Land Thüringen (1920–1952)
Vorlage:Land der Weimarer Republik
Das Land Thüringen war ein Land des Deutschen Reiches in der Zeit der Weimarer Republik. Es entstand am 1. Mai 1920 aus einem Zusammenschluss der thüringischen Freistaaten Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen sowie des Volksstaates Reuß. Im Thüringer Raum ging damit die jahrhundertelange Ära starker territorialer Zersplitterung zu Ende. Landeshauptstadt war Weimar.
Gründung
Schon Ende 1918 nahmen die Regierungen der thüringischen Freistaaten, einschließlich des Freistaates Coburg Verhandlungen zu einem Zusammenschluss aller auf, möglichst unter Einschluss der preußischen Gebietsteile. Da Preußen zu keinerlei Gebietsveränderungen bereit war, wurde die Landesgründung im Jahr 1919 als sogenannte "kleinthüringische Lösung" vorangetrieben.
Im Verlauf der Gründungsverhandlungen äußerten die Gebietsregierungen von Sachsen-Meiningen und von Sachsen-Coburg Bedenken darüber, ob ein Anschluss an das zu bildende Land vorteilhaft sei, da sich der eher fränkisch geprägte Bereich südlich des Rennsteigs seit jeher sprachlich wie landsmannschaftlich stärker an Bayern anlehnte. Die Bedenken Sachsen-Meiningens konnten (unter anderem durch eine Bestandsgarantie für die IHK Sonneberg und für die Landkreise) ausgeräumt werden. Der Freistaat Coburg entschied sich bei einer Volksabstimmung am 30. November 1919 mit 88 Prozent gegen einen Anschluss an Thüringen, worauf am 1. Juli 1920 die Vereinigung mit dem Freistaat Bayern vollzogen wurde. Durch die Unterzeichnung eines Reichsgesetzes am 23. März in der Weimarer Nationalversammlung wurden die übrigen sieben Volks- beziehungsweise Freistaaten schließlich am 1. Mai 1920 zum Land Thüringen mit einer Fläche von 11.763 km² vereinigt. Das erste Landeswappen hatte sieben Sterne auf rotem Grund, welche die ehemaligen Freistaaten symbolisieren. Hauptstadt wurde Weimar. Die Verfassung des Landes Thüringen, die am 11. Februar 1921 verabschiedet wurde, und der Gemeinschaftsvertrag von 1919 wurde durch den Jenaer Abgeordneten der DDP Professor Eduard Rosenthal entworfen.
Weimarer Republik und Drittes Reich
Die Regierungschefs Thüringens trugen bis 1933 den Titel Vorsitzender des Staatsministeriums. Dies sind zwischen 1920 und 1945:
- 1920-1921 Arnold Rudolf Paulssen (DDP)
- 1921-1924 August Frölich (SPD)
- 1924-1928 Richard Leutheußer (DVP)
- 1928-1930 Arnold Rudolf Paulssen (DDP)
- 1930-1932 Erwin Baum (Landbund)
- 1932-1933 Fritz Sauckel (NSDAP)
- 1933-1945 Willy Marschler (NSDAP)
siehe auch: Wahlergebnisse und Landesregierung in Thüringen während der Weimarer Republik
Auch in Thüringen war die Zeit der Weimarer Republik von politischen Wirren geprägt. Im Oktober 1923 bildete der sozialdemokratische Ministerpräsident August Frölich eine Regierung mit der KPD. Jedoch zerbrach die "Arbeiterregierung" wenig später nach dem Einmarsch der Reichswehr infolge großer politischer Differenzen.
Von Januar 1930 bis April 1931 gab es in Thüringen die erste völkisch-nationalsozialistische Regierung in Deutschland, nach ihrem nationalsozialistischen Innenminister Wilhelm Frick als Frick-Regierung bezeichnet, und schon 1932 konnte die NSDAP in Thüringen mit ihrem Gauleiter Fritz Sauckel als Leitendem Staatsminister allein die Regierung bilden. Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers Anfang 1933 erfolgte die Gleichschaltung der Länder. Der bisherige Ministerpräsident Fritz Sauckel wurde Reichsstatthalter und dessen Nachfolger Willy Marschler (NSDAP) war nur noch Verwaltungschef und hatte wenig politische Macht. Die Landeshauptstadt Weimar wurde zur Gauhauptstadt ausgebaut, das so genannte "Gauforum" existiert noch heute. Daneben wurden in Thüringen die Konzentrationslager Buchenwald (1937) und Dora-Mittelbau (1943) errichtet.
Im Zweiten Weltkrieg blieb Thüringen jedoch weitestgehend von Flächenbombardements verschont. Zerstört wurden nur die Städte Nordhausen (aufgrund des dortigen KZ und Rüstungsbetriebes Mittelbau-Dora) und Creuzburg (strategisch wichtige Werraüberquerung), größere Beschädigungen gab es unter anderem in Jena und Gera. Erfurt wurde nur zu etwa 10 % zerstört.
