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Bogen (Waffe)

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Der Bogen ist ein alte Jagd- und Kriegswaffe. Seit ungefähr 12.000 Jahren nutzen Menschen Pfeil und Bogen für die Jagd und auch für kriegerische Auseinandersetzungen. Als älteste Bogendarstellung gilt eine Kalksteinplatte aus der Grotte des Fadets, Dept. Vienne, Frankreich aus dem späten Magdalenien. Heute gilt der Bogen meist als Jagd- und Sportgerät und zählt zu den vom deutschen Waffengesetz ausgenommenen Waffen (WaffG, Anlage 2, Abschn. 3.2.2). Im Gegensatz dazu ist die Armbrust einer Schusswaffe gleichgestellt. Die Bogenjagd ist in der Bundesrepublik Deutschland verboten.

Bis zum heutigen Tage werden Bögen benutzt und ständig weiter entwickelt. Moderne Compound- und Recurve-Bögen sind High-Tech-Geräte.

Bogenarten

Die Bögen lassen sich in folgende Grundkategorien einteilen.

Langbogen

Datei:Bodnik1.jpg
Langbogenschütze Henry Bodnik, Sieger in der Klasse Langbogen beim XXH Turnier 2003, Baden-Baden

Der Langbogen (engl. Longbow) ist der ursprünglichste Bogen. In seiner primitivsten Form besteht er aus einem biegsamen Holz und einer Sehne. Ein wirklicher Langbogen ist etwa so lang wie sein Schütze groß ist. Gespannt gleicht seine Form dem Buchstaben D. Die ältesten Bogenfunde stammen aus dem Mesolithikum, zum Beispiel aus Holmegaard, Dänemark. Sie waren aus Ulmen, später vor allem aus Eibenholz gefertigt. Dieser Bogentyp war bis in die Bronzezeit geläufig.

Im Mittelalter waren vor allem Waliser und Engländer gefürchtete Bogenschützen. Mehrere Schlachten im Hundertjährigen Krieg gewannen die Engländer aufgrund ihrer überlegenen Bogenstreitmacht.

Im Gegensatz zur Jagd wurde mit den damaligen Kriegsbögen nicht gezielt, sondern auf die Salvenwirkung gesetzt. Ein durchschnittlicher englischer Bogenschütze sollte idealerweise acht Pfeile gleichzeitig in der Luft halten. Dass heißt, wenn der achte Pfeil geschossen wurde, war der erste noch nicht im Ziel. Kriegsbögen hatten ein hohes Zuggewicht, typischerweise mehr als 100 lbs. Das entspricht 445 N. In den alten Chroniken wird geschrieben, dass die Pfeile dicht wie Schnee auf den Gegner nieder gingen.

Langbögen gibt es als Holzbogen aus einem Stück, aus mehreren Holzarten oder auch mit auf- oder eingelegten Kunststoffmaterialien.

Weiter wird heute zwischen Langbögen englischer und amerikanischer Bauart unterschieden, die englischen haben über die gesamte Länge D-förmigen Querschnitt meist mit einer Lederwicklung als Griff; die amerikanischen besitzen flache Wurfarme und einen auf die Hand geformten Griff (siehe Bild). Letztere werden auch Flachbögen genannt.

Recurve

Datei:Jagdrecurve nach dem schuss.jpg
Jagdrecurve nach dem Schuss

Dieser Bogentyp stammt vermutlich aus Asien. Im ägyptischen Theben wurden Exemplare diesen Typs gefunden, die wahrscheinlich assyrischer Herkunft waren und vermutlich aus einer Zeit von 1200 Jahren vor der Zeitenwende stammen.

Im Unterschied zum Langbogen sind beim Recurvebogen die Enden der Wurfarme so stark nach vorn gebogen, dass die Sehne anliegt. Dadurch erhält der Bogen einen höheren Wirkungsgrad. Er kann weiter gespannt werden als ein europäischer Langbogen. Die anliegenden Sehnen dämpfen den Handschock nach dem Schuss. Er wird auch Reflexbogen genannt.

