Geschichte der Nutzfahrzeugindustrie
Die Geschichte der Nutzfahrzeugindustrie beginnt eigentlich schon mit der Erfindung des Rades ca. 6000 v. Chr. Bis zur Erfindung des Lastkraftwagens und des Omnibusses handelte es sich allerdings mehr um eine Art Nutzfahrzeughandwerk zur Herstellung von Karren und Kutschen. Die industrielle Herstellung von Nutzfahrzeugen mit eigenem Antrieb durch einen Motor hat ihren Ursprung Ende des 19. Jahrhunderts hauptsächlich in Deutschland und in den USA. In Großbritannien bevorzugte man in der Anfangszeit der Nutzfahrzeugindustrie den Antrieb durch Dampfmaschinen.
Die Anfänge der Nutzfahrzeugindustrie
1895

Carl Benz baut den ersten Omnibus als Kraftfahrzeug auf ein verstärktes PKW-Fahrgestell und somit das erste Nutzfahrzeug mit einem Verbrennungsmotor. Der erste mit Kraftstoff betriebene Bus wurde mit 8 Sitzen im Linienverkehr am 18. März 1895 zwischen Siegen und Netphen erprobt. Dieses Gefährt mit dem Namen „Landauer“ hatte allerdings mehr Ähnlichkeit mit der gleichnamigen Kutsche als mit dem heutigen Omnibus. Dieser erste Omnibus der Welt wurde in Handarbeit im Familienbetrieb des Automobil-Pioniers Carl Benz gebaut und verfügte über acht Sitze und einen Motor mit 5 PS. Er brachte es auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h. Aufgrund der geringen Belastbarkeit des ersten Omnibusses musste jedoch noch vor dem Ablauf des Jahres 1895 der Betrieb wieder eingestellt werden.
1896