Wappen
Das Landeswappen wurde am 7. April 1921 verliehen. Es zeigt sieben silberne Sterne auf rotem Grund. Die sieben Sterne stehen für die sieben Staaten aus denen Thüringen 1920 gebildet wurde (Sachsen-Weimar-Eisenach, S.-Meiningen, S.-Gotha, S.-Altenburg, Volksstaat Reuß, Schwarzburg-Sondershausen und Schw.-Rudolstadt). 1933 wurde dem Land von der nationalsozialistischen Landesregierung ein anderes Wappen eingeführt, da die Nazis sich an den an Davidssternen erinnernden Sternen störten. Heute sind im Landeswappen acht Sterne zu sehen; der achte steht für die 1945 in Thüringen eingegliederten Gebiete Preußens. Die Sterne als Symbol der Einheit des Landes sind also bis heute im Landeswappen erhalten geblieben.
Das von den Nazis verliehene Landeswappen zeigte einen hessischen Löwen in der Mitte (Symbol der Landgrafen von Thüringen) mit Hakenkreuz in der rechten Pfote (Symbol der Nazis), oben waren der sächsische Rautenkranz (Symbol der Ernestinischen Gebiete) und der Schwarzburger Adler zu sehen. Unten waren der reußische Löwe und die Henne der Henneberger abgebildet. Dieses Wappen wurde von 1933 bis 1945 verwendet. Als Kleines Staatswappen wurde von Behörden nur der Herzschild geführt. Gestaltet wurde das Wappen von dem Altenburger Maler Ernst Müller-Gräfe. Wegen seiner Symbolik wurde es auch als „Thüringer Tiergarten” apostrophiert.
Verwaltungsgliederung des Landes Thüringen bis 1945
Stadtkreise:
Landkreise:
- Altenburg
- Arnstadt
- Eisenach
- Gera
- Gotha
- Greiz
- Hildburghausen
- Meiningen
- Rudolstadt
- Saalfeld
- Schleiz
- Sondershausen
- Sonneberg
- Stadtroda
- Weimar
Verwaltungsänderungen
1928 erfolgte ein Gebietsaustausch und eine Grenzbereinigung zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Land Thüringen. Insgesamt kamen 1778 ha mit 2900 Einwohnern zu Thüringen und 1115 ha mit 4890 Einwohnern zu Sachsen (Karte mit den Austauschgebieten).
Am 1. April 1944 wurde der zur aufgelösten preußischen Provinz Hessen-Nassau gehörige Landkreis Herrschaft Schmalkalden in den Regierungsbezirk Erfurt und die preußische Provinz Sachsen umgegliedert. Im Rahmen der Aufgliederung der Provinz Sachsen wurde der Regierungsbezirk dem Reichsstatthalter in Thüringen in Funktion als Oberpräsident unterstellt. Staatsrechtlich hatte sich damit an der Zugehörigkeit des Regierungsbezirkes zu Preußen nichts geändert. Der achte Stern im heutigen Wappen Thüringens - ein Löwe auf blauem Grund - symbolisiert die schließlich Ende 1945 angeschlossenen preußischen Gebiete.
Ende des Zweiten Weltkriegs
Ende März 1945 näherten sich die Westalliierten Thüringen. Trotz des nahen Kriegsendes befahlen NS-Offiziere, das "Trutzgau Thüringen" bis zum letzten Mann zu verteidigen, die "Werralinie" westlich von Eisenach sollte unter allen Umständen gehalten werden. Dadurch kam es am 1. April zwischen Treffurt und Gerstungen zu Kämpfen von Volkssturm, Hitlerjugend und Fronturlaubern gegen die anrückenden US-Truppen, bei denen etwa 350 Todesopfer zu beklagen waren und die Kleinstadt Creuzburg zu etwa 85% zerstört wurde. Damit begann die Befreiung Thüringens, innerhalb von rund zwei Wochen war das ganze Land amerikanisch besetzt. Zuvor war es am 6. April noch zu starken Bombenangriffen auf Gera gekommen.
Aufgrund der alliierten Vereinbarungen von Jalta wurde das Land Thüringen zwischen dem 2. und 6. Juli 1945 von sowjetischen Truppen besetzt. Es folgten eine Vergrößerung des Landes um den preußischen Regierungsbezirk Erfurt auf 15.585 km² Fläche und eine neue Verfassung.
Literatur
- Joachim Bergmann M.A.: Die innenpolitische Entwicklung Thüringens in der Zeit von 1918 bis 1932. Europaforum-Verlag, ISBN 3-931070-27-1