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Penzberg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Wappen Karte
Deutschlandkarte, Position von Penzberg hervorgehoben
Basisdaten
Bundesland: Bayern
Regierungsbezirk: Oberbayern
Landkreis: Weilheim-Schongau
Geografische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Höhe: 595 m ü. NN
Fläche: 25,73 km²
Einwohner: 16.126 (31. Dez. 2005)
Bevölkerungsdichte: 619 Einwohner je km²
Postleitzahl: 82377
Vorwahl: 08856
Kfz-Kennzeichen: WM
Gemeindeschlüssel: 09 1 90 141
Adresse der
Stadtverwaltung:
Karlstraße 25
82377 Penzberg
Offizielle Website: www.penzberg.de
E-Mail-Adresse: info@penzberg.de
Politik
Bürgermeister: Hans Mummert (SPD)

Penzberg ist eine Stadt im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau und liegt ca. 50 Kilometer südlich von München. Sie ist aufgrund des Kohlenbergbaus entstanden.

Geschichte

Gründung (bis 1300)

Penzberg wurde 1275 erstmals urkundlich erwähnt. In dieser Urkunde übergibt Freiherr Albert von Pruckberg die ihm gehörige Schwaige „Poennesperch“ dem Kloster Benediktbeuern und tauscht dafür zwei Huben in Weindorf ein. Auf dem Schloßbichl in Penzberg befand sich wahrscheinlich noch vor dieser Zeit eine kleine befestigte Holz-Erdanlage, welche aber nicht mit modernen Methoden untersucht worden ist.

1300 bis 1919

Bergbauarbeiten in der Faltenmolasse von Penzberg gab es bereits 1557. Am Schloßbichl beim heutigen Penzberger Krankenhaus traten damals die Kohlenflöze über Tage aus. Die damaligen Arbeiten gingen vom Reichskloster Benediktbeuern aus, das ein in die Zeit vor 1150 datiertes Bergregal besaß. Dieser Abbau wurde jedoch immer kostenintensiver, je tiefer die Pechkohle aus der Erde geholt werden musste. Der dreißigjährige Krieg setzte diesem Ansatz ein frühes Ende und ließ die Erinnerung daran rasch verblassen. Im ausgehenden 18. Jahrhundert schrieb der bayerische Berg- und Münzrat Mathias Flurl über Pechkohlevorkommen in Penzberg. Damit waren die Grundlagen zur späteren Stadtentwicklung gelegt. Rund 170 Jahre bestimmte nun das Kohlenbergwerk die Geschicke der entstehenden Stadt. Bis 1803 gehörte die Schwaige Penzberg dem Kloster Benediktbeuern. 1818 entstand die politische Gemeinde St. Johannisrain mit Penzberg als Ortsteil. Am 16. Oktober 1865 wurde die Eisenbahnstrecke Tutzing–Penzberg eröffnet, die den Absatz der Kohle in der Landeshauptstadt München entscheidend erhöhte. Der eigentliche Stadtkern entstand im Jahre 1873 als Bergarbeitersiedlung.

Im Mai 1904 legte man den Grundstein zur evangelischen Kirche auf dem Schloßbichl. Sie ist heute der architektonisch bedeutendste Sakralbau der Stadt. Im Jahr 1911 wurde der alte Gemeindename St. Johannisrain dann in Penzberg geändert. Im Jahr 1919 erhielt Penzberg die Stadtrechte.

1920 bis 1945

Den schlimmsten baulichen Kriegsverlust erlitt Penzberg am 16. November 1944, als bei einem Luftangriff die neugotische katholische Barbarakirche sehr starke Zerstörungen erlitt. Das Bergwerk war von den allierten Angriffen nicht betroffen. Statt eines Wiederaufbaus errichtete der Kirchenbauverein zwischen 1949 und 1951 die heutige Christkönigkirche, die am 7. Oktober 1951 geweiht wurde.

Im Zuge von Kriegsendphasenverbrechen am Ende des zweiten Weltkrieges wurden Bürger der Stadt in der Penzberger Mordnacht von einer SS-Werwolfkompanie hingerichtet. Zuvor wurden in einer Radiomeldung die von den Nationalsozialisten abgesetzten Bürgermeister aufgefordert, ihr Amt wieder anzutreten. Daraufhin gingen Penzbergs ehemaliger SPD-Bürgermeister Hans Rummer und andere Bürger der Stadt zum Rathaus und setzten den NSDAP-Bürgermeister Vonwerden ab.