Der Recurve ist heute der typische Bogen beim olympischen Bogenschießen.


Als Kriegswaffe führte der Reflexbogen die Hunnen um 600 zu ihren Erfolgen in Europa. Ihre aus Holz, Knochen und Sehnen hergestellten Kompositbögen lösten sich im feuchten Klima West- und Mitteleuropas jedoch auf und trugen so dazu bei, sie zu stoppen.

Compound

Datei:Compoundbogen xxh2003.jpg
Compoundbogenschütze

Der Compoundbogen (engl. compound bow) wurde 1969 in den USA erfunden. Er macht sich das Flaschenzugprinzip zunutze. Dabei wird die Sehne über ein oder zwei Umlenkrollen an den Enden der Wurfarme geführt. Durch diese besondere Konstruktion nimmt die für den Auszug der Sehne notwendige Kraft erst zu und dann wieder ab. Bei vollem Auszug muss der Schütze nur 20 bis 60 % des Zuggewichts aufwenden.

Die Pfeilgeschwindigkeit bei Compoundbögen kann mehr als 340 fps (feet per second) betragen, das entspricht etwa 103 m/sec oder 370 km/h!!

Der Compoundschütze zieht die Sehne oftmals nicht mit den Fingern, sondern verwendet eine mechanische Ablasshilfe, ein so genanntes Release.

Compoundschützen verwenden spezielle Bogenvisiere, die keine Kimme haben. Dafür wird an der Sehne meist eine kleine Visierhilfe befestigt, die im Prinzip eine kleine Metallscheibe mit einem Stopfnadel großem Loch ist, durch die auf das Bogenvisier geschaut wird.

Oftmals werden an den Compoundbögen Stabilisatoren verwendet, die den Bogen besser ausbalancieren und beim Ablass des Pfeiles die Schwingungen des Bogens dämpfen.

Reiterbogen

Ein Reiterbogen ist ein meist als Recurve ausgeführter kurzer Bogen, der vom Pferderücken aus geschossen werden kann.

Kyudo-Bogen

Der japanische Kyudo-Bogen ist asymmetrisch. Im Unterschied zu allen anderen Bogen wird hier der Pfeil zum Schuss auf der dem Schützen abgewandten Seite des Bogens geführt.

Geschichtliches

Langbogen

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde der Langbogen in Westeuropa zur effektivsten Fernkampfwaffe, die von einem einzigen Menschen bedient werden konnte. Als fähige Langbogenschützen waren insbesondere die Engländer bekannt. Diese übernahmen den Langbogen von den Walisern, die im späten 13. Jahrhundert von dem englischen König Eduard I. unterworfen wurden. Bereits im 11. Jahrhundert wird von walisischen Bogenschützen überliefert, deren Pfeile vier Zoll dicke Eichentore durchschlugen. Das wären mehr als 10 cm. Setzten die Engländer zunächst auf walisische Bogenschützen, gingen sie bald dazu über sich selbst am Langbogen zu üben.

Im mittelalterlichen England wurden Gesetze erlassen, welche die männliche Bevölkerung dazu verpflichteten, sich im Umgang mit dem Langbogen zu üben. Zudem mussten englische Väter ihre Söhne mit einem Langbogen ausrüsten, wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht hatten. Sogar im englischen Bürgerkrieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden noch Langbögen verwendet. Heutige Versuche haben ergeben, das eine derartige Waffe unter Idealbedingungen eine Plattenrüstung durchschlagen konnte. Um mit einem Langbogen eine solche Wirkung zu entfalten, war jahrelange Übung notwendig. Bei Skelettfunden, die man englischen Langbogenschützen zuordnen konnte, wurden verformte Armknochen festgestellt. Zur Herstellung von Langbögen verwendeten die Engländer Eibenholz, da dieses sowohl hart als auch elastisch ist. Noch heute finden sich zahlreiche Eiben in England, da sie gezielt für den Bogenbau angepflanzt wurden. Die meisten englischen Langbögen reichten dem Schützen im ungespannten Zustand mindestens bis auf Augenhöhe.

