IP-Telefonie
IP-Telefonie, auch als Voice over IP (kurz VoIP) bekannt, ist das Telefonieren über ein Computernetzwerk auf der Grundlage des Internet Protocol.
Der wesentliche Unterschied zur herkömmlichen Telefonie besteht darin, dass die Sprachinformation nicht über ein eigenes Telefonnetz übertragen werden, sondern sich die Infrastruktur mit anderen Kommunikationsdiensten teilen (können).
Funktionsprinzip

Das Telefonieren an sich stellt sich für den Teilnehmer genauso dar wie in der klassischen Telefonie.
Wie bei herkömmlicher Telefonie wird die Sprache zunächst analog mit einem Mikrofon vom Sprecher erfasst. Diese analogen Informationen werden dann durch einen Wandler in ein digitales Format überführt und über Codecs in entsprechende Audio-Binärformate gewandelt.
Vom Codec können die Daten dabei unterschiedlich stark komprimiert werden. Die meisten Codecs benutzen dabei ein Verfahren, bei dem (wie z.B. bei mp3-Dateien) scheinbar unwichtige Informationen weggelassen werden. Das verkleinert die Daten, verringert also die zur Übertragung benötigte Bandbreite. Werden allerdings zu viele Informationen weggelassen leidet auch die Sprachqualität. Unterschiedliche Verfahren beherrschen dieses Verfahren unterschiedlich gut, manche sind auch evtl. speziell dafür ausgelegt eine niedrige Bandbreite um jeden Preis zu erreichen. Je nach Codec variiert also die Bandbreite sowie die Sprachqualität. Damit die Daten nach dem Transport auch wieder korrekt in Sprache umgewandelt werden können, müssen alle Kommunikationsteilnehmer den gleichen Codec mit der gleichen Kompression benutzen.
Der Transport der umgewandelten Daten erfolgt dann über ein öffentliches oder privates Computernetzwerk. Die Daten werden dabei in viele kleine Pakete aufgeteilt, weshalb auch ein Gespräch nun nicht mehr eine ganze Leitung benötigt. Allerdings müssen diese Pakte natürlich mit einer gewissen Mindestgeschwindigkeit beim Gegenüber ankommen, damit eine Kommunikation noch möglich ist. Eine Umlaufzeit (Delay) von 200 ms stellt dabei die Grenze dar, bis zu der noch ein normales Gespräch möglich ist - bei größeren Werten wird die Verzögerung als störend wahrgenommen. Werden gerade noch andere Pakete über das Computernetzwerk übertragen, z.B. die Pakete einer Internetseite, dann ist dies evtl. nicht mehr gewährleistet. Eine Priorisierung der "Sprachpakete" wäre also sinnvoll. Das heute im Internet verwendete Protokoll IPv4 bietet diese Priorisierung nicht. Erst das Nachfolgeprotokoll IPv6 bietet diese Technik (genannt "Quality of Service" = Übertragungsqualität).
Kompatibilität
Damit Verbindungen zu herkömmlichen Telefonen hergestellt werden können, werden sog. Gateways (=Vermittlungsrechner) benutzt. Diese sind sowohl mit dem Kommunikationsnetzwerk des IP-Telefons, als auch mit dem Telefonnetz verbunden. Empfangen diese dann ein Signal vom IP-Telefon leiten sie dieses ins Telefonnetz um, indem sie die gewünschte Nummer anrufen. Empfangen sie ein Signal aus dem Telefonnetz (daher "sie werden angerufen") leiten sie es an das entsprechende IP-Telefon weiter.
Vorteile gegenüber herkömmlicher Telefonie
Niedrigere Verbindungspreise möglich
Da die Sprache bei der Übertragung komprimiert werden kann, muss nun eine Telefonverbindung nicht mehr eine ganze Leitung blockieren. Eine Leitung kann für mehrere Gespräche genutzt werden, daher wird die bestehende Infrastruktur wesentlich effizienter genutzt, was zu einer Senkung der Kosten führen sollte.
Einfachere Infrastruktur (weniger Kabel)
Da bei der IP-Telefonie die selben Kabel wie für digitale Daten verwendet werden können (also z.B. Ethernetkabel), werden auch weniger Kabel und elektronische Geräte benötigt.
Nachteile gegenüber herkömmlicher Telefonie
Keine gesicherte Übertragungsqualität
Da das Internet in seiner heutigen Form (Stand 2004) keine gesicherte Übertragungsqualität zwischen Teilnehmern garantieren kann, kann es durchaus zu Übertragungsverlusten und Verzerrungen kommen, so dass die Sprachqualität nicht den Anforderungen genügt, die von herkömmlichen Telefonnetzen bekannt sind. Im Extremfall kann die Sprache bis zur völligen Unverständlichkeit verzerrt werden. Von Netzbetreibern, die mit IP-Telefonie Werbung für ihre DSL-Anschlüsse machen, wird oft behauptet, dass ein DSL-Zugang zum Internet diese Qualitätsprobleme beseitigen würde. Dies ist jedoch ein offenkundig falsches Marketing-Argument, da der qualitätsbeeinträchtigende Flaschenhals in aller Regel nicht auf der DSL-Anschlußleitung besteht, sondern im Internet selbst.
geringere Ausfallsicherheit
Da die paketierten Gesprächsdaten nicht durch die weitgehend gegen Ausfälle gesicherten Telefonnetze übertragen werden, sondern über das Internet, das im wesentlich geringerem Ausmaß gegen Ausfälle geschützt ist, ist die Ausfallsicherheit der IP-Telefonie wesentlich geringer als die der herkömmlichen Telefonie. So sind beispielsweise die Vermittlungsstellen des Telefonnetzes in der Regel gedoppelt, sodass bei Ausfall einer Vermittlungsstelle die Ersatz-Vermittlungsstelle innerhalb kürzester Frist den Betrieb übernehmen kann. Dieser Aufwand ist im Internet nicht geleistet, im Gegenteil: einige wenige zentrale Netzknoten des Internets können bei Ausfall flächendeckend den gesamten Verkehr lahm legen.