1945 bis 1966

1951 waren rund 2.000 Menschen im Bergbau beschäftigt. In diesem Jahr wurde das in den 1930er Jahren geplante und im Krieg begonnene Kraftwerk mit Gleisanschluss an der Nonnenwaldstraße in Betrieb genommen. Die Deutsche Bundesbahn nutzte es mit der Oberbayerischen AG für Kohlenbergbau („Oberkohle") zur Energiegewinnung. Nach dem Ende des Penzberger Kohlenbergwerkes 1966 wurde es mit Kohle aus der oberbayerischen Bergbaustadt Peißenberg und aus dem Saarland befeuert, bis 1971 der Betrieb eingestellt wurde. 1973 zog in die fast 20 Meter hohe und 3.000 Quadratmeter große toskanarote Maschinenhalle des ehemaligen Kraftwerks ein Betrieb für Lokomotivverschrottung und -modernisierung ein, welcher in den folgenden Jahren zunächst das 34 Meter hohe Kesselhaus, sowie den Verwaltungstrakt abbrechen ließ. 1979 wurde der 98 Meter hohen Schornstein gesprengt. Die Halle gilt heute als technisches Denkmal. 1999 restaurierte der Lokomotivbetrieb auch das sog. „Bockerl", eine kleine Dampflokomotive, mit welcher noch bis in die Nachkriegszeit das Grubenholz in des zweite Penzberger Bergwerk (Nonnenwaldschacht) befördert wurde und welche heute nahe der Stadtpfarrkirche Christkönig als Denkmal aufgestellt ist.

Der Kommunistenführer Josef Raab betrieb in den 1950er Jahren in Penzberg das kleine „Café Alpenblick", das nach dem Verbot der KPD in Deutschland zum geheimen „Kommunistentreff" avancierte und häufig von Polizeirazzien heimgesucht wurde.

Ende der 1950er Jahre wurde die Zeche auf die modernsten damaligen Abbautechniken umgerüstet. Doch nach dem Beschluss der Bergwerksgesellschaft Hibernia fuhr schon am 30. September 1966 die letzte Schicht ins Bergwerk. Penzberger Kohle war nicht mehr konkurrenzfähig. Damals hatte Penzberg 11.000 Einwohner, 1.300 davon waren Bergleute.

1966 bis heute

Nachdem es der Stadt gelungen war, durch günstige Angebote MAN mit einem Omnibus-Komplettfertigungswerk nach Penzberg zu holen, fanden 700 ehemalige Bergleute noch 1966 wieder eine Arbeit. Anfang der 1980er Jahre konzentrierte das Unternehmen die Busproduktion in Salzgitter und Penzberg stellte nur noch Fahrzeugkomponenten her. Am 30. Juni 2005 wurde das Werk zu einem eigenständigen Unternehmen, der ACP GmbH.

1972 wurde zunächst der Pharmakonzern Boehringer Mannheim auf dem Gelände des zweiten Penzberger Bergwerks (Nonnenwaldschacht) prominentester Arbeitgeber, der 1998 in dem schweizer Pharmakonzern "Roche" aufgegangen ist. Er ist heute der weitaus bedeutendste Gewerbesteuerzahler der Stadt. Im Landkreis Weilheim-Schongau sind die gewaltigen, auf 310 000 Quadratmetern liegenden Werksanlagen von Roche ein besonders begehrter Anziehungspunkt. Hatte das Werk 1998 noch 2.464 Mitarbeiter, stieg die Zahl bis 2004 auf mehr als 3.600. Fast 900 Millionen Euro wurden zwischen 1972 und 2004 auf dem ehemaligen Bergwerksgelände investiert.

Markantestes Zeichen aus der Bergbauzeit ist heute das Penzberger „Freizeit- und Erholungsgebiet Berghalde". Dieser riesige langgestreckte Hügel, der seit 1974 begrünt und bepflanzt worden ist, besteht aus dem Abraum, des sich in der langen Zeit des Bergbaus angesammelt hat und vom Bergwerksschacht hierherverfrachtet worden war. „Penzberger Dolomiten" nannten die Einheimischen damals die oft rutschende und schwankende Halde, welche mitten im Moorgebiet aufgetürmt wurde. Der Abraum wurde ab April 1910 mit einer Seilbahn herangeschafft. Als sie unreparabel geworden war, sprengten amerikanische Pioniere zu Übungszwecken am 31. Januar 1955 die bis zu 50 Meter hohen Stützen. Nun wurde der Abraum bis zur Schließung der Zeche per LKW herangeschafft. Im Oktober 2006 hat der Penzberger Bergknappenverein ein Denkmal auf der Berghalde eingeweiht, das an diese Drahtseilbahn erinnert.

In der zweiten Hälte der 1980er Jahren begann der Rückbau des Penzberger Güterbahnhofs, der zuletzt als Abstellareal für ausgemusterte Altbau-Eilzugwagen verwendet worden war. Von diesem Bahnhof ist seit Anfang der 1990er Jahre nichts mehr zu sehen ist. An seiner Stelle entstand ein Gewerbegebiet.

Mit dem Schuljahr 1981/82 bekam Penzberg ein eigenes Gymnasium, zunächst bis zur zehnten Klasse geplant, jedoch bereits der Klassen-Jahrgang 1982/83 konnte in Penzberg das Abitur ablegen.

