Flimser Bergsturz
Der Flimser Bergsturz fand etwa um 7'000 v.Chr. statt. Er ist mit um 12 km³ Volumen das grösste alpine Bergsturzereignis und das weltweit zweitgrösste derzeit bekannte Bergsturzereignis überhaupt. Auf dem Übergang der Gleitfläche im Norden zur Schuttmasse im Süden liegt der Ferienort Flims. Der Bergsturz ist für Reisende in der wildromantischen Landschaft nicht erkennbar. Nördlich von Flims ragen Felswände bis 500 Meter hoch und im Süden liegt eine dicht bewaldete, unübersichtliche Hügellandschaft mit Seen und einer wilde Schlucht, die Ruinaulta.
Beschreibung
Die Anrissstelle liegt auf etwa 2700 m ü. M. Flims liegt auf rund 1100 m ü. M. und das zugeschüttete glaziale Trogtal auf etwa 600 m ü. M. Die Sturzmasse besteht aus Kalken des Mesozoikums, mit Zwischenlagen von Mergeln, die 300 bis 500 Meter mächtig war und auf einer Gleitbahn von 20° bis 25° abgerutscht ist. Der Talgrund dürfte um 1500 Meter breit gewesen sein. Die Trümmer türmen sich bis gegen 750 Meter darüber auf und bedecken eine Fläche von gut 40 km². An einzelnen Stellen sind zersplitterte Schichtpakete erkennbar. Der grösste Teil der Sturzmasse wurde völlig zertrümmert und durch den enormen mechanischen Druck in tieferen Bereichen zu einem stabilen Gestein verbacken. Auf der waldigen Oberfläche liegen unzählige riesige Kalkblöcke. Durch den Bergsturz wurde der Vorderrhein gestaut. Ebenfalls prähistorisch entstand so ein grosser Stausee, der jedoch durch die bereits erwähnte Schlucht Ruin Aulta schon längst abgeflossen ist.
Datierung
Auf der Bergsturzmasse wurde keine Einwirkung von Gletschern gefunden. Die Gletscher der letzten Eiszeit dürften ihren Höchststand etwa vor etwa 30 000 Jahren erreicht haben. Eine Eiszeit verlief aber ebenso wie heute mit Klimaschwankungen. Offiziell endet die letzte Eiszeit vor 12000 Jahren. Danach muss eine ungeheure Klimaerwärmung erfolgt sein, denn die Weltmeere stiegen in rund 1000 Jahren um gegen 90 Meter. Der nahe gelegene Taminser Bergsturz (Volumen nicht bekannt) muss vor etwa 10000 Jahren stattgefunden haben und wurde vom Flimser Bergsturz teilweise überschüttet. Die Wissenschaft datiert heute das Ereignis auf ein Alter von 9600 bis 8200 Jahren. Der Bergsturz kann in Paketen erfolgt sein, obwohl ausser den unterschiedlichen Datierungen nichts darauf hindeutet. Keinesfalls jedoch wurde die Schuttmasse jemals gesamthaft von einem Gletscher überfahren.
Gründe
Im Maximalstadium dürfte der Vorderrheingletscher bei einer Breite deutlich über 5 km weit über 1500 Meter stark gewesen sein. Eis fliesst und will sich ausdehnen. Es entsteht ein gewaltiger Druck nicht nur nach unten, sondern auch an die Bergflanken. Dieser Druck kann den Fels zusammen mit dem im Eis mitgeführten Schutt abhobeln und Schichtpakete verschieben. So entstehen Scherzonen, wodurch Schichtpakete gelockert und brüchig werden. In diese Scherzonen hinein floss Wasser. Nachdem die Gletscher sich zurückgezogen hatten, wirkte der Permafrost noch nach und schwand mehrere Jahrhunderte später . Die verspätete Auslösung des Bergsturzes dürfte demnach auf den Permafrost zurückzuführen sein, da während der Eiszeit in den Alpen Frosttiefen von mehrenen hundert Metern nachgewiesen sind.
Auswirkungen
Infolge des Bergsturzes entstand der Ilanzersee. Die Bergsturzmasse unterschreitet nur an wenigen Stellen das Niveau von 1000 m ü. M.. Vermutlich gilt dasselbe auch für den Bereich der heutigen Ruin Aulta. Überläufe sind nirgends festellbar. Aber der Spiegel des Ilanzersees scheint nie das Maximalniveau von 840 m ü. M. überschritten zu haben, jedenfalls weist nichts darauf hin. Nach dem Bergsturz muss also bei einer Füllzeit von mindestens einem Jahr der Abfluss lange Zeit unterirdisch erfolgt sein, denn Spuren bezeugen, dass der See auf 820 bis 840 m ü. M. wenigstens 1000 bis 2000 Jahre Bestand hatte. Dies ist nicht ungewöhnlich: Noch heute entwässert der auf der Bergsturzmasse gelegene Caumasee rein unterirdisch. Auch sein Zufluss erfolgt weitgehend unterirdisch. Der Ilanzersee dürfte ein Volumen von über 6 km³ aufgewiesen haben. Die Sturzmasse ist bis gut 800 m ü. M. dermassen verdichtet, dass von "festem Gestein" gesprochen werden kann ist, was verschiedene Tunnels auch beweisen. Vermutlich wurde beim unterirdischem Abfluss zuerst die oben liegende Lockermasse abgetragen, danach erfolgte im Verlaufe von weiteren etwa 3'000 Jahren der endgültige Durchbruch und somit die Entstehung der Ruin Aulta. Da die für einen Gletscherrückzug typischen Schotterböden bei Ilanz noch nicht erreicht sind, ist die Schlucht noch nicht vollständig ausgetieft, es kann sich aber nur um wenige Meter handeln.
Besichtigung
Einen sehr guten Überblick über den ganzen Bergsturz bietet Dutjen ob Valendas, die Fahrstrasse ist bewilligungspflichtig (Fussweg, ca. eine Stunde ab Valendas). Mit nur wenigen Tunnels fährt die Rhätische Bahn durch die Ruin Aulta. Drei Haltestellen liegen in der Schlucht. Mit dem Fahrzeug ist die Schlucht nur punktuell erreichbar und es gibt nur sehr wenige Parkplätze.
Für Könner im Wildwasser ist die Durchfahrt auf dem Fluss möglich (nur wenige Halteplätze). Verschiedene Anbieter bieten zudem Schlauchbootfahrten durch die Schlucht an.
Gewisse Punkte der Schlucht sind ausser für Bergsteiger unzugänglich. Zwei Drittel können erwandert werden, ein durchgehender Fussweg besteht jedoch nicht, ist aber in Planung. Von Conn, welches im Flimser Grosswald und somit auf dem eigentlichen Schuttkegel liegt, besteht ein beeindruckender Ausblick auf die Ruin Aulta.
Geologie
Derzeit Baustelle, Profile noch in Bearbeitung
Literatur
Albert Heim: Der alte Bergsturz von Flims 18. Jahrbuch des Schweizer Alpenklub 1882-1883 p. 295-309 G. Hartung: Das alte Bergsturzgebiet von Flims, Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. Berlin (19) 1884 Dr. Julius Weber: Klubführer; Geologische Wanderungen durch Schweiz (II), S. 162-173 Kaum vorhanden (ausser kleine Abschnitte ohne Bedeutung). Derzeit (2006) sind Weblinks ergiebiger.