Der erste Motorlastkraftwagen, auch Last-Kraft-Wagen (LKW), wurde am 1. Oktober 1896 von als eine Kutsche ohne Deichsel von Wilhelm Maybach konstruiert, sowie Gottlieb Daimler gebaut und kostete 4.600 RM. Es handelte sich um ein Fahrzeug zum Tranportieren von Lasten, gebaut als Frontlenker mit stehendem Heck-Unterbau-Motor. Der LKW mit Namen „Phoenix“ war mit Speichen-Rädern aus Eisen bereift, bis zu 12 km/h schnell und trotz Schraubfederung waren wegen den schlechten Straßen extreme Erschütterungen normal. Im selben Jahr baute Daimler noch verschiedene LKW-Typen mit 1,5 bis 5 Tonnen Nutzlast und vier verschiedene Motoren von 4 bis 10 PS.
Jahrhundertwende
Schon 1898 wurde ein Bus von Daimler und 1901 ein E-Bus von Siemens&Halske in einer Omnibus-Linie eingesetzt, die aber wegen technischer Schwierigkeiten wieder eingestellt werden mussten. Bis Ende des 19. Jahrhunderts entfaltet sich eine umfangreiche Nutzfahrzeugindustrie (ähnlich wie im PKW-Bereich). Die Unterschiede zwischen Personen- und Nutzfahrzeug entwickelten sich nur allmählich. 1901 lag die gesamte Nutzfahrzeugproduktion bei nur 39 LKW und viele kleine LKW- bzw. Nutzfahrzeughersteller wurden innerhalb kurzer Zeit von anderen übernommen.
1904
Viele Fabrikanten der Feinmechanik, des Maschinenbaus und des Elektrobereichs wollten in den Nutzfahrzeug- bzw. LKW-Bau investieren, weil sie sich eine wirtschaftliche Zukunft erhofften. Auch der Handel mit Teilen und Zubehör für den Nutzfahrzeugbau entwickelte sich. Konstrukteure verschiedener späterer LKW-Produzenten wie Benz, Daimler (DMG), SAF-Gaggenau, Dixi, Hering, Dürkopp, Herkules, Magirus, Nacke, Erhardt, NAG, Stoewer, Büssing, Fiat (I), Saurer (CH), Berliet (F) und Mack (USA) interessierten sich schon 1904 für die „Motorkutsche“ bzw. bauten das Nutzfahrzeug LKW. Büssing baute einen Omnibus für 12 Personen. Der Elekrtoantrieb wurde im Nutzfahrzug alternativ zum Verbrennungsmotor von Firmen wie Flader, Hagen (Köln), BEF, Hentschel (Berlin), Herkules, Scheele, Schiemann, Schütze und Siemens & Halske als LKW-Antrieb verwendet. Die Konstrukteure der ersten LKW waren vielfach die Firmengründer selbst.
Das Merkmal des Frontlenkers ging mit der Zeit verloren: Der Motor mit dem Kühler wurde vor den Fahrerplatz verlegt und die Antriebskraft mit Ketten auf die Hinterräder übertragen. Die Lenkkurbel in der Mitte wurde durch ein schräg gestelltes Lenkrad ersetzt bzw. in die rechte Fahrzeugseite eingebaut. Klotzbremsen mit Seilzug waren üblich. Die erste Vollgummibereifung wurde auf Holz-Speichenrädern eingeführt. Die Karosserie- und Wagenbauer mussten sich etwas umstellen, weil mehr und mehr Metall verwendet wurde.
