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Sonia Mossé

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Sonia Mossé (* 27. August 1917 in Paris; † 30. März 1943 im Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek, Polen), war eine französische Künstlerin, Schauspielerin, Modistin und Dekorateurin.

Biographie

Sonia Mossé in Fotografien und Gemälden

(externe Weblinks)

Sonia Mossé war die Tochter des Rechtsanwalts Emmanuel Cerf Mossé und Nataszia Mossé, geborene Goldfain. Sie hatte einen Bruder, Jean Joseph Mossé und zwei Halbschwestern, Marguerite Marie Icard und Esther Levine.

Drancy, Gefangene im Hof des Lagers, August 1941

Denunziert, wurde sie am 11. Februar 1943 von der französischen Polizei festgenommen und im Sammellager Drancy festgehalten. Anschließend wurde sie zu einem nicht bekannten Zeitpunkt ins Internierungslager Beaune-la-Rolande gebracht, bevor sie am 23.03.1943 erneut nach Drancy interniert wurde. Am 25. März 1943 verließen im Konvoi 53 Sonia Mossé und ihre Halbschwester Esther das Sammellager Drancy und wurden in das Lager Sobibor nach Polen deportiert.[2] Sonia Mossé wurde im Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek ermordet.

Künstlerische Laufbahn

In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen boten Theater, Malerateliers, Fotostudios, Modehäuser und Kabaretts jungen Frauen beispiellose Karrieremöglichkeiten. Sonia Mossé arbeitete und versuchte sich in vielen dieser künstlerischen Bereichen. Jean-Louis Barrault inszenierte im März 1937 am Pariser Theater Antoine Numance von Cervantes, in der sie die Rolle der Renommée besetzte.[3]

Als Mitglied der surrealistischen Bewegung um André Breton und Paul Eluard war sie enge mit Man Ray, Antonin Artaud und Raoul Ubac verbunden. Ihre blonde und sommerliche Schönheit inspirierte sowohl die Fotografen Man Ray, Juliette Lasserre und Wols, als auch die Maler Alberto Giacometti, Balthus und André Derain, für die sie Modell saß. Ihre Beziehung zu Nush Eluard wurde 1936 von Man Ray in einem Portrait festgehalten.[4]

1938 nahm Sonia Mossé als einzige Frau an der Internationalen Surrealisten Ausstellung in Paris teil. Sie schuf einen mit schwarzem Trauerschleier bedeckten weiblichen Mannequin, der im betitelten Ausstellungsbereich Les plus belles rues de Paris ausgestellt und zusammen mit anderen Schaufensterpuppen von André Breton, Yves Tanguy, Hans Arp, Wolfgang Paalen, Marcel Duchamp und Salvador Dalí ausgestellt wurden.[5] Sowohl von Denise Bellon und Georg Reisner, als auch von Man Ray existieren Fotoaufnahmen dieser großzügig ausgestatteten Ausstellung, die in der Galerie Beaux-Arts für 39 Tage ihr Zuhause fand.[6] Man Rays Aufnahmen erschienen 1966 in limitierter Auflage unter dem Titel Résurrection des mannequins.[7]

‘In stark contrast, the surrealists did feature one mannequin designed by a female artist, Sonia Mosse. Mosse’s mannequin, quasi-nude, appears to be wearing a funeral veil in place of a wedding veil for the consummation of a marriage, implying that the institution signifies literal bondage. Similar associations of the female mannequin and automatism ensue.’

„Im scharfen Kontrast dazu stellten die Surrealisten eine Schaufensterpuppe aus, die von einer Künstlerin, Sonia Mossé, entworfen wurde. Mossés Schaufensterpuppe, die quasi nackt ist, scheint einen Trauerschleier anstelle eines Brautschleiers für den Vollzug einer Ehe zu tragen, was impliziert, dass diese Institution buchstäbliche Unfreiheit bedeutet. Ähnliche Assoziationen mit der weiblichen Schaufensterpuppe und dem Automatismus ergeben sich.“

Lauren Walden, University of Coventry, UK[8]: From the Rue des Nations to the Rue aux Lévres The 1938 International Surrealist Exhibition Parody of the 1889 and 1900 World Fair Cityscapes

Für das Pariser Unternehmen Hermès entwarf Sonia Mossé eine Sammlung von ledernen Modeaccessoires.[9] Ende 1938, kurz vor Sylvester, eröffnete sie mit Michelle Lahaye und der Sängerin und Schauspielerin Agnes Capri das Kabarett Chez Agnes Capri. Unterstützt wurden sie von Francis Picabia, Max Ernst, Alberto Giacometti, Jean Cocteau, Balthus, André Derain und Moise Kisling, die zur Finanzierung Gemälde und Zeichnungen zur Verfügung stellten.[10] Die Inneneinrichtung des Kabaretts entwarf Sonia Mossé.[11] Der Dichter Jacques Prévert sorgte mit seiner Präsenz und seinen Liedern für besondere Abende.[12] Als der Zweite Weltkrieg ausbrach und Paris von den Deutschen Truppen besetzt wurde, schloss das Kabarett und Sonia Mossé sowie Agnès Capri waren gezwungen die Französische Hauptstadt zu verlassen.

