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Social Design

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Mit dem nicht einheitlich verwendeten Begriff Social Design werden seit den 2000er Jahren Konzepte und Projekte von professionellen Designern, Architekten, Studenten und Aktivisten bezeichnet, welche das Gemeinwohl und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen. Jede Designpraxis steht zwar in einem gesellschaftlichen Kontext und kann damit im weitesten Sinn als „sozial“ verstanden werden. Kennzeichnend und konstitutiv für Social Design Projekte sind jedoch partizipative und demokratische bottom-up Prozesse, die auf Empowerment der Beteiligten ausgerichtet sind. Social Design umfasst eine breite Palette von Projekten, Methoden und Studiengängen zur ästhetischen und ethischen Gestaltung von sozialen Dingwelten, sozialen Innovationen und urbanen Räumen.[1][2] Social Design versteht sich als „Design mit Gewissen“ und als Katalysator für einen positiven sozialen Wandel insbesondere in einem von sozialer Ungleichheit geprägten städtischen Umfeld.[3]

Evolution des Social Design

Vorgeschichte

Die Anfänge des Social Design – verstanden als Design für und mit der Gesellschaft – liegen in den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Krisen, die durch die Industrielle Revolution ausgelöst wurden.[4] Frühe Vertreter des „socially responsible Design“ sind William Morris und John Ruskin.

Anfang des 20. Jahrhunderts stehen der Deutsche Werkbund und später das von Walter Gropius 1919 in Weimar gegründete Bauhaus für sozial verantwortliche Gestaltung. Insbesondere Hannes Meyer, Ernst May, Margarete Schütte-Lihotzky, Leberecht Migge und Ferdinand Kramer heben die soziale Verantwortung von Gestaltern, Städtebauern und Architekten in ihrer gestalterischen Praxis hervor.

Die 1960er und 1970er Jahre

Der amerikanische Architekt, Philosoph und Designer Buckminster Fuller thematisierte als einer der Ersten in den 1960er Jahren die Zusammenhänge zwischen Energieeffizienz, Gebäudekonzepten und nachhaltiger Entwicklung im planetarischen Kontext eines „Raumschiff Erde“.

In den 1970er Jahren traten globale ökologische, ökonomische und soziale Krisen immer stärker ins öffentliche Bewusstsein. Die Grenzen des Wachstums wurden mit der Ölpreiskrise von 1973 deutlich sichtbar. Designer, Künstler und Aktivisten wie Enzo Mari, Joseph Beuys und Stewart Brand thematisierten aus unterschiedlichen Perspektiven ökologische und soziale Aspekte der Konsumgesellschaft (Do it yourself, Soziale Plastik, Selbstversorgung) und propagierten Eigenverantwortung, gesellschaftlichen Dialog und Partizipation. Der österreichisch-amerikanische Designer Victor Papanek begründete mit seinem 1971 veröffentlichten kritischen Buch Design for the Real World: Human Ecology and Social Change maßgeblich den bis heute geltenden Einfluss des Social Design im Design Thinking.

Die 1980er und 1990er Jahre

In den 1980er Jahren wurden von Designern in den wohlhabenden westlichen Industrieländern ökologische und soziale Kriterien zwar zunehmend zur Kenntnis genommen, eine grundlegende Neuausrichtung der absatzorientierten Produktion und des konsumorientierten Lebensstils erfolgte jedoch nicht. In den 1990er Jahren wurde dann mehr und mehr deutlich, dass ein schlichtes "re-design of what exists" nicht ausreichen würde, um die sich zuspitzenden globalen ökologischen, ökonomischen und sozialen Krisen nachhaltig lösen zu können.[5]

21. Jahrhundert

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich der Diskurs zur gesellschaftlichen Verantwortung des Designs in der Designforschung, in der Designpraxis und in der Öffentlichkeit wieder intensiviert. Neben einer Vielzahl von theoretischen Artikeln und Symposien (siehe Abschnitte Literatur und Weblinks) gab es auch eine Reihe von öffentlichkeitswirksamen Ausstellungen zum Thema Social Design.