1906
In den Anfängen der LKW bzw. der Nutzfahrzeuge hatten die Zulieferer der Nutzfahrzeugindustrie einen großen Anteil an der zusätzlichen Entwicklung der Motoren und am Fahrzeugbau. Die von Robert Bosch entwickelte Hochspannungsmagnetzündung verbesserte den Motorenbau. Die Motoren der Nutzfahrzeuge konnten mit den jeweiligen Vergasern Benzin, Spiritus und Petroleum verarbeiten. Motor und Getriebe waren am Fahrgestell noch voneinander getrennt eingebaut. Die an der Hinterachse angebrachten Getriebe wurden mit Ketten angetrieben und Dürkopp setzte erstmals einen Kardanantrieb ein. Krupp baute Dampflastkraftwagen mit 5 Tonnen Nutzlast, mit einem Anhänger bis zu 4 Tonnen Nutzlast. Daimler (DMG) bekam einen Großauftrag von den Berliner Verkehrsbetrieben, insgesamt 168 Doppeldecker-Omnibusse mit 14 Sitzplätze unten und 18 Sitzplätze oben zu bauen, weil zuvor der erprobte Test des Daimler Busses ab dem 19. November 1905 sehr gut verlaufen war. Büssing lieferte zur gleichen Zeit 100 Doppeldecker Omnibusse nach London und NAG sowie Büssing bauten auch für viele andere Omnibuslinien in Deutschland Fahrzeuge.
1908
Auf Druck des Militärs wurden viele Teile am und im LKW standardisiert und u. A. die Fußpedale für Bremse, Kupplung und Gas einheitlich festgelegt. Ein Jahr zuvor wurde in den 26 Ländern des Deutschen Reiches die Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge (Nummernschild) vereinheitlicht. Deutschland zahlte den Bürgern 20 % pro Jahr vom LKW-Kaufpreis, wenn ein militärisch geeignetes Nutzfahrzeug gekauft und instand gehalten wurde. Die Hersteller des Wagenbaus (z. B. Gläser) wurden in den ersten Jahren vielfach von den LKW-Produzenten (z. B. Nacke) zur Vervollständigung des LKW gebraucht. Die Firmen Benz, Büssing, Daimler (DMG)und NAG stellten schon in dem Jahr ihre LKW nach den vom Militär vorgegebenen Richtlinien her.
1911
Der Karosseriehersteller Kässbohrer baute einen „Kombinations-Bus“, der durch Wegklappen der längs angebrachten Sitzreihen auch als LKW verwendet werden konnte und bekam darauf ein Patent. Kässborer baute als erster einen Omnibus, in dem der Fahrer in einer geschlossenen Kabine sitzen konnte. Ein Jahr zuvor wurde beim Omnibus das erste hydraulische Lentze-Getriebe mit der Hinterachse verblockt. Die Firma Hering, bzw. Deutsche Automobil-Industrie genannt, baute einen sehr bekannten Leicht-LKW „Rex-Simplex“. Auch die Opel-Werke hatten nun den Nutzfahrzeugbau mit einem 1,5-t-Nutzlast-LKW angefangen und mit einem 3,5-t-Nutzlast-Heeres-LKW an einer Kaiserlich-Russischen Subventionsfahrt erfolgreich teilgenommen.
1913