« A cette terrasse avaient émigré les gens du Flore et je me suis assise juste derrière Sonia et Agnès Capri ; elles étaient beaucoup moins fringantes qu’avant ; à présent elles ne pensaient plus qu’à foutre le camp sur Nice : «Je ne peux pas repasser une nuit pareille», disait Sonia; et elles faisaient fébrilement des calculs d’argent. »

„Auf diese Terrasse waren die Leute vom Flore gezogen, und ich saß direkt hinter Sonia und Agnes Capri; sie waren viel weniger munter als früher; jetzt dachten sie nur noch daran, sich nach Nizza abzusetzen: " Eine solche Nacht kann ich nicht nochmal überstehen", sagte Sonia; und sie zählten fieberhaft das Geld zusammen.“

Simone de Beauvoir: Lettres à Sartre, Gallimard, 1990[13]

Die Gründe, warum Sonia Mossé nach Paris zurückkehrte sind nicht bekannt. Das tragen des Judensterns wurde am 19. September 1941[14] mit der Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden in Paris in Kraft gesetzt. Dies führte zur soziale Ausgrenzung, Diskriminierung und Demütigung der jüdischen Minderheit. Der Judenstern war somit auch in Paris eine öffentlich sichtbare Maßnahme zur Verwirklichung des Holocausts. Sonia Mossé trug den Gelben Stern nicht und frequentierte die für jüdische Bürger verbotenen Cafés.[15] Sie wurde denunziert und im Februar 1943 von der französischen Polizei festgenommen, deportiert und schließlich im Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek ermordet. Außer den Fotos ihres surrealistischen Mannequins aus dem Jahr 1938, ist kein weiteres Werk von ihr erhalten geblieben.

Einzelnachweise

  1. a b Anne Baldassari: Picasso : love and war, 1935-1945. Paris : Flammarion, 2006, ISBN 978-2-08-030521-3 (archive.org [abgerufen am 17. Mai 2022]).
  2. - Mémorial de la Shoah. Abgerufen am 23. Mai 2022 (französisch).
  3. Figaro : journal non politique. 15. April 1937, abgerufen am 22. Mai 2022 (deutsch).
  4. Man 1890-1976 Ray: Man Ray, Portraits : Paris, Hollywood, Paris ; aus dem Man Ray-Archiv des Centre Pompidou. München : Schirmer/Mosel, 2011, ISBN 978-3-8296-0503-8 (archive.org [abgerufen am 22. Mai 2022]).
  5. Man 1890-1976 Ray: Man Ray, Portraits : Paris, Hollywood, Paris ; aus dem Man Ray-Archiv des Centre Pompidou. München : Schirmer/Mosel, 2011, ISBN 978-3-8296-0503-8 (archive.org [abgerufen am 17. Mai 2022]).
  6. akg-images - Search Result. Abgerufen am 22. Mai 2022.
  7. L'Exposition surréaliste de 1938 (Graphic Arts). 18. September 2010, abgerufen am 22. Mai 2022.
  8. https://archive.org/details/ecf_issues_75/page/9/mode/2up?q=%22From+the+Rue+des%22
  9. med médiène: Man Ray, Dora Maar - Les plaisirs et la mort de Sonia Mossé et Nusch Eluard. Abgerufen am 17. Mai 2022 (französisch).
  10. Ce soir : grand quotidien d'information indépendant / directeur Louis Aragon ; directeur Jean Richard Bloch. 13. Dezember 1938, abgerufen am 22. Mai 2022 (deutsch).
  11. Excelsior : journal illustré quotidien : informations, littérature, sciences, arts, sports, théâtre, élégances. 20. Dezember 1938, abgerufen am 23. Mai 2022 (deutsch).
  12. Confédération générale du travail (France) Auteur du texte: Le Peuple : organe quotidien du syndicalisme. 3. Januar 1939, abgerufen am 22. Mai 2022 (deutsch).
  13. https://archive.org/details/lettressartre0001beau/page/94/mode/2up?q=Sonia
  14. Polizeiverordnung  über die Kennzeichnung der Juden (1941). Abgerufen am 25. Mai 2022.
  15. med médiène: Man Ray, Dora Maar - Les plaisirs et la mort de Sonia Mossé et Nusch Eluard. Abgerufen am 25. Mai 2022 (französisch).