Kein Rufnummernplan
Es gibt keinen internationalen oder auch nur nationalen Rufnummernplan, ebensowenig übergreifende Auskunftsdienste. Rufnummern mit der Vorwahlnummer eines fremden Ortsnetzes zu vergeben wurde in Deutschland von der Regulierungsbehörde untersagt. Dieses Verfahren war von mehreren VoIP-Betreibern gewählt worden: sie hatten die Vorwahlnummer einiger Großstädte bundesweit für Telefonanschlüsse zweckentfremdet.
Ein System mit dem Namen ENUM zum Übernehmen der Telefonnummern ins DNSystem wird bereits von Herstellerfirmen, Netzbetreibern etc. (u.a. auch RegTP und DeNIC) vorangetrieben und läuft derzeit in Deutschland in einem ersten Testbetrieb. Eine weltweite Verbreitung ist allerdings derzeit noch nicht gegeben und ob sich ENUM in der Zukunft gegen andere Ansätze wie z.B. TRIP (Telephone number Routing over IP) durchsetzen kann, ist noch nicht sicher.
Entwicklung
Nach mehreren Anläufen Ende der 90er Jahre, in denen sich die IP-Telefonie nicht durchsetzen konnte, wird nunmehr von interessierter Seite propagiert, dass mit der Verbreitung von Internet-Verbindungen mit hoher Bandbreite, z.B. DSL, und dem Vorliegen einiger internationaler Standards die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz gegeben seien. Allerdings sind bisher alle Versuche, VoIP über DSL zu standardisieren, bei allen internationalen Standardisierungsorganisationen wie ITU, ETSI oder ANSI mangels Interesse wieder eingestellt worden. Die Geschäftspläne namhafter Herstellerfirmen von VoIP-Equipment zeigen außerdem, dass in den nächsten Jahren hauptsächlich der Bereich der Firmennetze als Anwendungsgebiet für VoIP als relevanter Umsatzträger eingeschätzt wird, und das im Zusammenhang mit dem Verkauf von neuen Routern.
Einige Anbieter von Internetzugängen stellen für VoIP kostenlose Software zur Verfügung, Netzbetreiber bieten dementsprechende Dienste ohne oder mit niedriger Grundgebühr an.
aktuelle Lösungen
verfügbare Codecs
folgende Codecs stehen aktuell für VoIP zur Verfügung: (benötigte netto-Bandbreite in Klammern)
- G.711a bzw. G.711u - ITU-T-Standard (64kbit/s)
- GSM - (13,2kbit/s)
- G.722 - (64, 56 oder 48kbit/s)
- G.723 - (5,4kbit/s oder 6,3kbit/s)
- G.726 - (16, 24 oder 32kbit/s)
- G.728 - (16kbit/s)
- G.729 - (8kbit/s)
- iLBC - Internet Low Bandwidth Codec - IETF draft (13,9kbit/s)
- SpeeX - Teil des Xiph.org-Projekts (variable Bitraten)
Signalisierungsprotokolle
Der Rufauf- und abbau erfolgt über ein von der Sprachkommunikation getrenntes Protokoll. Auch die Aushandlung der Parameter für die Sprachübertragung erfolgt über diese Protokolle. Verbreitete Signalisierungsprotokolle sind:
- SIP - Session Initiation Protocol, IETF RFC 3261
- H.323 - Packet-based multimedia communications systems, ein ITU-T Standard
- Skinny Client Control Protocol - von Cisco (nicht zu verwechseln mit SCCP (Q.71x) der ITU-T)
- MGCP und MeGaCo - Media Gateway Control Protocol H.248
- MiNET - von Mitel
- IAX - Inter-Asterisk eXchange protocol
Computer-Software
Inzwischen gibt es eine Reihe von Programmen auf dem Markt, die es dem Benutzer durch die Nutzung des Signalisierungsprotokolls SIP in Verbindung mit einem Dienstleistungsunternehmen erlauben eine Verbindung von seinem Rechner zum normalen Telefonnetz über VoIP herzustellen.
- x-lite (Gratis) - für Windows, Mac OS X und LindowsOS
- Skype (Gratis, proprietäres Protokoll) - für Windows, Linux
- KPhone (GPL) - für Qt/Linux
- linphone (GPL) - für Gtk
- daViKo (Gratis für Privatanwender) - für Windows
- Battlecom
Weblinks
VoIP Wissen Seiten
VoIP News Resource and Knowledge (EN Language)
VoIP Hardware für Endkunden
- AVM FRITZ!Box Fon (SIP)
- Zyxel Prestige 2000W (WiFi-Phone (SIP)
- Grandstream Networks BudgeTone 100 Serie (SIP)
- Grandstream Networks HandyTone 286 Analog Telefon Adapter
- Grandstream Networks HandyTone 486 Analog Telefon Adapter
- Leadtek BVP 8051 Router mit h.323/SIP-Analog-Adapter
Hardware für VoIP Infrastruktur
VoIP Service Provider
- Broadnet Mediascape AG (dataHighways phone, ADSL/SDSL)
- Nikotel (SIP, h.323, IAX)
- PURTel (SIP, IAX)
- Sipgate (SIP)
- Web.de FreePhone
- 1&1 (SIP)
- Freenet iPhone
- blueSIP (SIP)
VoIP Software Clients