Derzeit gab es 825 LKW über fünf Tonnen Nutzlast und auf die Frontverglasung konnte immer noch wegen den geringen Geschwindigkeiten von nur ca. 20 km/h verzichtet werden. Alle LKW hatten Vollgummibereifung, weil ab den 25. April eine neue Kraftfahrzeugverkehrsordnung wegen zunehmender Straßenschäden eine Gummibereifung für LKW vorgeschrieben hatte wurden Luftreifen erprobt. Am 1. April wurden die neuen Subventions-Bestimmungen gestrafft und es mussten nur noch LKW bis zu 3,5 Tonnen Nutzlast und 35 PS gebaut werden. Eine Vereinheitlichung der LKW-Ausstattung wurde vorgeschrieben, wie z. B. Anhängerkupplung, elektrische Anlasser und die gleiche Antriebskette. Die ab 1908 auferlegten Subventionsprogramme für die Kriegsmaterialbeschaffung bescherten der Nutzfahrzeugindustrie durch den Kauf vieler neuer LKW einen erheblichen Produktionszuwachs bis in die Kriegsjahre. Besonders haben davon LKW-Produzenten wie Daimler(DMG), Büssing, NAG, Benz, Mannesmann-MULAG, NAMAG(Hansa-Lloyd), Dixi, Adler, Hering, Dürkopp, Opel, Nacke, Podeus, Erhardt, DAAG, Stoewer, Argus und Ansbach profitiert. Die Karosserie- bzw. Fahrzeugbauer hatten die Anhänger und LKW-Ladeflächen einheitlich als Militärpritschen herzustellen. Die LKW, der für den Krieg produzierenden Firmen wurden auf Kriegstauglichkeit getestet. Deshalb war die Nutzfahrzeugindustrie sehr kreativ und machte viele neue Entwicklungen, wie z. B. Magirus, wo für den Kriegseinsatz 1.500 Anhänger mit der sog. Gulaschkanone (Feldküche) gebaut wurden.
1914
Durch den Ersten Weltkrieg wurde die Entwicklung des LKW wegen seiner militärischen Bedeutung gefördert. Es war der erste Krieg, in dem motorisierten Nutzfahrzeugen eine strategische Bedeutung zu kam. Am Anfang des Krieges standen der Heeresleitung nur ca. 5.000 LKW zur Verfügung. Die Feldküchen von Magirus waren qualitativ so gut, dass das Unternehmen auf Drängen der Heeresleitung den Auftrag bekam, zusätzlich noch LKW zu bauen. Nach Benz ist Magirus der zweite deutsche Hersteller, der dafür ein eigenes Lkw-Fahrgestell entwickelt.
Bedingt durch den Krieg kam nun in allen LKW eine Frontverglasung als Windschutzscheibe zum Einsatz; auf Seitenscheiben wurde allerdings weiterhin noch verzichtet. Der Fahrerplatz wanderte nach links. Vor allem der Straßenstaub von vorausfahrenden LKW bei Kolonnenfahrten machte den Kraftfahrern erheblich zu schaffen. So wurde die Möglichkeit geschaffen, bei schlechtem Wetter die seitlichen Öffnungen mit Zelluloidscheiben zu versehenen oder mit Seitenvorhängen zu verschließen. MAN baute in Lizenz von Saurer ab 1910 in Nürnberg auch LKW für den Kriegseinsatz, ebenso Komunalfahrzeuge und Omnibusse. Die Heeresführung war am Ende des Jahres mit der Anzahl vorhandener LKW noch nicht zufrieden, obwohl im deutschen Reich 9.000 LKW zur Verfügung standen.
1915
Ab 1915 hatte sich eine sog. „Normalien-Kommision“ für die Vereinheitlichung der Nutzfahrzeug-Bauteile und für die einheitlichen Bezeichnungen der KFZ-Teile eingesetzt.
1918
Der erste Weltkrieg wurde zu einer LKW-bzw. Nutzfahrzeug-Materialschlacht und die mit Eisen ummantelten LKW-Panzerungen der Alliierten (sog. Tanks) waren mit entscheidend für das Ende des Krieges. Während der Kriegsjahre fertigte die LKW-bzw. Nutzfahrzeugindustrie mehr als 40.000 Kraftfahrzeuge, die eventuell die Bezeichnung LKW verdienten, z. B hatte Opel während des Krieges 4.400 LKW gebaut. Insgesamt wurden ca. 40 Nutzfahrzeug-Produzenten während des Krieges für das Militär eingesetzt. Magirus baute ab 1916 bis zum Kriegsende bzw. zum ersten Nachkriegsjahr 1.015 LKW und hatte die sog. Bergstütze entwickelt und eingebaut. Auch Hansa-Lloyd, Humboldt-Deutz und Opel nahmen die Kriegs-Nutzfahrzeug-Produktion auf. Viele LKW- und Nutzfahrzeug-Firmen verdanken dem ersten Weltkrieg also ihre Entstehung bzw. ihr Dasein. So lag die Zahl aller Produzenten bis 1918 bei ca. 115. Die LKW-Produktion kam am Ende des Krieges teilweise zum Erliegen, weil es an wichtigem Material wie Eisen, Benzin und Reifen mangelte. MAN trennte sich von Saurer nachdem ca. 1.000 LKW gefertigt wurden.
Zwischenkriegszeit