2001/02 ließ die Stadt mitten im Zentrum den letzten in weitgehendem historischen Originalzustand erhaltenen Gasthof „Staltacher Hof" von 1901 abbrechen. Die einst von der „Maffeischen Gutsverwaltung" erbaute Gaststätte in der späteren Ortsmitte, dem sogenannten „Penzberger Stachus", war 1919 Schauplatz der Gründung des katholischen Frauenbunds und vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten Parteilokal der KPD mit ihren Nebenorganisationen. Ein Bürgerentscheid, den „Staltacher Hof" zu retten, scheiterte. An seiner Stelle befindet sich nach Planungsdifferenzen bis heute eine Brache.

Die 1993 gegründete Islamische Gemeinde Penzberg e. V. mit der 2005 eröffneten Moschee an der Bichler Straße ist heute ein unübersehbarer Mittelpunkt muslimischen Glaubens im einst katholisch geprägten bayerischen Oberland. Die Moschee mit ihrem Minarett bildet den Mittelpunkt des rund 1.600 Quadratmeter großen „Islamischen Forums" mit seiner islamischen Bibliothek. Möglich war der Drei-Millionen-Euro-Bau nur durch finanzielle Hilfe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Museen

Das denkmalgeschützte Stadtmuseum wurde um 1873 als Arbeiterwohnhaus vom Bergwerk errichtet. Dieser Haustyp prägte fast hundert Jahre lang das Erscheinungsbild Penzbergs. Nachdem ab 1966 massive Eingriffe und Abbrüche in der vom Krieg weitgehend verschonten Altstadtsubstanz begannen, kaufte die Stadt 1984 das Haus an der Karlstr. 61 und baute es zum Stadtmuseum um. Unter anderem kann man hier eine Werkswohnung im Zustand von 1929 besichtigen.

Versteckt an der Rückseite der Penzberger Realschule (Karlstr. 36) befindet sich das Bergwerksmuseum, welches mit Originalgegenständen an die Zeit des Bergbaues erinnert.

Bürgermeister

  • 1919 - 1933 Hans Rummer (erschossen 1945; SPD)
  • 1933 - 1945 Vonwerden (NSDAP)
  • 1945 - 1946 Josef Raab (kommisarisch von den Amerikanern eingesetzt; KPD)
  • 1946 - 1972 Anton Prandl (SPD)
  • 1972 - 1996 Kurt Wessner (SPD)
  • seit 1996 Hans Mummert (SPD)

Sehenswürdigkeiten in Penzberg und Umgebung

Bekannte Persönlichkeiten aus Penzberg

  • Jakob Deffner (Landesbezirksvorsitzender DGB Bayern), 1980 Empfänger der Bayerische Staatsmedaille für besondere soziale Verdienste;
  • Holger Jung (Komponist)
  • Ludwig Kögl (Fußballspieler)
  • Karl Wald (Fußballschiedsrichter und Erfinder des Elfmeterschießens)
  • Max Kruse (Kinderbuchautor)
  • Josef Raab (Kommandant des Ernst Thälmann Batallions im Spanischen Bürgerkrieg und Nachkriegsbürgermeister der Stadt Penzberg)
  • Helmut Schlesinger (Bundesbankpräsident i.R.)
  • Jochen Schümann (Segler)
  • Karl Steinbauer (Vikar)
  • Norbert Reithofer (seit 1. September 2006 Vorstandschef des Autobauers BMW)
  • Wolfgang Sacher (Stadtkämmerer, seit 2005 im A-Kader Nationalmannschaft Behindertenradsport; dreifacher deutscher Radsportmeister: Europacupsieger in der Behindertenklasse LC1, 2006: Weltmeister im Straßenrennen bei den Paralympic-Weltmeisterschaften in der Schweiz)

Partnerschaften

Literatur

  • Klaus Tenfelde: „Proletarische Provinz: Radikalisierung und Widerstand in Penzberg /Oberbayern 1900-1945", Oldenbourg, R.Verlag GmbH ISBN 3-486-50701-X
  • „Weilheimer Wanderbüchlein. Peißenberg, Weilheim, Penzberg". Stöppel Verlagsgesellschaft, Weilheim 1982
  • Gilbert Casasus: „Kommunalpolitik in Penzberg und Saint-Fons. Ein Vergleich der Gemeindepolitik der deutschen Sozialdemokraten und der französischen Sozialisten", 1985
  • Karl Luberger [Stadtverwaltung]: „Geschichte der Stadt Penzberg", 1969
  • Margarete Drexel: „Alles was getan wird, geschieht für die Menschen!" Books on Demand GmbH, Norderstedt
  • Egon Günther: „Bayerische Enziane", Edition Nautilus, Hamburg 2005
  • Michael Mayr: „Die Drahtseilbahn zum Berghaufen", Bergknappenverein, Penzberg, 2006