Ausstellungen

  • Im Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum in New York fand 2007 die von Cynthia E. Smith kuratierte Ausstellung Design for the other 90% statt. Die Ausstellung stellte mehr als dreißig Projekte vor, die kostengünstige Design-Lösungen für Alltagsprobleme der unterprivilegierten Mehrheit der Menschheit bieten.[6]
  • Utrecht Manifest – 5 Biennalen für Social Design im Centraal Museum Utrecht: 2005, 2007, 2009, 2011 und 2015.[7] 2009 fand die dritte Ausgabe von Utrecht Manifest, Unresolved Matters. Social Utopias Revisited, kuratiert von Claudia Banz, statt.[8] Ausgangspunkt war das utopische Potenzial der Moderne, das dank De Stijl deutliche physische und mentale Spuren in Utrecht hinterlassen hat. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die soziale Komponente der Moderne – im Gegensatz zu der stilistischen – heute Gestalt annehmen kann. Mit der Ausstellung Unresolved Matters präsentierte Utrecht Manifest nicht nur eine historische oder zeitgenössische Vision des Sozialen, sondern stellte auch die Frage, warum die ausgestellten Objekte als beispielhaft für eine bestimmte soziale Vision gelten. Unresolved Matters zeigte drei einflussreiche Visionen von idealen Lebensräumen und die Rolle von Künstlern, Designern und Architekten. Unter anderem mit Multiples von Joseph Beuys, Papierkleidern von El Anatsui, Radios aus den 1940er und 1970er Jahren, Glasdesigns von A.D. Copier und Wilhelm Wagenfeld. Unresolved Matters bezog sich auf Publikationen von Victor Papanek, Sir Ebenezer Howard und Siegfried Giedion, die verschiedene Visionen, Utopien und alternative Szenarien sowie ihre jeweiligen Auswirkungen auf die Menschen und ihr Lebensumfeld aufzeigten. So wurden unterschiedliche Herangehensweisen an die komplexen Zusammenhänge im Grenzbereich von Architektur, Stadtplanung, Kunst, Film, Werbung und Archiv zusammengebracht. Sozial engagierte Designer setzten sich intensiv mit der Welt um sie herum auseinander. Diese Beziehung endete nicht bei der Gestaltung von Produkten, sondern umfasste auch gesellschaftspolitische Themen wie Gesundheit, Bildung, Umwelt und sozial sinnvolle Kommunikation.[9][10]
  • Im Museum für Gestaltung Zürich, Toni-Areal, fand 2018 die von Angeli Sachs kuratierte Ausstellung Social Design statt, die 2019 auch im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg gezeigt wurde.[11][12] Die Ausstellung thematisiert Design als einen gleichberechtigten Austausch zwischen Individuen, Zivilgesellschaft, Staat und Wirtschaft vor dem Hintergrund zunehmender Ungleichheiten in einer global agierenden Wachstumsökonomie.[13] Aus den Bereichen Urbaner Raum und Landschaft, Wohnen, Bildung, Arbeit, Produktion, Migration, Netzwerke und Umwelt wurden 25 internationale und regionale Fallbeispiele vorgestellt – darunter das Lycée Schorge[14] von Kéré Architecture, die Fahne des Refugee Olympic Team von Yara Said,[15] der Safir-Wasserfilter[16] und der Solarkiosk[17] von GRAFT. Auf Basis gleichberechtigter Teilhabe von Individuen, Zivilgesellschaft, Staat und Wirtschaft wurde eine Vielfalt an Neugestaltungen von Arbeits- und Lebensumgebungen vorgestellt.[18]  
  • Im Braunschweigischen Landesmuseum fand 2020 die Ausstellung Social Design: Wie wollen wir leben? statt.[19]

Studiengänge

Studiengänge im Bereich Social Design werden mit unterschiedlichen Begriffen angeboten. Neben Social Design werden auch die Bezeichnungen Transformation Design[20], Public Interest Design oder Öko-Soziales Design[21][22] verwendet.[23]