In der Zwischenkriegszeit konsolidiert sich der Nutzfahrzeugmarkt in Europa. Viele kleine Hersteller verschwanden vom Markt (ebenfalls analog zum Pkw-Bereich).
1919
Die Industrieproduktion lag durch den Krieg am Boden, z. B. weil Maschinen und Fabrikationsanlagen von den Siegermächten unbrauchbar gemacht wurden, so dass die Wirtschaft auf 38 % des Volumens von 1913 gesunken war. Die Subventions-LKW waren nicht unter die Kriegsmaterialabgabe gefallen. Nun mussten die noch brauchbaren LKW aus den Kriegsgebieten zurückgeführt werden, weil die in Bau befindlichen LKW mangels Material vielfach nicht fertig gestellt werden konnten. Vomag in Plauen schaffte es jeden Monat 85 LKW herzustellen und Magirus baute einen Bus mit LKW Fahrgestell für 18 Personen. Nachdem die LKW zurückgeführt wurden, ergaben ergab sich mit den auf Halde stehenden, teils halbfertigen Nutzfahrzeugen eine Unmenge nicht gebrauchter LKW. Diese wurden dem Reichsverwertungssamt unterstellt, die den Export von LKW organisierte und die Nutzfahrzeugwerke mussten teilweise ihre überschüssigen LKW weit unter Preis verkaufen. Um überhaupt noch Nutfahrzeuge bzw. LKW abzusetzen, wurden von den Werken Verkaufs-Kartelle organisiert und man wollte auch für die nötige Reperatur bzw. Wartung der LKW Sorge tragen. So wurde die Gemeinschaft Deutscher Automobilfabriken (GDA) gegründet, zu dem die Firmen Hansa-Lloyd, Brennabor und NAG gehörten. Kurz darauf folgten die Firmen Dux, Magirus, Presto und Vomag, die den Deutschen Automobilkonzern (DAK) gründeten, um den Materialeinkauf sowie den Verkauf u. a. von Restbeständen, die Wartung und die Werbung zu vereinheitlichen. Die nicht den Kartellen angeschlossenen Werke waren schon so groß bzw. hatten so viel Niederlassungen, dass sie alleine versuchten klarzukommen. Der Rest von den kleineren Nutzfahrzeugwerken hatten entweder gewisse Nischenprodukte oder sie mussten fusionieren, verkaufen oder „zu sperren“.
Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wird die deutsche Nutzfahrzeugproduktion im Rahmen des Schell-Plans vereinheitlicht.
Verschwinden vieler Lkw- und Bus-Produzenten nach 1945
In den 1960er- und 1970er-Jahren kam es unter den westdeutschen Nutzfahrzeugherstellern zu einem umfassenden Verdrängungswettbewerb. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es noch zahlreiche Bus- und LKW-Hersteller. Im Krieg war der Großteil der LKW beschlagnahmt und zerstört worden. Der Bedarf für den Wiederaufbau und das beginnende Wirtschaftswunder war immens, so dass der Konkurrenzdruck gering war: Es wurde einfach jeder LKW gebraucht. In den 1960ern begann es sich abzuzeichnen, dass der Bedarf nicht mehr so schnell wachsen würde wie in den vergangenen Jahren. Die Fahrzeuge vieler Hersteller waren außerdem technisch veraltet, so dass teure Neukonstruktionen anstanden. Einige Muttergesellschaften von LKW-Herstellern waren aber nicht bereit, diese Investitionen zu tätigen und veräußerten ihre Töchter an die Konkurrenz. Andere Hersteller hatten sich auf sehr spezielle Konstruktionen festgelegt (siehe unten), die sich am Markt nicht breit genug durchsetzen konnten. Im Endeffekt blieben nur Frontlenker mit vorne eingebauten, wassergekühlten Viertakt-Dieselmotoren übrig. Unternehmen, die an anderen Konstruktionen festhielten, gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Reine Bushersteller konnten sich bis zur Jahrtausendwende halten, bevor auch für sie der Markt zu eng wurde. Im Einzelnen verschwanden folgende große Hersteller mit ihren Marken vom Markt:
1961: Ford (Köln)
Ford baute in der Nachkriegszeit leichte LKW und Busse in Köln, stellte die Produktion 1961 jedoch ein, nachdem die Verkaufszahlen immer weiter gesunken waren. Vor allem die von Ford neu entwickelten, ventillosen Zweitakt-Dieselmotoren vermochten die Kunden nicht zu überzeugen, da sie technisch noch nicht ausgereift genug waren, als sie auf den Markt kamen, und den bis dahin guten Ruf von Ford-LKW deswegen gründlich ruinierten. Mit dem Ford Transit ist jedoch noch bis heute ein Kleintransporter im Angebot.
1961: Borgward (Bremen)

