Krajina-Serben

Als Krajina-Serben (serb. Krajišnici) wird die serbische nationale Minderheit, die an der Grenze Kroatiens zu Bosnien und Herzegowina lebte bzw. lebt, bezeichnet. Sie gehören ausschließlich der serbisch-orthodoxen Kirche an. Die Hauptsiedlungsgebiete befanden sich in der im Jahr 1991 selbsternannten Republik Serbische Krajina.
Das Gebiet der im Jahr 1878 aufgelösten ehemaligen Militärgrenze (= Vojna Krajina) innerhalb Kroatiens verlief wesentlich anders als der Frontverlauf während des Kroatien-Krieges auf den sich dieser Artikel bezieht. Auf Grund der historischen Erfahrungen und weil es ein rein politischer und nicht geografischer Terminus ist, wird in Kroatien heute der Begriff Krajina vermieden.
Geschichte
In der Eigenbezeichnung und von ihren Nachbarn (Kroaten, Italienern u. Deutschen wie auch Serben) wurde die Bevölkerungsgruppe lange Zeit auch als Vlasi (zu deutsch: Walachen) (siehe auch Vlachen (Serbien) und in Dalmatien auch als Morlaci (ital. Morlacchi) bezeichnet.
Im 15. Jahrhundert errichteten Serben in Kroatien Siedlungen und militärische Stützpunkte, von denen Medvedgrad nahe Zagreb, Rakovac bei Vrbovac, Koprivnica und Varaždin die bekanntesten sind. Diese Ländereien wurden vom kroatisch-slawonischen Banus Graf Ulrich von Celje, einem Verwandten des serbischen Despoten Vuk Branković, beherrscht. Nach dem Untergang der Grafen von Celje und der Eroberung der Herzegowina durch die Osmanen überließ der ungarische König Matthias Corvinus die Gebiete dem serbischen Feudalherrn Vladislav Kosača.
Das 16. Jahrhundert in Kroatien war von Kriegen gegen die Osmanen geprägt. Die Osmanen eroberten das östliche Kroatien, die Städte Jajce und Banja Luka, sowie die gesamte Lika, Krbava und Banija. Im Zuge der osmanischen Herrschaft siedelten in diesen Gegenden auch Serben. Die Osmanen hegten die Hoffnung, dass sich die Serben als Schutzwall gegen die Österreicher verwenden ließen, und bewegten sie teils mit Zwangsmaßnahmen, sich dort niederzulassen.
Zum Schutz vor Überfällen der Osmanen errichteten die Habsburger Anfang des 16. Jahrhunderts die Militärgrenze (Vojna Krajina), die sich von Karlovac und Varaždin über Slawonien bis zum Banat erstreckte. 1535 gewährte Kaiser Ferdinand I. den Serben von Žumberak die Autonomie und ernannte sie zu Wehrbauern. Von ihnen wurde erwartet, auf eigene Kosten gegen die Osmanen zu kämpfen, im Gegenzug bekamen sie etwas Land geschenkt, sowie die Möglichkeit, ihre Anführer selbst zu bestimmen. 1540 bat der österreichische Hauptmann Hans Ungnad Wien um die Erlaubnis, eine unbegrenzte Zahl serbischer Familien in der Krajina anzusiedeln. Er begründete dies mit dem Umstand, dass Serben während der Herrschaft der Osmanen mit erfolgreichen Überfällen auf die Gebiete um Senj und Kranj militärisches Geschick bewiesen hätten, während die kroatische Bevölkerung zu seinem Bedauern damit befasst gewesen sei, "ihren Herren zu dienen und ihre Weinkeller und Kornspeicher zu füllen". Ungnads Vorschlag stieß bei den Habsburgern auf begeisterte Zustimmung. Im kaiserlichen Kriegsrat pries man die "außergewöhnliche Kampffähigkeit" von Serben, sie seien ein "unbezahlbarer Schatz des kaiserlichen Hauses".