Die Universität für angewandte Kunst Wien hat 2012 den Masterstudiengang Social Design – Arts as Urban Innovation eingeführt, der sich den Herausforderungen an die urbanen Sozialsysteme stellt und sich allen damit verbundenen Fragestellungen widmet. Das Masterstudium richtet sich an Absolventen unterschiedlicher Studienrichtungen und legt das Arbeiten in transdisziplinären Teams als zentrale Lehr- und Lernform fest. Aufbauend auf den in ihrem jeweiligen Vorstudium erworbenen Kompetenzen werden die Studierenden mit dem Überwinden disziplinärer Codes und dem Arbeiten in übergreifenden Zusammenhängen vertraut gemacht.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Antje Flade: Social Design. In: socialnet.de. 28. Juni 2019, abgerufen am 4. August 2022.
  2. Peter Stuiber: Raus aus der Nische! The Gap, 13. Oktober 2011, abgerufen am 4. August 2022.
  3. Elizabeth Resnick (Hrsg.): The Social Design Reader. Bloomsbury Visual Arts, London 2019, ISBN 978-1-350-02605-6, S. Preface.
  4. Angeli Sachs: Social Design – Past and Present. In: Social Design. Participation and Empowerment. Lars Müller Publishers, Zürich 2018, ISBN 978-3-03778-570-6, S. 21.
  5. Ezio Manzini: Design, Environment and Social Quality: from "Existenzminimum" to "quality maximum". In: Design Issues. Volume 10, Number 1, 1994, S. 37 – 43.
  6. Cynthia E. Smith: Design for the other 90%. The University of Chicago Press, 2007, ISBN 978-0-910503-97-6.
  7. Max Bruinsma, Victor Margolin (Hrsg.): Design for the Good Society. Utrecht Manifest 2005 – 2015. NAI010 Publishers, Rotterdam 2015, ISBN 978-94-6208-205-2.
  8. Liesbeth Fit: Exhibition Review: Unresolved Matters. Social Utopias revisited. The Journal of Modern Craft, Volume 3, Issue 2, pp. 257 - 260, Juli 2010, abgerufen am 4. August 2022.
  9. Utrecht Manifest 2009 - Biennial for Social Design - 3rd Edition. Unresolved Matters: Social Utopias Revisited. In: centraalmuseum.nl. 2009, abgerufen am 4. August 2022.
  10. Utrecht Manifest 2nd Biennale for Social Design, 24 November 2007 – 11 February 2008. e-flux.com, 3. November 2007, abgerufen am 4. August 2022.
  11. Ausstellung Social Design. 5.10.2018 – 3.2.2019. Museum für Gestaltung Zürich, 2018, abgerufen am 6. August 2022.
  12. Ursula Storost: Design-Ausstellung in Hamburg. Mit Social Design eine bessere Welt schaffen. Deutschlandfunk, 4. April 2019, abgerufen am 6. August 2022.
  13. Ausstellung Social Design. socialdesign.de, 9. Oktober 2018, abgerufen am 6. August 2022.
  14. Lycée Schorge. In: kerearchitecture.com. Abgerufen am 6. August 2022.
  15. Yara Said with The Refugee Nation Flag for Amnesty International. In: designmuseum.org. Abgerufen am 6. August 2022.
  16. Safir Wasserfilter – Gravity Driven Membrane. Design Social Impact Blog, abgerufen am 6. August 2022.
  17. Solarkiosk. graftlab.com, abgerufen am 6. August 2022.
  18. Duy Mac: Politische Formgebung: Social Design im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. In: detail.de. 3. Juni 2019, abgerufen am 6. August 2022.
  19. Social Design: Wie wollen wir leben? Braunschweigisches Landesmuseum, abgerufen am 4. August 2022.
  20. Masterstudiengang Transformation Design. Hochschule für Bildende Künste (HBK) Braunschweig, abgerufen am 4. August 2022.
  21. Master in Eco-Social Design. Freie Universität Bozen, abgerufen am 4. August 2022.
  22. Nina Kirst: Design-Studium: Was ist eigentlich Eco-Social Design ? In: page-online.de. 22. Juni 2015, abgerufen am 6. August 2022.
  23. Nina Kirst: Social Design studieren. page-online.de, 2. November 2019, abgerufen am 4. August 2022.
  24. Barbara Lersch und Sarah Dost: Interview mit Claudia Banz. Social Design Lab, Hans Sauer Stiftung, 24. November 2020, abgerufen am 4. August 2022.