögen wurden anonym behandelt.
Unter Kaiser Shenzong (reg. 1067-1085) kam es 1069 zu den Reformen des Wang Anshi. Das Hauptanliegen Wang Anshis bestand darin, durch den Erlass von Gesetzen die Unterdrückung der Kleinbauern zu regulieren, welche die Hauptlast der direkten Steuern und der Frondienste zu tragen hatten. Das gleiche betraf die kleinen Handwerker, die von o.g. Verlegern und von Handelsgilden (hang) abhängig waren.
Wang Anshi konnte sich bei Hofe nicht halten und wurde 1076 verbannt, 1078 wieder eingesetzt und 1085 erneut entmachtet. An seine Stelle trat der Konservative Sima Guang, der die Großgrundbesitzer und reichen Kaufleute vertrat und die „neuen Gesetze“ wieder rückgängig machte. Nach dem Tod der beiden Rivalen 1086 setzte sich der Kampf ihrer Parteien fort. Wang Anshis Reformen sicherten so noch ein halbes Jahrhundert die innere Stabilität des Staates.
Südliche Song 1126 - 1279
Jurchen & Dynastiewechsel

Entscheidend für den Untergang der nördlichen Song-Dynastie (北宋, Bei-Song) war die 1126 erfolgte Gefangennahme des Kaisers Huizong (reg. 1100-1125) und seines Sohnes durch die Jurchen (Jin-Dynastie). Gaozong (reg. 1127-1162), ein anderer Prinz entkam und gründete südlich des Jangtse die südliche Song-Dynastie (南宋, Nan-Song). Ein Sieg über den Jurchen-General Wu-chu am Jangtse sicherte 1130 den Bestand der Dynastie.
Im Jahr 1138 marschierte der chinesische Volksheld Yue Fei bereits auf Kaifeng, als der kriegsmüde Kaiser Gaozong einen Tribut-Frieden schloss. Yue Fei wurde bald durch den Hof verhaftet und hingerichtet. Song-China hatte in Zukunft zwar die Macht, aber nicht den Willen, die Jurchen aus Nordchina zu vertreiben und sicherte den Frieden stattdessen durch hohe Tribute (Kanzler Qin Gui, † 1155). Im Jahr 1161 scheiterte ein weiterer Angriff der Jurchen -diesmal unter Jin-Kaiser Tikunai persönlich- am Jangtse. Bei den Kämpfen der kaiserlichen Truppen mit den Jurchen sowie mit Piraten wurde übrigens eine Radpaddelflotte auf dem Jangtse und seinen Nebenflüssen eingesetzt, ebenso wie Gas- und Explosivwaffen, Vorläufer der Kanonen.
Ferner ist die Existenz des Tanguten-Reiches in Gansu und die des Staates Nánzhāo (Bai, aber auch Thai, Tibeter, Chinesen mit Hauptstadt Dali) in Yunnan zu verzeichnen.
Krise und Untergang

Die staatliche Kontolle der Manufakturen verhinderten eine Industrialisierung, wie sie Jahrhunderte später in England stattfand. Der bürgerliche, industielle Kapitalismus konnte den Feudalismus nicht überwinden. Statt dessen dehnte sich der Großgrundbesitz zunehmend u.a. am Huai aus, die Steuerflucht Geschäftemacher (meist Großgrundbesitzer, solche Steuerflucht wurde von Wang Anshi noch bekämpft) nahm zu und Zahlungsschwierigkeiten des Schatzamtes resultierten daraus. Es kam zu einer nicht zu bremsenden Inflation. Veruntreuung und Vetternwirtschaft in der Mandarin-Verwaltung wurde zur Schattenseite des Song-Staates im 12./13. Jhrd.
Um 1263 wurde die innenpolitische Lage in den Ackerbauzentren südl. des Jangtse so explosiv und das Einziehen der Steuern so schwierig, dass Reformen unumgänglich waren. Zwangsmaßnahmen des Kanzlers Jia Sidao (1213–1275; hingerichtet) waren die Folge. Und zwar wollte Jia Sidao den Großgrundbesitz auf 27 ha beschränken, das überschüssige Land aufkaufen und mit dessen Einkünften die Steuerausfälle bzw. Kriegskosten decken.
Jia Sidao war dabei ein rücksichtsloser Intrigant. Die resultierenden Auseinandersetzungen in der Zentralverwaltung und dem Staatsrat untergruben die Loyalität der Beamtenschaft und schließlich der Armeeführung am Vorabend des Mongolen-Angriffs. Nach dem Fall der Festungen am Han-Fluss 1273 (Belagerung von Xiangyang, Provinz Sichuan - von welcher der untätige Kaiser Duzong (reg. 1264-1274) dank Jia Sidao jahrelang nichts erfuhr) drangen die Mongolen der Yuan-Dynastie nach Hangzhou vor.
Die Hauptstadt Hangzhou kapitulierte 1276, letzte Anhänger der Song hielten sich bis 1279, als der kleine Thronerbe in einer Seeschlacht ertrank.
Verweise
Literatur
- Jacques Gernet: Die chinesische Welt, Frankfurt, Insel Verlag 1979. ISBN 3458155031
- Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte Chinas bis zur mongolischen Eroberung 250 v. Chr. - 1279 n. Chr., München, Oldenbourg Verlag 1999. ISBN 3486564021
Weblinks