Der für seine religiöse Intoleranz bekannte katholisch-kroatische Adel und Klerus waren über die Rechte der "orthodoxen Schismatiker", die ihnen als Freibauern weder Treue noch Steuern schuldeten, wenig erfreut. In Folge versuchten sie mit allen Mitteln, die Krajina-Serben unter ihre Herrschaft zu bringen, sie zum Katholizismus zu bekehren oder sie notfalls zu vertreiben. 1607 gab Kaiser Rudolf II. ein Edikt heraus, in dem die Autonomie von Serben in Slawonien und der Krajina bekräftigt wurde, doch verhinderte der kroatische Adel dessen Umsetzung. 1608 verabschiedete der kroatische Adel ein Gesetz, mit dem Untertanenrechte in Kroatien nur katholischen Einwohnern gewährt wurden. Der Bischof von Zagreb und der kroatische Adel baten Ferdinand II., Serben die Vorrechte zu entziehen, sie zu enteignen und ihnen die Ausübung des serbisch-orthodoxen christlichen Glaubens zu verbieten. Dagegen schrieben Krajina-Serben dem Kaiser, dass sie "lieber stürben, als dem kroatischen Adel und Klerus zu dienen".
Nach dem Tod Rudolfs II. erwachte die Hoffnung der Kroaten, mehr Einfluss auf die Krajina zu gewinnen, erneut. Doch weder Rudolfs Nachfolger, Matthias, noch der darauf folgende Kaiser Ferdinand II. hörten auf die kroatischen Banusse, stattdessen gewährten sie den Serben mehr Autonomie. Als Zeichen des Protests gegen diese Politik legte der kroatische Banus Tomo Erdedi vorübergehend seine Ämter zurück. Erst 1637 unter Ferdinand III. gelang es dem kroatischem Adel, die serbischen Gebiete in Slawonien und der Krajina teilweise unter ihre Verwaltung zu bringen. Als Krajina-Serben 1660 drohten, die Militärgrenze zu verlassen, bekräftigte Leopold I. am 19. Oktober 1660 ihre Autonomierechte mit einem weiteren Edikt. Die kroatische Verwaltung wurde bereits 1670 auf Betreiben des kaiserlichen Kriegsrats in Graz rückgängig gemacht. Der Kriegsrat begründete sein Ansuchen damit, dass die Kroaten „töricht, ruhelos und unzuverlässig“ seien.
Nach den Feldzügen der Osmanen gegen Dalmatien, die sich in Angriffen auf die Städte Kotor, Split, Šibenik und Zadar niederschlugen, versuchte auch Venedig Mitte des 17. Jahrhunderts, serbische Siedler für die Verteidigung Dalmatiens zu gewinnen. Viele serbische Familien wurden mit der Hilfe von Uskoken angesiedelt, etwa in der Umgebung von Zadar.
m Laufe des 17. Jahrhunderts erlitten die Osmanen mehrere Rückschläge: Die Niederlage des Türkenheeres 1683 vor Wien und die darauf einsetzende Befreiung eines Teils der kroatischen Gebiete von türkischer Herrschaft brachte Kroatien schließlich nach den jahrhundertelangen Türkenkriegen den langersehnten Frieden. Im Frieden von Karlowitz 1699 wurden Ungarn und das heutige Slawonien von der osmanischen Herrschaft befreit. Im Krieg zwischen Venedig und dem Osmanischen Reich 1684 tat sich der serbische Anführer Stojan Janković als Kommandant der Uskoken hervor, indem er das Gebiet von Zadar bis Knin befreite, woraufhin sich dort rund 50.000 Serben niederließen.
Nach Siegen gegen die Osmanen Ende des 17. Jahruhunderts erneuerten der kroatische Adel und Klerus ihren Herrschaftswillen über die von Krajina-Serben bewohnten Gebiete. Slawonien und die Krajina sollten Kroatien angeschlossen werden, was nach den Vorstellungen des Adels auch das lang ersehnte Ende der serbischen Autonomie in diesen Gebieten beinhaltete. Doch der Grazer Kriegsrat und der kaiserliche Hof stellten sich erneut dagegen und forderten die Serben sogar zum bewaffneten Widerstand auf. Der kroatische Banus und der Sabor wurden verständigt, dass die Serben unter dem persönlichen Schutz des Kaisers stünden. Erst unter der Herrschaft von Maria Theresia 1740–1780 kam es zu einer Änderung dieser Politik.