Als nächstes erwischte es den Hersteller Borgward, zu dem auch die Marke Goliath gehörte. Borgward ging 1961 in Konkurs. Das Unternehmen baute Kleintransporter, leichte und mittelschwere LKW, deren Konstruktionen von keinem anderen Hersteller übernommen wurden. Der Bau von Borgward-LKW wurde noch 1961 eingestellt, bis auf eine Ausnahme: Büssing produzierte in eigenem Namen bis 1969 ein Borgward-Militärfahrzeug weiter.
1962: DKW (Ingolstadt)

DKW stellte im Nutzfahrzeugbereich nur Kleintransporter her, deren Produktion 1962 endete. Man hatte zu lange am Zweitakt-Verfahren festgehalten.
1963: Kaelble (Backnang)

Kaelble hatte neben Sonderfahrzeugen in der Nachkriegszeit auch normale Straßen-LKW und schwere Zugmaschinen hergestellt. Durch die restriktiven Längen- und Gewichtsbeschränkungen der sog. „Seebohmschen Gesetze“ verlor Kaelble seine Marktlücke der Schwerfahrzeuge, da sich diese nun nicht mehr wirtschaftlich einsetzen ließen. Zwar wurden die Restriktionen später wieder aufgehoben bzw. abgemildert, jedoch waren inzwischen die meisten Stammkunden von Kaelble zu anderen Marken gewechselt. 1963 endete daher die LKW-Produktion, man beschränkte sich fortan auf die Sonderfahrzeuge.
1963: Henschel (Kassel)
Beim Nutzfahrzeughersteller Henschel wird die unrentabel gewordene Produktion von Bussen eingestellt; die LKW-Produktion läuft jedoch weiter.
1968: Krupp (Essen)

Die LKW von Krupp waren in der Nachkriegszeit in Deutschland weit verbreitet. Sie wurden von 1946 bis 1954 unter dem Namen Südwerke vertrieben und mit selbstkonstruierten Zweitakt-Dieselmotoren ausgerüstet. Durch das Beharren auf dieser Konstruktionsart verkauften sich die Fahrzeuge im Laufe der 1960er-Jahre immer schlechter. Neukonstruktionen waren erforderlich und wurden auch in Angriff genommen. Krupp scheute jedoch die immensen Kosten, die damit verbunden waren, und stellte den Bau von LKW 1968 ein. Daimler-Benz übernahm die Vertriebsorganisation. Krupp-Autokräne gab es noch bis 1995, bis dieser Produktionszweig von Grove übernommen wurde, woraufhin der Name Krupp auch von den Autokränen verschwand.
1969: Faun (Lauf an der Pegnitz)

Faun produzierte in der Nachkriegszeit auch Busse, normale Straßen-LKW und Zugmaschinen, stellte die LKW- und Busfertigung jedoch 1969 ein, um sich nur noch dem Bau von Zugmaschinen und Sonderfahrzeugen wie Autokränen zu widmen. In erster Linie dürfte dafür eine Rolle gespielt haben, daß die produzierten LKW- und Bus-Stückzahlen im Vergleich zu den anderen Herstellern zu gering waren, um sich z. B. eine kostenintensive Entwicklungsabteilung und ein eigenes Vertriebsnetz auf Dauer leisten zu können.
1970: Hanomag-Henschel (Hannover)


Die Hersteller Hanomag (zu Hanomag gehörte auch die Marke Tempo) und Henschel waren 1969 von der Muttergesellschaft Rheinstahl zu Hanomag-Henschel zusammengefasst worden. Die Fusion war von Anfang an dazu gedacht, einem finanzkräftigen Partner den Einstieg in das Unternehmen zu ermöglichen. Verhandlungen mit Klöckner-Humboldt-Deutz über einen Zusammenschluss von Hanomag-Henschel mit Magirus-Deutz scheiterten. Der Partner fand sich schließlich in der Firma Daimler-Benz, die 50% des Kapitals der neuen Gesellschaft beisteuerte. 1970 übernahm Daimler-Benz die restlichen Anteile von Rheinstahl. Daimler-Benz hatte zugesagt, dass beide Marken (Mercedes-Benz und Hanomag-Henschel) parallel bestehen bleiben würden, zog diese Aussage jedoch bereits 1972 zurück. Bis 1974 wurden Fahrzeuge unter dem Namen Hanomag-Henschel gebaut, dann verschwanden auch diese beiden Markennamen aus der Welt der Nutzfahrzeuge.
1972: Büssing (Braunschweig)


