Thomas W. Lawson
Die "Thomas W. Lawson" war der größte Schoner, der einzige Siebenmastgaffelschoner und auch der einzige Siebenmaster überhaupt in neuer Zeit (s. Zheng He). Er war einer der wenigen Riesenschoner aus Stahl zu der Zeit.
Die Zeit der großen Schoner begann am 14. August 1900, als in Camden, Maine, bei Holly M. Bean der erste Sechsmastgaffelschoner aus Holz, die "GEORGE W. WELLS" von Stapel lief. Es sollten noch acht Sechsmaster aus Holz an der Ostküste folgen, darunter als letzter 1909 bei Percy & Small, Bath, Maine, die "WYOMING", das mit 137 m (Lüa) längste Holzschiff der Welt. Die "THOMAS W. LAWSON" war 5.218 BRT / 4.914 NRT groß und damit nach der späteren "FRANCE II" und der "R. C. RICKMERS" das drittgrößte Segelschiff der Welt bzw. das zweitgrößte, wenn man nur reine Segelschiffe zählt.
Die "LAWSON" hatte in der "WILLIAM L. DOUGLAS" (1903), einem Sechsmastgaffelschoner aus Stahl von 3.708 BRT, eine Werftschwester. Sie hatte eine beträchtlich längere Lebensdauer. Beide entstanden auf den Helgen der 'Fore River Ship & Engine Building Co.', Quincy, Maine, für die Coastwise Transportation Co. (John G. Crowley), Boston, Massachusetts. Konstrukteur war der für seine Yachten bekannte Schiffbauer Bowdoin Bradlee Crowninshield (1867 - 1948). Der große Schoner wurde, wie bei amerikanischen Seglern oft üblich, nach einer prominenten Person benannt, hier nach dem damaligen Präsidenten der Bay State Gas Co. in Delaware, Thomas William Lawson (26. Februar 1857 - 8. Februar 1925) aus Boston, Massachusetts (Mass., MA.). Th. W. Lawson schrieb seinerzeit ein Buch 'Finanzwahnsinn' (orig.: Frenzied Finance), das viel Furore machte.
Der Schoner konnte maximal 11.000 tons laden. Wegen des hohen Tiefgangs konnte er damit jedoch nicht die noch nicht entsprechend ausgebauten Ostküstenhäfen außer Newport News, VA, anlaufen, daher Reduktion der Ladung auf ca. 7.600 tons. Seine Besatzung betrug nur 16–18 Mann (Kapitän, Maschinist für die Dampfanlage (Ruder, Winschen), Steward, 2 Steuerleute, 11-13 Matrosen) bzw. Schiffsjungen.
Schon nach einem Jahr zog Kapitän Crowley den Riesenschoner aus der Kohlenfahrt und vercharterte ihn nach Abtakeln der Stengen als Leichter für Kistenöl, d. h. der Schoner wurde die amerikanische Ostküste hinauf- und hinuntergeschleppt. War der Schoner anfänglich hell gestrichen, erschien er in seiner weiteren Laufbahn mit schwarzem Schiffskörper. 1906 wurde er in Newport News, Virginia (VA), neu aufgetakelt und erhielt einen Umbau zum Segeltanker. Nach einigen Quellen dienten die Untermasten zur Entgasung der Tanks.
Am 27. November 1907 lichtete die "THOMAS W. LAWSON" unter dem Kommando von Kapitän George Washington Dow in Philadelphia die Anker zu ihrer ersten Transozeanfahrt über den Atlantik nach London. Nach stürmischer Überfahrt (Schäden am Rigg, Verlust der Rettungsboote, Wassereinbruch in Luke Nr. 6, verstopfte Pumpen) geriet sie nahe der Scilly-Inseln vor Südwestengland in Nebel, möglicherweise gab es Probleme mit der Positionsbestimmung (Koppelnavigation) in den klippenreichen Gewässern. Man fand sich nordwestlich der Inselgruppe nahe dem "Bishop Rock" Leuchtturm in einem extrem klippenreichen Seegebiet.
Der Leuchtturmwärter feuerte Signalraketen ab. Sturm kam auf, derweil der Lotse von Annet vom ausgelaufenen Rettungsboot an Bord genommen wurde. Angebote seitens des Rettungsbootführers von St. Agnes, das Schiff aufzugeben, wies Kapitän Dow zurück. Er habe schon ganz andere Stürme abgewettert. Die "LAWSON" lag vor beiden Bugankern in der Nähe des Hellweather’s Reef (Outer Ranneys), als nach Mitternacht gegen 2:30 Uhr früh die Lichter des Schoners verschwanden und der untrügliche Geruch von Rohöl in der Luft lag. Die Gewalt der See ließ die Steuerbordankerkette brechen, der Schoner schlug wild gierend hin und her, den Backbordanker slippend. Kapitän Dow befahl alle Mann in die Riggen. Das Schiff schlug mit der Steuerbordseite gegen einen Felsen, schwang wieder zurück, um ein zweite Mal mit ungeheuerer Wucht auf einen Felsen geworfen zu werden. Alle sieben Masten mit dem gesamten Rigg stürzte ins Meer, das Schiff brach hinter dem sechsten Mast auseinander, kenterte und sank.