Die Krajina-Serben während des Kroatien-Krieges 1991 bis 1995
Der serbischen Minderheit wurden seit der Unabhängigkeit 1991, vor wie auch während des Kroatien-Krieges, durch die kroatische Regierung unter Franjo Tuđman die Minderheitenrechte offiziell garantiert. Dies gilt auch für alle Minderheiten in der Republik Kroatien. Die gewährleisteten Minderheitenrechte wurden für die ganze Region Südosteuropas vorbildhaft gesetzlich herausgearbeitet [1], und umgesetzt.
Der serbischstämmigen Minderheit im demokratischen Staat, der Republik Kroatien wurde durch die serbischstämmige, radikal-politische Führung eine Wiederholung der Ereignisse aus der Periode des faschistischen unabhängigen kroatischen Staates (1941 bis 1945), als zehntausende Menschen (Serben und kroatische Antifaschisten, Sinti und Roma, Juden) dem Ustascha-Regime zum Opfer fielen [2], perfide politisch einsuggeriert.
Diese Furcht wurde unter anderem durch angeblich "fremdenfeindliche" Äußerungen des kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman hervorgerufen und bestärkt. Angesichts der angespannten Situation kam es zu serbischen Übergriffen auf Kroaten und andere dort lebende Minderheiten in diesem Gebiet des kroatischen Staatsgebietes. Die Krajina-Serbenführung sträubte sich bewußt und politisch im Einklang mit Belgrad gegen eine unabhängige Republik Kroatien um ein Großserbien durchzusetzen, welches auch die serbisch-orthodoxe Kirche in der demokratischen Republik Kroatien unterstützte.
Während des Kroatien-Krieges in den Jahren 1991 bis 1995 wurden im Rahmen dieser Politik bis zu 170.000 Kroaten und andere in Kroatien lebende Minderheiten aus dem Gebiet der international nicht anerkannten Republik Serbische Krajina vertrieben und ermordet, dabei erhielt die serbische "Krajinaführung" Unterstützung durch die JNA und serbische Freischärler-Četniks. Häuser und vor allem römisch-katholische Kirchen wurden bewußt zerstört, da sie Symbole kroatischer Existenz darstellten[3].
Im Jahr 1995 startete die Kroatische Regierung die Militäroperation Oluja zur Rückeroberung der Krajina. Laut UNO-Statistik flohen ca. 150.000 Krajina-Serben in die Republika Srpska, nach Serbien und Montenegro und in die UNTAES-Zone.[4]
Im Rahmen der Operation Oluja wurden laut Anklageschrift des Internationalen Tribunals in den Haag [5] gegen Ante Gotovina, den militärischen Führer der Operation, mindestens 150 Krajina-Serben getötet. Serbische Häuser wurden nach der vollendeten Operation Oluja teilweise zerstört und für die ebenfalls vertriebene kroatische Bevölkerung, vor allem aus der sogenannten Republika Srpska und Zentralbosnien, als Übergangsunterkunft durch die kroatische Regierung zugewiesen.
Entwicklung nach 1995
Heute sind etwa 4,5 Prozent (200.000) der in Kroatien lebenden Menschen serbischstämmig. Nach dem aktuellen Jahresbericht von Amnesty International haben viele der zurückgekehrten Serben das Gebiet der sogenannten "Krajina" erneut verlassen, da sie dort aufgrund diverser Benachteiligungen keine Lebensgrundlage fanden.
Laut offizieller Darstellung dagegen vollzieht die amtierende kroatische Regierung unter Premierminister Sanader ein konsequentes Rückkehrprogramm für die Krajina-Serben. Es wäre im Interesse der Republik Kroatien, die serbische Bevölkerung, welche sich nicht an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt hat, wieder in der "demokratischen Republik Kroatien" anzusiedeln. Die kroatische Regierung ist intensiv am Wiederaufbau zerstörter serbischer Häuser, welche bei oder in der Zeit nach den Kampfhandlungen zerstört wurden, beteiligt. Ebenso wurden in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen soziale Hilfsprogramme eingerichtet.
Siehe auch
Quellen
- ↑ http://www.uni-koeln.de/phil-fak/soeg/ethnos/inhalte/inhalte5/brunner.htm
- ↑ http://www.operationlastchance.org/CROATIA_OLC%20Activities_1.htm
- ↑ http://www.hbk.hr/crkve/mjesta.html
- ↑ http://www.un.org/documents/ga/docs/50/plenary/a50-648.htm
- ↑ http://www.un.org/icty/indictment/english/got-ii010608e.htm