Büssing produzierte Busse und mittelschwere bis schwere LKW. Eine Spezialität der Firma waren Fahrzeuge mit Unterflurmotor, die sich in LKW für den Fernverkehr auch verkaufen ließen, bei Nahverkehrsfahrzeugen, Sattelschleppern, Baustellenkippern und Allradfahrzeugen jedoch kaum über das Versuchsstadium hinauskamen bzw. nur geringe Verkaufserfolge hatten. Für diese Anwendungen wurden daher klassische Langhauber- und Frontlenkerfahrzeuge parallel zu den Unterflurmodellen angeboten, was in Konstruktion und Fertigung einen erheblichen Mehraufwand verursachte. 1960 erwirtschaftete Büssing zum letzten Mal Gewinn. 1962 stieg die Salzgitter AG in das Unternehmen ein und übernahm es bis 1968 vollständig. Die Entwicklung des sog. „Supercargo Decklasters“ bis 1965, dessen gesamte Grundfläche durch ein unter der Ladefläche angebrachtes Fahrerhaus für genormte Transportbehälter zu Verfügung stand, kostete eine Menge Geld. Büssing kam mit seiner wegweisenden Konstruktion aber zu früh (genormte ISO-Container setzten sich erst Ende der 70er Jahre durch), so dass das Modell sich nicht verkaufen ließ. Nachdem die enormen Kosten, die Büssing verschlang, selbst die Muttergesellschaft zu gefährden begannen, verkaufte diese ihre Tochter zwischen 1968 und 1972 nach und nach an den Konkurrenten MAN. 1971 wurden die letzten Fahrzeuge unter dem Namen Büssing gebaut. MAN stellte noch bis 1974 Busse und LKW unter dem Namen MAN-Büssing her, dann verschwand der Name Büssing endgültig vom Markt.
1975: Opel (Rüsselsheim)

Opel war in der Nachkriegszeit mit dem Opel Blitz einer der erfolgreichsten Hersteller von leichten LKW auf dem westdeutschen Markt. Die Fahrzeuge waren jedoch jahrelang ausschließlich mit Benzinmotoren erhältlich, den Wünschen der Kunden nach Dieselmotoren kam man viel zu spät nach. 1975 wurde die Herstellung von LKW in Deutschland aufgegeben. Seit 1998 werden aber wieder Kleintransporter angeboten (Typ Movano).
1980: Magirus-Deutz (Ulm)


Die Besonderheit der LKW, Busse und Feuerwehrfahrzeuge der Marke Magirus-Deutz betraf die Motoren, bei denen es sich um luftgekühlte Dieselmotoren handelte, die sich mittlerweile nicht mehr so recht verkaufen ließen. Ein Schwerpunkt der Produktpalette lag außerdem auf langhaubigen Baufahrzeugen, obwohl der Trend zum Frontlenker ging. 1975 gliederte die Konzernmutter Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) ihre Marke Magirus-Deutz daher in Form der Magirus-Deutz AG in die von Fiat neu gegründete IVECO ein, an der KHD zu 20% beteiligt war. Die restlichen Anteile gehörten Fiat. 1980 kaufte Fiat den noch bei KHD verbliebenen Restanteil, nachdem sich Klöckner-Humboldt-Deutz entschieden hatte, in das Geschäft mit luftgekühlten Dieselmotoren in den USA einzusteigen, und Geld für die Expansion brauchte. IVECO produziert weiter im ehemaligen Magirus-Deutz-Werk in Ulm LKW und Feuerwehrfahrzeuge, den Markennamen Magirus-Deutz ließ man jedoch sterben. 1983 wurde die Magirus-Deutz AG in IVECO Magirus AG umbenannt, die Busfertigung von Magirus-Deutz in Mainz war schon 1982 geschlossen worden.
1990: Faun (Lauf an der Pegnitz)
1990 wurde auch die verbliebene Zugmaschinen-Produktion des nunmehr unter Tadano-Faun firmierenden Unternehmens aufgeben. Autokräne von Faun gibt es allerdings bis heute.
1994: Drögmöller (Heilbronn)