Kapitän Dow versuchte schwimmend das Ufer zu erreichen, von dem er aus vom Sohn des Lotsen Frederick Hicks mittels Seil gerettet wurde. Auch dem Maschinisten Edward Rowe gelang es Land zu erreichen. Ein dritter Seemann, George Allen, konnte gerettet werden, starb aber sonntags an Land an seinen schweren inneren Verletzungen. Viele Seeleute wurden mit dem Rigg unter Wasser gedrückt, ertranken trotz Rettungswesten in der hochlaufenden See oder kamen durch das Öl um, das sich auf dem Wasser ausbreitete. Dies alles geschah in der Nacht vom 13. Dezember auf den 14. Dezember 1907. Auch der bereits an Bord befindliche Lotse William Thomas "Cook" Hicks aus St. Agnes kam ums Leben. Es konnten ca. fünf tote Seeleute aus dem Meer geborgen werden. Unter den zu beklagenden Opfern wurde der Steward, ein Schiffsjunge, ein schwedischer Seemann, ein deutscher Seemann, Georg Bosinke, identifiziert werden, ein oder zwei Opfer wurden als Torsi geborgen. Ihre Identität war nicht festzustellen. Sie wurden auf St. Annet begraben.
Für die Benennung der sieben Masten gab es mehr als neun verschiedene Systeme, auch eines nach den sieben Wochentagen (Sonntag-Samstag), das eher beim Erzählen als auf See Verwendung fand. Ursprünglich während des Baus nur numeriert (no. 1, no. 2, no. 3, no. 4, no. 5, no. 6, no. 7) hießen sie u. a.:
- fore, main, mizzen, spanker, jigger, driver, pusher; (Stapellauf)
- fore, main, mizzen, no. 4, no. 5, no. 6, spanker; (nach Kapitän Arthur Crowley, erster Schiffsführer der "LAWSON")
- fore, main, mizzen, no. 4, no. 5, no. 6, no. 7; (von der Mannschaft bevorzugte Benennung)
- fore, main, mizzen, jigger, driver, pusher, spanker; zu Deutsch: Vor-, Groß-, Kreuz-, Tanzer-, Treiber-, Schieber-, Besanmast;
Mit "spanker" wurde meist das letzte und größte Segel auf den amerikanischen drei- und mehrmastigen Schonern bezeichnet.
Im Gegensatz zu den europäischen Fünfmastrahseglern war sie nach dem Urteil mancher Seeleute und Marineautoren ein sehr schwerfälliges und wenig schönes Schiff (es gab Vergleiche mit einer Badewanne oder einem gestrandeten Wal). Sie soll allein mit dem Rigg ohne Segel, also vor Top und Takel, 15 kn bei achterlichem Sturm gemacht haben. Den brauchte sie auch, um nicht aus dem Ruder zu laufen. Sie war schwer zu navigieren, Segelmanöver wurden oft auf den Wachwechsel verschoben, da die Riesensegel für die kleine Mannschaft eine extreme Belastung darstellten.
Der Eigner erhoffte sich von diesem großen Schoner einen wirtschaftlichen Gewinn: viel Ladung mit wenig Besatzung in kurzer Zeit zu transportieren. Ersteres (11.000 tons) war wegen des Tiefgangs nicht möglich, die erwartete Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit wegen des zu fülligen Unterwasserschiffs und des zu immensen Riggs erfüllte sich ebenfalls nicht. Dennoch war die "THOMAS W. LAWSON" eine imposante Erscheinung, trotz der sechs gleichen Masten und dem siebten mit einem deutlich größeren Hauptsegel. Mit etwas weniger Völligkeit, also einem schlankeren Unterwasserschiff, einem etwas günstigeren Segelplan und ein paar Seeleuten mehr an Bord wäre er wohl erfolgreicher gewesen.
Technische Daten
- Rigg: Siebenmastgaffelschoner
- Konstruktion: Stahlrumpf als Glattdecker
- Stapellauf: 10. Juli 1902
- Bauwerft: Fore River Ship & Engine Building Co., Quincy, Mass., USA
- Konstrukteur: Bowdoin B. Crowinshield
- Reederei: Coastwise Transportation Co. (John G. Crowley), Boston, Mass., USA
- Heimathafen: Boston
- Galionsfigur: nein
- Länge ü. a.: 132 m (Klüverbaumnock-Spankerbaumnock)
- Rumpflänge: ~122 m (Galion-Heck)
- Länge auf Deck: 117,2 m (Hinterkante Vorsteven - Hinterkante Hintersteven auf Deckshöhe)
- Länge in der KWL: 115 m (Hinterkante Vorsteven - Hinterkante Hintersteven in der KWL inkl. Ruderblatt)
- Länge zw. den Loten (LzL): 112,62 m (Hinterkante Vorsteven - Hinterkante Hintersteven in der KWL)
- Breite: 15,25 m
- Raumtiefe: 10,71 m
- Seitenhöhe: 11,10 m
- Tiefgang: 8,50 m (10,36 m bei 11.000 tons)
- Vermessung: 5.218 BRT / 4.914 NRT
- Verdrängung: ca. ~14.000 t (bei 11.000 tons Ladung); ~10.500 t bei 7.500 tons Ladung
- Ladekapazität/Tragfähigkeit: max. 11.000 tons (1 ton = 1,016 t); regulär ~7.500 tons
- Segelfläche: 4.000 m² (43.000 sq. ft.) [4.330,86 m² (46.617 sq. ft.)]
- Masthöhe: 58,6 m (Masttop - Kiel); 48 m (Masttop - Deck)
- Baukosten: $ 248.000 Bau, gesamt: ~ $ 400.000
- Hilfsmaschine: Dampfanlage für Segelwinschen und Ruderanlage
- Erster Kapitän: Arthur Crowley
- Besatzung: 17 - 18 Mann (Kapitän, Maschinist, zwei Steuerleute, Steward, ~12 Seeleute)
Weblinks
Alle Internetseiten in Englisch.