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Buchner (fränkisch-sächsische Familie)

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Stammwappen derer von Buchner, Siebmachers Wappenbuch 1884
Stammwappen derer von Buchner, Siebmachers Wappenbuch 1884
1554 vermehrtes Wappen derer von Buchner, Siebmacher 1884
1554 vermehrtes Wappen derer von Buchner, Siebmacher 1884

Die Buchner oder Bucher (Pucher)[1] waren eine fränkisch-sächsische Familie frühkapitalistischer Großkaufleute, die ab dem 15. Jahrhundert zunächst von Eisleben, später auch von Leipzig aus den Saigerhandel im Mansfelder Raum kontrollierten. Ein Zweig dieser Familie ist auch in Nürnberg belegt.[2]

Die Familie ist nicht zu verwechseln mit der ebenfalls in Nürnberg, später in Dresden und Darmstadt ansässigen Familie Buchner.

Herkunft

Die im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg erhaltene Geschlechtsgeschichte der Lindner, Buchner … (Handschrift, um 1674) nennt als Urahnen Josias Buchner, der um 1340 „in Franckreich“ (lies: „Franken“) gelebt habe.[3] Friedrich Buchner, den diese Quelle als Josias’ Sohn bezeichnet, wird ab 1395 mehrmals im Coburger Stadtbuch erwähnt, zudem führt ihn das Totenbuch des Franziskanerklosters als Vater Heinrich Buchners an, der 1441 das Bürgerrecht in Coburg erhielt.[4]

Geschichte

Heinrich Buchner (1420–1492) war Münzmeister, wurde 1462 mit dem Eisenhammerwerk Gräfenthal belehnt und erbaute um 1464 ein heute als Prinzenpalais bekanntes repräsentatives Bürgerhaus in der Steingasse 18.[4] Er gründete das bis ins späte 16. Jahrhundert im Saigerhandel tätige Familienunternehmen. Heinrich Buchner erhielt 1470 einen Wappenbrief durch Kaiser Friedrich III. Das Wappen zeigt im von Weiß und Schwarz gespaltenen Schild einen Steinbock in verwechselten Farben.[5]

Heinrichs Sohn Moritz (I.) Buchner (1451–1518) übernahm 1490/91 die Leitung des Unternehmens, in das 1491 der Nürnberger Patrizier Sigmund (II.) Fürer (1436–1501) als Partner eintrat. Moritz lebte mit seiner Familie in Eisleben. 1506 übergab er die Geschäfte an Lorenz (1481/82–1534), seinen ältesten Sohn aus erster Ehe, und zog mit seiner zweiten Frau, Regina geb. Müller, und den noch minderjährigen Kindern nach Leipzig. 1518 stiftete er in der Thomaskirche eine Familienkapelle, die nicht mehr erhalten ist.[6]

Nach dem Tod seines Vaters führte Moritz (II.) (1491/92–1544) ab 1519 von Leipzig aus die Geschäfte weiter, während seine Brüder Lorenz und Wolf (1497–1566) dies von Eisleben aus taten. 1537 verließ Moritz (II.) Buchner Leipzig und ließ sich dauerhaft in Nürnberg nieder. Sein Bruder Marx († 1551) führte fortan die Leipziger Vertretung des Familienunternehmens. Erfolgreiche Geschäftsbeziehungen unterhielt Wolf, der zudem Stadtvogt in Eisleben war, zu den Grafen von Mansfeld. 1554 stellten die Buchner aufgrund der einsetzenden Absatzkrise auf dem europäischen Kupfermarkt ihre Geschäftstätigkeit vorübergehend ein.[7]

Am 4. Mai 1554 wurden die Brüder Wolf und Andreas, Moritz’ (II.) Söhne Ulrich, Moritz (III.) und Peter sowie Sebald Buchner (1517–1592), ein Vetter Wolfs und Moritz’ (II.), durch Kaiser Karl V. in Brüssel in den erblichen Adelsstand erhoben[7] und erhielten ein vermehrtes Wappen.[8]

Ab 1556 führte Moritz’ (II.) Sohn Peter zusammen mit Wolfs Söhnen Sigmund (1530–1595) und Hieronymus Buchner (1538–1589) das Unternehmen.[9] Im Oktober 1579 verkauften die Buchner die Saigerhütte Gräfenthal und lösten ihr Familienunternehmen nach 117 Jahren auf.[10]

Fortleben

Moritz (II.) Buchner hatte mehrere prominente Nachkommen in Leipzig (z. B. Peter Buchner, Bürgermeister), Nürnberg (z. B. Moritz (III.) Buchner, Jurist und Offizier) und Speyer (z. B. Sigmund Buchner, Assessor des Kammergerichts). Mit dem Tod des Nürnberger Apothekers Friedrich (II.) Buchner (1604–1673) — eines Urenkels von Moritz (II.) —, der seinen kinderlos gebliebenen Sohn Friedrich (1647–1665) überlebte, erlosch die Leipzig-Nürnberger Linie der Buchner im Mannesstamm im Jahre 1673.[3] Über ein Fortleben weiterer Zweige dieser Linie ist bisher nichts bekannt geworden.