Drögmöller wurde 1920 gegründet und stellte seitdem Busse her. 1994 beteiligte sich Volvo an dem Unternehmen, 1995 wurde es in Volvo Bus Deutschland umbenannt. Nach ausbleibenden Markterfolgen wurde die Produktion 2005 eingestellt.
1995: Kässbohrer (Ulm)

Die Firma Kässbohrer stellte seit 1893 Busse her, deren Markenname später SETRA lautete. 1995 wurde die Bussparte an Mercedes-Benz verkauft, die den Markennamen SETRA weiterführt.
2001: Auwärter (Stuttgart)

Die in Stuttgart ansässige Gottlob Auwärter GmbH & Co. KG stellte seit 1953 Omnibusse unter dem Namen NEOPLAN her. Mitte 2001 wurde die Firma von MAN übernommen, die den Markennamen NEOPLAN beibehalten hat.
Die Situation in Deutschland heute
Als Hersteller von Kleintransportern, leichten bis schweren LKW, Sattelschleppern, Zugmaschinen und Bussen verblieben in der Bundesrepublik Deutschland nur noch:
- Daimler-Benz (Stuttgart, inzwischen DaimlerChrysler) mit den Marken
- Mercedes-Benz: Busse, Kleintransporter sowie Sattelschlepper, Zugmaschinen und leichte bis schwere LKW
- EvoBus/SETRA: Busse (s. o.)
- Ford (Köln): Kleintransporter (s. o.)
- MAN (München) mit den Marken
- MAN: Busse, Sattelschlepper, Zugmaschinen und leichte bis schwere LKW
- NEOPLAN: Busse (s. o.),
- Opel (Rüsselsheim): Kleintransporter (s. o.)
- Volkswagen (Hannover): Kleintransporter und leichte LKW
Darüber hinaus stellt die im niederländischen Amsterdam ansässige und dem italienischen Fiat-Konzern gehörende Firma IVECO im deutschen Ulm LKW und Feuerwehrfahrzeuge her.
Nutzfahrzeughersteller in aller Welt
International gab es in der Vergangenheit und gibt es bis heute eine Vielzahl von Nutzfahrzeugherstellern; siehe dazu die Liste der Nutzfahrzeughersteller.
Siehe auch
- Lastkraftwagen
- Omnibus
- Nutzfahrzeug
- Führerhaus
- Nutzfahrzeughersteller
- Liste der Nutzfahrzeughersteller
- Kategorie:Nutzfahrzeughersteller
- Kategorie:Bushersteller
Quellen
- 1. Von 0 auf 100 - Chemnitzer Verlag 2001 - ISBN 3-928678-70-1
- 2. Geschichte des Autos - Campus Verlag 2002 - ISBN 3-593-36575-8
- 3. Aller Laster Anfang - Westermann Verlag 1985 - ISBN 3-07-508991-5
- 4. MAN von 1915 bis 1960 - Kosmos Verlag 2000 - ISBN 3-440-08113-3
- 5. Die Geschichte des deutschen LKW-Baus - Weltbild Verlag 1994 - ISBN 3-89350-811-2
Literatur
- Werner Oswald: Deutsche Last- und Lieferwagen, Band 2, 1945-1969. 3. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-613-01197-2
- Werner Oswald: Deutsche Last- und Lieferwagen, Band 3, 1970-1989. 1. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-613-02446-2
- Bernd Regenberg: Die berühmtesten deutschen Lastwagen von 1896 bis heute. 4. Auflage. Verlag Podszun-Motorbücher, Brilon 1997, ISBN 3-923448-89-9
- Halwart Schrader: Deutsche Lastwagen-Klassiker. 1. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-613-01802-0