In anderen europäischen Reichen wurde der Nutzen dieser Waffe schnell erkannt, so dass der Langbogen auch außerhalb Englands Verbreitung fand. Anscheinend brachten aber aufgrund ihrer langjährigen Übung nur die Engländer die Wirkung des Langbogens zur vollen Entfaltung.

In den Schlachten des Spätmittelalters bewährte sich der Langbogen vielfach, doch hatte der Einsatz dieser Waffe auch Nachteile. Geriet gegnerische Reiterei unter die meist ungepanzerten Bogenschützen, blieb diesen nur ein Dolch oder ein leichter Kriegshammer zur Verteidigung. Solche Kämpfe endeten meist in einer Katastrophe für die Bogenschützen, die aufgrund ihrer langen Ausbildung nur schwer zu ersetzen waren. Deshalb bezogen die englischen Langbogenschützen meist hinter spitzen Holzpfählen Deckung, die in die Erde gerammt wurden. Davor postierten sich schwer gepanzerte Ritter, die zu Fuß kämpften und mit ihren Lanzen gegnerische Truppen auf Distanz halten sollten.

Gerieten englische Bogenschützen in Gefangenschaft wurden ihnen oft der rechte Zeige- und Mittelfinger amputiert, mit denen die Sehne gezogen wurde. Dies machte sie als Bogenschützen wertlos. Eine entsprechende Geste der Hand, die dem Gegner zeigen sollte "Ich hab' sie noch" (ein mit dem Handrücken nach außen gedrehtes V, im Gegensatz zum Victory-Zeichen) gilt noch heute als schwere Beleidigung in England. Entsprechend sollen auch die crossed fingers als Glückssymbol aus dem Hundertjährigen Krieg stammen.

Noch im Jahre 1590 verteidigte der englische Adlige Sir John Smythe den Nutzen des Langbogens gegenüber den damals gebräuchlichen Arkebusen und Musketen. Smythe wies darauf hin, das ein Bogen im Gegensatz zu einer Feuerwaffe über keinen Mechanismus verfügt, der versagen könnte. Zudem hob er die deutlich höhere Feuerrate des Bogens im Vergleich zu Feuerwaffen hervor. Außerdem würde ein dichter, heranfliegender Pfeilhagel die Moral des Gegners schwer schädigen. Trotzdem wurde der Langbogen auch in England während des 17. Jahrhunderts endgültig verdrängt. Die Musketen hatten im Vergleich zum Langbogen eine immer höhere Feuerkraft und Reichweite entwickelt und konnten Panzerungen leichter durchschlagen. Zudem konnten die immer stärker eingesetzten Kanonen durch einen einzigen Volltreffer zahlreiche Langbogenschützen töten, bei denen es sich um die am wenigsten austauschbaren Soldaten handelte. Die Ausbildung eines Musketenschützen war weniger anspruchsvoll und vor allem deutlich kürzer.

Literatur

  • U. Stodiek/H. Paulsen, "Mit dem Pfeil, dem Bogen..." Techniken der steinzeitlichen Jagd (Oldenburg 1996), ISBN 3895983888
  • Clemens Richter, "Bogenschiessen der abendländische Weg", ISBN 3-88412-346-7
  • Hilary Greenland, "Praktisches Handbuch für traditionelle Bogenschützen", ISBN 3-9805877-0-3
  • Höhn/Hörnig, "Traditionell Tunen", ISBN 3-98805877-1-1
  • Vorderegger, D., Kaiser, G.: "Traditionelles Bogenschießen", Salzburg, 2003, ISBN 3-9501778-0-9
  • Vorderegger, D.: "Schule des traditionellen Bogenschießens", Salzburg, 2002, ISBN 3-9501778-1-7

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