Über das Fortleben der Eislebener Linie (vermutlich pflanzte sie sich über mehrere Generationen protestantischer Pfarrer in Sachsen, die den Familiennamen in der Schreibweise Bucher weiterführten, fort) stehen noch Forschungsergebnisse aus.[11]

Die 1791 in Tyroffs Geschlechts- und Wappenbeschreibungen formulierte Behauptung, der aus Nürnberg stammende Dresdner Baumeister Paul Buchner (1531–1607) und dessen Sohn, der Dichter August Buchner (1591–1661) „gehört[en] unstreitig diesem Geschlechte zu“,[12] die bis ins späte 19. Jahrhundert ungeprüft wiederholt wurde,[13] kann durch Vergleich der Wappen leicht widerlegt werden: Das Wappen dieser Familie Buchner zeigt im Schild einen gelben Sparren von Weiß und Blau geteilt, oben einen schreitenden gelben Löwen, unten aus gelbem Dreiberg wachsend eine Buche.[14]

Wappen

  • Blasonierung des Stammwappens: Von Silber und Schwarz gespalten, mit dem Kopf und Hals eines Ziegenbocks verwechselter Tinktur. Auf dem Helm derselbe Ziegenbock wiederholt. Die Helmdecken sind schwarz-silbern.[15]
  • Blasonierung des vermehrten Wappens von 1554: Geviert. Felder 1 und 4 in Blau ein goldener Löwe mit goldener Krone in den beiden Vorderpranken einen eisernen Turnierkolben (Lanze) haltend; Gelder 2 und 3 das Stammwappen. Auf dem Held der goldene, goldgekrönte Löwe wachsend. Die Helmdecken sind blau-golden und schwarz-silbern.[15]

Alte Wappenabbildungen;

Quellen

  • Wappenbrief Kaiser Friedrichs III. für den Coburger Bürger Heinrich Buchner. (Pergamenturkunde.) Graz, 2. November 1470. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Sign. Hist. Archiv, Or. Perg. 1470 November 23. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Geschlechtsgeschichte der Lindner, Buchner … Handschrift, um 1674. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Sign. Hs 16659. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • [Abbildung des Stammwappens von 1470.] In: New Wapenbuch: Darinnen deß H. Röm. Reichs Teutscher Nation [...] Wapen [...] von Johann Siebmachern, Band 1. Nürnberg, 1605, Tafel 212.
  • [Abbildung des Stammwappens von 1470.] In: Johann Siebmachers allgemeines großes und vollständiges Wappenbuch, 1. Teil, 12. Ausgabe. Nürnberg, 1772, Tafel 212. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • [Abbildung des Stammwappens von 1470.] In: Johann Siebmachers allgemeines großes und vollständiges Wappenbuch, 3. Teil, 9. Ausgabe. Nürnberg, 1772, Tafel 129. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Die Buchner oder Puchner. In: Geschlechts- und Wappenbeschreibungen zu dem Tyroffischen neuen adelichen Wappenwerk. Bd. 1, Heft 1. Nürnberg, 1791, S. 17–22. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Buchner. In: Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 6 (Abgestorbene, erloschene Geschlechter), 1. Abt., T. 1: Abgestorbener Bayerischer Adel, 1. Teil. Nürnberg, 1884, S. 31. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Buchner. In: Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 5 (Bürgerliche Geschlechter Deutschlands und der Schweiz), 4. Abt.: Zweitausend bürgerliche Wappen. Nürnberg, 1890, S. 53. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Pucher (Buchner). In: Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 4 (Habsburgermonarchie), 4. Abt., T. 1: Der Niederösterreichische Landständische Adel (A-R). Nürnberg, 1909, S. 366. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Buchner. In: Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 6 (Abgestorbene, erloschene Geschlechter), 1. Abt., T. 3: Abgestorbener Bayerischer Adel, 3. Teil. Nürnberg, 1911, S. 165. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Buchner. In: Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 5 (Bürgerliche Geschlechter Deutschlands und der Schweiz), 10. Abt.: Vierzehnhundert und Siebenzig bürgerliche Wappen. Nürnberg, 1916, S. 38. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  • Sächsisches Pfarrerbuch. Die Parochien und Pfarrer der Ev.-luth. Landeskirche Sachsens (1539–1939). Freiberg i. Sa., 1939/40.

Literatur

  • Klaus v. Andrian-Werburg: Das Totenbuch des Franziskanerklosters in Coburg. Ca. 1257–1525 (1600). Neustadt a. d. Aisch, 1990.
  • Martin Litzinger: Das Montanunternehmer- und Saigerhandelsgeschlecht Buchner in Coburg, Eisleben und Leipzig. In: Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land. Hrsg. von Rosemarie Knape. Eisleben, 2000, S. 93–104.
  • Ernst Schmiedel: Die Buchner oder Bucher aus Coburg. In: Blätter für fränkische Familienkunde, Nr. 1 (1966), S. 22–24.
  • Otfried Wagenbreth: Die Buchners, Hüttenbesitzer und Metallhändler im Thüringer Wald, Mansfeld und Leipzig. In: Familie und Geschichte, Bd. 1, Heft 7 (1998), S. 1–10.

Einzelnachweise

  1. Ernst Schmiedel: Die Buchner oder Bucher aus Coburg. In: Blätter für fränkische Familienkunde, Nr. 1 (1966), S. 22–24
  2. Vgl. Siebmachers Wappenbuch, das die Familie 1605 unter der Rubrik „Nürnbergische Erbare Geschlecht“ und 1772 unter „Nürnbergische Adeliche Geschlecht“ führt.
  3. a b Geschlechtsgeschichte der Lindner, Buchner …, Handschrift, um 1674, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Sign. Hs 16659. Abgerufen am 15. Juli 2022.
  4. a b Klaus v. Andrian-Werburg: Das Totenbuch des Franziskanerklosters in Coburg, S. 13.
  5. Wappenbrief Kaiser Friedrichs III. für den Coburger Bürger Heinrich Buchner. Germanisches Nationalmuseum, Pergamenturkunde. Abgerufen am 15. Juli 2022. Die Urkunde bietet beide Schreibweisen des Familiennamens: „Bucher“ und „Buchner“, die bis ins 17. Jahrhundert hinein nebeneinander belegbar sind. In Tyroffs Geschlechts- und Wappenbeschreibungen (1791, S. 17) wird — offenbar in Unkenntnis der Quellenlage — behauptet: „Nicht Bucher, wie sie auch bisweilen irrig geschrieben wurden“). Das Wappen wird bei Siebmacher, 1605, gespiegelt abgebildet.
  6. Salomon Stepner: Inscriptiones Lipsienses, das ist Verzeichniß allerhand denckwürdiger Überschrifften, Grab- und Gedächtniß-Mahle in Leipzig. Nicolaus Scipius, 1686 (uni-halle.de [abgerufen am 15. Juli 2022]).
  7. a b Martin Litzinger: Das Montanunternehmer- und Saigerhandelsgeschlecht Buchner in Coburg, Eisleben und Leipzig. In: Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land., S. 95.
  8. Die Buchner oder Puchner. In: Geschlechts- und Wappenbeschreibungen zu dem Tyroffischen neuen adelichen Wappenwerk. Bd. 1, Heft 1. Nürnberg, 1791, S. 21–22. [1]. Abgerufen am 17. Juli 2022
  9. Ab 1560 firmierte es unter dem Namen „Peter und Hieronymus Buchner, Vettern, samt ihren mitverwandten Gesellschaftern des Saigerhandels zu Gräfenthal“ (Wagenbreth, S. 3).
  10. Martin Litzinger: Das Montanunternehmer- und Saigerhandelsgeschlecht Buchner in Coburg, Eisleben und Leipzig. In: Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land., S. 96.
  11. Vgl. die entsprechende Bemerkung hinsichtlich der Söhne Wolf Buchers, die sich „vorzüglich in Meissen fortpflanzten“, in den Geschlechts- und Wappenbeschreibungen, S. 20, sowie den durch verlässliche Quellen allerdings noch nicht bestätigten Hinweis auf die Herkunft des Pfarrers Christoph Bucher (1584–1629), des Urgroßvaters von Samuel Friedrich Bucher (1692–1765), aus Eisleben im Sächsischen Pfarrerbuch, Freiberg i. Sa., 1939/40.
  12. Johann Christian Siebenkees: Geschlechts- und Wappenbeschreibungen, Nürnberg : Tyroff, 1808, S. 20. Online-Ressource. Abgerufen am 18. Juli 2022
  13. So z. B. schreibt Byrn ohne Quellenbezug, Georg Buchner, Pauls Vater, sei „aus altem 1470 mit Wappenbrief begnadeten Geschlecht, als kaiserlicher Oberst vom Kaiser Karl V. 1554 geadelt worden“ (Freiherr ô Byrn: Wolf Kaspar von Klenge. In: Mittheilungen des Königlich Sächsischen Alterthumvereins. 22. Heft. Dresden 1872, S. 29).
  14. Georg Buchner (1508–1573) erhielt seinen Wappenbrief am 11. Januar 1556 in Brüssel, sein Sohn Paul wurde von Kaiser Rudolf II. 1596 mit Wappenbesserung geadelt. Vgl. Siebmachers Wappenbuch, 1890, S. 53 und Tafel 61. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022. Vgl. auch die 2019 veröffentlichten Hinweise auf eine dritte, ebenfalls durch anderes Wappen belegte Nürnberger Familie gleichen Namens: Omer Steeno / Theodoor Goddeeris / Maurits Biesbrouck: Georg Buchner (1536–1598), Andreas Vesalius‘ final companion. In: Vesalius. Journal of the International Society for the History of Medicine, Bd. 25, Nr. 2, Dezember 2019, S. 18–44. Online-Ressource. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  15. a b Siebmacher (1884), S. 31.